OGH 6Ob212/07f

OGH6Ob212/07f24.1.2008

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler und Univ.-Prof. Dr. Kodek als weitere Richter in der Verlassenschaftssache der am ***** verstorbenen Christina Margaretha T***** über den Revisionsrekurs des Erben Johann A*****, vertreten durch Schreckeneder & Schröder Rechtsanwälte OEG in Zell am See, gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 18. April 2007, GZ 21 R 38/07w-155, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Zell am See vom 30. November 2006, GZ 45 A 9/05h-145, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben und dem Rekursgericht eine neuerliche Entscheidung aufgetragen.

Der Antrag des erbl. Neffen Johann A***** auf Bestimmung von Kosten seines außerordentlichen Revisionsrekurses wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die am ***** verstorbene Erblasserin war unter anderem Alleineigentümerin des A*****guts in R*****. Dabei handelt es sich um einen Erbhof im Sinne des Anerbengesetzes.

Die Erblasserin hinterließ zwar keine Kinder, wohl aber mehrere Neffen (darunter Johann A*****) und Nichten (darunter Gertraud H*****), einen Großneffen und zwei Großnichten (darunter Andrea A*****, deren Mutter die zwischenzeitig ebenfalls verstorbene erbl. Schwester Elisabeth L***** war) sowie - an überlebenden Geschwistern - den Bruder Franz A***** und eine Schwester, die alle als gesetzliche Erben bedingte Erb(antritt)serklärungen abgegeben haben; das Erstgericht hat diese Erklärungen mit Beschluss vom 21. 9. 2005 zu Gericht angenommen.

Die (weitere) erbl. Schwester Theresia A***** entschlug sich am 8. 11. 2004 „als aktenkundige geborene Anerbin" der Erbschaft und führte dabei aus, dass damit „ihr einziges Kind Gertraud H***** ... im Sinne des ... Anerbengesetzes an ihrer Stelle zur Erbschaft berufen und Anerbin ... ist". Der Bruder der Erblasserin wurde zunächst mit Beschluss des Erstgerichts vom 21. 9. 2005 zum Anerben bestellt, zog seinen diesbezüglichen Antrag jedoch am 9. 10. 2006 zurück, nachdem der Beschluss des Erstgerichts vom Rekursgericht aufgehoben worden war.

Zuletzt strebten der erbl. Neffe Johann A*****, ON 51, die erbl. Nichte Gertraud H*****, ON 66, und die erbl. Großnichte Andrea A*****, ON 104, (jeweils) ihre Bestimmung als Anerbe des A*****guts und den Ausschluss der (jeweils) anderen Antragsteller als Anerben an.

Das Erstgericht bestimmte die erbl. Nichte zur Anerbin. Eine Transmission des Anerbenrechts gemäß § 537 ABGB von der zwischenzeitig verstorbenen erbl. Schwester Elisabeth L***** auf deren Tochter und erbl. Großnichte sei ausgeschlossen, weshalb als Anerben nur mehr der erbl. Neffe und die erbl. Nichte in Betracht kämen. Diese seien im Verwandtschaftsgrad gleich, im Sprengel des Erstgerichts gelte jedoch weder Jüngsten- noch Ältestenrecht, weshalb Ältestenrecht zur Anwendung komme; die erbl. Nichte sei älter als der erbl. Neffe.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des erbl. Neffen nicht Folge und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Die erbl. Nichte sei als Miterbin im Sinne des Anerbengesetzes anzusehen, weil ihre Mutter als erbl. Schwester zulässigerweise auf ihr Recht auf Hofübernahme durch Ausschlagen des Erbes verzichtet habe; dieses Recht sei auf die Nächstberufene, also die erbl. Nichte übergegangen. Die Erbausschlagung habe im Zweifel auch nicht zu Lasten der erbl. Nichte gewirkt, weil diese in die Entschlagungserklärung nicht einbezogen worden sei. Im Hinblick auf § 3 Abs 1 AnerbenG sei zwar keiner der beiden noch verbliebenen potenziellen Anerben auszuschließen, ausgehend vom Ältestenrecht stehe das Anerbenrecht aber der erbl. Nichte zu; der erbl. Neffe sei im Übrigen als Beamter materiell abgesichert und nicht auf die Übernahme des Erbhofs angewiesen.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs des erbl. Neffen ist zulässig; er ist auch berechtigt.

1. Es ist zwischen den potenziellen Anerben nicht strittig, dass es sich beim A*****gut um einen Erbhof im Sinne des Anerbengesetzes handelt.

2. Die erbl. Großnichte hat sich weder am Rekurs- noch am Revisionsrekursverfahren beteiligt. Es ist damit davon auszugehen, dass sie eine Zuweisung der Anerbenstellung nicht mehr anstrebt.

3. Die Vorinstanzen sind davon ausgegangen, dass die Erbentschlagung der erbl. Schwester und Mutter der erbl. Nichte nicht auch letztere erfasst habe. Dem ist zu folgen:

Der erkennende Senat hat erst jüngst unter Hinweis auf 1 Ob 739/82 (= JBl 1983, 426) und Eccher (Die Wirkung der Erbentschlagung auf die Nachkommen, NZ 1982, 20) ausgeführt, der Ausschlagende bestimme autonom, ob durch seine Erklärung seine Nachkommen begünstigt werden sollen oder nicht, sei es, dass er einen anderen positiv begünstigen will, sei es, dass er nur negativ den Willen äußert, dass seine Nachkommen vom Erbrecht ausgeschlossen sein sollen; im Wege der Auslegung sei daher zu ermitteln, ob der Ausschlagende den Willen gehabt habe, dass die Entschlagung auch seine Nachkommen erfassen sollte; habe der Ausschlagende keinen Willen dahin geäußert, ob das Freiwerden seiner Erbquote seinen Nachkommen zugute kommen sollte oder nicht, sei seine Erklärung nach den Umständen des Falles und den vom Ausschlagenden verfolgten Zielsetzungen auszulegen (6 Ob 196/06a = iFamZ 2007/83 [Tschugguel]).

Die Mutter der erbl. Nichte hat am 8. 11. 2004 ausdrücklich erklärt, „sich aufgrund ihres Alters ihres gesetzlichen Erbrechts, und zwar für sich persönlich, zu entschlagen, sodass ihr einziges Kind [die erbl. Nichte] ... im Sinne des ... Anerbengesetzes an ihrer Stelle zur Erbschaft berufen und Anerbin ... ist". Diese Erklärung kann im Sinne der zitierten Entscheidung aber nur dahin verstanden werden, dass die Entschlagung nicht auch die erbl. Nichte erfassen sollte. Diese ist daher (weiterhin) als Miterbin anzusehen.

4. Der erbl. Neffe meint in seinem Revisionsrekurs, die Mutter der erbl. Nichte habe am 20. 4. 2004, also bereits vor der unter 3. genannten Erbentschlagung „auf ihr höchstpersönliches Recht auf Hofübernahme verzichtet, dies auf Grund ihres Alters".

Ein nach Anerbenrecht berufener Anerbe kann zwar nicht zur Übernahme des Erbhofs gezwungen werden (Kralik in Ehrenzweig/Kralik, Erbrecht³ [1983] 387; Eccher in Schwimann, ABGB³ III [2006] § 10 AnerbenG Rz 1); er kann also etwa die Erklärung abgeben, nicht Anerbe sein zu wollen (6 Ob 34/85; 6 Ob 14/86 = NZ 1987, 209). Die Mutter der erbl. Nichte hat hier aber lediglich erklärt, auf Grund ihres Alters das Recht als Anerbin nicht in Anspruch nehmen zu wollen, „sodass in weiterer Folge [ihre] einzige Tochter [die erbl. Nichte] ... zur Anerbin berufen erscheint; sie erfüll[e] sämtliche Voraussetzungen einer Anerbin" (AS 106 in Band I). Diese Erklärung ist in Verbindung mit ihrer weiteren Erklärung vom 8. 11. 2004 (ON 66) demnach dahin zu verstehen, dass sie - in Verbindung mit ihrem Erbrecht - nicht auf ihre Ansprüche generell, sondern nur zugunsten ihrer Tochter verzichten wollte.

5. Der erbl. Neffe vertritt in seinem Revisionsrekurs weiters die Auffassung, er sei der einzige potenzielle Anerbe, weil das höchstpersönliche Recht auf Hofübernahme, das allenfalls der erbl. Schwester und Mutter der erbl. Nichte zugestanden hätte, nicht transmittiert oder sonst übertragen habe werden können und die erbl. Nichte daher gar nicht als potenzielle Anerbin in Betracht komme.

5.1. Das Recht auf Hofübernahme ist nach Kralik (in Ehrenzweig/Kralik, Erbrecht³ [1983] 387) zwar höchstpersönlich, jedoch verzichtbar; der Verzicht könne analog § 551 ABGB durch Vertrag mit dem Erblasser oder nach dessen Tod durch Ausschlagung erfolgen, für die die Regeln über die Erbausschlagung analog gelten würden; Verzicht und Ausschlagung könnten unter Wahrung des Erbrechts und anderer erbrechtlicher Ansprüche erklärt werden; das Recht gehe dann auf den Nächstberufenen über. Auch Eccher (in Schwimann, ABGB³ III [2006] § 10 AnerbenG Rz 1 unter Hinweis auf Webhofer in Klang² III [1952] 809) hält einen Verzicht auf die Hofübernahme für zulässig, der als beschränkter Erbverzicht nach § 551 ABGB („wohl eine Art Vermächtnisverzicht") oder als Ausschlagung nach § 809 ABGB erfolgen könne.

5.2. Ein Teil der Lehre geht allerdings auf Grund der Höchstpersönlichkeit des Rechts auf Hofübernahme (auch) davon aus, dass dieses nicht nur unter Lebenden unübertragbar, sondern dass selbst eine Transmission vor Einantwortung des transmittierenden (potenziellen) Anerben unzulässig sei, weil das Eigentum am Erbhof erst dann auf den Übernehmer übergehe (Weissberger, NZ 1951, 18 [Entscheidungsanmerkung]; Spath, Das Anerbenrecht vor der Erbteilung, NZ 1965, 114; Kathrein, Anerbenrecht [1990] 22); sterbe der (potenzielle) Anerbe vor der Einantwortung, so sei unter den noch in Betracht kommenden Miterben des (ersten) Erblassers ein neuer Anerbe zu bestimmen (Edlbacher, Anerbenrechtliche Miszellen, NZ 1983, 99; Kathrein, aaO). Im gleichen Sinne vertrat der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 3 Ob 181/50 (= SZ 23/269 = NZ 1951, 14 [Weissberger]) die Auffassung, das Gesetz unterscheide zwischen den zur Erbfolge Berufenen und denen, die zur Übernahme des Hofs in Betracht kommen; der Sohn des verstorbenen Sohns des Erblassers sei gemäß § 537 ABGB (lediglich) an die Stelle seines Vaters hinsichtlich seiner Erbansprüche getreten.

5.3. Diese Auffassungen stehen allerdings in einem gewissen Wertungswiderspruch zueinander. Es ist nämlich nur schwer verständlich, warum zwar eine Entschlagung des potenziellen Anerben hinsichtlich des Hofübernahmerechts zulässig sei, für den Fall dessen Todes die Transmission jedoch verneint werden sollte; im ersteren Fall kämen ja auch seine gesetzlichen Erben als potenzielle Anerben in Betracht, in zweiterem Fall jedoch nur die Erben des ersten Erblassers. Dazu kommt, dass die zu 5.2. dargestellte Auffassung auch dahin unterschiedliche Ergebnisse zeitigt, ob der gesetzliche Erbe und potenzielle Anerbe des ersten Erblassers vor oder nach diesem stirbt. In ersterem Fall wären die gesetzlichen Erben des potenziellen Anerben selbst Erben des ersten Erblassers und damit potenzielle Anerben, während sie in zweiterem Fall als (lediglich) Transmissare des potenziellen Anerben als Hofübernehmer ausgeschlossen wären.

5.4. Die überwiegende jüngere Lehre (Kralik in Ehrenzweig/Kralik, Erbrecht³ [1983] 387; Fellner, Zur Novellierung des Anerbengesetzes, NZ 1990, 292; Eccher in Schwimann, ABGB³ III [2006] § 10 AnerbenG Rz 4) hält daher eine Transmission auch schon vor Einantwortung des transmittierenden Anerben für zulässig; sie fordert allerdings, dass der Transmissar selbst zum Hofübernehmer berufen (Kralik, aaO) bzw dass der Erbhof im Verlassenschaftsverfahren bereits zugeteilt sein muss (Eccher, aaO). Sie begründet dies mit einer analogen Anwendbarkeit des § 4a Abs 2 AnerbenG bzw des § 19 Abs 2 TirHöfeG, die für bestimmte Konstellationen den Eintritt der gesetzlichen Erben eines Miterben des ersten Erblassers als potenzielle Anerben vorsehen, und verweist auf die Verfügungsfreiheit des Hofübernehmers unter Lebenden und von Todes wegen nach erfolgter Einantwortung; es könne dabei nicht auf die Dauer des Verlassenschaftsverfahrens ankommen (Eccher, aaO).

5.5. Dieser Gedanke ist verallgemeinerungsfähig. Verzichtet ein potenzieller Anerbe auf sein Erbrecht (und damit auf sein Hofübernahmerecht [vgl Eccher in Schwimann, ABGB³ III [2006] § 10 Rz 1; 6 Ob 153/03y]), entschlägt er sich der Erbschaft oder stirbt er während des Verlassenschaftsverfahrens nach dem ersten Erblasser, treten seine gesetzlichen Erben an seine Stelle und nehmen an der Auswahl nach § 3 AnerbenG teil (vgl § 4a Abs 2 letzter Satz AnerbenG [„An die Stelle des Kindes treten dessen gesetzliche Erben, unter denen der Anerbe des ganzen Erbhofs nach § 3 zu bestimmen ist."]). Damit wird verhindert, dass die Frage der Hofübernahme einerseits vom Todeszeitpunkt des potenziellen Anerben des ersten Erblassers (vgl 5.3.) und andererseits von der Art des Ausscheidens dieses potenziellen Anerben abhängig gemacht wird - was auch allfällige Missbrauchsmöglichkeiten einschränkt -; weiters ist in besserem Maße gewährleistet, dass tatsächlich die nach dem Anerbengesetz maßgeblichen Auswahlkriterien (Erziehung in der Land- und Forstwirtschaft, Aufwachsen auf dem Erbhof, land- und forstwirtschaftlicher Beruf usw) und nicht Zufälligkeiten bei der Auswahl des Anerben Beachtung finden.

5.6. Der erkennende Senat hat erst jüngst in einem eine Transmission betreffenden Fall entschieden, dass das Recht des berufenen (potenziellen) Anerben auf Zuweisung des Erbhofs höchstpersönlich sei und daraus jedenfalls für den Zeitraum vor Bestimmung des Anerben der Ausschluss einer Transmission zu folgern sei (6 Ob 218/06m = Zak 2007/43 = iFamZ 2007/53). Diese Entscheidung betraf jedoch insoferne eine andere Konstellation, als dort weder die erbl. Schwiegertochter noch der erbl. Enkel gesetzliche Erben nach dem ersten Erblasser gewesen waren; die erbl. Schwiegertochter war nämlich testamentarische Alleinerbin des zweiten Erblassers, der erbl. Enkel hingegen lediglich pflichtteilsberechtigt. Sie konnten daher nicht von § 3 AnerbenG erfasst sein.

5.7. Als Zwischenergebnis ist damit dem Rekursgericht darin beizupflichten, dass die erbl. Nichte als gesetzliche Erbin ihrer Mutter, die sich jedoch der Erbschaft entschlagen hat, als potenzielle Anerbin in Betracht kommt.

6. Der erbl. Neffe macht in seinem Revisionsrekurs geltend, der erbl. Nichte fehle es am Willen, den Erbhof als solchen fortzuführen; sie habe bereits ein Zerschlagungsangebot gemacht und sei aus jagdwirtschaftlichen Gründen nur an einem Teil des Erbhofs interessiert. Darüber hinaus verfüge die erbl. Nichte nicht über eine land- oder fortwirtschaftliche Ausbildung, sie sei nicht auf dem Erbhof aufgewachsen, habe bereits einen Erbhof besessen und beziehe eine „Bauernpension", sei also anderweitig versorgt. Dem gegenüber beabsichtige der erbl. Neffe die Fortführung des Erbhofs als Ganzes, sei auf Grund seiner Versorgungsverpflichtungen unter anderem für zwei minderjährige Kinder auf den Erbhof angewiesen, habe monatsweise auf dem Erbhof mitgearbeitet und verfüge über eine Ausbildung als landwirtschaftlicher Facharbeiter.

Die erbl. Nichte verweist in ihrer Revisionsrekursbeantwortung auf den Umstand, dass sie - zumindest teilweise - nicht nur auf dem Erbhof aufgewachsen, sondern auch die Landwirtschaft ihres Ehegatten jahrzehntelang mitbewirtschaftet habe; im Übrigen komme primär dem Ältestenrecht Bedeutung zu.

§ 3 AnerbenG stellt zwei Kriterienkataloge auf, die hintereinander zur Anwendung zu kommen haben (Eccher in Schwimann, ABGB³ III [2006] § 3 Rz 1); da die Anwendung (hier) des Ältestenrechts erst in der „Feinauslese" nach Abs 2 Z 2 Beachtung findet, muss zuerst geprüft werden, welchem der beiden noch in Betracht kommenden potenziellen Anerben (allenfalls) nach dem Kriterienkatalog des Abs 1 der Vorzug zu geben ist.

Das Rekursgericht hat sich nun dazu lediglich darauf berufen, dass der erbl. Neffe Beamter und daher anderweitig versorgt sei und somit als Anerbe ausscheide. Ob dies auch für die erbl. Nichte zutrifft, lässt sich den Feststellungen der Vorinstanzen jedoch nicht entnehmen. Entgegen der Auffassung des Rekursgerichts reicht es dabei jedenfalls nicht aus, durch eine Ehe gesichert zu sein; maßgeblich ist vielmehr eine auf Dauer berechnete Lebensstellung, dh es kommt darauf an, ob der potenzielle Anerbe auf die Übernahme des Erbhofs angewiesen ist, weil sein Lebensunterhalt durch andere auf Dauer erzielbare Einkünfte materiell nicht ausreichend abgesichert ist (Eccher, aaO § 3 Rz 6 mwN).

Der erbl. Neffe hat in seinem Rekurs auf diese Abwägungskriterien zwar ausführlich hingewiesen, das Rekursgericht hat sich damit jedoch nicht hinreichend auseinandergesetzt bzw es unterlassen, für eine Ergänzung der entscheidungswesentlichen Feststellungen - allenfalls nach Durchführung einer mündlichen Rekursverhandlung - Sorge zu tragen. Dies wird es im fortgesetzten Verfahren nachzuholen haben, wobei im Sinne einer umfassenden Interessenabwägung nach § 3 Abs 1 AnerbenG auch festzustellen sein wird, welche Berufe die potenziellen Anerben erlernt haben bzw welchen sie nachgegangen sind (vgl § 3 Abs 1 Z 3 AnerbenG). Und schließlich werden auch Feststellungen dazu zu treffen sein, inwieweit die beiden potenziellen Anerben die Erhaltung des Erbhofs als Ganzes beabsichtigen bzw auch gewährleisten können, ist doch grundlegendes Ziel des Höferechts die Erhaltung einer krisenfesten landwirtschaftlichen Struktur; die Zersplitterung bäuerlicher Betriebe soll möglichst vermieden werden (Eccher in Schwimann, ABGB³ III [2006] Höferecht Rz 1).

6. Der erbl. Neffe hat in seinem Revisionsrekurs Vertretungskosten in Höhe von 2.024,90 EUR verzeichnet und beantragt deren Zuspruch. Einen solchen sieht das Gesetz nicht vor:

Verfahren nach dem Anerbengesetz sind nämlich Teil des Verlassenschaftsverfahrens (in diesem Sinn auch Mayr/Fucik, Das neue Verfahren außer Streitsachen³ [2006] Rz 651 ff; vgl auch 6 Ob 153/03y zur nach § 10 AnerbenG durchzuführenden Erbteilung), wobei nach § 185 AußStrG BGBl I 2003/111 in Verlassenschaftsverfahren außer im Verfahren über das Erbrecht kein Ersatz von Vertretungskosten stattfindet; diese Bestimmung geht § 78 AußStrG vor (Obermaier, Das Kostenhandbuch [2005] Rz 692). Die in der Entscheidung 6 Ob 317/05v (= EvBl 2006/105) ohne nähere Begründung vertretene gegenteilige Auffassung wird nicht aufrecht erhalten. Auch das Außerstreitgesetz 1854 sah im Übrigen keinen Kostenersatz in Verlassenschaftsverfahren vor (Klicka/Oberhammer/Domej, Außerstreitverfahren4 [2006] Rz 152).

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