European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0050OB00241.15Z.1221.000
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Revisionsrekurswerber hat die Kosten seines Revisionsrekurses selbst zu tragen.
Begründung:
Die Liegenschaft EZ ***** GB ***** mit der Anschrift *****, steht (nach dem Grundbuchsstand) teilweise im Wohnungseigentum und teilweise im schlichten Miteigentum. Die Klägerin ist Verwalterin dieser Liegenschaft, die Beklagte ist Eigentümerin zweier schlichter Miteigentumsanteile (B‑LNR 133 und 134). Ab dem Jahr 2011 stellte die Beklagte die ihr für die beiden Miteigentumsanteile vorgeschriebenen Vorauszahlungen für Aufwendungen auf die Liegenschaft unter anderem mit der Begründung ein, die Wohnungseigentumsbegründung sei nichtig. Der Rückstand der Beklagten für den Zeitraum November 2011 bis September 2014 betrug insgesamt 254.819,23 EUR.
Im vorliegenden Verfahren begehrte zunächst die „WEG ***** (EZ ***** KG *****) vertr. d. S***** GmbH“ von der Beklagten die Zahlung der rückständigen Vorauszahlungen. Sie vertrat den Standpunkt, die Wohnungseigentumsbegründung an der Liegenschaft sei rechtswirksam zustande gekommen und der diesbezügliche Einwand der Beklagten bloß eine Schutzbehauptung. Aufgrund der Ergebnisse des im Verfahren aufgenommenen Sachverständigenbeweises gestand die Klägerin schließlich zu, dass die Wohnungseigentumsbegründung nicht wirksam erfolgt sei, und sie beantragte die Änderung der Parteienbezeichnung auf die Verwalterin. Mit Beschluss vom 25. Juni 2014 bewilligte das Erstgericht diese Berichtigung der Parteienbezeichnung.
Mit Urteil vom 31. Oktober 2014 verpflichtete das Erstgericht die Beklagte, an die Klägerin (die Verwalterin) den Betrag von 254.819,23 EUR samt Zinsen zu zahlen. Rekurs und Berufung der Beklagten gegen diese Entscheidungen blieben erfolglos.
Zugleich mit der Klage hatte die „WEG ***** (EZ ***** KG *****) vertr. d. S
GmbH“ mit der Behauptung, ihr stehe das gesetzliche Vorzugspfandrecht gemäß § 27 Abs 1 WEG zu, begehrt, die Klage bei den Miteigentumsanteilen der Beklagten im Grundbuch anzumerken. Dieser Antrag war mit Beschluss des Erstgerichts vom 5. Juni 2012 bewilligt und vom Bezirksgericht Villach als Grundbuchsgericht vollzogen worden. Mit ihrer Eingabe vom 24. Juni 2015 beantragte die Beklagte, über den bereits in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am 25. Juni 2014 für den Fall der Berichtigung der Parteienbezeichnung gestellten (und bis dahin unerledigt gebliebenen) Antrag auf Löschung dieser Klagsanmerkung zu entscheiden.
Das Erstgericht bewilligte die Löschung der Klagsanmerkung und ersuchte das Bezirksgericht Villach um Vollzug. Aufgrund des rechtskräftigen Urteils stehe fest, dass die Wohnungseigentumsbegründung rechtsunwirksam und stets nur eine schlichte Miteigentümergemeinschaftgegeben gewesen sei. Vor einer rechtlich gesamthaften Sanierung der nichtigen Wohnungseigentumsbegründung könne diese nicht die Grundlage für einzelne, auf dem gesetzwidrigen Zustand aufbauende Eintragungen sein. Eine solche Sanierung sei nicht einmal behauptet worden. Dies müsse dazu führen, dass die bei den Anteilen der Beklagten bewilligte Klagsanmerkung zugunsten der unwirksam begründeten, nichtigen Wohnungseigentümergemeinschaft zu löschen sei.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Klägerin nicht Folge. Die Begründung des angefochtenen Beschlusses sei zutreffend, die Rechtsmittelausführungen hingegen nicht stichhältig. Das Erstgericht habe die begehrte Klagsanmerkung zunächst zu Recht bewilligt. Für die Bewilligung der Klagsanmerkung nach § 27 WEG reiche es aus, wenn sich ‑ wie es hier der Fall gewesen sei ‑ den Klagebehauptungenentnehmen lasse, dass der Klagsanspruch eine besicherte Forderung iSd § 27 WEG sei. Die die Rechtsfähigkeit der Eigentümergemeinschaft statuierende Bestimmung des § 18 WEG 2002 sei auch bei weiterbestehenden Mischhäusern anwendbar und ‑ nach dem Grundbuchsstand ‑ habe die Eigentümergemeinschaft, vertreten durch die bestellte Verwalterin, ausständige Aufwendungs-Akontierungen eingeklagt. Für die Löschung der Klagsanmerkung iSd § 27 WEG sei nach herrschender Ansicht die Bestimmung des § 65 Abs 1 GBG analog anzuwenden. Danach sei die Löschung der Streitanmerkung zu verfügen, wenn der Kläger von der Klage abstehe oder sie durch ein rechtskräftiges Erkenntnis abgewiesen werde. Im vorliegenden Fall habe die vermeintlich klagende Wohnungseigentümergemeinschaft die Berichtigung der Parteienbezeichnung von der Wohnungseigentümer-gemeinschaft auf die Verwalterin und so die Klagsstattgebung und den Zuspruch an die Verwalterin (und nicht an die Wohnungseigentümergemeinschaft) erreicht. Darin liege im Verhältnis zur Klage ein Abstehen der Klägerin von der Geltendmachung der Klagsforderung als Wohnungseigentümergemeinschaftund somit ein Fall vor, der unter § 65 Abs 1 GBG zu subsumieren sei.
Das Rekursgericht erklärte den Revisionsrekurs nicht für zulässig. Zwar sei zu einer Fallkonstellation wie der vorliegenden höchstgerichtliche Rechtsprechung nicht vorhanden, doch sei die Klärung des Anspruchs der Beklagten auf Löschung (nur)der Klagsanmerkung nach § 27 Abs 1 WEG zufolge unwirksamer, aber noch verbücherter Wohnungseigentumsbegründung nicht von über den Einzelfall hinausgehender Bedeutung.
Rechtliche Beurteilung
Gegen diese Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen abzuändern und den Antrag auf Löschung der Anmerkung der Klage abzuweisen.
Der Revisionsrekurs ist zur Klarstellung der ‑ über den Einzelfall hinaus bedeutsamen ‑ Rechtslage zulässig; er ist aber nicht berechtigt.
1.
Für die Löschung der Klagsanmerkung nach § 27 Abs 2 WEG gilt § 65 Abs 1 GBG analog. Danach hat das Grundbuchs‑ oder Prozessgericht die Löschung der Streitanmerkung zu verfügen, wenn der Kläger von der Klage absteht oder diese rechtskräftig abgewiesen wird. Neben der Zurückziehung oder Abweisung der Klage reicht aber auch die Einwilligung in die Löschung aus (5 Ob 161/01i). Aus einem anderen Grund ist ein Löschungsbegehren in analoger Anwendung des § 65 Abs 1 GBG (nur) dann gerechtfertigt, wenn auch in diesem Fall der Zweck der in § 27 Abs 2 WEG normierten Streitanmerkung in einer jeden Zweifel ausschaltenden Weise bereits erfüllt und/oder die Anmerkung nach dem Grundbuchsstand sinnlos geworden ist (vgl 5 Ob 2431/96b).
2. Das Vorzugspfandrecht kommt dem Forderungsberechtigten gemäß § 27 Abs 2 WEG nur zu, wenn er die Forderung samt dem Pfandrecht innerhalb von sechs Monaten mit Klage geltend macht und die Anmerkung der Klage im Grundbuch beim Miteigentumsanteil des Beklagten beantragt. Die fristgerechte Geltendmachung durch Klage und Antrag auf Klagsanmerkung ist daher Voraussetzung für das Entstehen des Vorzugspfandrechts und dessen Wirksamkeit im Meistbotsverteilungsverfahren; das bis dahin latente Vorzugspfandrecht für die besicherbare Forderung wird erst dadurch nutzbar gemacht. Mit der Klage und deren Anmerkung wird das Vorzugspfandrecht also zwar aktualisiert, inwieweit es für die eingeklagte Forderung ausgenützt („realisiert“) werden kann, entscheidet sich aber erst im Exekutionsverfahren (
RIS‑Justiz RS0113515 [T2, T3]). Der Anmerkung der Klage kommt demnach nur eine Warnfunktion zu (
RIS‑Justiz RS0113515, RS0113379).
Das über den Antrag auf Klagsanmerkung entscheidende Gericht hat den Antrag auf seine Schlüssigkeit hin zu prüfen. Im Rahmen dieser Schlüssigkeitsprüfung hat es anhand des Klagsvorbringens (nur) zu beurteilen, ob eine Forderung geltend gemacht wird, für die das Vorzugspfandrecht in Anspruch genommen werden kann (
RIS‑Justiz RS0114276, RS0074232 [T2]). Im Fall des § 27 Abs 1 Z 1 WEG setzt die Anmerkung der von der Eigentümergemeinschaft erhobenen Klage notwendig voraus, dass dieser in Anbetracht ihrer beschränkten Rechtsfähigkeit zumindest für einen Teil der geltend gemachten Forderung eine Aktivlegitimation zukommen kann (5 Ob 141/07g, 5 Ob 95/04p). Daher sind im Rahmen der Schlüssigkeitsprüfung insbesondere auch die Parteifähigkeit und die Sachlegitimation der Eigentümergemeinschaft zu prüfen.
3. Es ist weder eine Änderung der Klage noch eine Änderung der Partei, wenn die Parteibezeichnung auf diejenige Person richtiggestellt wird, von der oder gegen die nach dem Inhalt der Klage in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise das Klagebegehren erhoben worden ist. Eine solche Berichtigung ist in jeder Lage des Verfahrens auf Antrag oder von Amts wegen vorzunehmen (§ 235 Abs 5 ZPO). Wenn die Bezeichnung der Partei zulässig auf ein anderes Rechtssubjekt umgestellt wird, besteht mit dem bisher als Partei aufgetretenen Rechtssubjekt kein Prozessrechtsverhältnis mehr (RIS‑Justiz RS0039313 [T3]).
Im Hinblick auf die rechtskräftige Berichtigung der Bezeichnung der Klägerin von der „Wohnungseigentümergemeinschaft“ auf die Verwalterin der Liegenschaft ist hier daher ein Prozessrechtsverhältnis zwischen einer Eigentümergemeinschaft iSd § 18 WEG und der Beklagten jedenfalls ausgeschlossen; dies unabhängig davon, ob diese als eigenes Rechtssubjekt parteifähig wäre oder mangels rechtswirksamer Begründung von Wohnungseigentum gar nicht existiert. Die Frage, welche Wirkungen eine Parteienberichtigung nach § 235 Abs 5 ZPO auf eine Klagsanmerkung nach § 27 Abs 2 WEG hat, wenn die „richtige“ Partei keine privilegierte Forderungsberechtigte ist, stellt sich unabhängig davon, aus welchem konkreten Grund diese Berichtigung erfolgt.
4. Das gesetzliche Vorzugspfandrecht nach § 27 WEG besteht nur zu Gunsten von Forderungen der Eigentümergemeinschaft und bestimmter Rückgriffs-forderungen anderer Miteigentümer, nicht aber zu Gunsten von Forderungen des Verwalters (5 Ob 122/00b, 5 Ob 249/00d).Einim Meistbotsverteilungsverfahren wirksames Vorzugspfandrecht zu Gunsten der Klägerin und der von ihr in diesem Verfahren geltend gemachten Forderung kommt daher nicht in Betracht. Die Klagsanmerkung nach § 27 Abs 2 WEG erfüllte daher zwar bis zur Rechtskraft der Richtigstellung der Parteienbezeichnung ihren in der Warnfunktion liegenden Zweck, mit dieser von der Klägerin ausdrücklich begehrten Richtigstellung der Parteienbezeichnung ist sie aber sinnlos geworden. Es besteht daher kein Einwand, die in § 65 GBG vorgesehenen Gründe für die Löschung der Klagsanmerkung auf diesen im Ergebnis einer Klagszurückziehung vergleichbaren Fall auszudehnen.
5. Der Revisionsrekurs erweist sich damit als nicht berechtigt. Der Revisionsrekurswerber hat die Kosten seines erfolglosen Revisionsrekurses jedenfalls selbst zu tragen.
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