Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Am 6. 1. 2003 stürzte der Kläger auf einem Weg der Wohnungsanlage der erstbeklagten Partei. Er wollte seine dort wohnenden Freunde besuchen. Unmittelbar vor dem Haus hatte sich eine Eisplatte gebildet. Die Zweitbeklagte ist Hausbesorgerin und Angestellte der erstbeklagten Partei.
Der Kläger begehrt Schadenersatz und die Feststellung der Haftung der beklagten Parteien für Schäden aus dem Unfall. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die erstbeklagte Partei sei zwar Wegehalterin iSd § 1319a Abs 1 ABGB; die von dieser Gesetzesbestimmung geforderte grobe Fahrlässigkeit liege jedoch nicht vor. Eine Haftung aus Vertrag liege gleichfalls nicht vor, weil der Kläger als Besucher von Bewohnern des Hauses nicht von den vertraglichen Schutz- und Sorgfaltspflichten der Hausverwaltung gegenüber den Bewohnern erfasst sei. Auch ein Überwachungs- oder Auswahlverschulden liege nicht vor. Auch die Zweitbeklagte treffe kein Verschulden, weil sie sich für die Dauer ihres Urlaubs eine verlässliche und tüchtige Vertretung gewählt hätte.
Über Berufung des Klägers bestätigte das Berufungsgericht dieses Urteil. Zu einer allfälligen vertraglichen Haftung hätte der Kläger kein geeignetes Tatsachenvorbringen erstattet. Im Übrigen bestünden nach ständiger Rechtsprechung Schutz- und Sorgfaltspflichten nicht gegenüber all jenen Personen, mit denen der Vertragspartner rein gesellschaftlich oder im allgemeinen Verkehr mit der Umwelt in Kontakt komme (unter Berufung auf MietSlg 51.189). Der Kreis der Personen sei vielmehr eng zu ziehen, um die Grenze zwischen Vertrags- und Deliktshaftung nicht zu verwischen (JBl 1999, 461; Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht II2 61). Der bloße Gast oder Besucher falle daher grundsätzlich nicht in den Kreis der mit Vertragsrecht zu schützenden Personen (2 Ob 335/97x = ZVR 1998/139; SZ 58/4).
Die Halterhaftung nach § 1319a ABGB könne auch gegen die Eigentümergemeinschaft geltend gemacht werden (unter Berufung auf 5 Ob 335/99x = WoBl 2000/59). Die beklagten Parteien treffe jedoch keine grobe Fahrlässigkeit. In der Genehmigung eines einwöchigen Urlaubs der Hausbesorgerin liege kein grob sorgfaltswidriges Verhalten. Die besonderen Witterungs- und Bodenverhältnisse am 6. 1. 2003 hätten der erstbeklagten Partei zum Zeitpunkt der Genehmigung des Urlaubs der Zweitbeklagten nicht bekannt sein können. Das Verhalten der Vertreterin der Zweitbeklagten, der auf Seiten der Beklagten beigetretenen Nebenintervenientin, die mit Wissen und Willen der erstbeklagten Partei für die Wahrnehmung der die erstbeklagte Partei treffenden Räum- und Streupflicht eingesetzt wurde, sei der erstbeklagten Partei zuzurechnen. Dennoch sei die Haftung der erstbeklagten Partei zu verneinen, weil der Sturz des Klägers nicht auf einem Weg iSd § 1319a ABGB stattgefunden habe. Auch für eine „Repräsentantenhaftung" bestehe kein Raum, weil ein Hausbesorger - im Gegensatz zu einem Hausverwalter (vgl 5 Ob 173/02f = ZVR 2003/108) - nicht als „Repräsentant" der Eigentümergemeinschaft qualifiziert werden konnte. Der Antritt des Urlaubs durch die Zweitbeklagte begründe kein Verschulden. Dass sich die - allfällige - unklare Vertretungssituation und der unrichtige Aushang über die Vertretung auf die Wahrnehmung der Streupflicht durch die Vertreterin der Zweitbeklagten ausgewirkt hätte, lasse sich dem klägerischen Vorbringen nicht entnehmen. Der Umstand, dass die Nebenintervenientin auf Seiten der klagenden Partei für eine Stunde, die sie für die Betreuung ihrer „eigenen" Anlage benötigt, an der Schneeräumung verhindert war, führe nicht zu einer Untüchtigkeit iSd § 1315 ABGB. Im Übrigen sei im Verfahren nicht hervorgekommen, dass die Nicht-Bestreuung der Fläche, auf der der Kläger zu Sturz kam, auf einen Mangel an Zeit der Nebenintervenientin auf Seiten der klagenden Partei zurückzuführen sei.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Klägers ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden nachträglichen Ausspruch des Berufungsgerichtes gemäß § 508 Abs 3 ZPO nicht zulässig:
Es stellt jeweils eine Frage des Einzelfalls dar, ob der Wegehalter die ihm zumutbaren Maßnahmen getroffen hat, um eine gefahrlose Benützung des Weges sicherzustellen (RIS-Justiz RS0087607). Das Maß der Zumutbarkeit geeigneter Vorkehrungen gegen einen Schadenseintritt richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, sodass der berufungsgerichtlichen Entscheidung keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (RIS-Justiz RS0029874, 0087607). Unter grober Fahrlässigkeit iSd § 1319a ABGB ist eine auffallende Sorglosigkeit zu verstehen, bei der die gebotene Sorgfalt nach den Umständen des Falles in ungewöhnlicher Weise verletzt wird und der Eintritt des Schadens nicht nur als möglich, sondern geradezu als wahrscheinlich vorauszusehen ist (RIS-Justiz RS0030171, RS0030644 ua). Die Beurteilung des Verschuldensgrades stellt jedoch in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage dar (RIS-Justiz RS0105331). Ein grobes Verschulden der erstbeklagten Partei hat das Berufungsgericht jedoch mit eingehender Begründung verneint. Darin ist jedenfalls keine im Interesse der Rechtssicherheit einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshof bedürftige Fehlbeurteilung zu erblicken, zumal die Revision zu diesem Punkt keine näheren Ausführungen enthält. Auf die vom Berufungsgericht für erheblich angesehene Rechtsfrage, ob die Grundsätze des § 1319a ABGB auch für Wege innerhalb einer Wohnhausanlage gelten, kommt es im vorliegenden Fall daher nicht an, kommt doch nach dieser Gesetzesstelle nur eine Haftung für grobe Fahrlässigkeit in Betracht.
Dass eine allfällige Schutzwirkung eines Vertrages zugunsten Dritter sich nicht auf bloße Besucher erstreckt, entspricht ständiger Rechtsprechung (vgl 2 Ob 335/97x = ZVR 1998/139; SZ 58/4). Zudem hat der Kläger zu einem allfälligen Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter kein entsprechendes Tatsachenvorbringen erstattet. Im Übrigen entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft ohne besondere Rechtsbeziehung ihren Mitgliedern und deren Mietern nur deliktisch haftet (RIS-Justiz RS0114886). Worin im vorliegenden Fall ein besonderes vertragliches Verhältnis liegen soll, das auch Schutzpflichten zugunsten eines Besuchers begründen würde, ist nicht zu ersehen. Damit vermag der Kläger aber keine Rechtsfrage im Sinne der von § 502 Abs 1 ZPO geforderten Bedeutung aufzuzeigen, sodass die Revision spruchgemäß zurückzuweisen war.
Soweit sich die Revision auch gegen das Berufungsurteil in Ansehung der zweitbeklagten Partei richtet, wurde diese bereits gemäß § 508 Abs 1 ZPO vom Berufungsgericht zurückgewiesen.
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