Rechtssatz
Vorsätzliche Falschangaben von Parteien gegenüber der Behörde zur Erlangung vermögenswerter Leistungen von dem durch sie vertretenen Rechtsträger ("Behörden-Betrug" im engeren Sinn) können selbst dann, wenn erstere zur Überprüfung verpflichtet ist und keine falschen Beweismittel oder Bescheinigungsmittel aufgeboten werden, mangels Sozialadäquanz nicht teleologisch aus der Wortbedeutung des Begriffs "Täuschung" im Sinne § 146 StGB ausgeklammert werden. Demgemäß bedarf es zur Tatbestandsverwirklichung in subjektiver Hinsicht folgerichtig auch in Ansehung des Täuschungs-Erfolges keines über den allgemeinen Täuschungsvorsatz (§ 5 Abs 1 und 3 StGB) hinausgehenden besonderen Wissens (§ 5 Abs 3 StGB) des Täters davon, dass die Behörde ein allenfalls vorgesehenes Prüfungsverfahren gerade in seinem Fall tatsächlich nicht durchführen werde; handelt doch der Täter - dessen Vorgehen ja ansonsten kaum verständlich wäre - auch dann, wenn er zwar mit einer behördlichen Überprüfung rechnet, aber nichtsdestoweniger darauf hofft, dass sie nicht stattfinden oder die Unrichtigkeit seiner Behauptungen nicht aufdecken, also der entsprechende Täuschungs-Erfolg eintreten werde, mit (zumindest) bedingtem Täuschungsvorsatz: Über die Zulässigkeit einer teleologischen Reduktion des "Täuschungs" - Begriffs beim "Prozess" - Betrug und bei der "Behörden-Täuschung" sowie über die Möglichkeit einer Rechtfertigung bei allen Varianten unwahrer Parteibehauptungen gegenüber Behörden bei der Geltendmachung von in ihren faktischen Voraussetzungen zweifelhaften Ansprüchen (auch gegen die öffentliche Hand) ist damit nichts gesagt.
13 Os 122/07a | OGH | 14.05.2008 |
Vgl auch; Beisatz: Für eine strafrechtliche Differenzierung zwischen Behördenbetrug ieS und Prozessbetrug finden sich keine stichhältigen Argumente. (T1) |
Dokumentnummer
JJR_19880920_OGH0002_0150OS00190_8700000_001
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