OGH 5Ob446/97t

OGH5Ob446/97t12.5.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schwarz, Dr. Floßmann, Dr. Baumann und Dr. Hradil als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers Rudolf I*****, vertreten durch Dr. Herwig-Rainer Hanslik, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegner 1. Marlies L*****, 2. Ing. Ernst W*****, 3. Maria W***** und 4. Mag. Dr. Werner H*****, alle *****, vertreten durch Brigitte Mategka-Bruckner, Hausverwalterin, *****, diese vertreten durch Dr. Axel Friedberg, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 8 MRG, infolge Rekurses der Antragsgegner gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 22. Juli 1997, GZ 41 R 256/97v-16, womit infolge Rekurses der Antragsgegner der Beschluß des Bezirksgerichtes Josefstadt vom 14. März 1997, GZ 17 Msch 40/96h-10, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Antragsteller hat die Kosten seiner Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Der Antragsteller ist seit 1972 Mieter der Wohnung top 9 des Hauses L*****. Im Jahre 1992 wurde an diesem Haus durchgehend Wohnungseigentum begründet. Die Erstantragsgegnerin Marlies L***** ist zu 85/1011 Anteilen Wohnungseigentümerin, Zweit- und Drittantragsgegner sind zu je 40/1011 Anteilen, der Viertantragsgegner Mag. Dr. Werner H***** zu 508/1011 Anteilen Wohnungseigentümer.

Der Antragsteller rief zu SL 2984/96 die Schlichtungsstelle des MBA 9 zur Entscheidung über seinen auf § 8 MRG gestützten Antrag an, inwieweit er verpflichtet sei, die Duldung von Eingriffen in sein Gartenbenützungsrecht zu dulden. Als Antragsgegner führte er dabei "Marlies L*****, Maria Elisabeth W*****, Mag. Dr. Werner H***** und andere Hauseigentümer, vertreten durch Hausverwaltung Leonhard R. B***** Nachfolger B. M*****, *****straße *****, *****" an. In der Folge beteiligte sich die Hausverwalterin als Vertreter der Vermieter "Hauseigentümer Mag. Dr. Werner H***** ua" an dem Verfahren vor der Schlichtungsstelle. In seiner Entscheidung gemäß § 39 MRG vom 22.11.1996 stellte des MBA fest, daß der Antragsteller verpflichtet sei, den Eingriff in seine Mietrechte, nämlich teilweise Beeinträchtigung seines Gartenbenützungsrechtes durch Um- und Ausbauarbeiten im Keller- und Gartenbereich zur Wohnraumschaffung für Top Nr. 2 (Miteigentümer Herr Thomas G*****) zu dulden, daß hinsichtlich der verbleibenden freien Gartenfläche dem Antragsteller jedoch ein unbeschränktes Benützungsrecht zustehe. Als Antragsgegner führte die Schlichtungsstelle dabei "Die Hauseigentümer: Marlies L*****, Mag. Dr. Werner H*****, Thomas G*****, Mag. Ute H*****, K***** und Z***** GesmbH, Mag. Norbert S*****, Ernst W*****, Maria Elisabeth W*****, vertreten durch Hausverwaltung Leonhard R. B*****, Nachfolger B. M*****, J*****Straße 55/6, 1080 Wien" an. Letztgenannter Verwalterin wurde die Entscheidung am 3.12.1996 zugestellt. Diese stellte keine Antrag im Sinne des § 40 Abs 1 MRG.

Am 6.12.1996 überreichten die Minderheitseigentümer Marlies L*****, Ing. Ernst W***** und Maria W***** beim Erstgericht einen Antrag auf Entscheidung durch dieses. Sie begründeten ihren Antrag damit, daß dem Antragsteller das Benützungsrecht des Gartens entzogen worden sei. Das Erstgericht lud die Erst- bis Drittantragsgegner für den 21.1.1997 vor. Zu dieser Tagsatzung erschienen außer den Erst- bis Drittantragsgegner auch die Hausverwalterin Brigitte M*****, ein gewisser Altmann L***** und der weitere Wohnungseigentümer Thomas G*****. Das Erstgericht brachte den anwesenden Personen mündlich zur Kenntnis, daß die Minderheitseigentümer nicht berechtigt seien, das Gericht in einem Verfahren wegen § 37 MRG anzurufen und hielt dies im Protokoll fest (ON 4). Weder anläßlich dieser Tagsatzung noch in der Folge erklärte die Hausverwalterin, namens aller Miteigentümer vor Gericht tätig zu werden. Am 30.1.1997 beantragte der Mieter Rudolf I*****, den Antrag auf Entscheidung durch das Gericht zurückzuweisen (ON 7). Am 26.7.1997 (Datum der Postaufgabe) erklärte der Viertantragsgegner Mag. Dr. Werner H*****, dem gegen den Bescheid des magistratischen Bezirksamtes für den 9. Bezirk vom 22.11.1996, SL 2984/96, gerichteten Antrag der Erst- bis Drittantragsgegner auf Entscheidung durch das BG Josefstadt beizutreten: Die Antragsgegner bildeten (nunmehr) die Eigentümermehrheit an der oben genannten Liegenschaft und seien insofern zur Anrufung des Gerichtes gemäß § 40 MRG berechtigt. In der Sache wendete er ein, daß dem Antragsteller einerseits ein Gartenbenützungsrecht nicht zustehe und andererseits nicht die einzelnen Wohnungseigentümer sondern, nur die Wohnungseigentümergemeinschaft als "Quasi- Rechtspersönlichkeit" passiv legitimiert sei. Da jedoch von der Schlichtungsstelle unrichtigerweise die einzelnen Wohnungseigentümer dem Verfahren beigezogen worden seien, seien diese auch berechtigt, die Entscheidung des Gerichtes mehrheitlich anzurufen.

Der Antragsteller hielt seinen Zurückweisungsantrag aufrecht und verwies darauf, daß die Entscheidung der Schlichtungsstelle gegen sämtliche Miteigentümer bzw Wohnungseigentümer des Hauses gerichtet sei, sodaß es unerheblich sei, ob die Wohnungseigentümergemeinschaft ausdrücklich als solche bezeichnet worden sei.

Das Erstgericht wies den Antrag auf Entscheidung durch das Gericht zurück. Es vertrat die Rechtsauffassung, daß nach ständiger Judikatur die Anrufung des Gerichtes gemäß § 40 MRG zu den Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung der Liegenschaft zähle, sodaß gemäß § 833 ABGB eine Anrufung des Gerichtes durch den Minderheitseigentümer nicht möglich sei (5 Ob 17/96 ua). Der fristgerecht von einer Minderheit eingebrachte Antrag sei unzureichend, weil die Antragsteller hiezu nicht befugt gewesen seien. Der Beitritt durch den Miteigentümer Dr. Werner H*****, wodurch an sich eine Mehrheit der Miteigentümer gegeben sei, sei jedoch nicht innerhalb der 14 tägigen Frist des § 40 MRG erfolgt, sodaß, unabhängig davon, ob ein derartiger Mangel sanierbar sei oder nicht, der Beitritt jedenfalls verspätet gewesen sei. Dahingestellt bleiben könne, ob der Antrag richtig gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft im Sinne des § 13 c WEG zu richten gewesen wäre, weil dies entweder schon vor der Schlichtungsstelle oder aber mittels rechtzeitiger Anrufung des Gerichtes releviert hätte werden müssen.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluß und sprach aus, daß der Revisionsrekurs zulässig sei. Es vertrat die Rechtsansicht, daß dem Minderheitseigentümer die Anrufung des Gerichts nicht möglich sei, weil es sich dabei um eine Maßnahme der ordentlichen Verwaltung handle (5 Ob 17/96, 5 Ob 2164/96). Vielmehr entscheide in solchen Angelegenheiten der ordentlichen Verwaltung gemäß § 833 die Mehrheit bzw der von der Mehrheit bestellte Verwalter. Sei ein solcher bestellt, seien die einzelnen Miteigentümer von der Vornahme selbständiger Verwaltungsmaßnahmen ausgeschlossen (MGA ABGB34 § 837/2; MietSlg 38.575, 42.045). Der von der Mehrheit bestellte Verwalter sei als Machthaber sämtlicher Miteigentümer anzusehen und entscheide mit Wirkung auch für die Minderheit. Es könne dahingestellt bleiben, ob unter Umständen ein bloßer Minderheitseigentümer allein das Gericht anrufen könne, wenn er allein in der Entscheidung der Schlichtungsstelle als Antragsgegner genannt sei, weil hier durch den Zusatz "und andere Hauseigentümer" jedenfalls klargestellt sei, daß sich der Antrag gegen die Gesamtheit gerichtet habe. Durch den nachträglichen Beitritt des Viertantragsgegners bzw dessen Zustimmungserklärung zu der von den Erst- bis Drittantragsgegnern getätigten Anrufung des Gerichtes könne in die wegen Fristablaufs eingetretene Rechtskraft der Entscheidung der Schlichtungsstelle nicht mehr eingegriffen werden: Zwar sei wiederholt ausgesprochen worden, daß es dann, wenn ein Minderheitseigentümer einen Bestandvertrag im eigenen Namen kündige, ausreiche, wenn er im Zuge des Kündigungsverfahrens die Zustimmung solcher Miteigentümer nachweise, mit denen zusammen ihm die Mehrheit der Anteile gehöre (SZ 23/108), bzw wenn diese Zustimmung schon im Zeitpunkt der Kündigung vorgelegen habe (SZ 57/157); ähnlich auch Entscheidungen, die ein Nachbringen der Zustimmung auch bei einer Räumungsklage eines Minderheitseigentümers nach § 1118 ABGB (8 Ob 362/67) und beim Ermäßigungsbegehren eines Mieters nach § 44 Abs 3 MRG idF vor dem 3. WÄG (5 Ob 61/84) als ausreichend ansähen. Bei der Anrufung des Gerichtes gemäß § 40 MRG handle es sich aber um einen fristgebundenen Rechtsbehelf. Solle die sukzessive Kompetenz des Bezirksgerichtes in Anspruch genommen werden, so müsse die Anrufung des Gerichtes fristgerecht erfolgen, ansonsten die Entscheidung rechtskräftig werde. Partei- bzw Prozeßerklärungen nach Ablauf dieser Frist könnten an der eingetretenen Rechtskraft nichts ändern, wolle man nicht eine unerträgliche Rechtsunsicherheit in Kauf nehmen. Aus diesen Erwägungen verbiete sich auch ein Eingehen auf dem nach Fristablauf behaupteten Umstand, daß ein weiterer Eigentümer, mit dem zusammen die Mehrheit gebildet werde, der früheren Anrufung des Gerichtes durch die Minderheit zugestimmt hätte. Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil es keine Judikatur zur Frage der Konsequenzen einer nachträglichen Zustimmungserklärung von Miteigentümern zur Anrufung des Gerichtes gebe und die Entscheidung 5 Ob 2164/96p (immolex 1997/14) diese Frage offen gelassen habe.

Gegen diesen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs der Erst- bis Viertantragsgegner mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß dahin abzuändern, daß dem Antrag der Antragsgegner auf Anrufung des Gerichtes stattgegeben wird (gemeint offenbar auch: den Zurückweisungsbeschluß ersatzlos zu beheben); hilfsweise wird eine Aufhebungsantrag gestellt.

Der Antragsteller beantragt, den Revisionsrekurs der Antragsgegner "zurückzuweisen und die Entscheidung des Gerichtshofes zweiter Instanz wiederherzustellen" (gemeint offenbar: dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben).

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus den vom Rekursgericht dargelegten Gründen zulässig; er ist aber nicht berechtigt.

Vorweg kommt dem Einwand der Antragsgegner, daß richtigerweise nicht die einzelnen Wohnungseigentümer, sondern nur die Wohnungseigentümergemeinschaft nach § 13 c WEG passiv legitimiert sei, keine Berechtigung zu. Der erkennende Senat hat sich bereits zu 5 Ob 16/96 = WoBl 1997, 196/72, mit der Frage befaßt, inwieweit vor dem Inkrafttreten des 3.WÄG begründete Verpflichtungen der Miteigentümer auf die Wohnungseigentümergemeinschaft übergingen. Er hat hiebei eine Rückwirkung auf bereits vor dem Inkrafttreten des

3. WÄG verwirklichte Sachverhalte abgelehnt. Dritte, die vor dem Inkrafttreten des 3.WÄG schon Rechte gegen die einzelnen Miteigentümer erworben hätten, würden durch die Schaffung der Wohnungseigentümergemeinschaft nach § 13 c WEG dieser Rechte nicht wieder verlustig werden. Im vorliegenden Fall hat der Antragsteller den Mietvertrag über die von ihm benützte Wohnung vor Begründung von Wohnungseigentum abgeschlossen, sodaß Vertragspartner auf Vermieterseite sämtliche Miteigentümer geworden, aber auch (bzw deren Rechtsnachfolger) geblieben sind. Daran ändert der Umstand nichts, daß durch die Begründung von Wohnungseigentum im Wege regelmäßig zu ergänzender Vertragsauslegung das mit seinem alleinigen Nutzungs- und Verfügungsrecht korrespondierende Kündigungsrecht dem Wohnungseigentümer allein zusteht (5 Ob 44/98a), weil darin wohl eine Zession einzelner Rechte der Miteigentümer an den Wohnungseigentümer gelegen ist, mangels Mitwirkung des Mieters aber keine Vertragsübernahme bewirkt wurde. Da es auch zu einer rechtsgeschäftlichen Schuldübernahme durch die Wohnungseigentümergemeinschaft nicht gekommen ist, bleiben die Miteigentümer für Ansprüche des Mieters aus dem mit ihm abgeschlossenen "Altmietvertrag" weiter passivlegitimiert. Es ist daher überdies bezüglich an der zur früheren Rechtslage ergangenen Rechtsprechung (WoBl 1994/56 [Call]) weiterhin festzuhalten (anderer Ansicht: Löcker, Die Wohnungseigentümergemeinschaft 158). Im vorliegenden Fall geht sowohl aus dem Antrag als auch der sämtliche Hauseigentümer umfassenden Formulierung in der Entscheidung der Schlichtungsstelle unmißverständlich hervor, daß als Antragsgegner die Vermieter der verfahrensgegenständlichen Wohnung in Anspruch genommen werden sollten. Daraus ist abzuleiten, daß vom Entscheidungswillen der Schlichtungsstelle als Antragsgegner nicht einzelne Wohnungseigentümer, sondern sämtliche, unstrittig durch die Hausverwalterin vertretene, als Vermieter fungierende Miteigentümer umfaßt sind. Nach herrschender Lehre und Rechtsprechung ist, sobald ein Dritter zum Verwalter bestellt wurde, keiner der Miteigentümer mehr befugt, selbständige Verwaltungshandlungen vorzunehmen, § 833 ABGB ist diesfalls unanwendbar (Klang in Klang2 III 1120, Faistenberger/Barta/Call WEG Rz 18 zu § 17, Gschnitzer/Faistenberger/Barta/Eccher Schuldr BT 328; JBl 1931, 488, JBl 1932, 520, EvBl 1965/125, MietSlg 21.091 = SZ 42/1, SZ 42/68, MietSlg 27.102). Selbst dann, wenn man wie ein Teil der Lehre und Rechtsprechung (Gamerith in Rummel I2 Rz 7 zu § 837 ABGB, Czermak/Welser in RdA 1981, 40, 42; Hofmeister/Egglmeier in Schwimann ABGB2 Rz 6 zu § 837; SZ 57/60, WoBl 1991/95) der Mehrheit die Setzung von Verwaltungshandlungen parallel zum bestellten Verwalter zuerkennen wollte, würde dies im vorliegenden Fall ohne Belang sein:

Aktenkundig ist, daß innerhalb der Frist des § 40 MRG lediglich eine Minderheit den Antrag auf Entscheidung durch das Gericht einbrachte. Wenngleich in einem solchen Fall grundsätzlich die Einleitung eines Verbesserungsverfahrens erwägenswert wäre (5 Ob 2164/96), bestand im vorliegenden Fall hiezu keine Veranlassung: Dem Erstgericht war nicht nur der Umstand bekannt, daß nur eine Minderheit der Miteigentümer den Antrag auf Entscheidung durch das Gericht gestellt hatte, sondern auch, daß ein Verwalter bestellt war, welcher die Miteigentümer bereits im Schlichtungsverfahren vertreten hatte. Dieser war in der vom Erstgericht anberaumten Tagsatzung, in welcher dieses auf die mangelnde Vertretungsbefugnis der Minderheit hinwies, anwesend, ohne die Vorgangsweise der Minderheitseigentümer zu genehmigen oder selbst in das Verfahren einzutreten. Der nachfolgende Verfahrenseintritt eines weiteren Miteigentümers unter gleichzeitiger Zustimmung zur Vorgangsweise der Minderheitseigentümer war jedenfalls nicht mehr geeignet, fristwahrende Wirkung im Sinne des § 40 MRG hervorzurufen, zumal nicht einmal behauptet wurde, daß die Zustimmung bei Ablauf der Frist des § 40 Abs 1 MRG schon vorgelegen wäre. Zutreffend haben die Vorinstanzen demnach die Anträge der Erst- bis Viertantragsgegner als untauglich zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten seiner Vertretung selbst zu tragen, weil die Anträge der Revisionsrekurswerber nicht als mutwillig zu beurteilen sind (§ 37 Abs 3 Z 19 erster Satz MRG).

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