OGH 5Ob163/12z

OGH5Ob163/12z2.10.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** W*****, vertreten durch Dr. Maria Brandstetter, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei K***** W*****, vertreten durch Mag. Hubert Wagner, Rechtsanwalt in Wien, wegen Abgabe einer Willenserklärung und Räumung (Streitwert 72.476,53 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 13. Juli 2012, GZ 13 R 47/12w-70, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Zwischen dem Kläger und seiner Mutter bestand eine Treuhandvereinbarung, wonach letztere bücherliches Eigentum an der verfahrensgegenständlichen Wohnung erwarb. Trotz der sie im Innenverhältnis gegenüber dem Kläger treffenden Verpflichtung testierte sie zugunsten des Beklagten über diese Wohnung, was zum bücherlichen Eigentumserwerb des Beklagten an dieser Wohnung als Ergebnis des Verlassenschaftsverfahrens führte.

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger als Treugeber vom Beklagten als Rechtsnachfolger der Treuhänderin die Herausgabe des Treuguts. Die Klage richtete sich darauf, den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger die in Frage stehende Wohnung „zu übereignen“ und „geräumt zu übergeben“.

Das Berufungsgericht bestätigte ein darauf lautendes Urteil des Erstgerichts mit der Maßgabe, dass der Beklagte verpflichtet wurde, in die Einverleibung des Eigentumsrechts des Klägers an der Wohnung einzuwilligen.

Rechtliche Beurteilung

1. Entgegen den Ausführungen der außerordentlichen Revision wurde durch diese (Maßgabe-)Bestätigung keine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wegen Verstoßes gegen § 405 ZPO bewirkt. Die Verpflichtung zur Abgabe der für die Verbücherung des Eigentumsrechts erforderlichen Willenserklärungen ist gegenüber dem Begehren auf Übereignung, also Verschaffung von Eigentum, weder ein Aliud noch ein Plus. Ist nämlich aus dem Sachvorbringen die bestimmte Leistung oder Feststellung einwandfrei ableitbar (vgl 6 Ob 30/00f) und die Unbestimmtheit des Begehrens ein bloßer Formulierungsfehler, dann darf das Gericht den Urteilsspruch mit den zur Bestimmung erforderlichen Angaben ergänzen. Ohne Verstoß gegen § 405 ZPO kann daher der Urteilsspruch so (um-)formuliert werden, dass das Urteil unzweifelhaft exekutions- und damit einverleibungsfähig ist (1 Ob 7/80 MietSlg 32.693; vgl auch RIS-Justiz RS0041207; RS0012126). Das Klagebegehren ist so zu verstehen, wie es im Zusammenhalt mit der Klagserzählung vom Kläger gemeint ist.

2. Ob sich der Einwand der Verjährung durch den Beklagten, der in der Verhandlung vom 10. 3. 2010 (AS 110) „aufrechterhalten“ wurde, wie zuvor (ON 23 und ON 10 AS 35) nur auf das eventualiter erhobene Zahlungsbegehren, nicht aber auch auf das Hauptbegehren bezog, ist eine Beurteilung von Prozesserklärungen, der über den konkreten Anlassfall hinaus keine Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO zukommt (RIS-Justiz RS0042828).

Abgesehen davon endete das Treuhandverhältnis (im Zweifel) nicht vor dem 9. 12. 2006, dem Zeitpunkt des Todes der Treuhänderin (8 Ob 502, 503/76 SZ 49/25; RIS-Justiz RS0112406), sodass selbst unter Zugrundlegung einer dreijährigen Verjährungsfrist für den schuldrechtlichen Anspruch auf Eigentumsverschaffung die am 13. 2. 2009 erhobene Klage als rechtzeitig eingebracht anzusehen wäre.

3. Eine verdeckte Treuhand, die häufig den Zweck hat, nach außen hin den eigentlichen wirtschaftlichen Rechtsinhaber zu verbergen, ist kein Scheingeschäft, sondern allenfalls ein „Umweggeschäft“, das wegen geltender Vertragsfreiheit grundsätzlich zulässig ist. Nicht jedes Rechtsgeschäft, das in irgendeiner Weise gegen die Rechtsordnung verstößt, hier etwa gegen Förderungsbestimmungen, ist deshalb nichtig. Unwirksam wäre es nur, wenn das primär beabsichtigte Geschäft aufgrund einer Verbotsnorm nichtig wäre und der Verbotszweck auch das Umgehungsgeschäft miterfasst (RIS-Justiz RS0045196; 5 Ob 273/01k; 7 Ob 87/01x; vgl auch RIS-Justiz RS0055110).

4. Die im Revisionsrekurs aufgeworfene Frage, ob sich nach dem Tod der Treuhänderin und damit der Beendigung des Treuhandverhältnisses und Übertragung des bücherlichen Eigentums an den Beklagten als Ergebnis des Verlassenschaftsverfahrens der obligatorische Anspruch des Treuhänders auf Herausgabe des Treuguts trotz rechtskräftiger Einantwortung gegen den Erben richten könne, ist durch höchstgerichtliche Rechtsprechung geklärt: Die Beendigung des Treuhandverhältnisses erfolgt - wie bereits zu 2. ausgeführt - im Zweifel durch den Tod des Treuhänders (8 Ob 502, 503/76 SZ 49/25). In diesem Fall ist die Verlassenschaft bzw sind die Erben schuldrechtlich aus dem Treuhandverhältnis und dessen Nachwirkungen verpflichtet, dem Treugeber entsprechend den getroffenen Treuhandabreden das Treugut herauszugeben und im Fall des Liegenschaftseigentums die für die Eigentumseinverleibung notwendigen Erklärungen abzugeben (5 Ob 213/73 = RIS-Justiz RS0008382; 8 Ob 502, 503/76; 8 Ob 86/99a = RIS-Justiz RS0112406 1 Ob 198/02b = SZ 2002/126 mwN).

Ob der Beklagte durch diese Verpflichtung zur Eigentumsübertragung in seinem Pflichtteilsanspruch gegenüber der Verlassenschaft beeinträchtigt wird - das konkrete Vermögensobjekt war materiell nicht Gegenstand der Erbfolge (5 Ob 213/73 = RIS-Justiz RS008382) -, ist hier nicht zu prüfen.

5. Soweit der Revisionswerber geltend macht, seine Verpflichtung zur Übertragung des Eigentums an den Kläger hätte nur Zug um Zug gegen von ihm geleistete Annuitäten ausgesprochen werden dürfen, vermag er sich nicht auf entsprechende Feststellungen über erbrachte Leistungen zu berufen. Vielmehr steht bloß fest, dass seit 1994 der Kläger die Bewirtschaftungskosten für die Wohnung nicht mehr bezahlte, sondern die tatsächlichen Benützer, nämlich der Beklagte und seine Mutter. Dass darin auch Annuitätenrückzahlungen enthalten gewesen wären, steht nicht fest. Die in diesem Zusammenhang vom Rechtsmittelwerber zitierte Entscheidung 1 Ob 687/90 (JBl 1992, 594) betraf einen völlig anderen Sachverhalt (Rückabwicklung eines Liegenschaftskaufvertrags mit einem Ausländer wegen rechtswidriger Umgehung der maßgeblichen Grundverkehrsbestimmungen).

Somit werden Fragen von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO in der außerordentlichen Revision nicht aufgezeigt, was zur Zurückweisung des außerordentlichen Rechtsmittels des Beklagten führt.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte