OGH 5Ob82/15t

OGH5Ob82/15t19.6.2015

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr.

Hradil als Vorsitzenden sowie den Hofrat Dr. Höllwerth, die Hofrätin Dr. Grohmann, die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragstellerinnen 1. F***** M*****, geboren am *****, 2. B***** K*****, geboren am *****, beide vertreten durch Dr. Peter Schaden und Mag. Werner Thurner, Rechtsanwälte in Graz, wegen Grundbuchseintragungen, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerinnen gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 10. Februar 2015, AZ 4 R 254/14y, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Graz‑West vom 11. September 2014, TZ 8103/2014, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung einschließlich ihres rechtskräftigen Teils insgesamt lautet:

Urkunden

1 Schenkungsvertrag vom 6. 8. 2014

2 Löschungserklärung Land S***** vom 19. 8. 2014

3 Löschungserklärung S***** Bank vom 27. 8. 2014

4 Heiratsurkunde vom 20. 7. 2014

5 Geburtsurkunde vom 15. 4. 1956

6 Information zum Einheitswert vom 13. 8. 2014

Bewilligt wird:

1 in EZ 1410 KG *****

auf Anteil B‑LNR 7 F***** M*****

die Einverleibung der Löschung C‑LNR 2a

2 in EZ 4110 KG *****

auf Anteil B‑LNR 7 F***** M*****

die Einverleibung der Löschung C‑LNR 3a

3 in EZ 1410 KG *****

auf Anteil B‑LNR 7 F***** M*****

die Einverleibung der Löschung C‑LNR 4a

4 in EZ 1410 KG *****

auf Anteil B‑LNR 7

7 Anteil: 47/1503

F***** M*****, geb. *****,

*****

c 6979/1983 Wohnungseigentum an W 6

zu 47/1503 (hinsichtlich der Liegenschaft)

die Einverleibung des Eigentumsrechts für

B***** K*****, geb. *****,

*****

5 in EZ 1410 KG *****

auf Anteil gemäß Pkt 4

die Einverleibung Wohnungsgebrauchsrecht

gemäß Pkt IV Schenkungsvertrag vom 6. 8. 2014

für F***** M*****, geb. *****

6 in EZ 1410 KG *****

auf Anteil gemäß Pkt 4

die Einverleibung

Belastungs‑ und Veräußerungsverbot

gem. Pkt V Schenkungsvertrag vom 6. 8. 2014

für F***** M*****, geb. *****

Verständigt werden:

1 Dr. Peter Schaden, Mag. Werner Thurner, 8010 Graz,

Sporgasse 2, GZ GB‑000194

2 F***** M*****, geb. *****

3 B***** K*****, geb. *****

4 Finanzamt G*****,

5 Magistrat G*****,

6 Amt der S***** Landesregierung *****,

7 S***** AG, *****.“

Begründung

Die Erstantragstellerin ist Miteigentümerin von 47/1503‑Anteilen an der EZ 1410 GB *****, mit denen Wohnungseigentum an der Wohnung 6 verbunden ist. Mit Schenkungsvertrag vom 6. 8. 2014, der nicht als Notariatsakt errichtet wurde, schenkte sie der Zweitantragstellerin diese Anteile. Der Vertrag enthält unter anderem folgende Bestimmungen:

„IV.

Wohnrecht:

Als Gegenleistung verpflichtet sich die Geschenknehmerin, der Geschenkgeberin das alleinige, unentgeltliche, persönliche, lebenslange Wohnungs-gebrauchsrecht an der Wohnung W6 im Haus *****, einzuräumen, wobei die Geschenkgeberin nur verpflichtet ist, die Betriebs‑ und Verwaltungskosten zu bezahlen.

V.

Belastungs‑ und Veräußerungsverbot:

Die Geschenknehmerin, B***** K*****, geb. am *****, verpflichtet sich, zur Erhaltung des Familieneigentums der Geschenkgeberin F***** M*****, geb. am *****, gegenüber, das Schenkungsobjekt ohne deren Zustimmung nicht zu belasten und zu veräußern, und zwar im Sinne der Bestimmungen des § 364c ABGB.

Frau F***** M*****, geb. am *****, nimmt diese Verpflichtungserklärung ausdrücklich an.

VI.

Übernahme/Übergabe:

Die Übernahme und Übergabe des Schenkungsobjekts samt Lasten und Vorteil, Gefahr und Nutzen erfolgte bereits durch Übergabe und Begehung und Übernahme der Verwaltungsgeschäfte am 30. 6. 2014.

Als Verrechnungsstichtag aller hinsichtlich des Schenkungsobjekts zu entrichtenden Steuern und sonstigen öffentlichen Abgaben und Gebühren, insbesondere der Betriebs‑ und Verwaltungskosten wurde der 30. 6. 2014 vereinbart.

Hinsichtlich der Betriebs‑ und Verwaltungskosten wird ausdrücklich vereinbart, dass diese, solange die Geschenkgeberin das in Punkt IV. vereinbarte Wohnungsgebrauchsrecht ausüben, von dieser in ihr Zahlungsversprechen übernommen werden.

IX.

Verwandtschaftsverhältnis:

Festgehalten wird, das die Geschenknehmerin die leibliche Tochter der Geschenkgeberin ist und erklärt diese ausdrücklich, innerhalb der letzten 10 Jahre keine Schenkungen von der Geschenkgeberin erhalten zu haben.

XIII.

Vollmacht:

Die Vertragsteile ermächtigen hiermit den Vertragsverfasser, Dr. Peter Schaden ..., sämtliche mit der Errichtung dieses Vertrags verbundene Anträge zu stellen und Eingaben zu verfassen, insbesondere zur grundbücherlichen Durchführung und Entgegennahme der steuerlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung...“

Vertragspunkt XI. enthält die entsprechenden Aufsandungserklärungen.

Am 8. 9. 2014 begehrten die Antragstellerinnen unter Vorlage dieses Vertrags samt Selbstberechnungs-erklärung, zweier Löschungserklärungen, der Heiratsurkunde der Zweitantragstellerin und einer Einheitswertbekanntgabe die Einverleibung der Löschung von Pfandrechten und eines Veräußerungsverbots und die Einverleibung des Eigentumsrechts für die Zweitantragstellerin sowie des Wohnungsgebrauchsrechts und des Belastungs‑ und Veräußerungsverbots zugunsten der Erstantragstellerin.

Das Erstgericht bewilligte die Einverleibung der beantragten Löschungen (Punkte 1 bis 3) und wies die übrigen Anträge ab (Punkte 4 bis 6). Rechtlich folgerte es, dass die Geschenkgeberin der Geschenknehmerin nicht die Gewahrsame oder den Besitz an der Liegenschaft übertragen habe, sondern die Liegenschaft aufgrund des einzuverleibenden Wohnungsgebrauchsrechts weiterhin nutze. Damit fehle eine wirkliche Übergabe als nach außen hin erkennbarer Akt, aus dem der ernstliche Wille des Geschenkgebers hervorgehe, die Sache sofort in den Besitz des Beschenkten zu übertragen. Die Besitzauftragung stelle keine wirkliche Übergabe im Sinn des Gesetzes dar. Der Vertrag unterliege daher der Notariatsaktpflicht. Zum Belastungs‑ und Veräußerungsverbot sei anzumerken, dass die Bezeichnung im Vertrag als Mutter und Tochter nicht ausreichend sei. Vielmehr seien Standesurkunden vorzulegen.

Die Antragstellerinnen bekämpften die Abweisung ihres Grundbuchsgesuchs. Das Rekursgericht gab ihrem Rekurs nicht Folge, bewertete den Entscheidungsgegenstand mit einem 30.000 EUR übersteigenden Betrag und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs nicht zu. In der rechtlichen Beurteilung teilte es die Rechtsansicht des Erstgerichts zur Notariatsaktspflicht. Sowohl die wirkliche Übergabe als auch die Notariatsaktsform bezweckten den Schutz des Geschenkgebers vor Übereilung. Die auch bei ideellen Liegenschaftsanteilen mögliche Übergabe könne durch körperliche Übergabe, Übergabe durch Zeichen, Besitzauflassung und Besitzanweisung, nicht aber durch Besitzkonstitut erfolgen. Es stelle keine wirkliche Übergabe im Sinn des § 943 ABGB dar, wenn eine Liegenschaft vom Schenker dem Geschenknehmer nur symbolisch (durch gemeinsames Begehen und Besichtigen, Übergabe von Verwaltungsunterlagen usw) übergeben werde, die Gewahrsame am Schenkungsgegenstand aber beim Schenker verbleibe, der die Sache kraft dinglicher Berechtigung ‑ eines bücherlich einzuverleibenden Wohnrechts ‑ weiterhin alleine benutzen solle. Zwar bedürfe es im Grundbuchsverfahren zum Nachweis der bereits erfolgten Übergabe nicht der Darstellung konkreter Übergabsakte in der Urkunde. Ein Hinweis in der Vertragsurkunde darauf, dass die „wirkliche Übergabe“ bereits erfolgt sei, genüge. In diesem Fall sei ein Notariatsakt nicht notwendig. Gebe aber der Vertragsinhalt zu Zweifeln Anlass, ob der Schenker dem Beschenkten die Gewahrsame an der Sache übertragen habe, hinderten die dadurch ausgelösten Bedenken an der Wirksamkeit der Schenkung die begehrte Einverleibung des Eigentumsrechts für den Beschenkten. Auch im vorliegenden Fall bestünden solche Zweifel, weil die Übergabe der Sache (Wohnung) an die Geschenknehmerin laut Vertrag nur symbolisch durch „Übergabe und Begehung und Übernahme der Verwaltungsgeschäfte“ erfolgt sei und die Geschenkgeberin sich „als Gegenleistung“ für die Übertragung des Eigentumsrechts zugleich ein umfassendes dingliches Wohnungsgebrauchsrechts vorbehalten habe. Aus dem Vertrag sei nicht ersichtlich, dass die Geschenkgeberin der Geschenknehmerin zu irgendeinem Zeitpunkt vor Abschluss des Vertrags die tatsächliche Verfügungsmacht an der Sache verschafft habe. Die dadurch hervorgerufenen Bedenken an der Wirksamkeit der Schenkung führten gemäß § 94 Abs 1 Z 4 GBG zur Abweisung der Begehren auf Bewilligung der Einverleibung des Eigentumsrechts.

Die Formungültigkeit des Schenkungsvertrags sei nicht geheilt. Die Rechtsprechung betone zwar im Zusammenhang mit dem Übereilungsschutz, dass der Schenker dann nicht mehr schutzwürdig sei, wenn er über den Abschluss des „formungültigen“ Schenkungsvertrags hinaus weitere Akte gesetzt habe, die geeignet seien, ihm seinen Vermögensverlust ausreichend bewusst zu machen. Nach der Lehre lasse sich auch das Verbücherungsgesuch als solcher Akt auffassen, wenn es der Geschenkgeber stelle. Soweit sich die Antragstellerinnen auf ein ausdrückliches Einverständnis der Geschenkgeberin mit der grundbücherlichen Durchführung des Schenkungsvertrags und Einbringung des Grundbuchsgesuchs auf ihren Wunsch beriefen, sei ihnen zu entgegnen, dass diese Antragstellung nur Ausfluss der Bevollmächtigung des Vertragsverfassers (unter anderem) mit der grundbücherlichen Durchführung des Vertrags sei. Die Antragstellung auf Einverleibung durch den Vertragsverfasser namens der Geschenkgeberin und der Beschenkten sei bereits im Schenkungsvertrag vorgezeichnet und könne nicht als ein über den Vertragsabschluss hinausgehender Akt angesehen werden, der einen Schenkungswillen der Geschenkgeberin zweifelsfrei erkennen lasse.

Der Ansicht des Erstgerichts, dass es zur Einverleibung des Belastungs‑ und Veräußerungsverbots der Vorlage geeigneter Standesurkunden bedürfe, sei beizupflichten. Aus der mit dem Antrag vorgelegten Heiratsurkunde ergebe sich nicht mit Sicherheit, dass es sich bei der Erstantragstellerin um die Mutter der Zweitantragstellerin handle. Die Vorlage der Geburtsurkunde der Zweitantragstellerin mit dem Rekurs nütze dem Standpunkt der Rekurswerberinnen nichts, weil der Antrag auf Einverleibung des Eigentumsrechts nicht bewilligt werden könne und die Abweisung der Begehren auf Einverleibung eines Wohnungsgebrauchsrechts sowie eines Belastungs‑ und Veräußerungsverbots daraus folge.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Antragstellerinnen ist zulässig und berechtigt.

1. Nach § 1 Abs 1 lit d NotaktG bedürfen Schenkungsverträge ohne wirkliche Übergabe zu ihrer Gültigkeit eines Notariatsakts. Eine „wirkliche Übergabe“, muss nach außen erkennbar und so beschaffen sein, dass aus ihr der Wille des Schenkers hervorgeht, das Objekt der Schenkung sofort aus seiner Gewahrsame in den Besitz des Beschenkten zu übertragen (RIS‑Justiz RS0011383). Der Ausdruck „wirkliche Übergabe“ bedeutet nichts anderes als das Gegenteil der bloßen Zusicherung oder des bloßen Schenkungsversprechens (RIS‑Justiz RS0011295 [T2]; RS0018908 [T1]). Bei Liegenschaften genügt die außerbücherliche Übergabe (5 Ob 82/05b mwN = NZ 2006/639, 46 [ Hoyer ]; 5 Ob 164/08s ua). Das Erfordernis der wirklichen Übergabe dient dem Schutz des Geschenkgebers vor übereilten Schenkungen (5 Ob 82/05b mwN).

1.1 Nach der ständigen Rechtsprechung müssen im Grundbuchsverfahren konkrete Übergabsakte im urkundlichen Nachweis einer bereits erfolgten Übergabe nicht dargestellt werden. Es genügt der urkundliche Nachweis, dass die Übergabe bereits erfolgt ist (RIS‑Justiz RS0018923), vorausgesetzt, dass die Bestätigung (auch) vom Schenker stammt (RIS‑Justiz RS0018923 [T2]). Dies wurde in der höchstgerichtlichen Judikatur auch bei gleichzeitiger Einräumung eines lebenslangen, alleinigen Wohnungsrechts zu Gunsten des Schenkers bejaht (5 Ob 247/02p). Die in einem Vertrag festgehaltene Erklärung, dass mit Unterfertigung des Vertrags die Übergabe und Übernahme der Liegenschaft „als vollzogen gilt“, reicht hingegen nicht aus (RIS‑Justiz RS0018908).

1.2 Die im Vertrag vom 6. 8. 2014 gewählte Formulierung „die Übernahme und Übergabe des Schenkungsobjekts samt Lasten und Vorteil, Gefahr und Nutzen erfolgte bereits durch Übergabe und Begehung und Übernahme der Verwaltungsgeschäfte am 30. 6. 2014“ ist im Sinn der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs in Grundbuchsachen ein ausreichender urkundlicher Nachweis für eine wirkliche Übergabe.

2. Zu 9 Ob 149/04h = SZ 2005/12 hat der Oberste Gerichtshof in einem streitigen Verfahren auf Feststellung der Rechtsunwirksamkeit eines Schenkungsvertrags und Löschung der Einverleibung des Eigentumsrechts der Beschenkten aus dem im Übereilungsschutz liegenden Formzweck der Notariatsaktspflicht abgeleitet, dass eine wirkliche Übergabe im Sinn des § 943 ABGB nur vorliegt, wenn der Geschenkgeber die Sache nicht bloß symbolisch oder durch Erklärung, sondern „real“ aus der Hand gegeben hat. Das trifft nach dieser Entscheidung nicht zu, wenn der Geschenkgeber die Liegenschaft aufgrund eines bücherlich einzuverleibenden Wohnrechts bis zu seinem Tod weiter allein nutzen sollte. Unter diesen Umständen ist auch ein gemeinsames Begehen und Besichtigung der Liegenschaft einschließlich der Übergabe von „Verwaltungsunterlagen“ keine „wirkliche Übergabe“ im Sinn des § 943 ABGB.

2.1 In der Entscheidung 4 Ob 166/14m folgte der Oberste Gerichtshof dieser Rechtsansicht mit dem Ergebnis, dass eine Liegenschaft, an der sich die Erblasserin im Schenkungsvertrag ein lebenslängliches ausschließliches Wohnungsgebrauchsrecht einräumen hatte lassen und die sie tatsächlich bis zu ihrem Tod bewohnte, zum Nachlass gehörte und in das Inventar aufzunehmen war. Er sah die Formulierung im Schenkungsvertrag, wonach die Übergabe zu einem bestimmten Termin an Ort und Stelle bereits erfolgt sei, als nicht ausreichend an, um ihr mit der erforderlichen Sicherheit zu entnehmen, dass die Erblasserin die Liegenschaft tatsächlich „real“ aus der Hand gegeben hatte. Zwar sei eine „wirkliche Übergabe“ im Sinn von § 943 ABGB auch bei gleichzeitiger Einräumung eines Nutzungsrechts nicht ausgeschlossen, wie bei Übersendung des Schlüssels und Auftrag an den Notar, einen Schenkungsvertrag zu verfassen. Solche Umstände ergäben sich aber nicht aus der für die Inventarisierung allein maßgebenden Urkunde.

3. Diese beiden Entscheidungen tragen das Ergebnis der Vorinstanzen entgegen ihrer Auffassung nicht.

3.1 Im Sinn der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (RIS‑Justiz RS0060878 [T16]; RS0060573 [T10]) ist in diesem Grundbuchsverfahren der Wortlaut des Schenkungsvertrags maßgeblich, um die Frage der Übertragung der Gewahrsame und damit der wirklichen Übergabe zu beantworten. Aus diesem Wortlaut unmittelbare logische Schlussfolgerungen zu ziehen, ist dem Grundbuchsgericht zwar nicht verwehrt, es darf sich aber nicht auf Spekulationen zu Fragen der Auslegung des Vertrags insbesondere nach der wahren oder hypothetischen Absicht der Parteien einlassen (vgl RIS‑Justiz RS0060573 [T16]; RS0060878 [T36]). Die Konzentration auf den urkundlichen Nachweis einer erfolgten Übergabe beruht auf dem Gedanken, dass im Grundbuchsverfahren, einem reinen Akten‑ und Urkundenverfahren, darüber hinausgehende Überlegungen zum Schutz eines Schenkers, der entgegen dem Wortlaut der Urkunde(n) das Schenkungsobjekt nicht tatsächlich übergeben hatte, in der Regel ausgeschlossen sind.

3.2 Dem Wortlaut des Vertrags lässt sich nicht entnehmen, dass die Schenkerin die Eigentumswohnung schon vor der im Vertrag vom 6. 8. 2014 festgehaltenen Übergabe am 30. 6. 2014 selbst alleine bewohnt hat, diese ausschließliche Nutzung faktisch unverändert blieb und sich daher nur der Rechtstitel für die Benützung ändern sollte. Dass die Adressen der Schenkerin und des Schenkungsobjekts nach Straße und Hausnummer im Vertrag übereinstimmend aufscheinen, reicht nicht aus, um begründete Zweifel an der ‑ mehr als einen Monat vor Vertragsabschluss erfolgten - urkundlich nachgewiesenen Tatsache der wirklichen Übergabe zu wecken.

3.3 Der von den Vorinstanzen angenommene rein symbolische Charakter einer Übergabe ohne realen Hintergrund ist durch die Urkunde somit nicht gedeckt. Der von den Vorinstanzen herangezogene Abweisungsgrund liegt nicht vor, weil der Schenkungsvertrag nach wirklicher Übergabe des Schenkungsobjekts nicht als Notariatsakt errichtet werden musste.

4. Das für die absolute Wirkung eines Belastungs‑ und Veräußerungsverbots in § 364c ABGB geforderte Verwandtschaftsverhältnis ist in der Regel durch Vorlage entsprechender Standesurkunden nachzuweisen. Die bloße Parteienerklärung im Vertrag reicht nicht aus (Hagleitner in Kodek, Grundbuchsrecht § 26 GBG Rz 39; vgl RIS‑Justiz RS0010803; RS0010716).

4.1 Zum Nachweis des Mutter-Tochterverhältnisses legten die Antragstellerinnen dem Antrag in erster Instanz die Heiratsurkunde der Tochter (Zweitantragstellerin) bei, aus der sich nur die Identität des Nachnamens, nicht aber die Abstammung ergibt. Im Rekurs wurde auf die in § 10 Abs 2 ERV iVm § 91c GOG geregelte Weise (5 Ob 8/14h) die Geburtsurkunde der Tochter vorgelegt, die das Verwandtschaftsverhältnis nachweist.

4.2 Die unterbliebene Vorlage dieser Bewilligungsurkunde ( Kodek in Kodek aaO, § 87 GBG Rz 2) in erster Instanz wäre Anlass für einen Verbesserungsauftrag nach § 82a Abs 2 GBG gewesen, hätten die Vorinstanzen das Grundbuchsgesuch nicht aufgrund ihrer Rechtsauffassung zur Verletzung der Notariatsaktspflicht abgewiesen. Die Beurteilung des Rekursgerichts, das Erstgericht sei nicht zur Einleitung eines Verbesserungsverfahrens verpflichtet gewesen, stellt daher keine in dritter Instanz unbekämpfbare Verneinung eines erstinstanzlichen Verfahrensmangels dar. Die erst im Rekurs vorgelegte fehlende Bewilligungsurkunde kann im Sinn des § 82a Abs 5 GBG noch in dritter Instanz berücksichtigt werden.

5. Die Voraussetzungen für die beantragten, noch nicht rechtskräftig bewilligten Einverleibungen sind erfüllt, weshalb das Grundbuchsgesuch auch in diesem Umfang berechtigt war.

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