European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0050OB00221.15H.0322.000
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Begründung:
Mit Notariatsakt vom 23. 1. 2015 übergab E***** S***** die Liegenschaft EZ 309 KG ***** je zu einem Drittel seinen Kindern, den Antragstellern, die diese mit allen Rechten und Pflichten, mit denen die übergebende Partei diese bisher selbst besessen und benützt hat oder zu besitzen und zu benützen berechtigt war, übernahmen. In Punkt 2.2. des Übergabsvertrags wurde festgehalten, dass die übernehmenden Parteien in alle den Vertragsgegenstand betreffenden Rechtsverhältnisse an Stelle der übergebenden Partei eintreten.
Mit dem von den Vorinstanzen abgewiesenen Grundbuchsgesuch begehrten die Antragsteller unter Vorlage unter anderem des Übergabsvertrags vom 23. 1. 2015 die Einverleibung ihres Eigentumsrechts je zu einem Drittel an der Liegenschaft, zu Gunsten des Übergebers die Einverleibung des im Übergabsvertrag vereinbarten Belastungs‑ und Veräußerungsverbots und des Wohnungsgebrauchsrechts.
Das Erstgericht begründete die Abweisung des Antrags im Wesentlichen damit, dass der Gegenstand des Übergabsvertrags Stammsitzliegenschaft bezüglich von acht Teilen an der EZ 6 KG ***** sei, wobei sich aus dem Vertrag nicht ergebe, ob diese Anteile ebenfalls mitübergeben werden sollten. Zwar finde sich am Notariatsakt ein Vermerk des Amtes der Burgenländischen Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz vom 10. 6. 2015, wonach gemäß § 58 iVm § 56 bgld Flurverfassungs‑Landesgesetz, LGBl Nr 40/1979 idgF die Übertragung der Agraranteile agrarbehördlich genehmigt werde, doch werde im Vertrag selbst auf diese Anteile kein Bezug genommen.
Das Rekursgericht bestätigte die Entscheidung des Erstgerichts und sprach aus, dass der Revisionsrekurs zulässig sei. Nach § 32 Abs 1 lit a GBG müssten Privaturkunden, aufgrund deren eine Einverleibung stattfinden soll, außer den Erfordernissen der §§ 26 und 27 GBG die genaue Angabe der Liegenschaft oder des Rechts, in betreff der die Einverleibung erfolgen soll enthalten. Dieses inhaltliche Erfordernis sei erfüllt, wenn das von der Einverleibung betroffene Recht in der Grundbuchsurkunde so eindeutig und unmissverständlich bezeichnet werde, dass keinerlei Zweifel über den Inhalt der Erklärung aufkommen könne. Auch § 433 ABGB verlange in Urkunden über den Eigentumserwerb an Liegenschaften die genaue Angabe der Liegenschaft mit ihren Bestandteilen. Zwar sei der ‑ im Einzelnen näher dargestellten ‑ Rechtsprechung, wonach die Anführung der Einlagezahl bei Veräußerung eines Grundbuchskörpers genüge und die einzelnen Parzellen nicht angeführt werden müssten, uneingeschränkt zuzustimmen, doch lasse sich diese Auffassung nicht automatisch auf jegliches sonstige, mit dem Grundbuchskörper verbundene Recht übertragen. Zu berücksichtigen sei nämlich, dass es im Allgemeinen einen Abweisungsgrund bilde, wenn die Grundbuchseinlage, in die eine Eintragung erfolgen solle, nicht so bezeichnet sei, wie sie im Grundbuch aufscheine. Wegen der teilweisen Sonderrechtsfähigkeit von Realrechten, wie etwa Grunddienstbarkeiten des herrschenden Guts, Anteilen an Agrargemeinschaften oder sogenannten ratifizierten Gewerbeberechtigungen, könne nach Ansicht des Rekursgerichts nicht von einem automatischen und unzweifelhaften Übertragungswillen derartiger Realrechte ausgegangen werden. Der Grundbuchsrichter dürfe aber nur aufgrund klarer und eindeutig auslegungsfähiger Verträge eine Eintragung bewilligen; komplizierte, tatsächliche oder rechtliche Erwägungen, um den wahren Willen der Vertragsparteien zu ergründen, seien nicht anzustellen. Unklarheiten und Widersprüche in einer Urkunde schadeten nur dann nicht, wenn sich trotz dieser Mängel aus dem Zusammenhalt aller Vertragsbestimmungen der Inhalt eindeutig ermitteln lasse. Davon könne bei den gegenständlichen Agraranteilen nicht ausgegangen werden, weil deren Benennung unterlassen worden sei.
Die Zulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses begründete das Rekursgericht mit seiner Abweichung von der von ihm selbst zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung.
Der Revisionsrekurs der Antragsteller ist aus dem vom Rekursgericht angeführten Grund zulässig; er ist im Ergebnis aber nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
1. Nach ganz einheitlicher neuerer höchstgerichtlicher Rechtsprechung und einem überwiegenden Teil der Lehre genügt bei Liegenschaften die Angabe der Einlagezahl, wenn damit der Vertragsgegenstand eindeutig bezeichnet ist (5 Ob 71/87 SZ 60/273 = NZ 1988, 111 [Hofmeister]; RIS‑Justiz RS0011237; Weigand in Kodek, Grundbuchsrecht § 32 Rz 8 mwN; Eccher/Riss in KBB4 § 433 Rz 2; Mader in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON1.02 § 433 ABGB Rz 3; aA Spielbüchler in Rummel, ABGB3 § 433 Rz 3). Die Beschreibung des Gutsbestands erübrigt sich daher, wenn bereits die Angabe der EZ den Gegenstand des Vertrags in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise bestimmt.
2. Auch das Rekursgericht pflichtet dieser Rechtsprechung grundsätzlich bei, meint aber, dass wegen der teilweisen Sonderrechtsfähigkeit von Agraranteilsrechten nicht automatisch und unzweifelhaft von einem Übertragungswillen ausgegangen werden könne, und gelangte dabei zum Ergebnis, dass das Begehren entgegen § 94 Abs 1 Z 3 GBG nicht durch den Inhalt der beigebrachten Urkunden gedeckt sei, wenn diese Anteile nicht ausdrücklich als Vertragsgegenstand genannt seien. Die vom Rekursgericht in diesem Zusammenhang geäußerten Bedenken sind unbegründet.
3. Bereits in der Entscheidung 5 Ob 36/94 hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass dann, wenn ein (vollständiger) Grundbuchskörper den Vertragsgegenstand bildet, eine gesonderte Anführung der im A2‑Blatt ersichtlich gemachten dinglichen Rechte, die mit dem Eigentumsrecht an dem Grundbuchskörper verbunden sind, nicht erforderlich ist. Im A2‑Blatt des hier gegenständlichen Grundbuchskörpers ist angemerkt, dass damit als Stammsitzliegenschaft Anteilsrechte an einer näher bezeichneten agrargemeinschaftlichen Liegenschaft verbunden sind. Anteilsrechte an einer Agrargemeinschaft, die mit dem Eigentum an einer Stammsitzliegenschaft verbunden sind, werden in der jüngeren höchstgerichtlichen Judikatur als mit dem Besitz der Stammsitzliegenschaft verknüpfte Realrechte gewertet (RIS‑Justiz RS0024421). Als solche sind sie nach § 7 Abs 1 Z 2 AllgGAG iSd § 8 Z 3 GBG anzumerken (5 Ob 66/04y NZ 2005/621 [Hoyer]; 5 Ob 289/07x).
4. Über Anteilsrechte an einer Agrargemeinschaft, die mit dem Eigentum an einer Stammsitzliegenschaft verbunden sind, kann grundsätzlich privatrechtlich nur in dem Rahmen verfügt werden, den das Gesetz gibt (5 Ob 138/04m). Gemäß § 17 Abs 2 Flurverfassungs‑Grundsatzgesetz 1951 idF BGBl I 2000/39 und § 56 Abs 1 bgld Flurverfassungs‑Landesgesetz, LGBl Nr 40/1970 idgF, ist die Absonderung eines Anteilsrechts ohne gleichzeitige Übertragung einer Stammsitzliegenschaft nur mit Genehmigung der Agrarbehörde zulässig. Die Voraussetzungen dafür, dass ein solches Anteilsrecht abgesondert werden kann, regeln die einschlägigen landesgesetzlichen Bestimmungen. Die beabsichtigte Absonderung ist nach § 57 Abs 1 bgld Flurverfassungs‑Landesgesetz der Agrargemeinschaft anzuzeigen, der das Recht eingeräumt ist, die Anteile selbst zu erwerben. Wird die Stammliegenschaft hingegen veräußert, ohne dass eine solche Absonderung beabsichtigt ist, bleibt das Anteilsrecht bei der Stammsitzliegenschaft (vgl RIS-Justiz RS0038497 [T1] = 5 Ob 289/07x). Daher kommt es bei einer bloßen Veräußerung der Stammsitzliegenschaft (ohne gleichzeitige Absonderung) grundsätzlich zwingend auch zu einem Übergang der Anteilsrechte. Allein der Umstand, dass das Gesetz die Möglichkeit einer gesonderten Verfügung über die mit einer Stammsitzliegenschaft verbundene Mitgliedschaft an einer Agrargemeinschaft eröffnet, begründet daher keine Bedenken über den Gegenstand des Vertrags, wenn ‑ wie hier ‑ jegliche Anhaltspunkte für eine Absonderung von Anteilsrechten fehlen. Nach dem Inhalt des Notariatsakts erfolgt die Übertragung des Eigentums an der Liegenschaft mit allen Rechten und Pflichten, sodass es entgegen der Ansicht der Vorinstanzen keine Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der vorgelegten Vertragsurkunde (im Sinne des § 94 Abs 1 Z 3 GBG) erweckt, wenn darin die im A2‑Blatt angeführten Anteilsrechte nicht ausdrücklich angeführt sind.
5. Dennoch ist für den Standpunkt der Revisionsrekurswerber nichts gewonnen, weil ein vom Rekursgericht nicht erkannter Abweisungsgrund vorliegt:
Genehmigungen von Verwaltungsbehörden, die Voraussetzung einer bücherlichen Eintragung sind, müssen mit der Bestätigung der Rechtskraft versehen sein (RIS‑Justiz RS0099943). Das gilt nach ständiger Rechtsprechung auch für agrarbehördliche Genehmigungen (5 Ob 195/02s; 5 Ob 289/07x ua). Die zuständige Agrarbehörde hat die Übertragung der Agraranteile zwar genehmigt (dazu § 56 Abs 1 bgld Flurverfassungs‑Landesgesetz); diese Genehmigung ist aber nicht mit einer Rechtskraftbestätigung versehen, was nach ständiger Judikatur ein Eintragungshindernis darstellt (RIS‑Justiz RS0099943 [T1]; zum bgld Flurverfassungs‑Landesgesetz: 5 Ob 105/06m).
6. Dem Revisionsrekurs der Antragsteller ist damit im Ergebnis ein Erfolg zu versagen.
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