OGH 5Ob102/69

OGH5Ob102/6930.4.1969

SZ 42/68

Normen

ABGB §837
ABGB §837

 

Spruch:

Von der Bestellung des Verwalters an ist kein Miteigentümer berechtigt, selbständig Verwaltungshandlungen vorzunehmen; auch die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruches gegen eigenmächtige Verwaltungshandlungen eines Miteigentümers steht nur dem Verwalter zu.

Entscheidung vom 30. April 1969, 5 Ob 102/69.

I. Instanz: Kreisgericht St. Pölten; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.

Text

Das Erstgericht verurteilte den Beklagten bezüglich des landwirtschaftlichen Betriebes mit den Liegenschaften EZ. 87 KG. L. sowie EZ. 183 und EZ. 195 KG. J., jegliche Verwaltungshandlungen zu unterlassen, insbesondere zu unterlassen, die zu diesem Betrieb gehörigen Grundstücke zu beackern sowie sonstige Handlungen vorzunehmen, die den gegenwärtigen Zustand der zu diesem Betrieb gehörigen Grundstücke nachteilig verändern.

Das Erstgericht stellte fest, daß sich die Streitteile dahin einigten, bis zur Entscheidung über das zwischen ihnen anhängige Scheidungsverfahren die Verwaltung des von der Klägerin in die allgemeine Gütergemeinschaft der Streitteile eingebrachten landwirtschaftlichen Betriebes durch einen gemeinsamen Verwalter durchführen zu lassen. Da sich die Streitteile über die Person des Verwalters nicht einigen konnten, habe die Klägerin beim Bezirksgericht T. am 11. Oktober 1967 die Bestellung eines Verwalters beantragt. Bei der Tagsatzung vom 27. Februar 1968 sei es vor dem Außerstreitrichter zu einer Einigung dahin gekommen, daß Johann F. zum Verwalter bestellt werde. Mit Beschluß vom gleichen Tag habe das Bezirksgericht T. Johann F. zum Verwalter bestellt. Dieser Beschluß sei den Streitteilen erst 14 Tage später zugestellt worden. Unmittelbar darauf habe der Beklagte dem F. vorgeschlagen, ihm bestimmte Äcker der gemeinsamen Liegenschaft zu verpachten, welches Angebot F. aber weder angenommen noch abgelehnt habe. Kurze Zeit später sei F. vom Beklagtenvertreter verständigt worden, daß der Beklagte gegen seine Verwalterbestellung ein Rechtsmittel erhoben habe. Noch bevor F. die seine Verwalterbestellung bestätigende Entscheidung des Rekursgerichtes vom 27. Mai 1968 zugestellt erhalten habe, sei er zufällig mit dem Beklagten zusammengetroffen, als dieser gerade Anbauarbeiten auf den unter Verwaltung stehenden Äckern durchgeführt habe. Von F. zur Rede gestellt, habe der Beklagte erklärt, daß es höchste Zeit zum Anbau sei, außerdem habe sein Anwalt ihm die Durchführung dieser Arbeiten gestattet. Als F. den Außerstreitrichter hievon Meldung erstattete, habe dieser ihm geraten, die Sache bis zur Entscheidung des Rekursgerichtes über die Verwalterbestellung auf sich beruhen zu lassen. Nachdem F. die Entscheidung des Rekursgerichtes erhalten habe, habe er dem Beklagten verboten, sich in die Bewirtschaftung einzumischen, woran sich der Beklagte auch tatsächlich gehalten habe.

Diesen Sachverhalt beurteilte das Erstgericht dahin, daß der Beklagte nach der am 27. Februar 1968 mit seiner ausdrücklichen Zustimmung erfolgten Bestellung des F. zum gemeinsamen Verwalter der gütergemeinschaftlichen Liegenschaft der Streitteile nicht mehr berechtigt gewesen sei, Verwaltungshandlungen hinsichtlich dieser Liegenschaft vorzunehmen. Da er dies trotzdem durch den Anbau der Äcker getan habe, sei das Klagebegehren berechtigt. Es komme nicht darauf an, daß im Zeitpunkt des Eingriffes die Bestellung F.'s zum Verwalter noch nicht rechtskräftig gewesen sei, ebenso sei es bedeutungslos, ob sich die Arbeiten des Beklagten als nützlich erwiesen. Daß F. dem Beklagten den landwirtschaftlichen Betrieb zur Bewirtschaftung überlassen habe, sei, abgesehen davon, daß der Beklagte in seinem Rekurs gegen den Beschluß des Außerstreitrichters über die Verwalterbestellung das Gegenteil behauptete, durch das Beweisverfahren widerlegt.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil mit dem Ausspruch, daß der Wert des Streitgegenstandes 15.000 S übersteige.

Der Oberste Gerichtshof änderte das Urteil des Berufungsgerichtes zufolge Revision des Beklagten dahin ab, daß er das Klagebegehren abwies.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Soweit sich der Revisionswerber dadurch beschwert erachtet, daß die von ihm durchgeführten Bebauungsarbeiten als eigenmächtige Verwaltungshandlungen der gemeinsamen Liegenschaft angesehen wurden, ist ihm zu erwidern:

Die Vornahme von Anbauarbeiten auf landwirtschaftlich genutzten Grundstücken, deren Eigentum mehreren Personen ungeteilt zukommt, stellt geradezu typisch eine die ordentliche Verwaltung und Benützung des Hauptstammes der gemeinschaftlichen Sache betreffende Handlung dar. Gemäß § 833 ABGB. entscheidet in diesen Angelegenheiten die Mehrheit der Stimmen nach dem Verhältnis der Anteile der Teilnehmer. Diesfalls haben sich nun nach den Feststellungen der Untergerichte die Streitteile als Eigentümer der in Betracht kommenden Liegenschaft gemäß § 836 ABGB. geeinigt, einen Verwalter der gemeinschaftlichen Sache zu bestellen, und wurde mit Zustimmung des Beklagten vom Außerstreitrichter mit Beschluß vom 27. Februar 1968 Johann F. zum Verwalter bestellt. In einem solchen Fall ist aber vom Zeitpunkt der Bestellung des Verwalters an keiner der Miteigentümer berechtigt, selbständig Verwaltungshandlungen vorzunehmen, diese obliegen vielmehr ausschließlich dem gemeinsamen Verwalter (Klang im Komm.[2] III S. 1119 f., SZ. XI 253, 3 Ob 722/32 = JBl. 1932 S. 520, ebenso 1 Ob 764/36 = JBl. 1936 S. 473, mit Bemerkungen Klangs, EvBl. 1965 Nr. 125). Es kann nun dahingestellt bleiben, ob die nach der Bestellung des Verwalters unbestrittenermaßen vorgenommenen Anbauarbeiten des Beklagten auf der gemeinsamen Liegenschaft der Streitteile als widerrechtlich angesehen werden müssen (dazu vgl. Klang a.a.O. S. 1092 f.), da die Behauptung des Beklagten, der Verwalter habe ihm die Bewirtschaftung der gemeinsamen Liegenschaft überlassen, von den Untergerichten als widerlegt angesehen wurde. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Auffassung der Untergerichte begrundet ist, daß der die Bestellung des Verwalters anordnende Beschluß des Außerstreitrichters im Zeitpunkt der Anbauarbeiten des Beklagten ohne Rücksicht auf seine Rechtskraft jedenfalls rechtswirksam gewesen sei, da auch die Klägerin keinesfalls berechtigt war, seit der Bestellung des Verwalters Verwaltungshandlungen in bezug auf die gemeinsame, unter Verwaltung stehende Liegenschaft zu setzen. Die Geltendmachung des der Klage zugrunde liegenden Unterlassungsanspruches stellt aber eine Verwaltungshandlung dar, zu der nur der Verwalter befugt war. Denn nur er hat "die vom Gesetz in seine Hand gelegten Interessen aller Teilhaber gegen den einzelnen Teilhaber zu vertreten" (SZ. XI 253, dazu vgl. auch 4 Ob 122/31 = Anwaltszeitung 1931 S. 215). Der Klägerin fehlt daher das Klagerecht.

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