OGH 3Ob181/50

OGH3Ob181/5027.9.1950

SZ 23/269

Normen

ABGB §537
Kärntner Höfegesetz vom 16. September 1903, LGBl, f. Kärnten Nr. 33 §7
ABGB §537
Kärntner Höfegesetz vom 16. September 1903, LGBl, f. Kärnten Nr. 33 §7

 

Spruch:

Als Übernehmer des Hofes im Sinne des § 7 des Kärntner Höfegesetzes hat eine dem Grade nach nähere weibliche Verwandte gegenüber einem entfernteren männlichen Verwandten den Vorrang, u. zw. auch dann, wenn dieser der Sohn eines nach dem Erblasser verstorbenen Sohnes ist, der der weiblichen Verwandten vorgegangen wäre.

Entscheidung vom 27. September 1950, 3 Ob 181/50.

I. Instanz: Bezirksgericht Villach; II. Instanz: Landesgericht Klagenfurt.

Text

Das Erstgericht bestimmte den Enkel Alexander W. des verstorbenen Johann W. als Übernehmer des in der Verlassenschaft nach Johann W. befindlichen Erbhofes.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Maria G., der Tochter des Erblassers, Folge und bestimmte sie als Übernehmerin und Erbin dieses Hofes.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des erblasserischen Enkels Alexander W. nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Im Revisionsrekurse des erblasserischen Enkels wird die Auslegung des § 7 des Kärntner Landesgesetzes vom 16. September 1903, LGBl. Nr. 33, in der Fassung des Bundesgesetzes vom 11. Juli 1930, BGBl. Nr. 235, durch das Rekursgericht als unzutreffend bezeichnet und der Standpunkt eingenommen, daß im Hinblick auf die Fassung dieser Gesetzesstelle die Bestimmung des Enkels als Übernehmer des Hofes möglich und der Sachlage nach durchaus begrundet wäre.

Der Revisionsrekurswerber nimmt den Hof des Erblassers deshalb als Übernehmer für sich in Anspruch, weil sein Vater, der Sohn des Erblassers, bei dessen Tode noch am Leben und daher als Anerbe berufen war. Er vertritt die Ansicht, daß infolge Ausfalles seines Vaters er als Anerbe in Betracht komme und berufen sei.

Das Erstgericht nahm auch diesen Standpunkt ein. Das Rekursgericht jedoch ging davon aus, daß in § 7 des bezogenen Kärntner Landesgesetzes im Punkt 1 bestimmt ist, daß die dem Grade nach näheren Verwandten das Vorrecht vor den entfernteren haben. Das Rekursgericht teilte hiebei die vom Rekurswerber vertretene Auffassung, daß dieser Satz als allgemeine Rechtsnorm zu gelten habe. Nach der wörtlichen, wie nach der sinngemäßen Auslegung sei mit dem Schlußsatz ohne jeden Vorbehalt der Grundsatz aufgestellt, daß dem Grade nach nähere Verwandte das Vorrecht vor den entfernteren haben.

Der Oberste Gerichtshof billigt diese Auffassung des Rekursgerichtes. Es wurde im Schrifttum viel über die Auslegung des ersten Satzes der Z. 1 des § 7 dieses Gesetzes erörtert. Insbesondere wurden die Einleitungsworte "in der Regel gebührt ...."

dahin aufgefaßt, daß damit zum Ausdruck gebracht werden soll, daß die in dieser Gesetzesstelle festgesetzte Rangordnung: "Männliche Erben vor den weiblichen; unter mehreren Erben desselben Geschlechtes ältere vor den jüngeren; bei gleichem Alter Bestimmung durch das Los", keine feste Regel wäre und von vornherein eine Ausnahme zuließe. Bei richtiger Auslegung des Gesetzes kommt man jedoch zu dem Schlusse, daß zwar die Fassung des Gesetzes klarer sein könnte, daß jedoch der Nachsatz: "Jedoch haben die dem Grade nach näheren Verwandten das Vorrecht vor den entfernteren" eben die Ausnahme von der Regel, daß männliche vor den weiblichen und die älteren vor den jüngeren den Vorrang haben, zum Ausdruck bringt. Das Gesetz wollte sonach nur aussprechen, daß es die Regel ist, daß die männlichen vor den weiblichen, und bei gleichem Geschlecht, die älteren vor den jüngeren den Vorrang haben. Diese Regel wird jedoch durch den Nachsatz durchbrochen, durch den angeordnet wird, daß die dem Grade nach näheren Verwandten jedenfalls das Vorrecht vor den entfernteren haben.

Das Gesetz unterscheidet zwischen den zur Erbfolge Berufenen und denen, die zur Übernahme des Hofes in Betracht kommen. Zur Zeit des Todes des Erblassers waren als Erben und Anerben seine Kinder, nämlich sein mittlerweile verstorbener Sohn sowie Maria G., seine Tochter, berufen. Der Sohn des verstorbenen Sohnes des Erblassers tritt gemäß § 537 ABGB. zwar an die Stelle seines Vaters hinsichtlich seiner Erbansprüche. Diese werden ihm auch in keiner Weise eingeschränkt. Aber selbst wenn sein Vater vor dem Erblasser verstorben wäre, so daß er als Erbe und Anerbe berufen wäre, müßte er nach der Regel des § 7 Z. 1 des angeführten Kärntner Landesgesetzes hinter der Schwester seines Vaters zurückstehen, da diese als die dem Grade nach nähere Verwandte nach dem Schlußsatz dieser Gesetzesstelle auf jeden Fall das Vorrecht hat. Erst wenn sie auf die Übernahme verzichtet oder aus einem der in § 7 Z. 4 dieses Gesetzes angeführten Gründe von der Übernahme ausgeschlossen wäre, käme der Revisionsrekurswerber als Anerbe in Betracht.

Diese dem Gesetze entsprechende Regelung kann nicht durch Überlegungen, die der Revisionsrekurswerber in seinem Revisionsrekurse unter Anführung persönlicher Verhältnisse anstellt, gegenstandslos gemacht werden.

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