European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0050OB00227.14I.0324.000
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass der Beschluss des Erstgerichts wie folgt zu lauten hat:
„ Urkunden
1 Übergabsvertrag vom 27.12.2013
2 Geburtsurkunde, Heiratsurkunde vom 21.06.1997
3 Bescheid BH Murau vom 21.02.2014
4 Zustimmungserklärung vom 17.03.2014
5 Berechnungsblätter, Geburtsurk., Heiratsurk. (Berechnungsblätter, Geburtsurk., Heiratsurk.) vom 09.05.2014
6 PDF: weiteres Vorbringen zum Grundbuchsgesuch (PDF: weiteres Vorbringen zum Grundbuchsgesuch) vom 25.06.2014
Bewilligt wird
1 in EZ 187 KG *****
auf Anteil B-LNR 1
1 ANTEIL: 1/2
A***** L*****
GEB: *****
zu 1/1 (bezogen auf den Anteil)
auf Anteil B-LNR 2
2 ANTEIL: 1/2
E***** L*****
GEB: *****
zu 1/1 (bezogen auf den Anteil)
die Einverleibung des Eigentumsrechtes
für A***** S***** , geb. *****
2 in EZ 187 KG *****
Einverleibung Wohnungsgebrauchsrecht
gemäß Punkt IV. Übergabsvertrag vom 27.12.2013
für A***** L***** , geb. *****
E***** L***** , geb. *****
3 in EZ 187 KG *****
Einverleibung Veräußerungsverbot
für A***** L***** , geb. *****
E***** L***** , geb. *****
4 in EZ 241 KG *****
auf Anteil B-LNR 1
1 ANTEIL: 1/1
A***** L*****
GEB: *****
zu 1/1 (hinsichtlich der Liegenschaft)
die Einverleibung des Eigentumsrechtes
für A***** S***** , geb. *****
5 in EZ 241 KG *****
Einverleibung Veräußerungsverbot
für A***** L***** , geb. *****
E***** L***** , geb. *****
6 in EZ 261 KG *****
auf Anteil B-LNR 1
1 ANTEIL: 1/1
E***** L*****
GEB: *****
zu 1/1 (hinsichtlich der Liegenschaft)
die Einverleibung des Eigentumsrechtes
für A***** S***** , geb. *****
7 in EZ 261 KG *****
Einverleibung Veräußerungsverbot
für A***** L***** , geb. *****
E***** L***** , geb. *****
Verständigt wird
1) Mag. Günter Novak-Kaiser (R606710), 8850 Murau, Anna-Neumann-Straße 5, GZ: GB-000518;
2) A***** S*****, geb. *****;
3) A***** L*****, geb. *****;
4) E***** L*****, geb. *****;
5) Marktgemeinde S*****;
6) Gemeinde F*****;
7) Finanzamt J*****;
8) Amt d. S*****;
Vollzug und Verständigung der Beteiligten obliegen dem Erstgericht.“
Begründung:
Der Zweitantragsteller und die Drittantragstellerin sind die grundbücherlichen Hälfteeigentümer der Liegenschaft EZ 187 GB *****. Die Liegenschaft EZ 241 GB ***** steht im grundbücherlichen Alleineigentum des Zweitantragstellers. Die Liegenschaft EZ 261 GB ***** steht im grundbücherlichen Alleineigentum der Drittantragstellerin.
Die Antragsteller und zwar der Zweitantragsteller sowie die Drittantragstellerin als Übergeber einerseits und die Erstantragstellerin als Übernehmerin andererseits haben (nicht in Form eines Notariatsakts) den Übergabsvertrag vom 27. 12. 2013 betreffend die drei zuvor genannten Liegenschaften geschlossen. Dieser hat ‑ soweit für die Behandlung des Revisionsrekurses relevant ‑ folgenden Inhalt:
„...
II. Erklärung der Vertragsparteien
Die Übergeber übergeben hiemit der Übernehmerin
1. die Liegenschaft EZ 187 ... mit dem darauf bestehenden Objekt ...,
2. die Liegenschaft EZ 241 ...,
3. die Liegenschaft EZ 261 ...
und die Übernehmerin übernimmt die vorbezeichneten Liegenschaften in ihr Alleineigentum.
...
III. Übergabe und Übernahme
Die Übergabe und Übernahme des Übergabsgegenstandes in den tatsächlichen Besitz und Genuss erfolgte am 01.11.2013.
...
IV. Wohnungsgebrauchsrecht
Als Gegenleistung für diese Übergabe bzw. Übernahme räumt die Übernehmerin für sich und ihre Rechtsnachfolger im Eigentum der Liegenschaft EZ 187 ... den Übergebern auf deren Lebensdauer zum persönlichen Bedarf bei dieser Liegenschaft die Dienstbarkeit der Wohnung (Wohnungsgebrauchsrecht) im Objekt ... wie folgt ein:
Die Übergeber nutzen das Erdgeschoß des Objektes ausschließlich. Zum Erdgeschoß gehört die westlich gelegene Terrasse, die vom so genannten Wohnzimmer aus erreicht werden kann.
Eine Nutzung des ersten Obergeschoßes durch die Übergeber ist nicht vorgesehen. Der Keller, der Dachboden und die zur Erreichung dieser Räumlichkeiten notwendigen Zugänge und Vorräume werden gemeinsam genutzt.
Im Außenbereich kommt den Übergebern die ausschließliche Nutzung einer Garage zu.
Die im Außenbereich asphaltierten Parkflächen werden von den Vertragsteilen gemeinsam genutzt. Gleiches gilt für die Gartenbenutzung und die Benützung der Werkstätte generell.
Die von den Übergebern bewohnten Räumlichkeiten sind von der Übernehmerin stets gut bewohnbar zu halten und zu beheizen.
Hinsichtlich der Heiz-, Betriebs-, Strom- und allgemeinen Grundstückskosten vereinbaren die Vertragsteile eine verbrauchsabhängige Kostenaufteilung bzw. werden sämtliche sonstigen Abgaben, Gebühren und Steuern (Kanal, Wasser, Müll) je zur Hälfte von den Vertragsteilen getragen.
Die Übernehmerin verpflichtet sich jedenfalls alle in diesem Zusammenhang erwähnten Kosten zu übernehmen, wenn der Übergeber A***** L***** verstirbt.
Die Telefon- und Internetkosten tragen die Vertragsteile jeweils selbst. Eine entgeltliche oder unentgeltliche Überlassung einzelner, vom Wohnungsgebrauchsrecht betroffener Räumlichkeiten an Dritte ist ausgeschlossen.
Besuche können selbstverständlich empfangen werden, gegebenenfalls auch übernachten.
...“
Aufgrund dieses Übergabsvertrags und weiterer im Spruch bezeichneter Urkunden stellten die Antragsteller die ebenfalls aus dem Spruch ersichtlichen Eintragungsbegehren.
Das Erstgericht wies das Grundbuchgesuch ab. Es war rechtlich ‑ zusammengefasst ‑ der Ansicht, dass der Übergabsvertrag notariatsaktspflichtig sei. Gemäß § 1 Abs 1 lit d NotariatsaktsG bedürften nämlich Schenkungsverträge ohne wirkliche Übergabe des Schenkungsgegenstands zu ihrer Gültigkeit eines Notariatsakts. Vom Formzwang seien nur solche Schenkungsverträge befreit, zu denen ein als Übergabe erkennbarer Akt hinzukomme. Da der Übergabsvertrag nicht in Form eines Notariatsakts errichtet worden sei, könne das Gesuch nicht zu den begehrten Grundbucheintragungen führen.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsteller nicht Folge. Es führte in seiner rechtlichen Beurteilung aus, dass Schenkungsverträge ohne wirkliche Übergabe des Schenkungsgegenstands nach § 1 Abs 1 lit d NotariatsaktsG zu ihrer Gültigkeit eines Notariatsakts bedürften. Vom Normzweck seien nur Schenkungsverträge befreit, bei denen ein als Übergabe erkennbarer Akt hinzukomme. Es sei zwar richtig, dass sich der Nachweis der Übergabe im Hinblick auf den Charakter des Grundbuchverfahrens als reines Urkundenverfahren in mehr oder weniger ausführlichen Urkundenfloskeln erschöpfe und auf die Anführung konkreter Übergabsakte verzichtet werden könne. Es genüge nach höchstgerichtlicher Judikatur ein Hinweis in der Vertragsurkunde darauf, dass die „wirkliche Übergabe“ ‑ als kürzelhafte Wiedergabe eines von den Parteien so verstandenen faktischen Vorgangs ‑ bereits erfolgt sei (RIS-Justiz RS0018923; 5 Ob 164/08s). Diese Judikatur gelte jedoch nicht für einen Übergabsvertrag samt Einräumung eines Wohnungsgebrauchsrechts für die Übergeber. In der Entscheidung 9 Ob 149/04h habe nämlich der Oberste Gerichtshof ausgeführt, dass selbst eine gemeinsame Begehung und die Übergabe der Verwaltungsakten nicht als wirkliche Übergabe angesehen werden könnten, wenn der Geschenkgeber kraft dinglicher Berechtigung (nämlich das dinglich einzuräumende Wohnrecht) weiterhin den Schenkungsgegenstand allein benützen könne. In derartigen Sonderfällen reiche die übliche Floskel betreffend die tatsächliche Übergabe nicht aus; vielmehr sei im Hinblick auf den Übereilungsschutz ein Notariatsakt zu errichten.
Entgegen den Rekursausführungen sei der Übergabsvertrag als Schenkungsvertrag zu qualifizieren, weil der Leistung der Übergeber keine wirkliche Leistung der Übernehmerin gegenüberstehe. Daran könne die Einräumung des Wohnungsgebrauchsrechts nichts ändern, weil als Gegenleistung nur eine aus dem Vermögen des Übernehmers erbrachte Leistung zu veranschlagen sei, nicht aber der Vorbehalt von Nutzungen oder sonstigen Befugnissen des Eigentümers, die dem Übergeber kraft seines Eigentums zugestanden seien und die er sich über den Übergabszeitpunkt hinaus vorbehalte (RIS‑Justiz RS0012978). Auch der Hinweis auf die anteilige Tragung von Kosten der Liegenschaft überzeuge nicht. Ohne deren Übergabe hätte die Erstantragstellerin diese Kosten nämlich gar nicht zu tragen, während sie infolge Übergabe der Liegenschaft diese als Eigentümerin jedenfalls tragen müsse. Die konkrete Situation stelle sich so dar, dass die Erstantragstellerin keine Gegenleistung für die Übergabe der Liegenschaften erbringe, sondern diese mit der Einschränkung eines Wohnungsgebrauchsrechts erhalte, für welches die Erstantragstellerin anteilig Kosten trage. Es sei unzulässig, daraus eine zum Entfall der Notariatsaktpflicht führende Gegenleistung zu konstruieren.
Letztlich brächten die Antragsteller noch vor, es sei eine nachträgliche Erfüllung des ursprünglich formungültigen Rechtsgeschäfts dadurch eingetreten, dass der Grundbuchantrag von allen beteiligten Vertragsparteien gestellt worden sei, was zur nachträglichen Heilung im Sinn des § 1432 ABGB führe. Dieser Überlegung könne aber bereits deshalb nicht näher getreten werden, weil § 1432 ABGB die Erfüllung der Naturalobligation fordere, es also zu jener Leistung kommen müsse, die aufgrund des formungültigen Vertrags nicht geschuldet werde. Dies wäre hier erst dann anzunehmen, wenn das Eigentumsrecht für die Erstantragstellerin tatsächlich im Grundbuch eingetragen werde (vgl RIS‑Justiz RS0011316).
Sofern die Rekurswerber auf die in 9 Ob 149/04h zitierte Lehrmeinung von Hoyer verwiesen, wonach das Eintragungsgesuch als nachfolgender Akt zur Heilung des formungültigen Rechtsgeschäfts führe, sei dem entgegenzuhalten, dass sich allein aus den vorliegenden Urkunden ein solcher, weiterer Akt der Übergeber nicht zeige. Das Grundbuchgesuch habe nämlich der Antragstellervertreter eingebracht, der gleichzeitig auch der Verfasser des Übergabsvertrags sei. Diesem sei im Punkt VII. des Übergabsvertrags die Vollmacht erteilt worden, für dessen grundbücherliche Durchführung zu sorgen, weshalb allein aus der Nennung des Zweitantragstellers und der Drittantragstellerin im Grundbuchgesuch nicht zu schließen sei, dass diese nach Unterfertigung des Übergabsvertrags einen weiteren, allenfalls zur Heilung im Sinn des Wegfalls des Übereilungsschutzes führenden Akt gesetzt hätten.
Dem Rekurs komme somit keine Berechtigung zu.
Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil Rechtsfragen im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG nicht zu lösen gewesen seien.
Gegen diesen Beschluss des Rekursgerichts richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsteller mit dem sinngemäßen Antrag auf Abänderung in Richtung der Bewilligung der Eintragungsbegehren. Die Antragsteller führen in ihrem Rechtsmittel ‑ zusammengefasst ‑ aus, dass der Übergabsvertrag kein Schenkungsvertrag sei, weil die Übernehmerin geldwerte Gegenleistungen übernommen und den Übergebern ein Wohnungsgebrauchsrecht eingeräumt habe. Qualifiziere man den Übergabsvertrag richtigerweise als entgeltlich, mangle es auch nicht an einem gültigen Rechtsgrund, sei doch jedes den Rechtserwerb rechtfertigende Rechtsverhältnis, somit auch der vorliegende Übergabsvertrag, ein solcher Rechtsgrund. Selbst wenn man den Übergabsvertrag als Schenkungsvertrag qualifiziere, weiche das Rekursgericht von der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ab, wenn es für dessen grundbücherliche Durchführung einen Notariatsakt fordere. Der Oberste Gerichtshof lasse es nämlich für den Nachweis der wirklichen Übergabe ausreichen, wenn ‑ wie hier ‑ im Vertrag auch vom Geschenkgeber bestätigt werde, dass die Übergabe bereits erfolgt sei. Selbst bei Annahme eines ursprünglich formungültigen Vertrags wäre dieser gemäß § 1432 ABGB geheilt, liege doch hier auch ein zum schriftlichen Vertrag hinzukommender Willensakt der Geschenkgeber (Übergeber) vor. Es hätten nämlich auch die Übergeber den Grundbuchantrag eingebracht und die grundverkehrsbehördliche Negativbestätigung erwirkt.
Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil die Vorinstanzen von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abgewichen sind; er ist auch berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
1.1. In welchem Ausmaß eine Liegenschaftsübergabe als entgeltliches oder als unentgeltliches Rechtsgeschäft zu werten ist, und allenfalls eine gemischte Schenkung vorliegt, die ohne wirkliche Übergabe der Notariatsaktsform bedarf, um gültig zu sein (5 Ob 235/13i; vgl RIS-Justiz RS0019375), richtet sich nach dem Wert der beiderseitigen Leistungen im Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrags (RIS-Justiz RS0012978; vgl auch RS0012971).
1.2. Bei der Frage nach dem Vorliegen und der Bewertung einer gemischten Schenkung sind alle Belastungen als wertmindernd zu berücksichtigen, die der Übernehmer zu übernehmen hat, und zwar einschließlich der zugunsten des Übergebers bestellten persönlichen Dienstbarkeiten. Als Gegenleistung ist aber nur eine aus dem Vermögen des Übernehmers (allenfalls auch aus dem Vermögen eines Dritten für ihn) erbrachte Leistung zu veranschlagen, nicht aber auch der Vorbehalt von Nutzungen und sonstigen Befugnissen eines Eigentümers, die dem Übergeber kraft seines Eigentums zustanden und die er sich zum Teil über den Übergabezeitpunkt hinaus, unter Umständen bis zu seinem Ableben, für sich vorbehalten hat (RIS-Justiz RS0012978). So ist etwa ein bei der Übergabe vorbehaltenes lebenslanges Fruchtgenussrecht (nur) Minderung der Zuwendung, nicht aber Gegenleistung (5 Ob 178/13g mwN NZ 2014/72; 5 Ob 247/02p).
1.3. Auch die Regelung der Vertragsparteien über die Tragung der Grundstückskosten (Heiz-, Betriebs- und Stromkosten, Abgaben, Gebühren, Steuern, Kanal-, Wasser-, und Müllgebühren) macht den Übergabsvertrag nicht zum (gänzlich) entgeltlichen Rechtsgeschäft (vgl 5 Ob 247/02p). Die Vorinstanzen haben demnach zutreffend im vorliegenden Übergabsvertrag, der auch keinen Hinweis auf eine Funktion als ‑ bäuerlicher ‑ Übergabsvertrag enthält (5 Ob 67/02t), eine (gemischte) Schenkung erkannt, die ohne wirkliche Übergabe des Vertragsgegenstands zu ihrer Gültigkeit grundsätzlich der Notariatsaktform bedarf (RIS-Justiz RS0019375).
2.1. Gemäß § 1 Abs 1 lit d NotariatsaktsG bedürfen Schenkungsverträge ohne wirkliche Übergabe zu ihrer Gültigkeit eines Notariatsakts. Eine „wirkliche Übergabe“, als ein neben dem Schenkungsvertrag als Übergabe erkennbarer weiterer Akt, liegt dann vor, wenn er sinnfällig nach außen erkennbar und so beschaffen ist, dass aus ihm der Wille des Geschenkgebers hervorgeht, das Objekt der Schenkung sofort aus seiner Gewahrsame in den Besitz des Beschenkten zu übertragen. „Wirkliche Übergabe“ bedeutet nichts anderes als das Gegenteil der bloßen Zusicherung oder des bloßen Schenkungsversprechens (RIS‑Justiz RS0011295 [T2]; RS0011383).
2.2. Die wirkliche Übergabe im Sinn des Gesetzes ist die körperliche Übergabe, die Übergabe durch Zeichen, die Besitzauflassung, die Besitzanweisung nicht aber die Besitzauftragung (RIS-Justiz RS0011143). Die im Vertrag enthaltene Erklärung, dass mit Unterfertigung des Vertrags die Übergabe und Übernahme der Liegenschaft als vollzogen gelte, stellt für sich allein keine wirkliche Übergabe im Sinn des § 943 ABGB und § 1 Abs 1 lit d NotariatsaktsG dar (RIS-Justiz RS0018908).
2.3. Allerdings erschöpft sich im Hinblick auf den Charakter des Grundbuchverfahrens als reines Urkundenverfahren der „Nachweis“ der Übergabe, wie Hofmeister , NZ 1984, 117 (Entscheidungsanmerkung), aufgezeigt hat, in mehr oder weniger ausführlichen Urkundenfloskeln. Auf die Anführung konkreter Übergabsakte kann dabei verzichtet werden; es genügt ein Hinweis in der Vertragsurkunde darauf, dass die „wirkliche Übergabe“ ‑ als kürzelhafte Wiedergabe eines von den Parteien so verstandenen faktischen Vorgangs ‑ bereits erfolgt ist. Ein Notariatsakt ist dann entbehrlich (RIS-Justiz RS0018923).
3. Für das (vorliegende) Grundbuchverfahren ist im Kontext der fraglichen Übergabe aus der vom Rekursgericht bezogenen ‑ nicht in einer Grundbuchsache ergangenen ‑ Entscheidung 9 Ob 149/04h kein hier der Stattgebung der vorliegenden Eintragungsbegehren entgegenstehender Abweisungsgrund abzuleiten:
3.1. In der Entscheidung 9 Ob 149/04h ist der dort erkennende Senat nämlich in tatsächlicher Hinsicht davon ausgegangen, dass „ zwischen den Streitteilen niemals die Absicht (bestand), die Gewahrsame oder den Besitz an der Liegenschaft dem Beklagten zu übertragen, sondern war vielmehr klar, dass die Klägerin (und ihr Ehegatte) bis zu ihrem Tod die Liegenschaft kraft dinglicher Berechtigung (bücherlich einzuverleibendes Wohnrecht) weiterhin alleine benutzen sollten. Auch ein gemeinsames Begehen und Besichtigen der Liegenschaft einschließlich der Übergabe von 'Verwaltungsunterlagen' stellt unter diesen Umständen keine 'wirkliche Übergabe' im Sinne des § 943 ABGB dar “ (Hervorhebungen durch den Senat).
3.2. Eine damit vergleichbare Situation ist hier aber aus den vorliegenden und für die Bewilligung maßgeblichen Urkunden gerade nicht abzuleiten. Vielmehr enthält der Übergabsvertrag in seinem Punkt III. die ausdrückliche Erklärung, dass die Übergabe und Übernahme des Übergabsgegenstands in den tatsächlichen Besitz und Genuss am 1. 11. 2013, also bereits geraume Zeit vor Vertragsunterfertigung am 27. 12. 2013, erfolgt ist. In Punkt IV. wird sodann das Wohnungsgebrauchsrecht und ‑ in der Gegenwartsform (Präsens) ‑ die vertragsgemäße Nutzung detailliert beschrieben, was bei der allein zulässigen Auslegung nach dem Vertragswortlaut (vgl RIS-Justiz RS0060878 [T42]) nur dahin verstanden werden kann, dass die zwischen der Übernehmerin und den Übergebern geteilte Nutzung bereits zum Zeitpunkt der Vertragsunterfertigung tatsächlich praktiziert wurde. Weitergehende Anforderungen an die urkundliche Dokumentation der Übergabe und der tatsächlichen Ausübung der vertraglich eingeräumten Rechte sind nicht zu stellen, womit ein Notariatsakt entbehrlich ist.
4. Da von den Vorinstanzen keine anderen Abweisungsgründe aufgezeigt wurden und solche auch tatsächlich nicht zu erkennen sind, erweist sich der Revisionsrekurs als berechtigt. In Stattgebung des Rechtsmittels war das Grundbuchgesuch somit zu bewilligen.
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