Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten gemäß § 285 i StPO dem Oberlandesgericht Wien zugemittelt. Gemäß § 390 a StPO fallen der Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Die am 23.April 1948 geborene Gisela G*** wurde des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 3 und 15 StGB schuldig erkannt. Darnach hat sie in der Zeit vom 10.August 1984 bis 10.Jänner 1985 in Wien im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit dem gesondert verfolgten Peter R*** als Mittäter mit dem Vorsatz, zumindest Peter R*** durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Organe des Finanzamtes für Körperschaften durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch die Einreichung von fingierte Umsätze betreffenden Umsatzsteuervoranmeldungen für die Firma G. G*** Ges.m.b.H. für die Monate März bis November 1984 zur Überweisung von 1,663.649 S verleitet und zur Überweisung von weiteren 290.000 S zu verleiten getrachtet, wodurch die Republik Österreich an ihrem Vermögen in der jeweils bezeichneten Höhe geschädigt wurde bzw werden sollte.
Nach den wesentlichen Urteilsfeststellungen gründete die Angeklagte am 2.Februar 1984 über Initiative des gesondert verfolgten (zur Verhaftung ausgeschriebenen) Peter R*** die Firma G. G*** Ges.m.b.H., in der sie 99 Prozent der Gesellschaftsanteile und (registermäßig) die Funktion der (alleinigen) Geschäftsführerin übernahm. Die Unternehmensgründung war Teil eines von Peter R*** bereits seit geraumer Zeit praktizierten Betrugskonzeptes, das im Rahmen einer Firmenmehrheit ohne realen geschäftlichen Hintergrund auf die Herauslockung der finanzbehördlichen Vergütung von in Wahrheit gar nicht bezahlten Vorsteuerbeträgen ausgerichtet war. Der Tatplan beruhte im wesentlichen darauf, daß die einzelnen, zur Verschleierung der Zusammenhänge gezielt in unterschiedlichen finanzbehördlichen Kompetenzbereichen initiierten Unternehmen fingierte Umsätze betreffende Umsatzsteuervoranmeldungen erstatteten, die entweder mit wechselseitig ausgestellten Scheinrechnungen oder aber mit (im Wege manipulierter Fotokopien) gefälschten Rechnungen belegt, durchwegs aber ohne tatsächlichen Geschäftsbezug waren. Die inkriminierten Umsatzsteuervoranmeldungen der Firma G. G*** Ges.m.b.H. wurden von Peter R*** ausgefüllt und von der Angeklagten mit tatplangemäßem Wissen und Willen unterfertigt und hatten zur Folge, daß das Finanzamt für Körperschaften auf Grund der von der Angeklagten in der Zeit vom 10.August bis 10.Dezember 1984 gestellten Überweisungsanträge zwischen dem 14.September 1984 und dem 11.Jänner 1985 insgesamt 1,663.649 S auf das Geschäftskonto der Firma G. G*** Ges.m.b.H. überwies. Erst die am 10.Jänner 1985 beantragte Überweisung eines weiteren behaupteten Vorsteuerguthabens von 290.000 S unterblieb infolge zwischenzeitig aufgetretener Verdachtsmomente.
Die in subjektiver Hinsicht leugnende Verantwortung der Angeklagten, Peter R*** bei seinen Aktivitäten vertraut und die Umsatzsteuervoranmeldungen blanko unterfertigt zu haben, lehnten die Tatrichter mit der Begründung als unglaubwürdig ab, daß die Angeklagte neben einer mehrjährigen Bankerfahrung auch eine abgeschlossene Ausbildung zum Großhandelskaufmann aufweist, die vom Finanzamt überwiesenen Beträge durchwegs mittels von ihr als Alleinverfügungsberechtigter ausgefüllter Schecks vom Konto der Firma G. G*** Ges.m.b.H. (in einem Fall von ihr persönlich) behoben wurden und sie dabei offensichtlich in psychischer Abhängigkeit von Peter R*** handelte.
Dieses Urteil bekämpft die Angeklagte im Schuldspruch mit einer auf § 281 Abs. 1 Z 9 lit a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde und im Strafausspruch mit einer zwar rechtzeitig angemeldeten, in der Folge allerdings nicht ausgeführten Berufung.
Rechtliche Beurteilung
Die Nichtigkeitsbeschwerde bringt den geltend gemachten materiellen Nichtigkeitsgrund in keinem Punkt zu einer prozeßordnungsgemäßen Darstellung, weil sie sich durchwegs nicht - wie bei Rechtsrügen geboten - am gesamten Urteilssachverhalt orientiert.
Dies gilt zunächst für den Einwand, das Erstgericht wäre zu Feststellungen verhalten gewesen, inwieweit sich die Angeklagte unmittelbar persönlich an der Herstellung bzw an der tataktuellen Verwendung von Scheinfakturen beteiligt habe. Setzt sich die Beschwerde dabei doch darüber hinweg, daß das angefochtene Urteil nach Wortlaut und Sinngehalt sowohl des Spruchs (S 188/II) als auch der Entscheidungsgründe (S 194, 195, 198 bis 201/II) in tatsächlicher Hinsicht unmißverständlich davon ausgeht, daß die Angeklagte in Unterfertigung der inkriminierten Umsatzsteuervoranmeldungen bzw Überweisungsanträge sowie Ausstellung der Schecks für die - teils von ihr persönlich
vorgenommenen - Behebungen der vom Finanzamt überwiesenen Beträge im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit Peter R*** als dessen Mittäterin Teilakte des betrügerischen Gesamtkonzepts setzte und solcherart Betrug im Sinn des bekämpften Schuldspruchs zu verantworten hat.
Dieser Urteilssachverhalt nimmt aber der Frage, ob der Angeklagten nach der tatplangemäßen Rollenverteilung unmittelbar die Herstellung bzw die Verwendung der Scheinfakturen betreffende Ausführungshandlungen zugedacht waren, vorweg jedes entscheidungswesentliche Substrat, weil nicht jeder Mittäter für sich das gesamte Tatbild erfüllen muß und auch blanko unterfertigte Anmeldungen die in das betrügerische Vorgehen ihrer Mittäter eingeweihte Angeklagte - so das Erstgericht - nicht entlasten könnten (S 198, 199/II).
Urteilsfremde Tatsachen vergleicht die Beschwerde mit dem Gesetz aber auch, wenn sie - erneut unter Vernachlässigung der Feststellungen zu den subjektiven Komponenten der Mittäterschaft der Angeklagten wie auch der überwiegenden Deliktsvollendung - unter dem Gesichtspunkt bloß unwahrer, der behördlichen Überprüfung unterliegender Parteienbehauptungen eine fehlende betrugsspezifische Täuschungseignung der inhaltlich unrichtigen Umsatzsteuervoranmeldungen geltend macht. Abgesehen davon, daß die Fingierung von Rechnungen zur irreführenden Glaubhaftmachung, daß den Umsatzsteuervoranmeldungen reelle Geschäftsvorgänge zugrundelägen, dem von Peter R*** initiierten Betrugskonzept entsprach (S 190/II), die Angeklagte in Kenntnis des betrügerischen Gesamtkonzepts handelte (S 195, 201/II) und sich die von der Beschwerde bestrittene Täuschungseignung im konkreten Fall schon aus den tatsächlich effektuierten finanzbehördlichen Geldüberweisungen ergibt, sei lediglich der Vollständigkeit halber in rechtlicher Hinsicht festgehalten, daß nach gefestigter Judikatur unwahre Parteienbehauptungen gegenüber einer Behörde zur Erlangung vermögenswerter Leistungen auch ohne zusätzliche Täuschungsmittel als Betrug zu beurteilen sind, wenn in dem betreffenden Verfahren eine Überprüfung de facto nicht stattfindet (EvBl 1989/44), mag sie in der Folge auch (mit der Konsequenz entsprechender Rückforderungen) nachgeholt werden (SSt 54/62).
Letztlich entfernt sich die Beschwerde abermals vom Urteilssachverhalt, wenn sie eine Verdrängung des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach § 33 FinStrG durch den Tatbestand des Betruges mit der Begründung verneint, vorliegend fehle es (bezüglich der Angeklagten schon aus subjektiver Sicht) an der betrugsessentiellen Fingierung eines abgabenpflichtigen Unternehmens. Geht doch das angefochtene Urteil diesbezüglich unmißverständlich davon aus, daß die Firma G. G*** Ges.m.b.H. als Teil des (ua) von Peter R*** verwirklichten betrügerischen Gesamtkonzepts initiiert wurde (S 190, 191/II), von dessen wesentlichen Details die Angeklagte als Mittäterin im Zeitpunkt ihrer Ausführungshandlungen Kenntnis hatte (siehe oben). Die aus den dargelegten Erwägungen insgesamt nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285 d Abs. 1 StPO iVm § 285 a Z 2 StPO bereits in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Die Angeklagte hat bei der Anmeldung ihrer (in der Folge nicht ausgeführten) Berufung eine nähere Konkretisierung ihres Anfechtungswillens unterlassen, obwohl sie das Schöffengericht gemäß § 147 Abs. 3 StGB unter Anwendung der §§ 43 Abs. 1, 43 a Abs. 2 StGB zu einer unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe und zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 100 S, im Fall der Uneinbringlichkeit zu 90 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe verurteilt hat. Die Bestimmung des § 294 Abs. 2 StPO, wonach auf die Berufung (ua) keine Rücksicht zu nehmen ist, wenn sie sich im Fall des Ausspruchs von mehr als einer Strafe oder sonstigen Unrechtsfolge nicht darüber erklärt, gegen welche von ihnen sie sich richtet, kommt hier ungeachtet des Ausspruchs einer (bedingt aufgeschobenen) Freiheits- und Geldstrafe nicht zum Tragen, weil die bloß formelle Teilung der allein nach § 147 Abs. 3 StGB verhängten einen Strafe (siehe die Überschrift zu §a4f a StGB: "Bedingte Nachsicht eines Teiles der Strafe" insbesondere Abs. 2: "... eine Freiheitsstrafe .."; "... eines Teiles der Freiheitsstrafe .."; " ...der ...Teil der Freiheitsstrafe ..") der in der faktischen Interdependenz beider kombinierten Strafteile wurzelnden dogmatischen Einheit eben dieser Sanktion keinen Abbruch tut. So gesehen wurde daher nicht mehr als eine Strafe (oder sonstige Unrechtsfolge) im Sinn des § 294 Abs. 2 vorletzter Satz StPO ausgesprochen, sodaß das hiefür zuständige Oberlandesgericht Wien über die Berufung meritorisch zu entscheiden haben wird (§ 285 i StPO).
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