OGH 5Ob111/18m

OGH5Ob111/18m28.8.2018

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragstellerin N*gesellschaft mbH, *, vertreten durch Dr. Günther Geusau, Rechtsanwalt in Wels, wegen Grundbuchshandlungen ob der EZ * sowie EZ * KG * über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Wels als Rekursgericht vom 10. April 2018, GZ 23 R 39/18s‑9, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:E123017

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 126 Abs 2 GBG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 126 Abs 3 GBG).

 

Begründung:

Das Erstgericht bewilligte die Abschreibung eines Grundstücks unter Mitübertragung der Anmerkung eines gerichtlichen Belastungs‑ und Veräußerungsverbots, dessen Zuschreibung zu einer neu gebildeten Einlage sowie die Einverleibung des Eigentumsrechts für die Antragstellerin.

Das Rekursgericht gab dem gegen die Mitübertragung der Anmerkung gerichteten Rekurs der Antragstellerin nicht Folge, sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige, und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs nicht zu.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerin zeigt keine erhebliche Rechtsfrage auf.

1.1. Das Rekursgericht hat sich mit der behaupteten Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz inhaltlich auseinandergesetzt und eine solche verneint. Angebliche Verfahrensfehler des Erstgerichts wie das rechtsirrige Unterlassen eines Verbesserungsauftrags (5 Ob 143/08b = wobl 2009/124) oder die Verletzung der Anleitungspflicht (RIS‑Justiz RS0037095; RS0007245), deren Vorliegen das Rekursgericht verneint hat, können nicht mehr mit Revisionsrekurs geltend gemacht werden (RIS‑Justiz RS0050037; RS0043919; RS0030748). Dies sprach der Fachsenat auch bereits mehrfach für den Fall eines im erstinstanzlichen Grundbuchsverfahren unterlassenen Verbesserungsauftrags nach § 82a GBG aus (5 Ob 265/09w = NZ 2010/91; 5 Ob 15/11h; 5 Ob 166/11i; 5 Ob 62/13y). Zuletzt wurde zu 5 Ob 82/15t (= NZ 2016/43 [Hoyer]) die Beurteilung des Rekursgerichts, das Erstgericht sei nicht zur Einleitung eines Verbesserungsverfahrens verpflichtet gewesen, nur deshalb nicht als in dritter Instanz unbekämpfbare Verneinung eines erstinstanzlichen Verfahrensmangels angesehen, weil das Rekursgericht dort– aufgrund einer letztlich nicht zutreffenden Rechtsauf-fassung – davon ausgegangen war, dass sich ein Verbesserungsverfahren in Bezug auf eine erst mit dem Rekurs vorgelegte fehlende Standesurkunde zum Nachweis eines Verwandtschaftsverhältnisses wegen Vorliegens eines weiteren Abweisungsgrundes erübrigt habe. Eine Abkehr von der zitierten ständigen Judikatur zur Unanfechtbarkeit der Verneinung eines Verfahrensmangels erster Instanz durch das Rekursgericht auch im Grundbuchsverfahren ist dieser Entscheidung, die einen speziellen Sachverhalt betraf, nicht zu entnehmen.

1.2. Die im Revisionsrekurs neuerlich monierte Verletzung der Anleitungspflicht durch das Erstgericht und die behauptete Verbesserungsbedürftigkeit des Antrags können somit nicht mehr an den Obersten Gerichtshof herangetragen werden.

2.1. Die Frage, wie ein bestimmtes (Antrags‑)Begehren bzw das dazu erstattete Vorbringen zu verstehen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (vgl RIS‑Justiz RS0042828, RS0113563) und vermag somit keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG zu begründen, wenn dem Rekursgericht keine grobe Fehlbeurteilung unterlaufen ist. Diese Grundsätze gelten auch für das Grundbuchsverfahren.

2.2. Die Auffassung des Rekursgerichts, die Antragstellerin habe hier keine lastenfreie Abschreibung im Rang der Rangordnungsanmerkung beantragt, ist jedenfalls vertretbar. Ein derartiges Begehren findet sich im Antrag nicht. Entgegen der Auffassung der Revisionsrekurswerberin bot die Vorlage des Originals des Rangordnungsanmerkungsbeschlusses schon deshalb keinen Hinweis auf einen solchen Antragsinhalt, weil es nach der eindeutigen Anordnung des § 3 Abs 3 LiegTeilG sowohl im Fall der lastenfreien Abschreibung als auch der Abschreibung unter Mitübertragung bücherlicher Rechte der Vorlage des Rangordnungsbeschlusses als unbedingte Voraussetzung (RIS‑Justiz RS0114686) jedenfalls bedurfte.

2.3. Auch die Auffassung des Rekursgerichts, im Fall, dass – wie hier – die Abschreibung schlechthin, somit ohne ausdrückliche Bezugnahme auf die Lastenfreiheit oder den Rang der Rangordnungsanmerkung begehrt wird, die Abschreibung unter amtswegiger Mitübertragung der Lasten vorzunehmen ist, entspricht der herrschenden Meinung und ist nicht korrekturbedürftig (vgl Kodek in Kodek, Grundbuchsrecht2 § 96 GBG Rz 10 mwN).

3. Soweit die Antragstellerin unter Hinweis auf den Inhalt der vorgelegten Bewilligungsurkunden mit einer Unklarheit bzw Widersprüchlichkeit des Grundbuchsgesuchs argumentiert, die zu einer Abweisung des Antrags führen hätte müssen, übersieht sie die ständige Rechtsprechung (RIS‑Justiz RS0043952), dass die Partei nicht etwas anderes im Rechtsmittelweg begehren kann als sie in ihrem Grundbuchsgesuch selbst beantragt hat. Sie bleibt an ihren Antrag daher ebenso gebunden wie das Gericht. Demgemäß dürfen im Rekurs keine neuen, vom Antrag in erster Instanz abweichenden Anträge gestellt werden. Erstmals im Rechtsmittelverfahren gestellte Eventualanträge sind ebenso wie etwa das Einverständnis zur Bewilligung eines aliud unzulässig (Kodek in Kodek, Grundbuchsrecht2 § 122 GBG Rz 67/1; RIS‑Justiz RS0061113). Soweit die Antragstellerin daher erstmals im Rekurs und nun neuerlich im Revisionsrekurs die Auffassung vertritt, ihr Grundbuchsantrag sei nicht durch den Inhalt der beigebrachten Urkunden gedeckt und daher abzuweisen gewesen, setzt sie sich in Gegensatz zu ihrem ausdrücklichen Antragsbegehren und dessen Begründung. Wegen des Verstoßes gegen das Neuerungsverbot nach § 122 Abs 2 GBG ist dies unbeachtlich.

4. Der außerordentliche Revisionsrekurs war somit zurückzuweisen, einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).

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