OGH 5Ob218/22b

OGH5Ob218/22b19.1.2023

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi, die Hofrätin Dr. Weixelbraun‑Mohr und den Hofrat Dr. Steger als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragstellerin H*, vertreten durch Mag. Barbara Zierhofer, Notarin in Neunkirchen, wegen Einreihung einer Urkunde ob der Liegenschaft EZ * KG *, über den Revisionsrekurs der Liegenschaftseigentümerin S* GmbH, *, vertreten durch die EHRLICH‑ROGNER & SCHLÖGL Rechtsanwalts-Partnerschaft, Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 29. August 2022, AZ 17 R 64/22s, mit dem der Rekurs der Liegenschaftseigentümerin gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Neunkirchen vom 18. Mai 2022, TZ 2541/2022 (UH 11/22), zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0050OB00218.22B.0119.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Grundbuchsrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Die Antragstellerin begehrte die Einreihung des Einantwortungsbeschlusses vom 21. 4. 2022 in die Sammlung der bei Gericht hinterlegten und eingereihten Liegenschafts- und Bauwerksurkunden im Sinn des § 1 Abs 1 Z 2 UHG. Nach dem Inhalt dieses Beschlusses soll dessen Einreihung „zum Zweck des Erwerbs des Eigentumsrechts“ für die Antragstellerin an im einzelnen konkret bezeichneten, (vormals) dem Verstorbenen gehörenden, in keinem Grundbuch eingetragenen Superädifikaten (Garagen), die auf einer Liegenschaft der Revisionsrekurswerberin errichtet seien, erfolgen.

[2] Das Erstgericht bewilligte diesen Antrag und ordnete die Ersichtlichmachung der Einreihung an.

[3] Den dagegen von der Liegenschaftseigentümerin erhobenen Rekurs wies das Gericht zweiter Instanz zurück. Im Urkundenhinterlegungsverfahren bleibe grundsätzlich unerörtert, ob das Bauwerk, auf das in den zu hinterlegenden Urkunden Bezug genommen werde, überhaupt rechtlich existent sei. Darüber hinaus komme dem Liegenschaftseigentümer weder gegen die Bewilligung einer Urkundenhinterlegung noch gegen deren Ersichtlichmachung eine Rechtsmittellegitimation zu. Dieser müsse lediglich davon verständigt werden, dass mit einer Urkundenhinterlegung das Bestehen eines Bauwerks geltend gemacht werde. Die Antragstellerin habe zutreffend die Einreihung einer Urkunde (des Einantwortungsbeschlusses) begehrt. Da dem Grundeigentümer sogar bei Hinterlegung einer Urkunde der Rekurs versagt sei, könne für die bloß deklarative Einreihung nichts anderes gelten. Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil – soweit überblickbar – Rechtsprechung zur Frage fehle, ob die vom Obersten Gerichtshof zur Urkundenhinterlegung vertretenen Grundsätze auch für die Einreihung gelten.

Rechtliche Beurteilung

[4] Der Revisionsrekurs ist entgegen dem Ausspruch des Rekursgerichts, an den der Oberste Gerichtshof nicht gebunden ist (§ 71 Abs 1 AußStrG), nicht zulässig. Das ist kurz zu begründen:

[5] 1. § 1 Abs 1 UHG unterscheidet die Urkunden, die in die Sammlung der bei Gericht hinterlegten und eingereihten Liegenschafts- und Bauwerksurkunden aufzunehmen sind, danach, ob die betroffenen Rechte und Lasten bzw deren dingliche Wirkung konstitutiv mit der Hinterlegung der Urkunden entstehen (§ 1 Abs 1 Z 1 UHG) oder mit der Aufnahme der Urkunden lediglich deklarative Wirkung verbunden ist (§ 1 Abs 1 Z 2 UHG). Im Fall der bloß deklarativen Wirkung ist die Urkunde einzureihen (5 Ob 178/17p; 5 Ob 167/21a). Durch sie wird die Aufnahme in die Bauwerkskartei und die grundbücherliche Ersichtlichmachung eines originär erworbenen Superädifikats erreicht (RS0037902). Bei der Einantwortung fallen Titel und Modus zusammen, sodass ihr Nachvollzug im Grundbuch nur deklaratorisch wirkt (vgl RS0011263 [T6; T9]). Der Ansicht des Rekursgerichts, dass in einem solchen Fall die Urkunde (der Einantwortungsbeschluss) einzureihen ist, tritt die Liegenschaftseigentümerin damit zu Recht nicht entgegen.

[6] 2. Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats steht dem Liegenschaftseigentümer weder gegen die Bewilligung einer Urkundenhinterlegung noch gegen eine Ersichtlichmachung (§ 10 Abs 1a UHG), die auch in keiner Weise rechtsbegründend wirkt (RS0077228 [T2]), sondern nur Übersichtszwecken dient, eine Rechtsmittellegitimation zu (RS0125806; RS0113420). Das gilt auch für die Rechtslage seit dem Inkrafttreten der Grundbuchs-Novelle 2008, BGBl I 2008/100, mit der § 19 UHG ersatzlos aufgehoben und § 10 Abs 1a UHG in Geltung gesetzt wurde (RS0125806).

[7] 2.1 Auf die Einreihung sind nach § 1 Abs 3 UHG die Bestimmungen über die Hinterlegung sinngemäß anzuwenden. Damit beantwortet das Gesetz selbst die vom Rekursgericht als erheblich angesehene Rechtsfrage. Eine Differenzierung zwischen der Hinterlegung und einer Einreihung, wie sie die Liegenschaftseigentümerin zur Rekurslegitimation fordert, ist danach nicht vorgesehen. Der Fachsenat hat die Rekurslegitimation des Liegenschaftseigentümers auch schon im Fall der Urkundeneinreihung verneint (5 Ob 207/13x), sodass zu der vom Gericht zweiter Instanz angesprochenen Rechtsfrage auch bereits Rechtsprechung besteht (vgl dazu RS0103384). Davon abzugehen bietet die Argumentation der Liegenschaftseigentümerin, es läge sonst ein Rechtsschutzdefizit vor, keinen Anlass.

[8] 2.2 Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Rechtsmittels ist ein Eingriff in die geschützte Rechtssphäre (RS0006497; RS0006641 uva). Ein solcher Eingriff liegt hier schon wegen der bloß deklarativen Wirkung der Einreihung des Beschlusses über die Einantwortung in die Sammlung der bei Gericht hinterlegten und eingereihten Liegenschafts- und Bauwerksurkunden nicht vor. Ein Rechtsschutzdefizit ist entgegen der Ansicht der Liegenschaftseigentümerin selbst dann nicht zu erkennen, wenn man mit ihr eine Löschungsklage gemäß § 61 GBG als unzulässig ansehen wollte (vgl dazu jedoch RS0037897). Bei der nach ihrem Standpunkt gegebenen Rechtsberühmung durch die Antragstellerin läge jedenfalls das für die Erhebung einer (negativen) Feststellungsklage erforderliche rechtliche Interesse vor (vgl dazu nur RS0038974 [T4]; RS0039096).

[9] 3. Losgelöst von Fragen der Legitimation verbleibt im Urkundenhinterlegungs- und Einreihungsverfahren (arg: § 1 Abs 3 UHG) grundsätzlich kein Raum zur Erörterung, ob das Bauwerk, auf das in den zu hinterlegenden (einzureihenden) Urkunden Bezug genommen wird, überhaupt rechtlich existent ist. Es genügt, dass das Begehren durch den Inhalt der beigebrachten Urkunden als begründet anzusehen ist (vgl RS0077193 [T1; T3]). Auf die entsprechenden Ausführungen im Revisionsrekurs wäre daher auch aus diesem Grund nicht näher einzugehen.

[10] 4. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte