OGH 5Ob222/15f

OGH5Ob222/15f25.1.2016

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie den Hofrat Dr. Höllwerth, die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi als weitere Richter in der Grundbuchsache des Antragstellers G***** B*****, vertreten durch Dr. Rüdiger Hanifle, Rechtsanwalt in Zell am See, wegen Streitanmerkung gemäß § 66 GBG ob EZ ***** GB *****, über den Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 28. Mai 2015, AZ 53 R 128/15b, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Saalfelden vom 8. Oktober 2013, TZ 2589/13, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0050OB00222.15F.0125.000

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

 

Begründung:

Mit dem am 25. September 2013 beim Bezirksgericht Saalfelden eingegangenen Grundbuchsgesuch begehrte der Antragsteller eine Streitanmerkung gemäß § 66 GBG ob der Miteigentumsanteile B‑LNR 6, 7 und 8 der EZ ***** GB *****, mit denen Wohnungseigentum an den Wohnungen Top 2, 3 und 4 untrennbar verbunden ist. Diesem Grundbuchsgesuch schloss der Antragsteller ein an die „WKSTA“, das „BMJ“ und die „Polizeistelle Saalfelden“ adressiertes Schreiben vom 24. September 2013 an. Auf dieser Urkunde findet sich eine Stampiglie der „Polizeiinspektion Zell am See Bez. Zell/See Eingelangt am ...“ samt dem handschriftlich eingefügten Vermerk „25.09.2013 00:30 Uhr“. In seinem Grundbuchsgesuch führt der Antragsteller ‑ zusammengefasst ‑ aus, dass er als Bauführer nach § 418 ABGB Eigentümer der Liegenschaft geworden sei, ohne dass es einer Einverleibung seines Eigentumsrechts bedurft hätte. Er habe um 1985 mit seinem Bruder das Elternhaus saniert, durch Zubauten erweitert und dadurch drei Wohnungen geschaffen. Nach der in diesem Zusammenhang unter Einbindung der beiden Schwestern getroffenen Vereinbarung hätten die Eltern dem Antragsteller und seinem Bruder „ab ca. 1994“ jeweils die Hälfte des Baugrundes ins grundbücherliche Eigentum überschreiben sollen. Die Eltern hätten dem Antragsteller dann im Jahr 1994 vereinbarungswidrig formulierte Verträge zur Unterschrift vorgelegt, die weder er noch sein Bruder akzeptiert hätten. Im Jahr 1996 hätten die Eltern die Liegenschaft hinter seinem Rücken an eine der beiden Schwestern und den Bruder des Antragstellers verkauft. Die Schwester habe den Antragsteller in der Folge auf Räumung und Zahlung eines Benützungsentgelts geklagt, im Dezember 2008 sei die Zwangsräumung schließlich vollzogen worden. Durch ihr ‑ näher dargestelltes und vom Antragsteller als „Bandenbildung, schwerer Betrug, Prozessbetrug, Amtsmissbrauch und Korruption“ qualifiziertes ‑ Verhalten hätten die Schwester, ihr Ex‑Ehegatte und ebenfalls tatverdächtige Richter und Rechtsanwälte den Antragsteller um sein Eigentum gebracht. Die Strafverfolgungsbehörden hätte diese ‑ vom Antragsteller in der angeschlossenen Sachverhaltsdarstellung vom 24. September 2013 neuerlich aufgezeigten ‑ Fakten in der Vergangenheit offenkundig vorsätzlich ignoriert und jede weitere Ermittlungstätigkeit verweigert.

Das Erstgericht wies den Antrag ab. Der Antragsteller erscheine durch die Einverleibung, bei der die Anmerkung nach § 66 GBG erfolgen solle, in keinem bücherlichen Recht verletzt. Der Eingangsvermerk der Polizeiinspektion Zell am See auf der mit dem Antrag vorgelegten Sachverhaltsdarstellung entspreche nicht der nach § 66 GBG erforderlichen Bestätigung der zuständigen Behörde, dass die Strafanzeige bei ihr erstattet worden sei. Zudem sei dem Antrag und der Sachverhaltsdarstellung des Antragstellers keine konkrete strafgesetzlich verbotene Handlung im Zusammenhang mit der Einverleibung des Eigentumsrechts und der Begründung von Wohnungseigentum zu entnehmen.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragstellers nicht Folge. Zum Antrag auf Streitanmerkung sei (auch) im Fall des § 66 GBG nur derjenige berechtigt, der durch die Einverleibung, bei der die Anmerkung erfolgen soll, in seinem bücherlichen Recht verletzt erscheine. Nach dem Verzeichnis der gelöschten Eintragungen sei der Antragsteller aber nie grundbücherlicher Eigentümer gewesen. Mit den Ausführungen im Antrag zu einem Eigentumserwerb nach § 418 ABGB lasse sich die Streitanmerkung nicht rechtfertigen, zumal der Oberste Gerichtshof für diesen Fall eine analoge Anwendung des § 70 GBG (Anmerkung der Ersitzungsklage) ausdrücklich verneint habe. In einem Antrag auf Streitanmerkung nach § 66 GBG oder in der diesem beigelegten Strafanzeige müssten jene Umstände konkret und schlüssig behauptet werden, aus denen im Fall ihres Zutreffens auf einen solchen Zusammenhang zwischen der Einverleibung und der angezeigten strafbaren Handlung geschlossen werden könne, der aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen die Ungültigkeit der Eintragung nach sich ziehen würde. Die Ausführungen des Antragstellers dazu seien nicht schlüssig. Eine strafbare Handlung im Zusammenhang mit dem zwischen den Eltern, der Schwester und dem Bruder bereits im Jahr 1996 geschlossenen Kaufvertrag und der darauf beruhenden Grundbuchseintragung lege der Antragsteller weder im Grundbuchsgesuch dar, noch fänden sich dafür in der mit dem Antrag vorgelegten Sachverhaltsdarstellung oder der erstmals mit dem Rekurs vorgelegten Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft Salzburg konkrete Anhaltspunkte. Nach § 66 Abs 1 GBG sei überdies eine Bestätigung der zuständigen Behörde erforderlich, dass die Strafanzeige bei ihr erstattet worden sei. Aus dieser vom Gesetz geforderten Bestätigung müssten sich sowohl die Erstattung der Strafanzeige als auch ihr Gegenstand hinreichend deutlich ergeben. Die Stampiglie der Polizeiinspektion Zell am See auf der Sachverhaltsdarstellung vom 24. September 2013 genüge nicht, um tatsächlich den Eingang dort oder bei den Adressaten in grundbuchstauglicher Form nachzuweisen. Beim Stempelaufdruck finde sich keine Unterschrift und auch sonst kein Hinweis, dass es sich bei der Sachverhaltsdarstellung um die Gleichschrift einer zugleich übergebenen Urkunde handle. Der erst mit dem Rekurs vorgelegten Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft Salzburg könne überhaupt nicht entnommen werden, dass sie bei dieser Strafverfolgungsbehörde tatsächlich eingelangt sei. Das Erstgericht habe damit das Grundbuchsgesuch zutreffend abgewiesen, weil es sowohl an der vom Gesetz geforderten Bestätigung der erstatteten Strafanzeige bei der zuständigen Behörde als auch an schlüssigen Behauptungen zur Erwirkung einer Einverleibung aufgrund einer gesetzlich verbotenen Handlung fehle. Die vom Antragsteller in den Vordergrund seiner Überlegungen gerückte Räumungsklage und weitere Gerichtsverfahren, in denen er unterlegen sei, hätten ihn keinesfalls um eine dingliche Rechtsposition gebracht.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Der Oberste Gerichtshof habe sich bisher nur in wenigen Entscheidungen mit den Voraussetzungen einer Streitanmerkung nach § 66 GBG zu befassen gehabt. Zur Bestätigung der Erstattung der Strafanzeige fehle höchstgerichtliche Rechtsprechung gänzlich und im Zusammenhang mit der analogen Anwendung des § 70 GBG liege bisher nur eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vor.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diese Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss abzuändern und die beantragte Streitanmerkung zu bewilligen.

Der Revisionsrekurs ist entgegen dem ‑ den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 71 Abs 1 AußStrG iVm § 126 Abs 2 GBG) ‑ Ausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig.

1. Nach § 61 Abs 1 Satz 1 GBG kann derjenige, der durch eine Einverleibung in einem bücherlichen Recht verletzt scheint, die Einverleibung aufgrund ihrer Ungültigkeit im Prozessweg bestreitet und die Wiederherstellung des vorigen Grundbuchsstandes begehrt, die Anmerkung dieses Streites beantragen.

2. Wer behauptet, dass eine Einverleibung als Folge einer strafgesetzlich verbotenen Handlung erwirkt worden ist, kann nach § 66 Abs 1 GBG unter Vorlage der Bestätigung der zuständigen Behörde, dass die Anzeige bei ihr erstattet worden ist, die Anmerkung beantragen, dass die Einverleibung streitig ist, um die in § 61 GBG bezeichnete Rechtswirkung gegen spätere Eintragungen zu begründen. Soll durch die Streitanmerkung die Wirkung begründet werden, dass der Anspruch auf Ungültigerklärung einer Einverleibung auch gegen dritte Personen, die bücherliche Rechte noch vor der Streitanmerkung im guten Glauben darauf erworben haben, gewahrt werde, so muss das Gesuch um die Streitanmerkung beim Grundbuchsgericht innerhalb der Frist eingebracht werden, die der Partei zum Rekurs gegen die Bewilligung der Einverleibung zukäme (§ 66 Abs 2 GBG).

3. Nach ständiger Rechtsprechung setzt eine Streitanmerkung iSd § 61 Abs 1 GBG voraus, dass ein dingliches Recht an einer verbücherten Liegenschaft (RIS‑Justiz RS0060512), zumindest aber ein Recht geltend gemacht wird, das zufolge besonderer Bestimmung einem dinglichen Recht gleichzuhalten ist (RIS‑Justiz RS0060512 [T4]). Bei bloß obligatorischen, auf vertraglicher Grundlage beruhenden Ansprüchen ist die Anmerkung hingegen nicht zulässig (RIS‑Justiz RS0060629). Diese Grundsätze gelten auch für die Streitanmerkung nach § 66 GBG. Auch eine auf § 66 GBG gestützte Streitanmerkung setzt voraus, dass der Antragsteller in einem dinglichen (oder einem solchen kraft besonderer Bestimmung gleichzuhaltenden) Recht verletzt wurde (5 Ob 103/15f = RIS‑Justiz RS0130235; 7 Ob 12/11g; Kodek in Kodek, Grundbuchsrecht § 66 GBG Rz 5).

4. Der Antragsteller war nie im Grundbuch als Berechtigter eingetragen. Dieser stützt sein behauptetes Eigentumsrecht vielmehr auf einen außerbücherlichen Eigentumserwerb nach § 418 ABGB. Gemäß § 418 dritter Satz ABGB tritt im Zeitpunkt der Bauführung (als eine der Ausnahmen des Eintragungsgrundsatzes des § 431 ABGB) kraft Gesetzes ein außerbücherlicher originärer Eigentumserwerb des Bauführers an der Grundfläche ein, wenn der Grundeigentümer von der Bauführung weiß und sie dem redlichen Bauführer nicht sogleich untersagt. Schon nach den eigenen ‑ für die Bewilligung einer Streitanmerkung allein maßgeblichen (vgl RIS‑Justiz RS0074232) ‑ Behauptungen des Antragstellers sind die Voraussetzungen für einen solchen Eigentumserwerb nach § 418 dritter Satz ABGB hier nicht gegeben: Die Anwendung dieser Bestimmung kommt schon deswegen nicht in Betracht, weil der Antragsteller nicht auf fremdem Grund neu gebaut, sondern das bereits bestehende Haus der Eltern ausgebaut haben will. Damit kann Eigentum oder Miteigentum allein aufgrund des Gesetzes aber nicht erworben werden (1 Ob 695/77 = SZ 50/141; vgl auch 5 Ob 508/96 = RIS‑Justiz RS0011052 [T4]). Bei bloßem Ausbau eines bereits bestehenden Hauses ist § 418 Satz 3 ABGB nicht anzuwenden (Spielbüchler in Rummel, ABGB³ § 417 ABGB Rz 2; Klicka/Reidinger in Schwimann/Kodek, ABGB4 § 418 Rz 8; Illedits in Schwimann, ABGB‑TaKom² § 417 Rz 1; vgl auch Mader in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON1.02 § 417 ABGB Rz 4). Die Frage, ob im Fall eines außerbücherlichen Eigentumserwerbs nach § 418 Satz 3 ABGB der Berechtigte unabhängig von der gründbücherlichen Eintragung seines Eigentums als dinglich berechtigt iSd § 9 GBG anzusehen ist, bedarf daher hier keiner abschließenden Beurteilung.

5. Eine Streitanmerkung nach § 66 GBG scheitert aber nicht nur daran, dass der Antragsteller seinen eigenen Angaben nach nicht in einem bücherlichen Recht verletzt ist. Voraussetzung für eine Streitanmerkung nach § 66 GBG ist zudem die konkrete und schlüssige Behauptung, dass die Einverleibung infolge einer strafgesetzlich verbotenen Handlung erwirkt wurde (RIS‑Justiz RS0060871; Kodek aaO § 66 GBG Rz 7). Zwischen der Einverleibung und der angezeigten strafbaren Handlung muss ein Zusammenhang bestehen, der aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen die Ungültigkeit der Einverleibung nach sich ziehen würde (RIS‑Justiz RS0060860;

Kodek aaO § 66 GBG Rz 1). Die inhaltliche Richtigkeit der Behauptungen ist ‑ im Gegensatz zu deren Schlüssigkeit ‑ nicht im Grundbuchsverfahren, sondern ausschließlich im Strafverfahren zu prüfen (Kodek in Kodek aaO § 66 GBG Rz 1, 7). Das Rekursgericht hat zutreffend aufgezeigt, dass der Antragsteller weder im eigentlichen Grundbuchsgesuch noch in den vorgelegten Sachverhaltsdarstellungen konkrete und schlüssige Behauptungen aufgestellt hat, wonach die angefochtene Einverleibung selbst im Zusammenhang mit einer gesetzlich verbotenen Handlung stehe. Das vom Antragsteller inkriminierte (angebliche) Verhalten der Tatverdächtigen bezieht sich vielmehr auf die nachfolgenden Gerichtsverfahren wegen Räumung und Zahlung eines Benützungsentgelts sowie auf das (angebliche) Fehlverhalten der Strafverfolgungsbehörden. Im Übrigen erhebt der Antragsteller auch in seinem Revisionsrekurs lediglich den Vorwurf, seine Schwester habe eine zwischen dem Vater und seinen beiden Söhnen aufgetretene Unstimmigkeit genutzt, um sich „in unredlicher Weise“ den dem Antragsteller zugesicherten Eigentumsanteil anzueignen. Eine konkrete strafgesetzlich verbotene Handlung im Zusammenhang mit dem damals geschlossenen Kaufvertrag und der darauf beruhenden Grundbuchseintragung zeigt er auch damit nicht auf.

6. Die Vorinstanzen haben den Antrag daher ‑ den Grundsätzen der bereits bestehenden Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs folgend ‑ schon mangels Behauptung der Verletzung in einem bücherlichen Recht und mangels Anzeige einer strafgesetzlich verbotenen, die Einverleibung bewirkenden Handlung zu Recht abgewiesen.Da die Wiederholung des Grundbuchsgesuchs auf Basis der eine Streitanmerkung nach § 66 GBG als inhaltlichen Gründen nicht rechtfertigenden Sachverhaltsdarstellung vom 24. September 2013 nicht in Betracht kommt, kann die Prüfung allfälliger weiterer Abweisungsgründe unterbleiben (RIS‑Justiz RS0060544). Die vom Rekursgericht in der Zulassungsbegründung angeführte Frage, welche Anforderungen an die nach § 66 Abs 1 GBG erforderliche Anzeigebestätigung zu stellen sind, ist hier daher nicht maßgeblich.

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