OGH 6Ob138/14h

OGH6Ob138/14h17.9.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr.

Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. K***** Betriebs‑GmbH, *****, 2. MMag. Dr. Georg Unger, 1070 Wien, Mariahilfer Straße 50, als Masseverwalter im Konkurs der K***** Gesellschaft mbH, beide vertreten durch Schaffer & Sternad Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die beklagte Partei S***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Bock Fuchs Nonhoff Rechtsanwälte OG in Wien, wegen 3.856.160 EUR sA und Rechnungslegung, über die außerordentliche Revision der erstklagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 10. Juni 2014, GZ 40 R 7/14x‑78, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a ZPO mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Die K***** GmbH und die K***** GmbH & Co KG haben mit Mietvertrag vom 31. 7. 1989 von der Beklagten im Shoppingcenter (in der Folge: S*****) das Geschäftslokal Top Nr 19 im Ausmaß von rund 1.338 m 2 auf unbestimmte Zeit in Bestand genommen. Die Erstklägerin ist Universalrechtsnachfolgerin gemäß § 142 UGB der K***** GmbH & Co KG, die in diesem Geschäftslokal ein Bekleidungshandelsgeschäft unter der Marke K***** betreibt; der Zweitkläger ist Masseverwalter im Konkurs der K***** GmbH.

Nach dem rechtskräftigen Teilurteil vom 30. 7. 2009 haftet die Beklagte der Erstklägerin gegenüber für alle Schäden, die der Erstklägerin aus der vertragswidrigen Inbestandgabe des Geschäftslokals Top Nr 18 im Erdgeschoss des S***** an die Firma F***** GmbH, des Geschäftslokals Top Nr 26a im Obergeschoss des S***** an die Firma N***** KG (N*****) und des Geschäftslokals Top Nr 27 im Obergeschoss des S***** an die C***** AG in Zukunft erwachsen.

Weiters hat die Beklagte es nach dieser Entscheidung zu unterlassen, Betriebsflächen in ihrem Shoppingcenter in einem 500 m 2 übersteigenden Ausmaß an andere Bekleidungsanbieter zu vermieten und hat von den Klägern bekämpfte Bestandverhältnisse zu anderen Mitbewerbern aufzulösen.

Mit Endurteil vom 30. 9. 2013 wies das Erstgericht das Klagebegehren beider Kläger auf Schadenersatz und Rechnungslegung ab. Der Erstklägerin sei der Beweis dafür, dass ihr ein Schaden entstanden sei, nicht gelungen. Auch bestehe keine Rechnungslegungspflicht der Beklagten gemäß Art 42 Abs 1 EGZPO. Die Beklagte habe durch den von Konkurrenten lukrierten Bestandzins nicht in Rechte der Kläger eingegriffen, weil durch die vereinbarte Konkurrenzklausel kein Recht auf Gebrauchsüberlassung dieser Flächen bestehe und ein Verwendungsanspruch gemäß § 1041 ABGB somit nicht in Betracht komme.

Das Berufungsgericht hob das zwischen dem Zweitkläger und der Beklagten geführte Verfahren als nichtig auf, weil durch das rechtskräftige Teilurteil über alle vom Zweitkläger geltend gemachten Ansprüche bereits abgesprochen worden sei und er somit nicht mehr Partei des Verfahrens sei. Weiters hob das Berufungsgericht das Urteil über das Zahlungsbegehren auf und verwies die Rechtssache insoweit zur neuerlichen Verhandlung an das Erstgericht. Hinsichtlich des Rechnungslegungsbegehrens bestätigte das Berufungsgericht das Ersturteil. Die Konkurrenzklausel berechtige die Erstklägerin nicht dazu, Gewinne aus der Vermietung von Bestandflächen im S***** zu erzielen. Diese Konkurrenzklausel sei nicht mit arbeitsrechtlichen Konkurrenzklauseln vergleichbar: Dort werde in den Zuweisungsgehalt des Rechts des Dienstgebers eingegriffen; im vorliegenden Fall habe die Erstklägerin jedoch kein Recht auf Vermietung von 500 m 2 übersteigenden Flächen. Die Verwendung von Betriebsflächen stünde allein der Beklagten zu; die Erstklägerin habe nur einen Schadenersatzanspruch für erlittene Einbußen, jedoch keinen Anspruch auf Gewinnabschöpfung. Deshalb habe die Erstklägerin auch keinen Anspruch auf Offenlegung der erzielten Mieteinnahmen.

Die ordentliche Revision sei nicht zulässig, weil keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen dieses Urteil erhobene Revision der Erstklägerin ist nicht zulässig.

1. Der allgemeine Bereicherungsanspruch gemäß § 1041 ABGB richtet sich gegen denjenigen, der eine fremde Sache ohne Rechtsgrund zum eigenen Vorteil benützt und sich dabei im Einzelfall nicht auf eine Leistung des Eigentümers oder sonst Berechtigten stützen kann. „Sache“ ist dabei im weiten Sinn des § 285 ABGB zu verstehen: Darunter fallen nicht nur körperliche Sachen, Forderungsrechte und Namensrechte, sondern auch Arbeitsleistungen und die „Immaterialgüter“, die kraft des dem Berechtigten hier von der Rechtsordnung eingeräumten Ausschließungsrechts eine wirtschaftliche Verwendung zum Nutzen des Inhabers zulassen, wie Marken‑, Patent‑ und Urheberrechte (RIS‑Justiz RS0019926 [T3]).

2.1. § 1041 ABGB bezeichnet den „Eigentümer“ der Sache als Anspruchsberechtigten. Damit wird ausgedrückt, dass jener anspruchsberechtigt ist, dem das verwendete Rechtsgut ausschließlich zugewiesen ist (6 Ob 54/06v; 6 Ob57/06k; RIS‑Justiz RS0019971). Eine solche Zuweisung bewirken insbesondere absolute Rechte, aber auch Forderungsrechte gegen bestimmte Personen. Es genügt, wenn die Rechtsordnung eine Vermögensposition in bestimmter Richtung schützt. „Verwendung“ ist demnach jede dem Zuweisungsgehalt dieses Rechts widersprechende Nutzung (RIS‑Justiz RS0019971, RS0019960). Entscheidend ist, ob die konkrete Nutzung dem Berechtigten vorbehalten war und der Verkürzte die Eingriffshandlung jedermann verbieten konnte (RIS‑Justiz RS0019971 [T6]).

2.2. Nach Bollenberger (Das stellvertretende Commodum [1999] 119 ff, 173 ff, 182 ff) ist vom Vorliegen einer Zuweisung des Leistungsgegenstands im Verhältnis zwischen Schuldner und Gläubiger an den Gläubiger (Zuweisung inter partes) immer nur dann auszugehen, wenn vom Gläubiger gegen den Schuldner zwecks Erlangung des Leistungsgegenstands auch Naturalexekution geführt werden könnte; darüber hinaus sei dann, wenn sich die Forderung nicht auf die Verschaffung eines „Wertträgers“ beziehe ‑ wie dies insbesondere bei Unterlassungsverpflichtungen der Fall ist‑ auch auf den Inhalt der vertraglichen Pflicht sowie die Verletzungsintensität abzustellen ( Bollenberger aaO 173 ff).

3.1. Im vorliegenden Fall scheitert ‑ wie die Vorinstanzen zutreffend erkannt haben ‑ ein Verwendungsanspruch der Erstklägerin am Zuweisungsgehalt des vertraglich vereinbarten Zustimmungsrechts bzw Vetorechts. Die Beklagte überschritt nicht vertragliche Rechte auf Benützung einer fremden Sache, die zu einem Unterlassungsanspruch und damit zu einem Verwendungsanspruch führen würden (RIS‑Justiz RS0019984). Die Vermietung entgegen der vertraglichen Konkurrenzklausel an Mitbewerber der Kläger stellt zwar eine Vertragsverletzung, aber selbst bei weitester noch denkbarer Auslegung gerade keine „Verwendung“ dieses Rechts durch die Beklagte dar. Insoweit fehlt es an der erforderlichen Korrelation zwischen Rechtsverletzung und „verwendetem“ Rechtsgut.

3.2. Der Verweis auf bereicherungsrechtliche Ansprüche nach dem Urheberrechtsgesetz, dem Patentgesetz oder dem Markenschutzgesetz überzeugt nicht, weil es sich bei den dort geschützten Rechten um absolute Rechte handelt, sodass diese gesetzlichen Sonderbestimmungen auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar sind. Die Beklagte hat auch kein fremdes Gut verwendet, sondern vielmehr ihr Eigentum ohne Zustimmung der Erstklägerin in Bestand gegeben. Damit hat sie zwar ihre vertragliche Verpflichtung verletzt, jedoch nicht einen der Erstklägerin ausschließlich zugewiesenen Vermögenswert verwendet.

3.3. Darin liegt auch der entscheidende Unterschied zur Judikatur zur Ausnützung von Arbeitsleistungen (4 Ob 62/07g). Diese Judikatur betrifft die Ausnützung einer fremden Arbeitsleistung und ein wettbewerbs‑ oder sittenwidriges Verhalten. Demgegenüber vermietete die Beklagte im vorliegenden Fall eigene Flächen und nützte nicht eine Leistung der Erstklägerin aus, sondern verstieß bloß gegen den der Erstklägerin zustehenden Zustimmungsvorbehalt.

3.4. Der von der Erstklägerin zur Stützung ihrer Rechtsansicht im Manuskript vorgelegte, zur Veröffentlichung in einer Festschrift vorgesehene, offenbar (trotz fehlenden diesbezüglichen Hinweises) im Zusammenhang mit dem vorliegenden Verfahren entstandene Aufsatz von Vonkilch (Zur Bereicherungsabschöpfung bei Verletzung eines mietvertraglichen Konkurrenzschutzes) beschränkt sich auf die Behauptung, in der vorliegenden Konstellation sei „zweifellos“ ein Bereicherungsanspruch zu bejahen. Durch den Vertrag sei dem Mieter vom Vermieter die Vermögensposition zugewiesen worden, im räumlichen Geltungsbereich des Konkurrenzschutzes die mit dem Betrieb der jeweiligen Unternehmenssparte verbundenen Erwerbs- und Gewinnerzielungschancen exklusiv nutzen zu können; diese seien für den Mieter gewissermaßen „reserviert“. Durch diese Auffassung werden aber die Grenzen zwischen Schadenersatz- und Bereicherungsrecht verwischt; die erforderliche Identität zwischen dem von der Beklagten „verwendeten“ und den Klägern ausschließlich zugewiesenen Rechtsgut wird damit nicht dargetan.

4. Zusammenfassend steht der Erstklägerin als Bestandnehmerin bei Verletzung des bedungenen Gebrauchs, worunter auch das Konkurrenzverbot zu subsumieren ist, nur das Begehren auf Erfüllung, Zinsminderung, vorzeitige Auflösung und ‑ bei Verschulden ‑ auf Schadenersatz zu (RIS‑Justiz RS0021286 [T6], RS0117011; 1 Ob 113/02b), nicht jedoch auch ein zusätzlicher bereicherungsrechtlicher Verwendungsanspruch. Dem schutzwürdigen Interesse der Erstklägerin an Beweiserleichterungen ist durch § 273 ZPO Rechnung zu tragen, nicht jedoch durch Einräumung eines systemfremden bereicherungsrechtlichen Anspruchs auf Abschöpfung des durch die vertragswidrige Weitervermietung erzielten Entgelts.

5. Lediglich der Vollständigkeit halber ist darauf zu verweisen, dass die Argumentation der Erstklägerin, ihr stünde ein Entgelt für die Zustimmung zur Vermietung zu, in Widerspruch zu ihrem gleichzeitig erhobenen Schadenersatzbegehren steht, worin sie Schadenersatz für die Vermietung trotz fehlender Zustimmung begehrt.

6. Damit bringt die Erstklägerin aber keine Rechtsfragen der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Bedeutung zur Darstellung, sodass die Revision spruchgemäß zurückzuweisen war.

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