European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0050OB00095.21P.1222.000
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 1.647,18 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin 274,53 EUR Umsatzsteuer) zu ersetzen.
Begründung:
[1] Der Kläger interessierte sich im September 2017 für ein Investment im Zusammenhang mit Kryptowährungen. Er ließ sich dabei vom Beklagten beraten.
[2] Der Beklagte war bis Ende 2016 als selbstständiger Vermögensberater im Wertpapierbereich tätig. Mit Kryptowährungen hatte er damals aber noch nichts zu tun. Erst Ende 2016 begann der Beklagte sich mit diesen zu beschäftigen und in diese zu investieren. Ab dem zweiten Quartal des Jahres 2017 gab er Empfehlungslinks, die zur Vermögensveranlagung in Kryptowährung auf diversen Plattformen notwendig waren, an Freunde und Bekannte weiter. Durch deren Investitionen und Re-Investitionen über diese Links bezog der Beklagte von den Plattformen Provisionszahlungen in Form von Bitcoins.
[3] Der Beklagte stellte dem Kläger die Plattformen „O*“, „C*“ und „B*“ vor. Die Plattformen „C*“ und „B*“ waren im Mining, dem Schürfen von Kryptowährung, tätig, die Plattform „O*“ im Trading. Der Beklagte beriet den Kläger über die dort möglichen Investments; er erklärte dem Kläger auch, wie das Provisionssystem durch Weitergabe von Empfehlungslinks funktioniert.
[4] Aufgrund der vom Beklagten erteilten Informationen sowie seiner eigenen Recherchen entschloss sich der Kläger, auf diesen drei Plattformen Geld zu veranlagen. Der Beklagte übermittelte dem Kläger die dafür erforderlichen Empfehlungslinks. Der Kläger investierte daraufhin noch im Oktober 2017 über ein bei dem vom Beklagten empfohlenen Internetdienstanbieter „C*“ eingerichtetes Cyberwallet in die einzelnen Plattformen; und zwar bei „O*“ Bitcoins im Wert von 12.076,10 EUR, bei „B*“ Bitcoins im Wert von 12.076,10 EUR und bei „C*“ Bitcoins im Wert von 14.000 EUR.
[5] Aus diesen Investments erhielt der Kläger Gewinnausschüttungen auf sein bei „C*“ eingerichtetes Cyberwallet, die er zum Großteil reinvestierte. Die Reinvestition erfolgte dabei automatisch, weil er, über Empfehlung des Beklagten, eine entsprechende Einstellung vorgenommen hatte. Er ließ sich die Bitcoin-Gewinne nie in EUR auszahlen.
[6] Ab Ende Oktober 2017 zahlte „O*“ (Bitcoin)Gewinne nur noch unregelmäßig aus, ab Dezember 2017 gar nicht mehr. Ab dem 27. 1. 2018 war die Internetseite von „O*“ nicht mehr abrufbar („offline“); ein Zugriff auf seinwallet ist dem Kläger seitdem nicht mehr möglich.
[7] Gegen Ende Februar 2018 schütteten auch „B*“ und „C*“ nicht mehr aus. Die Internetseite von „B*“ ging Ende April 2018 offline; ein Zugriff auf sein wallet ist dem Kläger nicht mehr möglich. Die Internetseite von „C*“ und das wallet des Klägers zu dieser Plattform sind zwar nach wie vor abrufbar, jedoch ist es nicht möglich, über die dort erliegenden Bitcoins zu verfügen. Auch auf das wallet des Klägers bei „C*“ ist kein Zugriff mehr möglich. Das auf den Plattformen „B*“ und „O*“ vorhanden gewesene Vermögen des Klägers ist endgültig verloren. Ob das in „C*“ investierte Geld des Klägers endgültig oder nur vorübergehend verloren ist, konnte nicht festgestellt werden.
[8] Der Kläger begehrte vom Beklagten 38.152,20 EUR sA als Ersatz für den Verlust der investierten Beträge. Der Beklagte hafte für diesen Schaden aufgrund einer fehlerhaften Anlageberatung im Rahmen eines Beratungsvertrags, als Sachverständiger wegen Erteilung eines nachteiligen Rats iSd §§ 1299, 1300 ABGB und/oder aufgrund einer Schutzgesetzverletzung iSd § 1311 Satz 2 ABGB zufolge Verstoßes gegen § 168a StGB (Ketten- oder Pyramidenspiel) und Verwaltungsstrafbestimmungen des Glücksspielgesetzes. Zu dem zuletzt genannten – dem einzigen noch in der Revision geltend gemachten –Anspruchsgrund brachte der Kläger vor, dass das von den Plattformen „B*“ und „C*“ betriebene Mining eine Form des illegalen Glücksspiels sei; indem der Beklagte diesen Plattformen als gewerblicher Vermögensberater zahlreiche Kunden, so auch den Kläger, zugeführt habe, habe er die Verwaltungsübertretungen nach § 52 Abs 1 Z 1, Z 6 und Z 9 GSpG begangen.
[9] Der Beklagte bestritt. Er habe weder rechtswidrig noch schuldhaft gehandelt. Ein Beratungsvertrag sei nicht zustande gekommen, der Beklagte sei nicht als professioneller Vermögensberater aufgetreten und er habe auch keine falschen Aussagen getätigt. Das Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit § 168a StGB sei eingestellt worden, darüber hinaus habe er keine Verwaltungsübertretung nach dem Glücksspielgesetz begangen.
[10] Das Erstgericht wies die Klage ab. Nachdem festgestellten – hier eingangs nur kurz zusammengefasst wiedergegebenen – Sachverhalt sei zwischen den Streitteilen zwar ein Beratervertrag zustande gekommen. Der Beklagte habe aber die vom Kläger behaupteten und als Beratungsfehler qualifizierten Aus- und Zusagen nie getätigt und auch keine Aufklärungs- und Warnpflichten verletzt. Der Beklagte habe auch nicht für die Verletzung eines Schutzgesetzes iSd § 1311 ABGB einzustehen. Für die Mittäterschaft des Beklagten am Vergehen des Pyramidenspiels nach § 168a StGB habe der Kläger den Schuldbeweis nicht erbracht. Das von der „B*“ und „C*“ angebotene (Cloud‑)Mining sei – entgegen der überwiegend steuerrechtlichen Literatur – kein verbotenes Glücksspiel iSd GSpG. Der Beklagte habe daher auch keine Verwaltungsübertretung nach § 52 Abs 1 Z 1, Z 6 und Z 9 GSpG begangen.
[11] Das Berufungsgericht gab der (nur) gegen die Abweisung von 26.076,10 EUR sA gerichteten Berufung desKlägers nicht Folge. Der Kläger mache im Berufungsverfahren nur mehr geltend, dass Bitcoin-Mining als illegales Glücksspiel iSd GSpG zu qualifizieren sei, weshalb der Beklagte für jene Beträge schadenersatzpflichtig sei, die der Kläger in dieses Spiel investiert habe. Bitcoin‑Mining sei allerdings schon deswegen kein Glücksspiel, weil es am Spielcharakter fehle. Das Mining diene vielmehr der Herstellung von Bitcoins als unkörperliche Sachen. Es fehle insofern auch das aleatorische Element, als die Leistungspflicht nicht von einem unbekannten Ereignis abhänge. Die Leistungspflicht bestehe vielmehr jedenfalls, offen sei nur, wer (welcher Teilnehmer) die Leistung erhalte. Mangels Vorliegens eines Glücksspiels könne der Beklagte nicht gegen das Glücksspielgesetz verstoßen haben.
[12] Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision zu, weil es zur Frage, ob Mining ein Glücksspiel sei, keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs gebe.
[13] Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichts richtet sich die Revision des Klägers aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung. Er beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und der Klage im Umfang der Zahlung von 26.076,10 EUR stattzugeben. Hilfsweise stellter einen Aufhebungsantrag.
[14] DerBeklagte beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben, in eventu diese zurückzuweisen.
Rechtliche Beurteilung
[15] Die Revision ist – entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts – nicht zulässig und zurückzuweisen, weil sie keine präjudizielle Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzeigt.
[16] 1. Der Verstoß gegen ein Schutzgesetz begründet gemäß § 1311 ABGB eine Haftung für durch die Übertretung verursachte Schäden, die die Schutznorm gerade verhindern sollte (RIS-Justiz RS0027553). Schutzgesetze iSd § 1311 ABGB sind objektiv abstrakte Gefährdungsverbote, die dazu bestimmt sind, die Mitglieder eines Personenkreises gegen die Verletzung von Rechtsgütern zu schützen (RS0027710). Sie sind konkrete Verhaltensvorschriften, die einerseits durch die Gefahren, die vermieden werden sollen, und andererseits durch die Personen, die geschützt werden sollen, begrenzt sind (RS0027710 [T20]).
[17] 2. Die Haftung aus einer Schutzgesetzverletzung ist Verschuldenshaftung und keine Erfolgshaftung. Wird ein Schadenersatzanspruch auf die Verletzung eines Schutzgesetzes gestützt, dann hat der Geschädigte den Schadenseintritt und die Verletzung des Schutzgesetzes als solche zu beweisen. Für Letzteres reicht der Nachweis aus, dass die Schutznorm objektiv übertreten wurde. Der Geschädigte hat demnach den vom Schutzgesetz erfassten Tatbestand zu beweisen. Der Schädiger hat dagegen zu beweisen, dass ihm die objektive Übertretung der Schutznorm nicht als schutzgesetzbezogenes Verhaltensunrecht anzulasten ist, etwa weil ihn keine subjektive Sorgfaltswidrigkeit trifft, er das Schutzgesetz also unverschuldet übertreten hat (RS0112234).
[18] 3.1. Gegenstand des Revisionsverfahrens sind (nur noch) die Investitionen des Klägers in die beiden im Bitcoin-Mining tätigen Plattformen. Der Kläger stützt den behaupteten Schadenersatzanspruch für deren Verlust (nur noch) auf die Verletzung von Bestimmungen des Glücksspielgesetzes als einem Schutzgesetz iSd § 1311 ABGB. Bitcoin-Mining sei ein illegales Glücksspiel bzw eine verbotene Ausspielung iSd GSpG, der Beklagte habe daher eine Verwaltungsübertretung nach § 52 Abs 1 Z 1, Z 6 und/oder Z 9 GSpG begangen.
[19] 3.2. Die Verwaltungsstrafbestimmungen des GSpG § 52 Abs 1 Z 1, Z 6 und Z 9 GSpG (sowohl in der zum behaupteten Tatzeitpunkt als auch in der aktuell geltenden Fassung) knüpfen jeweils an eine verbotene Ausspielung iSd § 2 Abs 4 GSpG an. Ausspielungen sind gemäß § 2 Abs 1 GSpG Glücksspiele, die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht und bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung in Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn). Verbotene Ausspielungen sind Ausspielungen, für die eine Konzession oder Bewilligung nach diesem Bundesgesetz nicht erteilt wurde und die nicht vom Glücksspielmonopol des Bundes gemäß § 4 GSpG ausgenommen sind (§ 2 Abs 4 GSpG).
[20] 3.3. Ein Glücksspiel ist ein Spiel, bei dem die Entscheidung über das Spielergebnis ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt (§ 1 Abs 1 GSpG). Nach den Gesetzesmaterialien (RV 1067 BlgNR XVII. GP 16) sind für den Glücksspielbegriff des § 1 GSpG zwei Merkmale wesentlich: Es muss ein Spiel, nämlich ein entgeltlicher Glücksvertrag iSd § 1267 ABGB vorliegen, und das Ergebnis muss ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen.
[21] Auch der Verwaltungsgerichtshof stellt auf das Vorliegen eines entgeltlichen Glücksvertrags, bei dem die Entscheidung über Gewinn oder Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängt, ab (VwGH 27. 4. 2012, 2008/17/0175). Der Verwaltungsgerichtshof betont aber, dass die zivilrechtliche Begriffsbildung dabei nicht von (entscheidender) Bedeutung sei (VwGH 27. 4. 2012, 2008/17/0175), das GSpG also nicht auf den Spielbegriff des ABGB (vgl RS0130146) abstelle (VwGH 25. 9. 2012, 2011/17/0296).
[22] Zufall ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs gegeben, wenn der Erfolg weder von zielbewusstem Handeln oder der Geschicklichkeit oder allein vom Belieben der beteiligten Personen abhängt, sondern wenn noch weitere Bedingungen dazu treten müssen, die außerhalb des Willens der beteiligten Personen liegen (VwGH 27. 9. 2019, Ra 2019/02/0079). Eine vorwiegende Abhängigkeit vom Zufall liege etwa dann vor, wenn sich nicht eine berechtigte rationale Erwartung über den Spielausgang entwickelt, sondern letztlich nur aufgrund eines Hoffens, einer irrationalen Einstellung, auf dieses oder jenes einzelne Ergebnis des Spiels gesetzt werden könne (VwGH 11. 7. 2018, Ro 2018/17/0001). Bei der Prüfung des Ausmaßes der Zufallsabhängigkeit eines Spiels sei nicht auf dessen abstrakte Regeln abzustellen, sondern seien ebenso die konkreten Modalitäten und Rahmenbedingungen der Durchführung des Spiels zu berücksichtigen. Das GSpG gehe auch nicht von einem ausschließlichen oder vorwiegenden Abhängen vom Zufall in mathematisch‑statistischem Sinn aus, sondern von einem normativen Ansatz (VwGH 2. 7. 2015, Ro 2015/16/0019).
[23] 3.4. Mit der Frage, ob das Mining von Kryptowährungen, wie etwa Bitcoin, als Glücksspiel iSd § 1 GSpG bzw als verbotene Ausspielung iSd § 2 Abs 4 GSpG zu qualifizieren ist, hat sich die höchstgerichtliche Rechtsprechung bisher nicht auseinandergesetzt. Die Vorinstanzen haben dies übereinstimmend und mit ausführlicher Begründung verneint.
[24] In der österreichischen Literatur wurde das Mining von Kryptowährungen zunächst lediglich aus einer steuerrechtlichen Perspektive betrachtet. Der Fokus lag auf der Frage, ob etwaige Einnahmen aus Mining steuerbare Einkünfte sind (Gorzala/Hanzl, Glückauf! Mining von Kryptowährungen zwischen GesbR und Glücksvertrag, ÖJZ 2018/111 [848] mwN). Diese Frage wurde von der – zumindest zunächst – überwiegenden Ansicht der Literatur bejaht (Varro, Bitcoin-Mining: nicht steuerbares Glücksspiel?, taxlex 2017, 399 [401] mwN).
[25] Erst Ehrke-Rabel/Eisenberger/Hödl/Zechner haben sich in einer im März 2018 veröffentlichten Publikation (Bitcoin-Miner als Prosumer: Eine Frage staatlicher Regulierung? ALJ 3/27, S 188–223) detailliert mit dem Mining-Vorgang beschäftigt und die Rechtsansicht vertreten, dass es sich beim Mining um ein Glücksspiel handelt. Dieses Ergebnis bezeichnete Varro (Bitcoin-Mining: nicht steuerbares Glücksspiel?, taxlex 2017, 399 [401] [Heft 12; Datum 15. 12. 2017] unter Bezugnahme auf das am 19. 9. 2017 auf dem Social Science Research Network [SSRN] gepostete Arbeitspapier zu dieser Publikation [FN 7]), als überzeugend. Varro (taxlex 2017, 399 [403]) verneint allerdings die Leistung eines Einsatzes und damit eine der weiteren Voraussetzungen für eine Ausspielung iSd § 2 Abs 1 GSpG. Auf den Ausführungen dieser Autoren beruht auch die Argumentation des Klägers in seiner Revision.
[26] Gorzala/Hanzl (Glückauf! Mining von Kryptowährungen zwischen GesbR und Glücksvertrag, ÖJZ 2018/111 [848 f] [Heft 19/2018, Datum 25. 9. 2018]) teilen diese Rechtsansicht hingegen nicht und sehen den Glücksspielbegriff nicht als erfüllt an. Deren Ausführungen folgte auch das Erstgericht.
[27] 4.1. Diese Fragen der Auslegung der einschlägigen Bestimmungen des GSpG sind im vorliegenden Verfahren nicht abschließend zu klären. Der Beklagte wandte nämlich zu Recht ein, dass er, selbst wenn das Mining als Glücksspiel iSd § 1 GSpG bzw als eine verbotene Ausspielung iSd § 2 Abs 4 GSpG zu qualifizieren wäre, nicht schuldhaft gehandelt hätte.
[28] 4.2. Nach den Feststellungenkannte der Beklagte die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Glücksspiels iSd Glücksspielgesetzes nicht. Dieser Umstand allein würde die subjektive Vorwerfbarkeit eines allfälligen Verstoßes gegen dessen Strafbestimmungen freilich nicht ausschließen. An die Beurteilung von Rechtsunkenntnis und Rechtsirrtum ist vielmehr grundsätzlich ein strenger Maßstab anzulegen, weil jedermann verpflichtet ist, sich Kenntnis von den ihn nach seinem Lebenskreis treffenden Gesetzesvorschriften zu verschaffen (6 Ob 198/15h; 6 Ob 207/20i [Unkenntnis der Geltung der Kapitalerhaltungsvorschriften]).
[29] Die subjektive Sorgfaltswidrigkeitist daher nur zu verneinen, wenn derBeklagte auch aus dem Blickwinkel des Glücksspielgesetzesan der Zulässigkeit des Minings nicht zweifelnkonnte. Angesichts des Wortlauts der einschlägigen Gesetzesbestimmungen, der die Subsumtion des Minings unter die Begriffe Glücksspiel und Ausspielung zumindest nicht nahelegt, und mangels einschlägiger veröffentlichter Rechtsprechung dazu hängt dies ganz entscheidend von der Verwaltungspraxis ab (vgl 4 Ob 334/87 [§ 1 UWG]). Das Mining von Kryptowährungen führte nach Ansicht des (damals) für die Glücksspielaufsicht zuständigen Bundesministerium für Finanzen zu Einkünften aus Gewerbebetrieb (Nachweise bei Varro, taxlex 2017, 399 [401]). Auch schon das Berufungsgericht wies daraufhin, dass sich auf der Website des BMF (Steuerliche Behandlung von Krypto-Assets [bmf.gv.at ]) nur die Information finde, dass bei Mining grundsätzlich eine gewerbliche Tätigkeit vorliege, die entsprechende steuerliche Konsequenzen nach sich ziehe. Die Schaffung der Krypto-Assets werde somit nicht anders behandelt als die Herstellung sonstiger Wirtschaftsgüter. Anhaltspunkte dafür, dass die Finanzbehörden das Mining als Glücksspiel einstufen könnte, gab es demnach nicht.
[30] Aufgrund welcher andere Umstände der Beklagte das Mining von Kryptowährungen mit dem österreichischen Glücksspielgesetz in Zusammenhang bringen hätte müssen, legt auch der Kläger nicht dar. Es gibt insbesondere keinen Hinweis darauf, dass diese Frage in den beteiligten Verkehrskreisen auch nur thematisiert worden wäre. Die Meinung, Mining sei ein Glücksspiel, findet sich zwar mittlerweile in der – zitierten, freilich nicht einhelligen –juristischen Fachliteratur. Im Zeitpunkt der Beratungs- und Vermittlungstätigkeit des Beklagten und der Investitionen des Klägers waren diese Beiträge allerdings noch nicht veröffentlicht. Die Unkenntnis dieser Überlegungen ist ihm schon deshalb nicht zum Vorwurf zu machen.
[31] 4.3. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte durfte der Beklagte daher zum Zeitpunkt seiner Beratungs- und Vermittlungstätigkeit davon ausgehen, dass das Bitcoin-Mining kein in Österreich illegales Glücksspiel ist. Ein Verschulden des Beklagten als Voraussetzung für dessen Haftung aufgrund einer Schutzgesetzverletzung ist bzw wäre daher nicht gegeben.
[32] 5.1. Die Frage, ob das Mining von Kryptowährungen als Glücksspiel iSd § 1 GSpG bzw als verbotene Ausspielung iSd § 2 Abs 4 GSpG zu qualifizieren ist, ist für die Entscheidung letztlich nicht ausschlaggebend und bloß theoretischer Natur, weil der Schadenersatzanspruch des Klägers jedenfalls am mangelnden Verschulden des Beklagten scheitert. Gleiches gilt für die Fragen, ob die daran anknüpfenden Verwaltungsstrafbestimmungen des § 52 GSpG als Schutzgesetz iSd § 1311 ABGB zu qualifizieren sind und/oder ob zwischen diesen und dem vom Kläger behaupteten Schaden ein Rechtswidrigkeitszusammenhang bestünde (vgl RS0027483; RS0027710; RS0027553). Die Beantwortung dieser abstrakten Rechtsfragen ist nicht Aufgabe des Obersten Gerichtshofs (RS0111271).
[33] 5.2. Eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO stellt sich nur dann, wenn die Entscheidung gerade von der Lösung dieser Frage abhängt; die vom Gericht zweiter Instanz oder vom Rechtsmittelwerber bezeichnete Rechtsfrage muss daher präjudiziell für die Entscheidung sein (vgl RS0088931). Die Revision ist somit mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO unzulässig und zurückzuweisen.
[34] 5.3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Der Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen (RS0112296).
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