European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2006:0050OB00083.06A.0420.000
Spruch:
Die Revisionsrekurse werden zurückgewiesen.
Begründung:
Das Rekursgericht hat zwar gegen seine Entscheidung einen weiteren Rechtszug für zulässig erklärt, weil die im Verfahren aufgeworfene Rechtsfrage des Umfangs der Verpflichtung des Vermieters zur Durchführung „abgeleiteter Erhaltungsarbeiten" von erheblicher Bedeutung iSd § 528 Abs 1 ZPO, richtig § 62 Abs 1 AußStrG, sei.
Rechtliche Beurteilung
Entgegen diesem Ausspruch, an den der Oberste Gerichtshof nicht gebunden ist, sind jedoch die Revisionsrekurse mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG iVm § 37 Abs 3 Z 16 MRG nicht zulässig.
Das ist wie folgt kurz zu begründen:
1. Zum Revisionsrekurs des Antragstellers:
Es entspricht ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung, dass im Vollanwendungsbereich der §§ 3 und 6 MRG die Erhaltungspflicht des Vermieters im Inneren des Bestandobjekts während aufrechten Bestandverhältnisses abschließend und unverzichtbar dahin geregelt ist, dass sie nur die Behebung ernster Schäden des Hauses im Inneren des Bestandobjekts umfasst (RIS‑Justiz RS0021223 T1; vgl auch RS0112725; RS0083089; RS0102183). Diese Ansicht wird auch von der Lehre geteilt (vgl Würth in Rummel³ Rz 2 zu § 3 MRG; derselbe zu 4 Ob 543/91 = wobl 1992/74; T. Hausmann in Hausmann/Vonkilch Österreichisches Wohnrecht Rz 1 und 4 zu § 3 MRG; Call in wobl 1993, 57).
2. Zum Revisionsrekurs des Antragsgegners:
Dass nicht nur die Behebung von Substanzschäden der Erhaltungspflicht des Vermieters unterliegt, sondern auch jede in diesem Zusammenhang erforderliche Nach(folge)arbeit wie zB Schuttabfuhr, Wiederherstellung von Tapeten, Malerei oder Verfliesung, ist bereits durch höchstgerichtliche Rechtsprechung geklärt (MietSlg 38.659; MietSlg 41.468; vgl auch die zweitinstanzliche Rsp in MietSlg 29.245, 35.295, 46.099). Die (in ihren verallgemeinernden Aussagen) gegenteilige Entscheidung 1 Ob 228/00m (wobl 2001/61 [krit Prader]) ist in der Lehre auf Kritik gestoßen (Würth in Rummel³ Rz 3 zu § 3 MRG) und vereinzelt geblieben. Folgerichtig hat die Rechtsprechung zweiter Instanz auch die Beseitigung der durch Probeöffnungen und Sicherheitsvorkehrungen (Pölzungen) verursachten Schäden als solche Arbeiten angesehen, die im Zusammenhang mit Erhaltungsarbeiten stehen und daher wie diese zu behandeln sind (LGZ Wien MietSlg 35.295; vgl im Übrigen die zuvor zitierte Rsp).
Die damit im Einklang stehende Rechtsansicht des Rekursgerichtes, dass auch die im Zuge von Erhaltungsarbeiten notwendige Entfernung und Wiederanbringung eines Wandverbaus als Erhaltungsarbeit zu behandeln ist, wirft keine iSd § 62 Abs 1 AußStrG erhebliche Rechtsfrage auf. Sind - wie aufgezeigt - die im Anlassfall entscheidenden Rechtsfragen (hier im Zusammenhang mit der Definition von Erhaltungsarbeiten) von der Judikatur bereits grundsätzlich geklärt und hält sich die Entscheidung zweiter Instanz im Rahmen dieser Grundsätze, so bedarf nicht jede in einem solchen Zusammenhang neu auftretende Sachkonstellation wiederum der Befassung des Obersten Gerichtshofes zur Abklärung der Rechtsfolgen.
Es ist daher entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes keine Rechtsfrage von der Bedeutung des § 62 Abs 1 AußStrG, ob auch die Kosten der Demontage und Montage eines Wandverbaus im Zusammenhang mit notwendigen Erhaltungsarbeiten als solche zu werten sind.
Auf die ihm vom Erstgericht auferlegte Verpflichtung zur Wiederherstellung von Malerei, Tapeten und Verfliesung ist der Antragsgegner in seinem Rekurs an die zweite Instanz nicht eingegangen, weshalb er die versäumte Rechtsrüge in der dritten Instanz nicht mehr nachholen kann (vgl 3 Ob 160/97v = EFSlg 85.726; 3 Ob 128/05b, beide zu § 15 Z 4 AußStrG aF, nunmehr gleichlautend § 66 Abs 1 Z 4 AußStrG).
Das hatte zur Zurückweisung beider Rechtsmittel zu führen (§ 71 Abs 1 und 3 AußStrG iVm § 62 Abs 1 AußStrG iVm § 37 Abs 3 Z 16 MRG).
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)