OGH 4Ob36/17y

OGH4Ob36/17y28.3.2017

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Schwarzenbacher, Dr. Rassi und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Österreichische Apothekerkammer, *****, vertreten durch Höhne, In der Maur & Partner Rechtsanwälte GmbH & Co KG gegen die beklagte Partei B***** GmbH & Co KG, *****, vertreten durch Mag. Patrick Thun-Hohenstein, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 34.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 11. Jänner 2017, GZ 2 R 1/17f‑10, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0040OB00036.17Y.0328.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

Die Vorinstanzen wiesen den auf § 1 Abs 1 UWG iVm § 7 AMG gestützten Sicherungsungsantrag der klagenden Kammer, mit dem der beklagten Partei das Inverkehrbringen von bestimmten Produkten ohne arzneimittelrechtliche Zulassung und mit der Angabe, diese seien zur Heilung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten bestimmt, verboten werde, mangels Wiederholungsgefahr ebenso ab wie das Eventualbegehren, der beklagten Partei zu untersagen, Lebensmittel mit diesen Eigenschaften zu bewerben.

Rechtliche Beurteilung

Die klagende Partei zeigt dagegen keine erhebliche Rechtsfrage auf.

1. Ob nach den im Einzelfall gegebenen Umständen Wiederholungsgefahr besteht, ist keine erhebliche Rechtsfrage (RIS-Justiz RS0042818; RS0031891; RS0042721). Das gilt insbesondere für die Frage, ob ein angebotener vollstreckbarer Unterlassungsvergleich die Wiederholungsgefahr beseitigt (4 Ob 139/16v).

2. Das Angebot eines vollstreckbaren Unterlassungsvergleichs beseitigt wohl im Regelfall die Wiederholungsgefahr (RIS-Justiz RS0079899), sofern die klagende Partei all das erhält, was sie durch ein ihrem Begehren stattgebendes Urteil hätte erlangen können (RIS‑Justiz RS0079899 [T33]). Wird die Urteilsveröffentlichung begehrt, muss ein Unterlassungsvergleich grundsätzlich auch diesen Anspruch anerkennen (RIS-Justiz RS0079180; RS0079966 [T4]). Ebenso wie das Anbot eines vollstreckbaren Unterlassungsvergleichs die Wiederholungsgefahr aber nur „im Regelfall“ beseitigt, somit lediglich ein widerlegbares Indiz für eine Sinnesänderung ist (zB 5 Ob 65/08g mwN), wird nach gesicherter Judikatur der Wegfall der Wiederholungsgefahr durch ein unzureichendes Vergleichsangebot nicht zwingend ausgeschlossen (RIS-Justiz RS0079180).

3. Entscheidende Bedeutung für die Beurteilung der Wiederholungsgefahr hat die Frage, ob dem Verhalten des Beklagten in seiner Gesamtheit gewichtige Anhaltspunkte dafür entnommen werden können, dass er ernstlich gewillt ist, von künftigen Störungen Abstand zu nehmen (RIS-Justiz RS0012087). Dabei kommt es immer auf die Art des Eingriffs und die Willensrichtung des Störers an, für welche insbesondere sein Verhalten nach der Beanstandung und während des Rechtsstreits wichtige Anhaltspunkte bieten kann (RIS-Justiz RS0012087 [T10]).

4. Das Rekursgericht hat die Wiederholungs‑ gefahr ungeachtet des Umstands, dass die beklagte Partei nur einen vollstreckbaren Unterlassungsvergleich mit Kostenübernahme angeboten hat, deshalb verneint, weil sie sich zusätzlich unmittelbar nach der Klagserhebung dem Klagsanspruch unterworfen und sämtliche Produktbeschreibungen von ihrer Website genommen hat, obwohl eine einstweilige Verfügung noch nicht erlassen worden war. Auch die Aufnahme nur der im Sicherungsbegehren beispielhaft („insbesondere“) angeführten Produkte in das Vergleichsangebot schade nach Ansicht des Rekursgerichts deshalb nicht, weil die beklagte Partei zudem auch bei allen anderen (in der Klage nicht ausdrücklich angeführten) Produkten im Sinne der klagenden Kammer sofort gehandelt habe (vgl auch RIS‑Justiz RS0079523). Diese von den Umständen des Einzelfalls geprägte Bejahung des Wegfalls der Wiederholungsgefahr hält sich jedenfalls noch im Rahmen der aufgezeigten Rechtsprechung und bedarf keiner Korrektur durch gegenteilige Sachentscheidung.

5. Die behauptete Aktenwidrigkeit wurde ebenso geprüft wie die gerügte Mangelhaftigkeit, sie liegen nicht vor (§§ 510 Abs 3, 528a ZPO iVm § 78 Abs 1 EO) und können daher keine erhebliche Rechtsfrage begründen.

6. Der außerordentliche Revisionsrekurs der klagenden Partei war daher zurückzuweisen.

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