OGH 5Ob104/09v

OGH5Ob104/09v9.6.2009

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofrätinnen/Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Roch und Dr. Tarmann-Prentner als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragstellerinnen 1. Mag. Sandra M*****, 2. Anneliese W*****, beide vertreten durch Dr. Matthias Paul Hagele, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die Antragsgegner 1. Gemeinde S*****, 2. Wolfgang S*****, ebendort, 3. S***** GmbH & Co KG ebendort, 4. Dr. Rudolf W*****, 5. Dr. Markus S*****, 6. Amt der ***** Landesregierung, *****, 7. Dkfm. Dr. Theobald E*****, 8. Helmut I*****, 9. Otmar P*****, 10. F. K***** GmbH, *****, 11. Fremdenverkehrsverband S*****, 12. Elke R*****, 13. Günther H*****, 14. H***** GmbH, *****, 15. S***** GmbH & Co KG, *****, 16. Inge M*****, vertreten durch Dr. Manfred Monitzer, Dr. Christian Lechleitner, Rechtsanwälte in 6365 Kirchberg, 17. Margaretha R*****, 18. Hubert S*****, 19. Florian S*****, 20. Marianne S*****, ebendort, 21. Dorothea M*****, wegen § 52 Abs 1 Z 2 WEG über den außerordentlichen Revisionsrekurs der 16.-Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 3. April 2009, GZ 2 R 70/09x-11, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 52 Abs 2 WEG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Die Anfechtung der Bestätigung der Abweisung eines Wiedereinsetzungsantrags (§ 21 AußStrG) ist im Außerstreitverfahren nicht jedenfalls ausgeschlossen, sondern zulässig, wenn die Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG vorliegen (vgl RIS-Justiz RS0121841).

2. Ein Wohnungseigentümer, der ohne Zustimmung der Übrigen genehmigungspflichtige Änderungen im Sinn des § 16 Abs 2 WEG vornimmt, handelt in unerlaubter Eigenmacht und kann im streitigen Rechtsweg zur Beseitigung der Änderung verhalten werden (vgl RIS-Justiz RS0083156).

Im Konfliktfall hat über die Verpflichtung zur Duldung einer Änderung der Außerstreitrichter zu entscheiden (RIS-Justiz RS0083148).

Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass die fehlende Zustimmung anderer Miteigentümer auch im Nachhinein durch einen Beschluss des Außerstreitrichters ersetzt werden kann (5 Ob 29/89 = WoBl 1990/28; 5 Ob 25/90 = WoBl 1991/53 [Call]; 5 Ob 153/00m = MietSlg 52.545; zuletzt 5 Ob 56/07g), auch wenn die Änderung bereits durchgeführt wurde.

3. Zufolge § 52 Abs 2 Z 4 WEG können Zustellungen an mehr als sechs Wohnungseigentümer durch Anschlag iSd § 24 Abs 5 WEG vorgenommen werden. Der Anschlag darf frühestens nach 30 Tagen abgenommen werden. Die Zustellung des verfahrenseinleitenden Antrags gilt mit Ablauf dieser Frist als vollzogen, spätere Zustellungen hingegen schon mit dem Anschlag.

Im vorliegenden Fall wurden unbestrittenermaßen diese gesetzlichen Zustellvorschriften eingehalten, sodass den Wohnungseigentümern das rechtliche Gehör im Verfahren nicht entzogen wurde (RIS-Justiz RS0113768).

4. In Anbetracht dieser Gesetzeslage geht die Rechtsprechung von einer besonderen Obliegenheit jener Personen aus, denen die Kenntnisnahme von Hausanschlägen im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren, etwa durch einen anderen Wohnsitz, erschwert ist. Sie haben sicherzustellen, dass sie auf geeignete Art, etwa durch Information anderer Personen, von den Hausanschlägen erfahren (vgl RIS-Justiz RS0113768).

5. Hat eine Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat, - eine Tagsatzung oder befristete Prozesshandlung versäumt, ist ihr auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wobei es auch nicht schadet, wenn nur ein minderer Grad des Versehens vorliegt.

Ohne dass es darauf ankäme, ob für die 16.-Antragsgegnerin konkret die Einleitung des gegenständlichen Verfahrens zur Durchsetzung der Duldung der Änderungen vorhersehbar war, wäre doch die Tatsache, dass gesetzmäßige Zustellungen durch Hausanschlag erfolgen könnten, vorhersehbar gewesen und von ihr von vornherein dafür zu sorgen gewesen, dass sie im Sinn der oben beschriebenen Obliegenheit Kenntnis von Zustellungen erlangt. Mangels eines dazu erstatteten Vorbringens liegt der Vorwurf nahe, sie habe in keiner Weise Vorsorge dafür getroffen, Kenntnis von Hausanschlägen zu erlangen. Dass mit der Einleitung eines Verfahrens nach §§ 16 Abs 2, 52 Abs 1 Z 2 WEG nicht zu rechnen gewesen sei, trifft nach den Ausführungen zu Pkt 2 nicht zu.

Unter diesem Aspekt erweist sich die rechtliche Beurteilung des Rekursgerichts dahin, dass im konkreten Fall das Fehlverhalten der 16.-Antragsgegnerin über den Grad eines leichten Versehens hinausgeht, nicht als korrekturbedürftig. Dieser Frage kommt keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu (vgl RIS-Justiz RS0116535; RS036778).

Damit liegt keine Frage von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG vor, was zur Zurückweisung des außerordentlichen Revisionsrekurses zu führen hatte.

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