Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).
Der Antrag auf Zuspruch der Kosten der Revisionsrekursbeanwortung wird abgewiesen.
Begründung
Das Erstgericht wies das Begehren des Antragstellers 1.) es möge festgestellt werden, dass durch die Geltendmachung der erstmaligen Anhebung im Sinn des § 12a MRG vom 13. 12. 1994 das gesetzlich zulässige Zinsausmaß überschritten worden sei und dieses gemäß § 12a iVm § 46a MRG dem Grunde nach unwirksam sei, sowie 2.) es möge eine sich aus den danach erfolgten weiteren Anhebungen auf Basis des § 12a MRG ergebende Unwirksamkeit des Hauptmietzinses dem Grunde nach festgestellt werden, mit einem Zwischensachbeschluss, der inhaltlich das Erhöhungsbegehren der Antragsgegner dem Grunde nach als zu Recht bestehend feststellte, ab.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung, bewertete den Entscheidungsgegenstand als 10.000 EUR übersteigend und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig.
Die Vorinstanzen gingen von folgendem Sachverhalt aus:
Der antragstellende gemeinnützige Verein ist seit 1961 Hauptmieter der Geschäftsräumlichkeit (Wohnung) top 2 in einem Wiener Haus, die im Wohnungseigentum der Antragsgegner steht. Eine freie Mietzinsvereinbarung war zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht möglich. Der Antragsteller wurde ursprünglich zum Schutz des ungeborenen Lebens gegründet und kümmert sich nun vorwiegend um ältere Menschen. Dazu betreibt er in Niederösterreich ein Altersheim mit insgesamt acht Angestellten (Köchinnen, Zimmermädchen, Bedienerinnen, Heimleiter und Gärtner) für 20 in Appartements und Einzelzimmern untergebrachte Kleinstrentner, die dafür zwischen 600 EUR und 1.200 EUR bezahlen müssen. Das Heim wirft keinen Gewinn ab, weshalb auf Spendengelder zurückgegriffen werden muss. Generell finanziert sich der Verein durch Spenden, Mitgliedsbeiträge der 3.000 Mitglieder, Subventionen und Beiträge der Heiminsassen. Von 1968 bis zum Jahr 1994 trat ein Wechsel der Mehrzahl der Vereinsmitglieder ein. In der Wiener Wohnung betreibt der Antragsteller ein Büro, in dem Beratungstätigkeit für alleinstehende Mütter und andere Menschen in Not vorgenommen, das Mitteilungsblatt des Vereins hergestellt und die Verwaltungs- und Bürotätigkeit für das Altersheim vorgenommen wird.
Mit Schreiben vom 13. 12. 1994 wurde dem Antragsteller ab 1. 2. 1995 ein um 248,72 S erhöhter Mietzins von 597,86 S (= 43,45 EUR) unter Berufung auf die nach dem 3. WÄG eingeräumte Befugnis, die Geschäftsmiete in einem Zeitraum von 15 Jahren auf einen angemessenen Betrag zu erhöhen, wobei die Erhöhung jährlich 1/15 betrage, vorgeschrieben; dies unter Angabe der Nutzfläche, des damaligen sowie des angemessenen Mietzinses netto monatlich, des monatlichen Differenzbetrags sowie des 1/15 davon. Weiters wurde festgehalten, dass sich ab 1. 1. 1996 und jeweils ab 1. 1. des Folgejahres die Hauptmiete um netto 248,72 S erhöhen werde.
Eine weitere Anhebung des Mietzinses fand jedoch vorerst nicht statt, sondern wurde der Antragsteller erst mit Schreiben vom 26. 4. 2004 aufgefordert, ab 1. 5. 2004 einen erhöhten Mietzins von 206,12 EUR sowie eine Nachzahlung von 5.466 EUR zu bezahlen. Die auf 206,12 EUR monatlich erhöhte Mietzinsvorschreibung wurde seit dem 1. 5. 2004 vom Antragsteller bezahlt, nicht jedoch die geltend gemachte Nachforderung.
Mit Antrag vom 15. 10. 2004 wendete sich der Antragsteller an die Schlichtungsstelle. Mangels Einigung/Entscheidung beantragten die Antragsgegner mit Schriftsatz vom 8. 6. 2005 die Entscheidung des Gerichts. Am 20. 6. 2007 stellte der Antragsteller den hier zu behandelnden Antrag.
Rechtliche Beurteilung
Der außerordentliche Revisionsrekurs des Antragstellers vermag eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG nicht aufzuzeigen. Er bekämpft im Wesentlichen die Feststellung (auch als aktenwidrig), in der Wiener Wohnung werde auch die Verwaltungs- und Bürotätigkeit für das Altersheim in Niederösterreich vorgenommen; weiters macht der Antragsteller geltend, im Bestandobjekt werde von ihm kein veräußerbares Unternehmen betrieben. Die Antragsgegner hätten auf die Anhebung dem Grunde und der Höhe nach sowie auf weitere Anhebungen verzichtet, da sie über mehr als 10 Jahre hindurch immer denselben Hauptmietzins vorgeschrieben hätten, allenfalls hätte nur die zweite (und nicht die zehnte) Fünfzehntelanhebung erfolgen dürfen; schließlich hätte die Präklusion der Vorschreibungen nach der WRN 2006 berücksichtigt werden müssen.
Dem ist kurz (§ 71 Abs 3 AußStrG iVm § 37 Abs 3 Z 14 MRG) Folgendes entgegenzuhalten:
1. Der Angriff auf die Feststellung, nach der in der Wiener Wohnung vom Antragsteller die Verwaltungs- und Bürotätigkeit für das in Niederösterreich betriebene Altersheim geführt wird, muss schon daran scheitern, dass Tatsachenfeststellungen vor dem Obersten Gerichtshof nicht gerügt werden können (RIS‑Justiz RS0007236; 5 Ob 137/08w). Der Rechtsmittelgrund der Aktenwidrigkeit kann nicht als Ersatz für eine unzulässige Beweisrüge herangezogen werden (RIS‑Justiz RS0117019).
2. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass die Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten in einer juristischen Person nur dann die Rechtsfolge des Mietzinsanhebungsrechts des Vermieters nach § 46a Abs 4 MRG nach sich zieht, wenn der Hauptmieter im Mietgegenstand ein veräußerbares Unternehmen betreibt, welche Grundsätze auch für einen Verein gelten (RIS‑Justiz RS0106128; RS0107263). Der für eine Prüfung im Sinn des § 46a Abs 4 MRG relevante Unternehmensbegriff erfasst nicht nur auf Gewinn gerichtete, sondern auch ohne Gewinnabsicht vorgenommene Tätigkeiten im öffentlichen Interesse bei Verfolgung humanitärer, geistlicher oder kultureller Ziele oder zur Erreichung eines statutengemäßen Vereinszieles, sofern es sich nur um eine selbstständig organisierte Erwerbsgelegenheit handelt, die neben den Betriebsmitteln ua auch den Standort, der wiederum den Kundenstock beeinflusst, also den sogenannten good will, die Einrichtung und dergleichen umfasst (RIS‑Justiz RS0109648; RS0068501).
Diese Voraussetzungen können bei der vom Antragsteller - wenn auch nicht mit Gewinnabsicht ‑ praktizierten Führung eines Altenheims, mit der die Ausübung einer Verwaltungs- und Bürotätigkeit zwingend verbunden ist, nicht ernstlich in Zweifel gezogen werden (vgl 5 Ob 69/99d). Nachdem die Verwaltungs- und Bürotätigkeit eine elementare Voraussetzung für die (erfolgreiche) Führung eines Altersheims darstellt, ist die Rechtsansicht des Rekursgerichts, es sei vom Betrieb eines veräußerbaren Unternehmens in der Wiener Wohnung auszugehen, nicht zu beanstanden.
3. Bei der vom Antragsteller verlangten Annahme eines stillschweigenden Verzichts auf weitere Anhebung des Hauptmietzinses ist besondere Vorsicht geboten. Er darf immer nur dann angenommen werden, wenn besondere Umstände darauf hinweisen, dass er ernstlich gewollt ist (RIS‑Justiz RS0014190; RS0014229) und kein Zweifel möglich ist, dass das Verhalten des Berechtigten den Verzichtswillen zum Ausdruck bringen soll (RIS‑Justiz RS0014217). So wie bei bloßer Entgegennahme der Mietzinse in der ursprünglichen Höhe ein Verzicht auf Aufwertungsbeträge nicht angenommen werden kann, kann auch in der Unterlassung der Geltendmachung der Erhöhung des Hauptmietzinses auf den Kategoriemietzins ein stillschweigender Verzicht nicht erblickt werden (2 Ob 546/95; RIS‑Justiz RS0014443; RS0014193). Die Beurteilung der Konkludenz einer Willenserklärung oder der Schlüssigkeit eines Verhaltens hat auch regelmäßig keine über die besonderen Umstände des Einzelfalls hinausgehende Bedeutung, es sei denn, es läge eine krasse Fehlbeurteilung durch die Vorinstanzen vor, die im Interesse der Rechtssicherheit bzw der Einzelfallgerechtigkeit wahrgenommen werden müsste (RIS‑Justiz RS0043253 [T8]).
Von einer derartigen Fehlbeurteilung durch das Rekursgericht kann hier keine Rede sein, weil sich seine einen stillschweigenden Verzicht verneinende Rechtsansicht durchaus im Rahmen der höchstgerichtlichen Judikatur bewegt. So wurde erst jüngst ausgesprochen, dass die Nichteinforderung des erhöhten Mietzinsbetrags aufgrund einer Zinsanpassungsklausel über einen Zeitraum von 20 Jahren keinen schlüssigen Verzicht auf künftige Erhöhungsbegehren darstellt (1 Ob 202/07y = RIS‑Justiz RS0014193 [T7]). In diesem Zusammenhang ist auch auf den Inhalt des Schreibens vom 13. 12. 1994, mit dem der Anhebungsmechanismus ausgelöst wurde, Bedacht zu nehmen. Darin wurde nämlich nicht nur die Anhebung über den Zeitraum von 15 Jahren in jährlichen Schritten zu einem Fünfzehntel angekündigt und ab 1. 2. 1995 die (aufgeschlüsselt) erhöhte Hauptmiete begehrt, sondern darüber hinaus in Punkt 3. festgehalten, dass ab 1. 1. 1996 und jeweils ab 1. 1. des Folgejahres die Hauptmiete um netto 248,72 S erhöht wird. Ob es angesichts der Unstrittigkeit der Nutzfläche des Bestandobjekts einer weitergehenden jährlichen Berechnung der folgenden Erhöhungsschritte bedurfte, weil die Erhöhung nur - auch in den Folgejahren - jeweils in der Addition des bereits festgelegten Erhöhungsfünfzehntels auf den zuletzt geltend gemachten Mietzins bestand (vgl 2 Ob 52/01p = RIS‑Justiz RS0115879), muss hier nicht abschließend geklärt werden. Wegen dieser Ankündigung weiterer Erhöhungen kann nämlich der Untätigkeit in den Jahren bis 2004 keinesfalls zweifelsfrei die Wirkung eines Verzichts der Antragsgegner beigemessen werden. Unter diesen besonderen Umständen des Einzelfalls hat daher das Rekursgericht, auch mit dem zutreffenden Hinweis, dass gerade gegenüber dem Antragsteller durchaus soziale Erwägungen Anlass für die Annahme des nur um den ersten Fünfzehntelbetrag erhöhten Hauptmietzinses sein konnten, einen stillschweigend abgegebenen Verzicht der Vermieter durchaus im Einklang mit der Judikatur verneint.
4. Die Rechtsansicht des Antragstellers, § 46a Abs 2 MRG sei einschränkend dahin auszulegen, dass dem Vermieter eingeräumt werde, in 15 Kalenderjahren, die aber nicht unmittelbar aneinander anschließen müssen, den Mietzins auf das angemessene Zinsausmaß anzuheben, widerspricht - worauf das Rekursgericht ebenso zutreffend verwiesen hat - dessen Wortlaut („für jedes Kalenderjahr nach dem Todestag um jeweils 1/15 ... angehoben wird"), wonach hinreichend klargestellt ist, dass die Erhöhung in den dem auslösenden Umstand folgenden 15 Kalenderjahren vorzunehmen ist. Eine davon abweichende Vereinbarung zwischen den Streitteilen wurde (in erster Instanz) nicht behauptet.
5. Die Frage, ob die Antragsgegner ab 1. 5. 2004 nur die zweite Anhebung der Fünfzehntelerhöhung begehren durfte oder schon die zehnte, tangiert nicht den von Punkt 2. des hier zu behandelnden Antrags betroffenen Grund der weiteren Anhebungen, sondern deren Höhe. Dazu ist daher derzeit noch nicht Stellung zu nehmen (vgl dazu aber die Lehrmeinungen Böhm/Schuster in Schwimann², § 46b MRG Rz 9, und Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Wohnrecht § 46b MRG Rz 5).
6. Die Meinung des Antragstellers, seit der WRN 2006 würden auch die einseitigen Anhebungen und etwaig daraus resultierenden Vorschreibungen der Präklusion (gemeint wohl: nach § 16 Abs 8 MRG) unterliegen, trifft nicht zu. Den Diskussionen um die analoge Anwendbarkeit bei einseitigen Anhebungen des angemessenen Hauptmietzinses hat der Gesetzgeber nämlich durch die WRN 2006 ab 1. 10. 2006 insofern ein Ende bereitet, als er die Anwendbarkeit der dreijährigen Präklusionsfrist des § 16 Abs 8 MRG ausdrücklich auf den Fall des § 46 Abs 2 MRG und die Fälle des § 46a Abs 6 MRG anordnete (5 Ob 28/07i). Die Präklusionsbestimmung des § 16 Abs 8 MRG ist also bei einer Mietzinsanhebung nach § 46a Abs 4 MRG nicht analog anzuwenden (RIS‑Justiz RS0116402).
7. Aus den dargestellten Gründen erweist sich der außerordentliche Revisionsrekurs somit als unzulässig, weshalb er zurückzuweisen war.
Die Antragsgegner haben die Kosten ihrer ohne Freistellung durch den Obersten Gerichtshof gemäß § 71 Abs 2 AußStrG erstatteten Beantwortung des Revisionsrekurses selbst zu tragen (§ 37 Abs 3 Z 17 MRG).
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