OGH 6Ob119/05a

OGH6Ob119/05a6.10.2005

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Pflegschaftssache des minderjährigen Patrick R*****, vertreten durch die Stadt Wien, Amt für Jugend und Familie für die Bezirke 14, 15, 16, 1150 Wien, Gasgasse 8-10, über den Revisionsrekurs des Bundes, vertreten durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 17. März 2005, GZ 48 R 450/04p-44, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Fünfhaus vom 29. Oktober 2004, GZ 33 P 102/04k-33, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Der Beschluss des Rekursgerichts wird dahin abgeändert, dass der Vater Norbert C*****, geboren am *****, verpflichtet wird, die in der Zeit vom 1. 4. 2003 bis 29. 2. 2004 zu Unrecht ausbezahlten Unterhaltsvorschüsse von insgesamt 2.360 EUR (und nicht bloß 1.590 EUR) binnen 14 Tagen an die Republik Österreich zu Handen des Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien zurückzuzahlen.

Soweit der Revisionsrekurs die Abweisung des Antrags, die Mutter Monika R***** zum Rückersatz dieser Überzahlung zu verpflichten, bekämpft, wird ihm nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Mit Beschluss vom 10. 4. 2001 wurden dem Minderjährigen für die Zeit vom 1. 3. 2001 bis 29. 2. 2004 Richtsatzvorschüsse gemäß § 4 Z 3 UVG gewährt, weil sich der unterhaltspflichtige Vater in Haft befand. Am 11. 3. 2004 teilte das zuständige Amt für Jugend und Familie dem Erstgericht mit, dass der Vater am 12. 3. 2003 aus der Haft entlassen worden sei. Mit Beschluss vom 29. 3. 2004 stellte das Erstgericht deshalb die Vorschüsse mit Ablauf des März 2003 ein.

In der mit dem Amt für Jugend und Familie geschlossenen Vereinbarung vom 24. 5. 2004 verpflichtete sich der Vater zu monatlichen Unterhaltszahlungen von 70 EUR ab 1. 4. 2003. Diese Beträge werden aufgrund eines am 28. 7. 2004 eingelangten Antrags des Amtes für Jugend und Familie seit 1. 7. 2004 gemäß §§ 3, 4 Z 1 UVG bevorschusst.

Durch die Fortzahlung der Richtsatzvorschüsse nach der Haftentlassung des Vaters entstand in der Zeit vom 1. 4. 2003 bis 29. 2. 2004 eine Überzahlung von insgesamt 2.360 EUR. Der Präsident des Oberlandesgerichts Wien beantragte, das Kind, hilfsweise den Rechtsträger des gesetzlichen Vertreters im Sinn des § 9 UVG, die Pflegeperson und allenfalls hilfsweise den Unterhaltsschuldner gemäß den §§ 22 f UVG zum Ersatz dieser Überzahlung zu verpflichten.

Das Erstgericht wies den Antrag zur Gänze ab. Es stellte fest, dass der Vater nach seiner Haftentlassung die Mutter an ihrer Arbeitsstelle aufgesucht habe, dass die Mutter aber nicht gewusst habe, wann genau er aus der Haft entlassen worden sei. Die Mutter habe die Haftentlassung nicht bei Gericht gemeldet, weil ihr die Mitteilungspflicht nicht bekannt gewesen sei. Sie habe zwar die Rechtsbelehrung über die Mitteilungspflicht erhalten, diese aber nicht beachtet. Sie verdiene 880 EUR monatlich, habe Fixkosten von rund 600 EUR monatlich und eine weitere Sorgepflicht für ihre 15-jährige Tochter. Die Unterhaltsvorschussbeträge seien vom Kind verbraucht worden. In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Ansicht, dass das Amt für Jugend und Familie der Mitteilungspflicht unverzüglich nach Kenntnis der Haftentlassung nachgekommen sei. Die Verletzung der Mitteilungspflicht durch die Mutter sei nicht grob fahrlässig gewesen, weil ihr die Unrechtmäßigkeit des Vorschussbezugs nicht einsichtig gewesen sei. Darüber hinaus scheide ihre Rückersatzpflicht deshalb aus, weil ansonsten aufgrund ihrer schlechten finanziellen Lage der laufende Unterhalt des Kindes gefährdet wäre. Der Vater habe zwar seine Mitteilungspflicht gröblichst verletzt. Durch die Unterhaltszahlungen von 70 EUR monatlich seien aber seine finanziellen Möglichkeiten zur Gänze ausgeschöpft.

Das Rekursgericht gab dem vom Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien gegen die Abweisung des Rückersatzantrags betreffend die Mutter und den Vater erhobenen Rekurs teilweise Folge. Es bestätigte die Antragsabweisung hinsichtlich der Mutter und verpflichtete den Vater (lediglich) zum Rückersatz von 1.590 EUR anstatt von - wie beantragt - 2.360 EUR. Ein geringer Verschuldensgrad der Mutter könnte zwar aus einem von ihr erwähnten Schreiben des Amtes für Jugend und Familie abgeleitet werden, aus dem sie geschlossen haben könnte, dass sie sich erst Anfang März 2004, also nach Ablauf der Vorschussgewährung, wieder melden müsse. Diese Frage könne aber dahingestellt bleiben, weil dem Erstgericht im Ergebnis darin beizupflichten sei, dass der laufende Unterhalt des Minderjährigen bei einer Rückersatzpflicht der Mutter aufgrund deren geringen Einkommens und der Unterhaltsverpflichtung des Vaters von lediglich 70 EUR monatlich im Sinn des § 22 Abs 2 UVG gefährdet wäre. Eine Verpflichtung des geldunterhaltspflichtigen Elternteils zum Rückersatz von Vorschüssen bedeute zwar für sich allein keine wirtschaftliche Schlechterstellung des Kindes. Dies könne aber nur für die primäre Geldunterhaltsverpflichtung des nicht betreuenden Elternteils gelten, nicht hingegen für den betreuenden, gemäß § 140 Abs 2 Satz 2 ABGB bloß subsidiär zum Geldunterhalt verpflichteten Elternteil. Die Mutter sei daher nicht zum Rückersatz heranzuziehen. Der Vater habe zwar seine Mitteilungspflicht grob fahrlässig verletzt, doch sei dies nur teilweise für eine zu Unrecht erfolgte Auszahlung von Unterhaltsvorschüssen kausal. Es sei nämlich davon auszugehen, dass die mit Beschluss des Erstgerichts vom 3. 9. 2004 ab 1. 7. 2004 gewährten Titelvorschüsse von monatlich 70 EUR bei unverzüglicher Mitteilung bereits ab 1. 4. 2003 bewilligt hätten werden können. Daher wären in der Zeit vom 1. 4. 2003 bis 29. 2. 2004 insgesamt ohnedies 770 EUR an Unterhaltsvorschüssen ausbezahlt worden, sodass im Ergebnis nur 1.590 EUR zu Unrecht ausbezahlt worden seien. Dass es sich dabei einerseits um Haft-, andererseits um Titelvorschüsse handle, sei unbeachtlich, weil eine isolierte Betrachtung der beiden Vorschussarten zu einer unvollkommenen Erfassung der wirtschaftlichen Gesamtsituation führen würde. Der Vater sei daher nur zum Rückersatz von 1.590 EUR (2.360 EUR minus 770 EUR) zu verpflichten. Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil zu den Fragen, ob der laufende Unterhalt eines Kindes im Sinn des § 22 Abs 2 UVG durch eine Rückersatzverpflichtung des bloß subsidiär geldunterhaltspflichtigen Elternteils gefährdet sein könne und ob bei der Prüfung der Kausalität einer Verletzung der Mitteilungspflicht nach § 21 UVG für die Auszahlung unberechtigter Unterhaltsvorschüsse eine Gesamtbetrachtung anzustellen sei, keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vorliege.

Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs des Bundes, vertreten durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Wien, mit dem er die Abänderung des Beschlusses im Sinn einer vollen Rückersatzverpflichtung der Mutter und des Vaters begehrt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus den vom Rekursgericht angeführten Gründen zulässig. Er ist teilweise, nämlich hinsichtlich der Rückersatzpflicht des Vaters, auch berechtigt. Hinsichtlich der Rückersatzpflicht der Mutter kommt ihm hingegen keine Berechtigung zu.

1. Gemäß § 21 UVG haben der gesetzliche Vertreter des Kindes, der Unterhaltsschuldner und derjenige, der das Kind pflegt und erzieht, dem Gericht unverzüglich den Eintritt jedes Grundes für die Herabsetzung oder Einstellung der Vorschüsse mitzuteilen. Als Sanktion für die Unterlassung der Mitwirkung sieht § 22 UVG bei Vorliegen von grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz die Pflicht zum Rückersatz der zu Unrecht gewährten Vorschüsse vor, und zwar primär des die Vorschüsse beziehenden Kindes, sofern sie nicht (einbehalten oder) für dessen Unterhalt verbraucht worden sind. Soweit die zu Unrecht gewährten Vorschüsse vom Kind nicht hereingebracht werden können, haften der gesetzliche Vertreter und diejenige Person, die das Kind pflegt und erzieht und weiters subsidiär der Unterhaltsschuldner. Diese Bestimmung wird von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs dahin ausgelegt, dass die subsidiären Ersatzansprüche gegen die nach dem Kind Genannten auch geltend gemacht werden können, wenn das Kind zum Ersatz zu Unrecht gewährter Vorschüsse nicht verpflichtet werden kann, weil diese Vorschüsse - wie hier - zu seinem Unterhalt verbraucht wurden (SZ 64/26; RIS-Justiz RS0076852).

2. Es ist daher (zunächst) die Rückersatzpflicht der Mutter zu prüfen.

Gemäß § 22 Abs 2 UVG besteht die Rückersatzpflicht nach Abs 1 insofern nicht, als dadurch der laufende Unterhalt des Kindes gefährdet wird. Wie der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung 7 Ob 346/97a ausgeführt hat, besteht diese Ausnahme nur zugunsten des Kindes. Es ist auf die objektive wirtschaftliche Situation des Kindes abzustellen, weshalb in die Beurteilung dieser Voraussetzung auch gesetzlich garantierte Zuwendungen Dritter einzubeziehen sind. Da die Rückersatzverpflichtung eines geldunterhaltspflichtigen Elternteils, dessen Unterhaltszahlungen aktuell bevorschusst werden, keinen Anlass bietet, laufende Vorschüsse gemäß § 7 UVG herabzusetzen, kann durch eine solche Rückersatzpflicht der Unterhalt des Kindes nicht gefährdet werden. Auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Kindes, das Vorschüsse bezieht, wirkt sich daher die Inanspruchnahme des Unterhaltsschuldners zum Rückersatz von Überzahlungen nicht aus.

Wird hingegen der tatsächlich betreuende, nur subsidiär geldunterhaltspflichtige Elternteil (§ 140 Abs 2 zweiter Satz ABGB) zum Rückersatz herangezogen, ist zu differenzieren: Reichen die vom nicht betreuenden Elternteil persönlich oder aufgrund einer Bevorschussung geleisteten Unterhaltszahlungen hin, um den laufenden Unterhalt des Kindes in angemessener Weise (etwa in Höhe des sogenannten Durchschnittsbedarfs) zu decken, kann wohl grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass eine Unterhaltsgefährdung durch eine Rückersatzverpflichtung des betreuenden Elternteils nicht eintritt. Erhält das Kind aber - wie hier - selbst im Wege der Bevorschussung an Geldunterhalt nur einen Bruchteil dessen, was zur Deckung seines Unterhaltsbedarfs erforderlich ist und sind zudem die finanziellen Mittel des betreuenden Elternteils - wie hier - derart knapp, dass der erforderliche finanzielle Zuschuss selbst zur Deckung eines bescheidenen Bedarfs des Kindes nicht aufgebracht werden kann, ist mit einer weiteren Verringerung der finanziellen Mittel durch eine Rückersatzpflicht des betreuenden Elternteils nahezu zwangsläufig eine Gefährdung des Unterhalts des Kindes verbunden. An diesen tatsächlichen Gegebenheiten vermag die theoretische Möglichkeit nichts zu ändern, dass auch gegen den betreuenden Elternteil ein Geldunterhaltstitel geschaffen werden könnte, sollte dieser die subsidiäre Geldunterhaltspflicht verletzen und dass ein solcher Titel allenfalls bevorschusst werden könnte (vgl RIS-Justiz RS0076021), wobei die Rückersatzpflicht auf die Vorschusshöhe keinen Einfluss hätte. In der Begründung der Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs 8 Ob 279/97f und 7 Ob 43/05g wurde zwar zum Ausdruck gebracht, dass auch die subsidiäre Geldunterhaltspflicht des tatsächlich betreuenden Elternteils bevorschusst werden könne. Diese Entscheidungen beziehen sich allerdings auf Fälle, in denen die betreuende Mutter in Haft genommen wurde und Haftvorschüsse beantragt wurden. Ob die Bevorschussung eines Geldunterhaltstitels, der gegen den betreuenden Elternteil infolge dessen subsidiärer Unterhaltspflicht geschaffen wurde, tatsächlich bevorschusst werden könnte - das Rekursgericht verweist in diesem Zusammenhang zu Recht auf die Problematik, an wen (an den die Unterhaltspflicht verletzenden, aber doch betreuenden Elternteil?) in einem solchen Fall die Vorschüsse auszuzahlen wären -, muss hier nicht weiter untersucht werden. Nach den derzeitigen Sachverhaltsgrundlagen erhält das Kind keine derartigen Vorschüsse. Es ist - mit Ausnahme der finanziellen Unterstützung von 70 EUR monatlich - auf die tatsächliche Betreuung und finanzielle Versorgung durch die Mutter angewiesen, deren Mittel derart beengt sind, dass sich jede weitere Belastung, sei es auch durch eine ratenweise Abstattung der Vorschussüberzahlungen - zum Nachteil des unterhaltsberechtigten Kindes auswirken müsste.

Die Zielsetzung des UVG - die Sicherung des Unterhalts Minderjähriger - soll nicht dadurch in Frage gestellt werden, dass der Bund Vorschüsse, die er einmal zu Unrecht gewährt hat, mit aller Strenge eintreibt (7 Ob 346/97a). Eine Rückersatzpflicht der Mutter würde diesem der „Härteklausel" des § 22 Abs 2 UVG (vgl RV 5 BlgNR 14. GP 20) zugrunde liegenden Gedanken widersprechen.

Insoweit ist der Revisionsrekurs daher nicht berechtigt. Auf die nach den Feststellungen des Erstgerichts nicht zu beantwortende Frage, ob der Mutter grobe Fahrlässigkeit bei der Verletzung ihrer Mitteilungspflicht vorzuwerfen ist, braucht nicht eingegangen zu werden.

3. Zur Rückersatzpflicht des Vaters:

Da eine Rückersatzpflicht des Kindes und des gesetzlichen Vertreters bereits vom Erstgericht rechtskräftig verneint wurde und auch keine Rückersatzpflicht der Mutter besteht, kommt die subsidiäre Rückersatzpflicht des Vaters zum Tragen. Wie schon das Rekursgericht zutreffend ausgeführt hat, kann von dessen Rückersatzpflicht nicht mit der Begründung abgesehen werden, dass dadurch der laufende Unterhalt des Kindes gefährdet wäre, weil ohnehin laufende Vorschüsse gewährt wurden. Die Rückersatzpflicht ist aber - im Gegensatz zur Ansicht des Rekursgerichts - auch nicht teilweise infolge mangelnder Kausalität der Verletzung der Mitteilungspflicht durch den Vater zu verneinen.

Zunächst entbehrt die Annahme des Rekursgerichts, dass ab 1. 4. 2003 ohnehin Titelvorschüsse in Höhe von 70 EUR monatlich bewilligt hätten werden können, einer entsprechenden Sachverhaltsgrundlage. Der Titel (die Unterhaltsvereinbarung gemäß § 214 Abs 2 ABGB) stammt erst vom 24. 5. 2004. Gemäß § 8 UVG sind Vorschüsse vom Beginn des Monats an zu gewähren, in dem das Kind dies beantragt. Schon deshalb wäre eine Bewilligung von Titelvorschüssen nach §§ 3, 4 Z 1 UVG bereits ab 1. 4. 2003 nicht in Frage gekommen. Zu welchem Zeitpunkt innerhalb des Zeitraums des Übergenusses ein Titel geschaffen hätte werden können und wann innerhalb dieses Zeitraums die Voraussetzungen für eine Vorschussgewährung (vergebliche Exekutionsführung gemäß § 3 Z 2 UVG; Aussichtslosigkeit der Exekutionsführung gemäß § 4 Z 1 UVG) vorgelegen sind, entzieht sich jeglicher Beurteilungsmöglichkeit.

Erwägungen zum rechtmäßigen Alternativverhalten eines in Betracht kommenden Rückersatzpflichtigen sind im Rückersatzverfahren nicht von Amts wegen anzustellen. Der Rechtsgrund des subsidiären Ersatzanspruchs gegen den Unterhaltsschuldner nach § 22 UVG ist schadenersatzrechtlicher Natur (7 Ob 346/97a; Neumayr in Schwimann, ABGB³ I § 22 UVG Rz 2; vgl RIS-Justiz RS0076798). Nach ständiger Rechtsprechung hat derjenige, der ein Schutzgesetz übertritt, den Beweis dafür zu erbringen, dass ihn daran kein Verschulden trifft und dass der Schaden auch bei vorschriftsmäßigem Verhalten eingetreten wäre (RIS-Justiz RS0112234; RS0027364). Der Untersuchungsgrundsatz hat keineswegs zur Folge, dass es für die Parteien keine Beweislast, nämlich die Verpflichtung, den Beweis der jeweils für den eigenen Rechtsstandpunkt günstigen Tatsachen zu erbringen, gibt (RIS-Justiz RS0008752). Der Vater, dem nach Ansicht des Rekursgerichts der Nichteintritt des (Teil-)Schadens bei rechtmäßigem Alternativverhalten zugute kommen müsse, hat sich aber am Verfahren überhaupt nicht beteiligt.

Abgesehen davon spricht hier gegen die grundsätzliche Beachtlichkeit eines rechtmäßigen Alternativverhaltens in dem vom Rekursgericht aufgezeigten Sinn, dass der Unterhaltsschuldner nur in Ausnahmefällen (§ 29 Abs 1 UVG) verpflichtet ist, Haftvorschüsse nach § 4 Z 3 UVG zurückzuzahlen (RIS-Justiz RS0076978) und die Pflicht zum Rückersatz erst durch die gemäß § 29 Abs 2 UVG zu treffende Entscheidung des Außerstreitgerichts entsteht (7 Ob 624/82 = ÖA 1983, 103), während hingegen Titelvorschüsse nach §§ 3, 4 Z 1 UVG schon aufgrund des Unterhaltstitels, und zwar vom Jugendwohlfahrtsträger hereinzubringen sind (§ 13 Abs 1 Z 5 UVG). Wenn daher Vorschüsse innerhalb eines Zeitraums ausbezahlt werden, der nicht von einem Unterhaltstitel umfasst ist, bestünde mangels eines Beschlusses, mit dem der Unterhaltsschuldner zum Rückersatz eines Übergenusses nach § 22 UVG verpflichtet wird, kein Titel zur Hereinbringung der betreffenden Vorschusszahlungen. Selbst bei sofortiger Schaffung eines Titels über 70 EUR nach der Haftentlassung des Vaters und umgehender Antragstellung auf Gewährung von Titelvorschüssen wäre daher der dem Bund durch die Fortzahlung der Haftvorschüsse nach Haftentlassung entstandene Schaden nur dann um 70 EUR pro Monat geringer gewesen, wenn der Vater diese den Übergenusszeitraum betreffenden Beträge tatsächlich geleistet hätte. Dann wäre aber ohnehin der auf § 22 UVG gegründete Rückersatzantrag entsprechend einzuschränken gewesen.

Der Vater ist daher in Stattgebung des Revisionsrekurses zur Gänze zum Rückersatz des Überbezugs zu verpflichten.

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