European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0060OB00175.14Z.1119.000
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 559,15 EUR (darin 93,19 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist entgegen dem ‑ den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (RIS‑Justiz RS0042392 [T7]) ‑ Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.
1.1. Durch das Recht der Dienstbarkeit wird ein Eigentümer verbunden, zum Vorteile eines anderen in Rücksicht seiner Sache etwas zu dulden oder zu unterlassen. Wird das Recht der Dienstbarkeit mit dem Besitz eines Grundstücks zu dessen vorteilhafteren oder bequemeren Benützung verknüpft, so entsteht eine Grunddienstbarkeit (§§ 472 f ABGB). Das Ausmaß einer Dienstbarkeit richtet sich grundsätzlich nach ihrem Titel. Bei einer vertraglich eingeräumten Servitut sind daher Art und Umfang nach den allgemeinen Regeln der §§ 914 f ABGB auszulegen, wobei servitutenspezifische Besonderheiten miteinzubeziehen sind. Sofern der Parteiwille aus dem Wortsinn nicht ermittelt werden kann, sind daher insbesondere Natur und Zweck der Servitut zur Zeit ihrer Einräumung zu berücksichtigen (RIS‑Justiz RS0011720; Koch in Koziol/Bydlinski/Bollenberger , ABGB 4 § 484 Rz 1 f).
1.2. Dabei ist zwischen gemessenen Dienstbarkeiten, deren Art und Ausmaß bereits bei Begründung durch den Titel unzweifelhaft festgelegt worden sind, und ungemessenen Servituten, die nicht in diesem Maß konkret bestimmt wurden, wenn also das Ausmaß und der Umfang der dem Berechtigten zustehenden Befugnisse im Titel nicht eindeutig begrenzt sind, zu unterscheiden (RIS‑Justiz RS0011752 [T1, T2]).
1.3. Gemessene Servituten sind daher stärker durch den zugrundeliegenden Titel determiniert, dessen Zeitpunkt maßgeblich für die Bedarfsabgrenzung ist. Bei ungemessenen Servituten sind im Rahmen der ursprünglichen oder der vorhersehbaren Art der Ausübung die jeweiligen Bedürfnisse des Berechtigten maßgebend (RIS‑Justiz RS0097856). Für den Umfang und die Art der Ausübung an ungemessenen Dienstbarkeiten ist daher das jeweilige Bedürfnis des herrschenden Guts innerhalb der Schranken des ursprünglichen Bestands und der ursprünglichen Bewirtschaftungsart und nicht jenes zum Zeitpunkt der Servitutsbestellung maßgeblich. Es soll dem Berechtigten der angestrebte Vorteil ermöglicht, dem Belasteten aber so wenig wie möglich geschadet werden. Eine unzulässige Erweiterung der Dienstbarkeit liegt nur dann vor, wenn das dienende Gut dadurch erheblich schwerer belastet wird. Diese gemäß § 484 ABGB vorzunehmende Interessenabwägung ist stets von den Umständen des Einzelfalls abhängig und stellt daher im Allgemeinen keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung dar (RIS‑Justiz RS0011720 [T15, T16, T17]).
2.1. Die einmal eingeräumte Dienstbarkeit für die Bewirtschaftung einer bestimmten Fläche darf nicht um weitere herrschende Grundstücke ergänzt werden (GlUNF 2179). Anderes gilt nur, wenn es sich nur um ein geringfügiges Teilstück auf dem infolge Verlegung der öffentlichen Straße zugeschriebenen Grund handelt (vgl 1 Ob 718/81). Hingegen stellt es eine unzulässige Ausdehnung des ersessenen Geh‑ und Fahrrechts dar, wenn nach Entfernung eines Zauns ein vorher nicht von der Dienstbarkeit umfasster Grundstücksteil bewirtschaftet wird und dafür der Dienstbarkeitsweg benutzt wird. Dies gilt ungeachtet des Umstands, dass alle Grundstücke zum selben Grundbuchkörper gehören (1 Ob 516/96). Auch durch den Hinzuerwerb eines Grundstücks zum herrschenden Gut wird die Dienstbarkeit des Fahrwegs auf den neuen Grundstücksteil nicht erweitert (7 Ob 47/98g).
2.2. Eine unzulässige Erweiterung einer Wegeservitut liegt vor, wenn der Weg zu anderen Zwecken als ursprünglich vereinbart benutzt wird oder wenn sich die Belastung des dienenden Guts erheblich erhöht ( Risak in Schwimann , ABGB‑Taschenkommentar 2 § 484 Rz 4). Nur eine die Belastung des dienenden Guts erheblich erschwerende Änderung der Benützungsart des herrschenden Guts stellt eine unzulässige Erweiterung der Dienstbarkeit dar (RIS‑Justiz RS0016370). Auch bei einer Änderung der Bewirtschaftungsart kann nur die dadurch verursachte Mehrbelastung des dienenden Guts untersagt werden (RIS‑Justiz RS0016370 [T6]; 4 Ob 25/14a), werden die Interessen des Verpflichteten doch nur im Ausmaß der Mehrbelastung beeinträchtigt. Soweit die neue Bewirtschaftungsart hingegen zu keiner erhöhten Belastung des dienenden Guts führt, ist kein Grund erkennbar, weshalb der Verpflichtete dessen Inanspruchnahme nun nicht mehr dulden muss (vgl 4 Ob 25/14a).
3. Im vorliegenden Fall ist unstrittig, dass der Beklagte den Dienstbarkeitsweg nicht für Tätigkeiten auf dem Grundstück Nr 115/3 benutzen darf, weil ansonsten die Dienstbarkeit in unzulässiger Weise erweitert werden würde. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen verrichtete der Beklagte jedoch immer, wenn er den Dienstbarkeitsweg auf dem Grundstück Nr 112 benützte, auch Tätigkeiten auf dem Grundstück Nr 113. Diese umfassten ua den Abtransport von in der Scheune gelagertem Müll und hielten sich innerhalb der vereinbarten Servitut. Dass der Beklagte mitunter auch Tätigkeiten auf dem nicht dienstbarkeitsberechtigten angrenzenden Grundstück Nr 115/3 miterledigte, führt noch nicht zu einer unzulässigen Erweiterung der Servitut. Der Beklagte nutzte den Weg nach den Feststellungen stets für den ursprünglich vereinbarten Zweck. Dadurch, dass er dabei gelegentlich auch Tätigkeiten für das Grundstück Nr 115/3 miterledigte, erhöhte sich die Belastung des dienenden Grundstücks nicht. Wenn die Vorinstanzen bei dieser Sachlage davon ausgingen, dass keine Überschreitung der Servitut vorliegt, so ist darin keine vom Obersten Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung zu erblicken.
Dass ein völlig gleichgearteter Sachverhalt vom Obersten Gerichtshof noch nicht entschieden wurde, begründet noch nicht das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage (RIS‑Justiz RS0107773). Eine erhebliche Rechtsfrage liegt insbesondere dann nicht vor, wenn die für vergleichbare Sachverhalte entwickelten Grundsätze der Rechtsprechung auf den konkreten Sachverhalt anwendbar sind und ohne grobe Subsumtionsfehler auch angewendet wurden (RIS‑Justiz RS0107773 [T3]).
5. Die Revisionsausführungen zu angeblichen sekundären Feststellungsmängeln stellen in Wahrheit den unzulässigen und damit unbeachtlichen Versuch dar, die nicht revisible Frage der Beweiswürdigung (RIS‑Justiz RS0043125) zu bekämpfen.
6. Zusammenfassend bringt die klagende Partei daher keine Rechtsfragen der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Bedeutung zur Darstellung, sodass die Revision spruchgemäß zurückzuweisen war.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Die beklagte Partei hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.
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