Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der Beschluss des Rekursgerichts wird dahin abgeändert, dass der Sachbeschluss des Erstgerichts in der Hauptsache wiederhergestellt wird.
Die Antragstellerin ist schuldig, jeweils binnen 14 Tagen der Erstantragsgegnerin 591,31 EUR (darin 98,55 EUR an Umsatzsteuer), der Zweitantragsgegnerin 903,17 EUR (darin 150,53 EUR an Umsatzsteuer) sowie den Dritt‑ bis Acht‑ und Zehntantragsgegnern 2.188,27 EUR (darin 327,71 EUR an Umsatzsteuer und 222 EUR an Barauslagen) an Verfahrenskosten zu ersetzen.
Text
Begründung
Die Antragsgegner sind Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ 119 Grundbuch *****. Die Antragstellerin war Verwalterin der Liegenschaft.
90,67 % der Mit‑ und Wohnungseigentümer sprachen sich mit Umlaufbeschluss vom 26. 6. 2011 für die sofortige Kündigung der Antragstellerin als Verwalterin „wegen deren unrechtmäßigen Weigerung, die Weisungen der Mehrheit der Wohnungseigentümer zu befolgen, wegen schädigendem Verhalten gegenüber den Wohnungseigentümern und wegen unüberbrückbarer Differenzen mit den Wohnungseigentümern in Bezug auf die Verwaltung der Liegenschaft“ aus. Die übrigen Mit‑ und Wohnungseigentümer enthielten sich der Stimme. Dieses Beschlussergebnis wurde den Antragsgegnern mit Schreiben vom 28. 6. 2011 mitgeteilt und am selben Tag angeschlagen. Die Antragstellerin wurde von diesem Beschluss am 27. 6. 2011 per email verständigt. Eine Anfechtung dieses Beschlusses durch einen Mit‑ und Wohnungseigentümer ist nicht erfolgt.
Die Antragstellerin begehrte mit ihrem am 1. 7. 2011 beim Erstgericht eingelangten Antrag die Feststellung der Unwirksamkeit der mit Umlaufbeschluss vom 26. 6. 2011 ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung. Die gesetzlichen Formalitäten für Beschlüsse der Eigentümergemeinschaft seien nicht eingehalten worden und es lägen auch keine wichtigen Gründe vor, die zur Kündigung berechtigt hätten.
1. bis 8. und 10. Antragsgegner beantragten Antragsabweisung und erwiderten im Wesentlichen, dass der Umlaufbeschluss unangefochten geblieben und die Abberufung der Antragstellerin unabhängig vom Vorliegen eines wichtigen Grundes wirksam sei. Das Vorliegen eines wichtigen Grundes könne bestenfalls als Vorfrage in einem allfälligen Honorarprozess eine Rolle spielen. Die Kündigung sei dem Verwalter von der Mehrheit mitgeteilt worden. Vorsichtshalber sei am 10. 8. 2011 neuerlich eine Eigentümerversammlung durchgeführt und nochmals die Verwalterkündigung beschlossen worden. Auch dieser Beschluss sei unangefochten geblieben und der Antragstellerin fomgerecht zur Kenntnis gebracht worden. Hilfsweise sei überdies eine ordentliche Kündigung zum 31. 12. 2011 beschlossen worden. Schließlich lägen auch ‑ näher bezeichnete ‑ wichtige Gründe für die Kündigung der Antragstellerin vor.
Das Erstgericht wies mit seinem in der Tagsatzung vom 30. 9. 2011 (ON 9) mündlich verkündeten Sachbeschluss den Antrag der Antragstellerin ab. Sei im Zeitpunkt des Zugangs der Auflösungserklärung an den Verwalter infolge unterbliebener Anfechtung durch die Wohnungseigentümer ein Mehrheitsbeschluss „endgültig bestandskräftig“, so könne der Verwalter im Verfahren nach § 52 Abs 1 Z 8 WEG 2002 Mängel der Beschlussfassung nicht mehr relevieren. Der Zugang der auf einer gültigen internen Willensbildung beruhenden außerordentlichen Kündigung beende den Verwaltungsvertrag und die Organstellung des Verwalters auch dann mit sofortiger Wirkung, wenn ein wichtiger Grund nicht vorliege. Bei Nichtvorliegen eines wichtigen Grundes behalte der Verwalter den Honoraranspruch bis zum Ende der Verwaltungsperiode, zu welcher der Verwaltungsvertrag bei ordentlicher Kündigung frühestens hätte beendet werden können, sowie allfällige darüber hinausgehende Schadenersatzansprüche.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragstellerin Folge, hob den Sachbeschluss des Erstgerichts zur neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf und verwies die 1., 3. bis 8. und 10. Antragsgegner mit ihren Kostenrekursen auf diese aufhebende Entscheidung. Rechtlich war das Rekursgericht der Ansicht, dass eine von der Mehrheit der Mit‑ und Wohnungseigentümer ausgesprochene außerordentliche Kündigung nur wirksam sei, wenn ihr eine den Anforderungen des § 24 WEG 2002 genügende Willensbildung sowie Beschlussfassung vorangegangen und ein wichtiger Grund für die Auflösung des Verwaltungsvertrags gegeben sei. Ein Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümer sei aber jedenfalls dann rechtswirksam, wenn seine Rechtmäßigkeit im Anfechtungsverfahren evaluiert oder aber seine fristgerechte Anfechtung durch die Mit- und Wohnungseigentümer überhaupt unterblieben sei. In diesem Fall könnten Mängel der Willensbildung vom Verwalter nicht mehr eingewendet werden.
Nicht zuzustimmen sei der Ansicht des Erstgerichts, wonach hier die Frage nach einem wichtigen Grund nicht zu prüfen sei. E. M. Hausmann (in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht § 21 WEG Rz 15), auf welche sich das Erstgericht berufe, argumentiere, dass andernfalls selbst bei minimaler Verfahrensdauer eine außerordentliche Kündigung gegen den Willen des Verwalters praktisch nie sofort durchsetzbar wäre. Der wirksame Beschluss der Eigentümergemeinschaft auf Kündigung des Verwaltungsvertrags sei als Maßnahme der ordentlichen Verwaltung aber ohnehin sofort vollziehbar und bewirke die (vorläufige) Rechtswirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung. Der Bestand des Beschlusses der Eigentümergemeinschaft sei nur insoweit auflösend (nicht aufschiebend) bedingt, als er erst bei einem Unterbleiben fristgerechter Anfechtung oder ihrem rechtskräftigen Scheitern endgültig „bestandskräftig“ sei. Der feststellende Sachbeschluss im Verfahren über die Rechtswirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung nach § 52 Abs 1 Z 8 WEG 2002 wirke ex tunc. Habe die Eigentümergemeinschaft ‑ wie hier ‑ einen neuen Verwalter bestellt, müsse sich der frühere Verwalter jeder Tätigkeit enthalten und es stehe diesem bei endgültiger „Bestandskräftigkeit“ des Beschlusses der Eigentümergemeinschaft für die Zeit nach seiner Kündigung auch kein Honorar zu. Nur im Fall der Feststellung der Rechtsunwirksamkeit der Kündigung mit Wirkung ex tunc stehe dem früheren Verwalter ein Entgelt zu, soweit dieser leistungsbereit gewesen sei und sich nichts erspart habe (5 Ob 228/09d). Das Erstgericht werde daher im fortzusetzenden Verfahren Feststellungen zu den behaupteten Kündigungsgründen zu treffen und diese einer rechtlichen Beurteilung zu unterziehen haben.
Das Rekursgericht sprach aus, dass der Revisionsrekurs zulässig sei. Zu den hier anstehenden Fragen, wann und unter welchen Voraussetzungen eine außerordentliche Kündigung der Eigentümergemeinschaft das Verwaltungsverhältnis beende und zur Überprüfbarkeit dieser Umstände im Außerstreitverfahren fehle abgesehen von der Entscheidung 5 Ob 265/07t, in welcher der Oberste Gerichtshof lediglich obiter ausgesprochen habe, dass die abschließende Klärung der Wirksamkeit der sofortigen Verwalterabberufung im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren zu erfolgen habe, ‑ soweit überschaubar ‑ höchstgerichtliche Rechtsprechung.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs der 3. bis 8. und 10. Antragsgegner wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung dahin, dass dem Rekurs der Antragstellerin gegen den erstinstanzlichen Sachbeschluss nicht Folge gegeben und diese im Sinn des erhobenen Kostenrekurses zum Kostenersatz verpflichtet werde. Die Revisionsrekurswerber führen im Wesentlichen aus, dass der Vollmachtgeber nach allgemeinem Vollmachtsrecht jede Vollmacht jederzeit auflösen könne; warum dies im Bereich des WEG anders sein solle, sei unerfindlich. Es sei zwischen der Rechtswirksamkeit einer Kündigung des Verwaltungsvertrags als Folge eines gültigen Willensbildungsakts sowie dessen Hinaustretens in das Außenverhältnis durch Zustellung der Kündigung einerseits und der Berechtigung oder Nichtberechtigung der Kündigung andererseits zu unterscheiden. Die Kündigung sei rechtswirksam, wenn sie formal richtig zustandegekommen und dem Verwalter zur Kenntnis gebracht worden sei. Diese Voraussetzungen lägen hier vor. Dagegen sei das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines wichtigen Grundes nicht vom Außerstreitgericht zu prüfen und nur für die Frage relevant, ob der Verwalter bis zu jenem Zeitpunkt, zu dem er ordentlich gekündigt werden hätte können, einen Honoraranspruch habe.
Die Antragstellerin erstattete eine Revisionsrekursbeantwortung mit dem Antrag, den Revisionsrekurs als unzulässig zurückzuweisen, in eventu diesen als unberechtigt abzuweisen. Bereits aus dem klaren Wortlaut der § 21 Abs 3, § 58 Abs 2 Z 8 WEG 2002 ergebe sich, dass im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren über die Rechtswirksamkeit einer Kündigung des Verwaltungsvertrags zu entscheiden sei. Beim Vertrag zwischen der Eigentümergemeinschaft und deren Verwalter handle es sich um ein Dauerschuldverhältnis. Die Frage, wann ein solches gekündigt werden könne, werde einerseits durch das ABGB als Generalnorm und andererseits durch höchstgerichtliche Rechtsprechung dahin gelöst, dass dies mit Wirkung ex nunc jederzeit aus wichtigem Grund möglich sei. Mangels wichtigen Grundes sei die Kündigung nicht wirksam und das Dauerschuldverhältnis bestehe fort.
Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig; er ist auch berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
1. Vorauszuschicken ist, dass die Parteistellung aller Beteiligten und die Antragslegitimation der Antragstellerin gegeben sind (5 Ob 18/07v MietSlg LIX/16; RIS‑Justiz RS0083135; Kulhanek in Illedits/Reich-Rohrwig, Wohnrecht, § 58 WEG Rz 31). Ob der Sachantrag richtigerweise (auch noch zusätzlich, ausdrücklich und gesondert) gegen die Eigentümergemeinschaft (als Partei) zu richten gewesen wäre, kann hier als nicht entscheidungswesentlich unerörtert bleiben, erweist sich doch der Sachantrag ‑ wie folgend zu begründen ist ‑ ohnehin als materiell unberechtigt.
2. Die Eigentümergemeinschaft wird gemäß § 18 Abs 3 Z 1 lit a WEG 2002 durch den Verwalter vertreten. (Nur) Eigentümergemeinschaft und Verwalter sind die Parteien des Verwaltungsvertrags (5 Ob 18/07v MietSlg LIX/16 = immolex 2008/5, 17). § 20 Abs 7 Satz 1 WEG 2002 erklärt die Bestimmungen über den Bevollmächtigungsvertrag (§§ 1002 ff ABGB) zugunsten der Eigentümergemeinschaft für zwingend und auch im Übrigen wird ‑ beim Fehlen von wohnungseigentumsrechtlichen Sonderbestimmungen ‑ von der subsidiären Geltung des 22. Hauptstücks des Zweiten Teils des ABGB für das Rechtsverhältnis zwischen Eigentümergemeinschaft und Verwalter ausgegangen (vgl 5 Ob 11/08s wobl 2008/63, 177 [Call] = MietSlg LX/6; Schauer in Illedits/Reich‑Rohrwig, Wohnrecht, § 20 WEG Rz 34).
3. § 1020 Satz 1 ABGB gibt dem Geschäftsherrn wegen des besonderen Vertrauensverhältnisses und zur Sicherung der Freiheit des Machtgebers das Recht, Auftrag, Vollmacht und Ermächtigung jederzeit zu widerrufen (Apathy in Rummel³ § 1020 ABGB Rz 1), liegt doch die Ausführung der Geschäftsbesorgung regelmäßig allein im Interesse des Auftraggebers (P. Bydlinski in KBB³ § 1020 ABGB Rz 1) und der Vertreter hat kein Recht auf diese Ausführung (Rubin in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON 1.00 § 1020 Rz 2). § 1020 Satz 1 ABGB ist nicht zwingend; daher können in gewissem Rahmen für Auftrag und Vollmacht Einschränkungen der freien Widerruflichkeit vereinbart werden (vgl RIS‑Justiz RS0019779). Selbst bei vereinbarter Unwiderruflichkeit kommt allerdings ein Widerruf aus wichtigem Grund in Betracht (P. Bydlinski in KBB³ § 1020 ABGB Rz 3 mzN).
4. § 21 WEG 2002 ist lex specialis zu § 1020 ABGB (5 Ob 115/05f = immolex 2006/10; 5 Ob 207/06m = MietSlg 59.419; P. Bydlinski aaO Rz 4 mzN; Rubin aaO Rz 10; vgl auch Löcker, Die Wohnungseigentümergemeinschaft 312 mwN; Schauer, Eigentümergemeinschaft und Gesellschaftsrecht, in Gutknecht/Amann [Hrsg], Zukunftsperspektiven zum Wohnrecht [2003] 30). Wurde der Verwalter auf unbestimmte Zeit bestellt, so können sowohl die Eigentümergemeinschaft als auch der Verwalter den Verwaltungsvertrag gemäß § 21 Abs 1 WEG 2002 unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten zum Ende jeder Abrechnungsperiode kündigen. Im Übrigen kann der Verwaltungsvertrag nach § 21 Abs 3 WEG 2002 jederzeit aus wichtigen Gründen von der Eigentümergemeinschaft gekündigt oder bei grober Verletzung der Pflichten des Verwalters auf Antrag eines Wohnungseigentümers vom Gericht aufgelöst werden. Diese Regelung weicht somit von § 1020 ABGB zugunsten des Verwalters vom Grundsatz der jederzeitigen Widerrufbarkeit der Vollmacht ab, in dem sie dafür einerseits Kündigungsfristen (ordentliche Kündigung) und andererseits einen wichtigen Grund (außerordentliche Kündigung) vorsieht.
5. Die Beendigung des Verwaltungsvertrags erfolgt durch Kündigung (Abberufung; Widerruf); dabei handelt es sich um eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, die mit ihrem Zugang an den Verwalter rechtswirksam wird (RIS‑Justiz RS0013733 [T2]; vgl auch P. Bydlinski aaO Rz 1; Rubin aaO Rz 4).
6. Die Bestellung des Verwalters und die Auflösung des Verwaltungsvertrags sind gemäß § 28 Abs 1 Z 5 WEG 2002 Angelegenheiten der ordentlichen Verwaltung der Liegenschaft (5 Ob 2382/96x immolex 1998/49, 84 = MietSlg XLIX/43; 5 Ob 315/03i wobl 2003/188, 355 = immolex 2004, 45 = MietSlg 55.238; 5 Ob 277/05d immolex 2006/102, 221; 5 Ob 116/06d immolex 2007/25, 54 = wobl 2007/69, 165 [Löcker] = ecolex 2007/47, 105 [Friedl]; 5 Ob 18/07v = wobl 2008/72, 223 [Call] = immolex 2008/5, 17; 5 Ob 228/09d immolex 2010/93, 261 [Prader] = wobl 2010/157, 343 = NZ 2011/73, 245). Der ‑ hier (inzwischen) unstrittig ‑ wirksame Beschluss der Eigentümergemeinschaft auf Kündigung des Verwaltungsvertrags ist als Maßnahme der ordentlichen Verwaltung sofort vollziehbar und bewirkt mit deren ‑ hier ebenfalls unstrittig erfolgten ‑ Zugang beim Verwalter die Rechtswirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung.
7. Zu 5 Ob 228/09d (immolex 2010/93, 261 [Prader] = wobl 2010/157, 343 = NZ 2011/73, 245) hat der Oberste Gerichtshof im Rahmen der Beurteilung einer ordentlichen Kündigung ausgesprochen, dass sich im Fall der Feststellung der Rechtsunwirksamkeit des Beschlusses der Eigentümergemeinschaft mit Wirkung ex tunc dem früheren Verwalter, der sich nach der Kündigung einer Tätigkeit infolge Bestellung eines neuen Verwalters enthalten habe, ein Entgelt zustehe, soweit dieser leistungsbereit gewesen sei und sich nichts erspart habe (vgl auch 5 Ob 207/06m [betreffend einen Zeitraum, für welchen dem Verwalter Verwaltungshandlungen durch eine einstweilige Verfügung verboten waren]).
8. Mit der vom Rekursgericht als erheblich im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG erkannten Frage, ob der Vertrag mit dem Verwalter nach einer rechtswirksamen außerordentlichen Kündigung auch dann beendet ist, wenn dafür ‑ entgegen § 21 Abs 3 WEG 2002 ‑ kein wichtiger Grund vorlag, hat sich die Lehre bereits beschäftigt:
8.1. Würth (Weitere Gedanken zur Rechtsprechung und Lehre zum WEG 1975, ImmZ 1980, 147 [149]) führt im Zusammenhang mit der (feststellenden oder rechtsgestaltenden) Wirkung gerichtlicher Entscheidungen über die Beendigung der Verwaltung aus, dass die Verwaltung „bei Abberufung aus wichtigen Gründen durch wirksamen Mehrheitsbeschluss (§ 18 Abs 1 zweiter Fall WEG [1975]) mit der Mitteilung des Beschlusses an den Verwalter endet“. Würth geht davon aus, dass der gerichtlichen Beschlussfassung im Sinn des (nunmehrigen) § 52 Abs 1 Z 8 WEG 2002 im Fall einer außerordentlichen Kündigung (nur) feststellender Charakter zukomme (so ders auch in Rummel³ § 21 WEG Rz 7).
8.2. Schauer (in Eigentümergemeinschaft und Gesellschaftsrecht, in Gutknecht/Amann [Hrsg], Zukunftsperspektiven zum Wohnrecht [2003] 30) vertritt den Standpunkt, dass die außerordentliche Kündigung sofortige Wirkung äußert, dem Verwalter allerdings bei Fehlen eines wichtigen Grundes das Entgelt für die Dauer der Kündigungsfrist oder bis zum Ende des befristeten Vertrags weiter zu bezahlen sei.
Ähnlich argumentiert Schauer in Illedits/Reich‑Rohrwig, Wohnrecht, § 21 WEG Rz 11, dahin, dass die außerordentliche Kündigung durch die Eigentümergemeinschaft den Verwaltungsvertrag ohne Einhaltung von Terminen und Fristen mit sofortiger Wirkung auflöse. Der Genannte meint weiter ‑ jedoch zur Frage des Rechtswegs ohne klare Differenzierung zwischen der Rechtswirksamkeit und der Rechtmäßigkeit einer solchen Kündigung ‑, dass im Fall der Bestreitung durch den Verwalter das Gericht im Verfahren nach § 52 Abs 1 Z 8 WEG 2002 des Vorliegens eines wichtigen Grundes zu prüfen habe. Entscheide das Gericht, dass die Kündigung unwirksam (richtig wohl: nicht rechtmäßig) gewesen sei, bestehe der Entgeltanspruch des Verwalters ‑ da die gescheiterte Kündigung aus wichtigem Grund in der Regel in eine ordentliche Kündigung zum nächsten möglichen Termin umzudeuten sei ‑ bis zum folgenden Termin für eine ordentliche Kündigung fort. Ob der Verwalter auch verlangen könne, wieder in die Organfunktion eingesetzt zu werden, sei zweifelhaft, aber richtigerweise zu verneinen.
8.3. E. A. Hausmann (in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht, § 21 WEG Rz 15) erläutert:
„Der Zugang (MietSlg 50.612) der auf einem gültigen internen Willensbildungsakt beruhenden außerordentlichen Kündigung beendet den Verwaltungsvertrag und die Organstellung des Verwalters jedenfalls auch dann mit sofortiger Wirkung, wenn ein wichtiger Grund nicht vorliegt. Es wäre nämlich andernfalls das vom Gesetz zwingend vorgesehene außerordentliche Kündigungsrecht der Eigentümergemeinschaft bedeutungslos, weil es selbst bei angenommener minimaler Verfahrensdauer praktisch gegen den Willen des Verwalters nicht sofort ('jederzeit') durchsetzbar wäre. Damit würde die Verwaltung jedenfalls bis zur allfälligen gerichtlichen Feststellung eines wichtigen Grundes ungeachtet des eingetretenen Vertrauensverlustes fortgesetzt, was den Grundwertungen des Gesetzes widerspricht. Daher ist ‑ wie etwa auch im Arbeitsrecht die Entlassung das Arbeitsverhältnis ohne Rücksicht darauf beendet, ob der geltend gemachte Entlassungsgrund tatsächlich vorliegt ‑ von einer Beendigungswirkung der außerordentlichen Kündigung auch bei Nichtvorliegen eines wichtigen Grundes auszugehen. Der Verwalter behält diesfalls grundsätzlich den Honoraranspruch bis zum Ende der Verwaltungsperiode, zu deren Ende der Verwaltungsvertrag bei ordentlicher Kündigung frühestens hätte beendet werden können, sowie allfällige darüber hinausgehende Schadenersatzansprüche (ähnlich Schauer, Eigentümergemeinschaft und Gesellschaftsrecht, 30).“
9. Dem in der Lehre herrschend vertretenen Standpunkt ist im Ergebnis zu folgen:
9.1. Zunächst ergibt sich aus der Rechtsnatur der Kündigung als einer einseitigen empfangsbedürftigen Willenserklärung, dass diese im Fall ihrer Rechtswirksamkeit und des Zugangs an den Empfänger zur Beendigung des Vertragsverhältnisses führt. Die Beseitigung dieser Rechtsfolge könnte (allenfalls) durch eine die Kündigung aufhebende gerichtliche Entscheidung erfolgen, doch ist eine solche im Wohnungseigentumsgesetz nicht vorgesehen. § 52 Abs 1 Z 8 WEG 2002 ermöglicht im vorliegenden Kontext lediglich die (feststellende) Prüfung der Rechtswirksamkeit einer Kündigung, nicht aber deren Rechtsmäßigkeit mit dem Ergebnis einer Aufhebung dieser Kündigung.
9.2. Das einer Geschäftsbesorgung üblicherweise zugrundeliegende Vertrauensverhältnis, die Sicherung der Freiheit des Machtgebers sowie der Umstand, dass die Ausführung der Geschäftsbesorgung regelmäßig allein im Interesse des Auftraggebers liegt und der Vertreter in der Regel kein Recht auf deren Ausführung hat, sprechen gegen den Weiterbestand der Verwaltung im Sinn des Standpunkts des Rekursgerichts.
9.3. Die Beendigung der Verwaltung im Fall einer rechtswirksamen außerordentlichen Kündigung selbst bei Fehlen eines wichtigen Grundes entspricht den berechtigten Anforderungen an die Rechtssicherheit. Einerseits wird dadurch der Eigentümergemeinschaft die Bestellung eines anderen Verwalters ermöglicht, ohne dass die Gefahr besteht, eine solche Entscheidung (nach einem unter Umständen zeitlich langen nachprüfenden gerichtlichen Verfahren) wieder rückgängig zu machen. Andererseits wird damit auch für den gekündigten Verwalter klargestellt, dass er sich einer weiteren Tätigkeit zu enthalten hat und eine künftige Weiterbeschäftigung nicht erwarten darf.
9.4. Die Interessen des Verwalters sind ebenfalls ausreichend gewahrt. § 1020 ABGB weicht zugunsten des Verwalters vom Grundsatz der jederzeitigen Widerrufbarkeit der Vollmacht ab, indem er Kündigungsfristen (ordentliche Kündigung) und andererseits einen wichtigen Grund (außerordentliche Kündigung) vorsieht. Für den Fall einer außerordentlichen Kündigung ohne wichtigen Grund folgt daraus, dass der Verwalter den Honoraranspruch bis zum Ende jener Verwaltungsperiode behält, bis zu deren Ende der Verwaltungsvertrag bei ordentlicher Kündigung frühestens hätte beendet werden können, sofern er leistungsbereit gewesen ist und soweit er sich nichts erspart hat.
10. Zusammengefasst folgt daher:
10.1. § 52 Abs 1 Z 8 WEG 2002 sieht für den Fall einer außerordentlichen Kündigung nur die Prüfung deren Rechtswirksamkeit, nicht aber deren Rechtmäßigkeit vor. Nach einer rechtswirksamen außerordentlichen Kündigung ist der Verwaltungsvertrag auch dann beendet, wenn dafür ‑ entgegen § 21 Abs 3 WEG 2002 ‑ kein wichtiger Grund vorlag. Das Vorliegen eines wichtigen Grundes für eine außerordentliche Kündigung des Verwaltungsvertrags ist in einem Verfahren nach § 52 Abs 1 Z 8 WEG 2002 nicht zu prüfen.
10.2. Für den Fall einer außerordentlichen Kündigung ohne wichtigen Grund wird diese hinsichtlich des Verwalterentgelts wie eine ordentliche Kündigung zum nächstmöglichen Termin zu behandeln sein. Der bisherige Verwalter behält deshalb seinen Honoraranspruch bis zum Ende jener Verwaltungsperiode, bis zu deren Ende der Verwaltungsvertrag bei ordentlicher Kündigung frühestens hätte beendet werden können, sofern er leistungsbereit gewesen ist und soweit er sich nichts erspart hat. Spricht der Verwalter diesen Honoraranspruch an, ist das Vorliegen eines wichtigen Grundes für die außerordentliche Kündigung als Vorfrage im Streitverfahren zu prüfen.
Aus den dargestellten Erwägungen ist dem Revisionsrekurs im Sinn der Wiederherstellung des erstinstanzlichen Sachbeschlusses in der Hauptsache Folge zu geben (zur identen Rechtsfrage siehe auch 5 Ob 110/12f).
11. Die Kostenentscheidung beruht ‑ unter Berücksichtigung der Kostenrekurse (RIS‑Justiz RS0036069) ‑ auf § 37 Abs 3 Z 17 MRG (iVm § 52 Abs 2 WEG 2002); demnach gebührt den erfolgreichen Antragsgegnern Vertretungskostenersatz für alle Instanzen. Der Streitgenossenzuschlag für die 3.‑ bis 8.‑ und 10. Antragsgegner beträgt (auch im erst‑ und zweitinstanzlichen Verfahren nur) 35 % und die Pauschalgebühr für den Revisionsrekurs gemäß TP 12a iVm TP 12 GGG 222 EUR.
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