Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung zu lauten hat:
„Das Klagebegehren, die beklagten Parteien seien schuldig, es ab sofort im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu unterlassen, am Standort des städtischen Wirtschaftshofs der Stadt ***** eine öffentliche Tankstelle zu bewerben und/oder zu betreiben, insbesondere, wenn dies nicht durch das ***** Stadtrecht gedeckt ist und/oder den Bestand des Leistungswettbewerbs gefährdet; in eventu: am Standort des städtischen Wirtschaftshofs der Stadt ***** eine öffentliche Tankstelle unter missbräuchlichem Einsatz hoheitlicher Machtstellung und/oder öffentlicher Mittel zu bewerben und/oder zu betreiben, insbesondere, wenn dies nicht durch das ***** Stadtrecht gedeckt ist und/oder den Bestand des Leistungswettbewerbs gefährdet, sowie das Veröffentlichungsbegehren, den stattgebenden Teil des gesamten Urteilsspruchs und den Urteilskopf, samt vorangehender Überschrift 'Im Namen der Republik' auf Kosten der beklagten Parteien in je einer Samstag-Ausgabe der Zeitungen 'Kleine Zeitung' und 'Kurier' (Ausgabe Kärnten) im Textteil, mit Normallettern, wie für redaktionelle Artikel verwendet, mit Fettdruckumrandung, Fettdrucküberschrift und fettgedruckten Prozessparteien veröffentlichen zu lassen, sowie weiters auf Kosten der beklagten Parteien unter der Homepage www.*****.at samt verbundenen Folgeseiten, sowie auf allfälligen Ersatz- oder Internet-Seiten ähnlichen Inhalts jeweils für einen Monat nach Rechtskraft des Urteils den gesamten Urteilsspruch und -kopf samt vorangehender Überschrift 'Im Namen der Republik' mit Fettdruckumrandung, Fettdrucküberschrift, fett und gesperrt gedruckten Prozessparteien in Normallettern erscheinen zu lassen, wird abgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit 10.847,56 EUR bestimmten Kosten des Verfahrens (darin 1.174,43 EUR USt und 3.801 EUR Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen".
Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit 5.774,18 EUR bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin 612,38 EUR USt und 2.099,90 EUR Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Erstbeklagte ist eine Stadt mit eigenem Statut. Sie betrieb vom 7. August 2002 bis 11. April 2003 am Standort städtischer Wirtschaftshof eine gewerbliche Tankstelle als selbstständigen Wirtschaftskörper. Danach verpachtete sie die Tankstelle. Der Zweitbeklagte ist Bürgermeister der Erstbeklagten. Er wies seine Mitarbeiter an, nach Wegen zu suchen, die stadteigene Betriebstankstelle in eine öffentliche Tankstelle umzuwandeln.
Bereits im März 2002 beauftragte der Stadtsenat den Geschäftsgruppenleiter der Wirtschaftsbetriebe, sämtliche rechtlichen, insbesondere gewerberechtlichen, Voraussetzungen zu schaffen, damit eine Tankstelle betrieben werden könne. Der Geschäftsgruppenleiter hob die bereits bestehenden Genehmigungen aus und ersuchte die Wasserrechtsbehörde zu überprüfen, ob die Auflagen der Genehmigungen seit 1963 eingehalten würden. Im Juli 2002 fand eine Verhandlung statt, bei der Auflagen für die Anpassung an den Stand der Technik bis zum 30. Juni 2003 fixiert wurden.
Nach Überlegungen, wie die Auflagen finanziell zu bedecken seien und wieviel der Personaleinsatz für den Betrieb einer öffentlichen Tankstelle kosten werde, fasste der Zweitbeklagte kurz vor der Eröffnung der Tankstelle mittels Verfügung einen Beschluss, wonach die Preise nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen zu kalkulieren seien. Am 1. August 2002 wurde eine Anzeige an den Magistrat der Erstbeklagten gerichtet, dass die bisher nur bau- und wasserrechtlich genehmigte Anlage in eine gewerberechtliche Betriebsanlage gemäß § 74 Abs 6 GewO umgewandelt wurde. Am 7. August 2002 eröffnete die Erstbeklagte die Tankstelle unter starkem medialen Interesse und nahm den öffentlichen Betrieb auf. Mit Bescheid vom 12. September 2002 schrieb die Erstbeklagte ihrem städtischen Wirtschaftshof die Erfüllung und Einhaltung weiterer Auflagen vor.
Die Tankstelle fällt in den Bereich des Wirtschaftshofs, der mit der Stadt budgetiert wird. Eine separate Bilanz erstellt die Erstbeklagte nicht. Der Geschäftsgruppenleiter plante zunächst das zu erwartende Betriebsergebnis für das erste Wirtschaftsjahr (7. August 2002 bis 6. August 2003). Er verwendete dafür die Zahlen, mit denen für den Zeitraum 7. August bis 13. November 2002 zu rechnen war. Von diesem Zeitraum ausgehend prognostizierte er für das erste Wirtschaftsjahr ein Betriebsergebnis von 6.351,08 EUR. Für das Kalenderjahr 2003 errechnete er ein Betriebsergebnis von 14.218,34 EUR. Die von der Tankstelle für Diesel und Euro-Super verrechneten Abgabepreise entsprechen Marktpreisen. Sie reichen aus, um die Kosten des Wareneinsatzes und den durch den Betrieb verursachten Aufwand zu decken und darüber hinaus ein positives betriebswirtschaftliches Ergebnis zu gewährleisten. Unter Berücksichtigung der Personalkosten beträgt das Betriebsergebnis für den Zeitraum vom 7. August bis 31. Dezember 2002 4.927 EUR und für den Zeitraum vom 1. Jänner bis 11. April 2003 23.706 EUR. Der daraus ermittelte Deckungsbeitrag für das Wirtschaftsjahr 2003 reicht aus, um die Kosten des Wareneinsatzes und den durch den Betrieb verursachten Aufwand zu decken und ein positives Betriebsergebnis sicherzustellen. Selbst unter Berücksichtigung der Personalkosten für das eingesetzte stadteigene Personal und bei einer Gesamtbetrachtung des Zeitraums vom 7. August 2002 bis 11. April 2003 ergibt sich ein positives Betriebsergebnis von 11.467 EUR.
Der von der Erstbeklagten gewählte Abgabepreis für Diesel und Euro-Super war im gesamten Zeitraum vom 7. August 2002 bis 11. April 2003 deutlich niedriger als jener der anderen Anbieter in der Region um die Stadt. Die Preisreduktion ist aus betriebswirtschaftlicher Sicht ein durchaus üblicher Ansatz, der sowohl zur betrieblichen Gewinnmaximierung als auch zur strategischen Waren- und Lagerbewirtschaftung geeignet ist. Sie wirkt sich in einem offenen Markt unmittelbar auf das Kaufverhalten des Kunden und auf das Preisverhalten der Konkurrenz aus. Absicht der Erstbeklagten war es, ihre unternehmerische Tätigkeit als Preisregulator zur Preisreduktion einzusetzen. Dessen ungeachtet ermöglichten die gewählten Abgabepreise nicht nur eine langfristige Kostendeckung, sondern auch ein positives Betriebsergebnis. Die mit der Umsetzung beauftragten Organe der Erstbeklagten haben den politischen Auftrag in Kenntnis der betriebswirtschaftlichen Wirkung einer Preisreduktion - nämlich geändertes Käufer- und Konkurrenzverhalten - ausschließlich im Sinne eines betriebswirtschaftlich begründeten Vorgehens verstanden und dieses Verständnis ihrem Handeln zugrunde gelegt. Jeder potenzielle Investor, der die Tankstelle der Erstbeklagten zu dem in der Ergebnisrechnung eingesetzten Teilwert erworben und die Abgabepreise für die Treibstoffe in gleicher Weise wie die Erstbeklagte festgesetzt hätte, hätte bei ähnlicher Geschäftsführung ein ebenso positives Betriebsergebnis erwirtschaftet. Die zum Betrieb notwendigen Aufwendungen wurden unter Berücksichtigung eines Fremdvergleichs ermittelt und sind durch Betriebseinnahmen gedeckt. Es steht nicht fest, dass darüber hinaus Mittel, wie etwa Mittel aus dem hoheitlichen Bereich der Stadt, aufgewendet wurden.
Ein Tankstellenbetreiber, der sowohl in der erstbeklagten Stadt als auch verteilt über das ganze Bundesland Tankstellen unterhielt, gab das Geschäft auf, weil der Betrieb an manchen Orten unwirtschaftlich war. Seiner Ansicht nach ist die Umgebung der erstbeklagten Stadt schon seit etwa zehn Jahren mit Tankstellen überversorgt. Auf lange Sicht hätte die Tankstelle der Erstbeklagten andere Tankstellen gefährden können. Tankstellenbetreiber beschwerten sich über den Wettbewerbsnachteil, den die Preisdifferenz für sie bedeutet.
Der Wirtschaftshof der Erstbeklagten verfügt über verschiedene Fahrzeuge, die bei der im Wirtschaftshof integrierten Tankstelle betankt wurden. Die Tankstelle ist mit drei getrennten Treibstofftanks ausgerüstet und verfügt über drei Zapfsäulen.
Der Kläger begehrt, den Beklagten zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs am Standort des städtischen Wirtschaftshofs eine öffentliche Tankstelle zu bewerben und/oder zu betreiben, insbesondere, wenn dies nicht durch das Stadtrecht gedeckt sei und/oder den Bestand des Leistungswettbewerbs gefährde; hilfsweise begehrt er das Verbot, am Standort des städtischen Wirtschaftshofs der Stadt eine öffentliche Tankstelle unter missbräuchlichem Einsatz hoheitlicher Machtstellung und/oder öffentlicher Mittel zu bewerben und/oder zu betreiben, insbesondere, wenn dies nicht durch das Stadtrecht gedeckt sei und/oder den Bestand des Leistungswettbewerbs gefährde. Ergänzend stellt er ein Veröffentlichungsbegehren. Vor Inbetriebnahme der öffentlichen Tankstelle habe die Erstbeklagte lediglich dem städtischen Wirtschaftshof gewidmete Zapfsäulen gehabt. Sie habe in ihrer Eigenschaft als Gewerbebehörde erster Instanz gleichsam selbst die Umwandlung ihrer bisher nicht gewerblich genützten Tankstelle in eine öffentliche Tankstelle angezeigt und sich selbst eine Gewerbeberechtigung erteilt. Die Treibstoffe seien nach Öffnung für das Publikum bis zu 0,50 EUR unter dem Durchschnittspreis im Bereich der erstbeklagten Stadt gelegen. Der Treibstoff werde durch Mitarbeiter des Wirtschaftshofs abgegeben, das übliche Tankstellenservice werde nicht geboten. Der Verkaufspreis liege weit unter kaufmännisch kalkulierten Preisen. Eine Kostendeckung oder ein angemessener kaufmännischer Gewinn sei nicht zu erwirtschaften. Der Stadtbereich sei mit Tankstellen ausreichend versorgt. Die Erstbeklagte greife mit dem Betrieb der Tankstelle massiv behindernd in Schädigungsabsicht in den Markt der privaten Tankstellenbetreiber ein; diese liefen Gefahr, verdrängt und existenziell geschädigt zu werden. Private Unternehmer hätten keine Möglichkeit, betriebswirtschaftliche Kosten aus dem öffentlichen Budget abzugelten oder im Ergebnis vom Steuerzahler subventioniert zu werden. Das Verhalten der Beklagten gefährde die Marktstruktur und den Bestand des Leistungswettbewerbs. Die Erstbeklagte dürfe ein Unternehmen nur betreiben, wenn dies den Grundsätzen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit entspreche. Das Unternehmen sei nach kaufmännischen Grundsätzen zu führen. Zum Zeitpunkt der Eröffnung und der Aufnahme des Betriebs als öffentliche Tankstelle habe kein Gemeinderatsbeschluss vorgelegen. Das Vorgehen der Beklagten verstoße daher mehrfach gegen § 1 UWG. Der Betrieb einer Billigtankstelle sei weder wirtschaftlich noch zweckmäßig. Es bestehe kein gewichtiges öffentliches Interesse daran, mit Steuermitteln Privaten Konkurrenz zu machen. Der Verkauf unter dem Einstandspreis verstoße gegen § 35 KartG. Die simple Umwandlungsanzeige, den städtischen Wirtschaftshof gewerblich als öffentliche Tankstelle zu nützen, stehe nicht im Einklang mit den Vorschriften der Gewerbeordnung über das Verfahren zur Bewilligung von Betriebsanlagen. Der Verkauf von Treibstoffen durch die öffentliche Hand unter Ausnutzung der öffentlich-rechtlichen Sonderstellung um den oder unter dem Einstandspreis, auch zu knapp über dem Einstandspreis liegenden Kampfpreisen in der erklärten Absicht, die Preise der übrigen Tankstellen im Umkreis solange zu unterbieten, bis diese ihrerseits die Preise senken, sei mit Leistungswettbewerb nicht vereinbar und sei überdies ein missbräuchlicher Einsatz der Machtmittel und der Sonderstellung der öffentlichen Hand. Der Zweitbeklagte hafte für das wettbewerbswidrige Verhalten der Erstbeklagten.
Die Beklagten beantragen, das Klagebegehren abzuweisen. Sie verfügten über einen rechtskräftigen Genehmigungsbescheid. Es lägen keine Umstände vor, die das Preisunterbieten sittenwidrig machten. Sinn und Zweck der Eröffnung einer stadteigenen öffentlichen Tankstelle sei es gewesen, Benzin und Diesel preisgünstiger als andere Tankstellen im Umkreis der Erstbeklagten abzugeben. Ein Vergleich mit Städten in der weiteren Umgebung hätte ergeben, dass dort Diesel und Superbenzin billiger abgegeben würden. Der von der Erstbeklagte festgesetzte und kalkulierte Preis entspreche den niedrigeren Preisen in den Städten der weiteren Umgebung. Er ziele keineswegs auf eine Schädigung der Mitbewerber ab. Der Verkauf von Waren unter Verzicht auf Gewinn sein kein sittenwidriges Preisunterbieten. Die Gestaltung der Verkaufspreise erfolge grundsätzlich nach dem Kostendeckungsprinzip in Abhängigkeit von den Einstandspreisen. Ziel sei es, nicht ständig wechselnde Verkaufspreise anzubieten, sondern eine möglichst konstante Preisgestaltung zu erreichen. Eine äußerst niedrige Spanne sei möglich, weil die Tankstelle im Wirtschaftshof auf einen kostengünstigen Betrieb spezialisiert sei und auf Serviceleistungen verzichte. Zwischen Betriebsaufnahme und Ende November 2002 sei jedenfalls ein positives Betriebsergebnis erzielt worden. Eine Prognoserechnung für das erste vollständige Wirtschaftsjahr habe gleichfalls ein positives Betriebsergebnis erwarten lassen. Der Entschluss der Beklagten, sich erwerbswirtschaftlich in die Preisgestaltung von Benzin und Diesel einzuschalten, sei eine wirtschaftspolitische Entscheidung, die der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung entzogen sei. Eine durch die Teilnahme der öffentlichen Hand am Wettbewerb hervorgerufene Benachteiligung von Mitbewerbern sei nicht sittenwidrig. Es liege auch keine unzulässige Konkurrenzierung sonstiger Tankstellenbetreiber vor, weil der Kunde ohnehin eine andere Tankstelle aufsuchen müsse, wenn er zusätzliche Leistungen benötige. Da die Preisgestaltung der Mineralölfirmen im Bereich der Erstbeklagten den Verdacht eines unzulässigen Preis- oder Wirkungskartells nahelege, seien der Kläger und die von ihm vertretene Mineralölfirmenlobby nicht schutzwürdig.
Das Erstgericht gab dem (Haupt-)Klagebegehren statt. Eine „Umwandlungsanzeige", den städtischen Wirtschaftshof künftig als öffentliche Tankstelle zu nützen, sei der Einhaltung der Vorschriften der Gewerbeordnung über das Verfahren zur Bewilligung von Betriebsanlagen nicht gleichzuhalten. Durch die Änderung der Betriebsweise in eine gewerblich genutzte öffentliche Tankstelle habe sich der Kreis der geschützten Interessen erheblich erweitert. Die Ausnahmebestimmung des § 74 Abs 6 GewO sei nur anzuwenden, wenn der ursprüngliche Betrieb anlagenrechtlich genehmigt gewesen sei, die bloße bau- und wasserrechtliche Genehmigung reiche nicht aus. Die Beklagten hätten in Schädigungsabsicht gehandelt, weil sie es darauf angelegt hätten, durch Preisunterbietung eine Preisspirale nach unten bis zu einem für sie akzeptablen Treibstoffpreisniveau zu erzwingen. Die von den Beklagten vorgelegte Kalkulation des ersten Wirtschaftsjahres sei nicht geeignet gewesen, eine kaufmännische und wirtschaftliche Gebarung zu bescheinigen. Die Erstbeklagte habe ihre hoheitliche Stellung zwar nicht durch den Einsatz von Angestellten des Wirtschaftshofs missbraucht; das Verhalten der Beklagten sei dennoch wettbewerbswidrig. Es sei keine zulässige Abwehrmaßnahme. Das wettbewerbswidrige Verhalten beeinträchtige den Umsatz und damit den wirtschaftlichen Erfolg der privaten Tankstellenbetreiber und richte sich daher auch unmittelbar gegen Dritte, denen kein wettbewerbswidriges Verhalten vorgeworfen werden könne.
Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Die „Umwandlungsanzeige" könne die gewerbebehördliche Genehmigung der neuen Betriebsanlage nicht ersetzen. Die Beklagten hätten sich das kostenaufwändige Genehmigungsverfahren für eine gewerblich genützte Betriebstankstelle erspart und überdies die Erfüllung und Einhaltung der erst nachträglich vorgeschriebenen Auflagen nicht nachgewiesen. In der vorgelegten Kalkulation werde für Aufwendungen zur Erfüllung der nachträglich vorgeschriebenen Auflagen nicht vorgesorgt; die Beklagten hätten die öffentlichen Zwecken gewidmete Infrastruktur für Zwecke der Preisunterbietung benützt, ohne dass der öffentlichen Hand ein ausreichender wirtschaftlicher Vorteil zugeflossen wäre. Sie hätten damit sittenwidrig im Sinn des § 1 UWG gehandelt. Der Betrieb der Tankstelle sei durch das Stadtrecht nicht gedeckt, zumal der erforderliche Beschluss des Gemeinderats, den Wirtschaftshof als öffentliche Tankstelle zu betreiben, erst nachträglich gefasst worden sei. Ein Fall einer „dringenden Verfügung" im Sinn des § 74 des Stadtrechts liege nicht vor, weil die Maßnahme nicht dringend notwendig gewesen sei. Nach dem Stadtrecht dürfe die Erstbeklagte ein Wirtschaftsunternehmen nur betreiben, wenn dies den Grundsätzen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit entspreche. Dies sei aber nicht der Fall gewesen. Der Zweitbeklagte sei ermächtigt worden, die Gewerbeberechtigung für den Betrieb der Tankstelle bei Erreichung eines im bundeslandweiten Vergleich akzeptablen Treibstoffpreisniveaus ruhend zu melden und sie bei einem im bundeslandweiten Vergleich überdurchschnittlichen Anstieg der Treibstoffpreise wieder zu aktivieren. Dies widerspreche den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit sowie der kaufmännischen Führung eines Unternehmens. Auch die Verletzung der Bestimmungen und Grundsätze des Stadtrechts begründe einen Verstoß gegen § 1 UWG. Darüber hinaus lägen ein Missbrauch der öffentlich-rechtlichen Sonderstellung und eine zweckwidrige Verwendung der für Zwecke der öffentlichen Verwaltung gewidmeten und durch das städtische Budget getragenen Mittel aus dem allgemeinen Steueraufkommen vor.
Rechtliche Beurteilung
Die außerordentliche Revision der Beklagten ist zulässig und berechtigt.
1. Wettbewerbsvorsprung durch Rechtsbruch
Der Kläger wirft den Beklagten vor, in Wettbewerbsabsicht einerseits gegen Bestimmungen der Gewerbeordnung (Betriebsanlagenrecht) und andererseits gegen die Stadtverfassung (dringende Verfügung des Bürgermeisters statt Gemeinderatsbeschluss, Führung eines Wirtschaftsbetriebes entgegen den hiefür in der Stadtverfassung aufgestellten Grundsätzen) verstoßen zu haben, um sich einen Vorsprung gegenüber gesetzestreuen Mitbewerbern zu verschaffen. Er macht damit einen Verstoß gegen § 1 UWG geltend. Einen solchen Verstoß begeht, wer sich schuldhaft über ein Gesetz hinwegsetzt, um im Wettbewerb einen Vorsprung gegenüber seinen Mitbewerbern zu erlangen, ohne dass es darauf ankäme, ob die übertretene Norm an sich wettbewerbsregelnden Charakter hat (4 Ob 23/92 = ÖBl 1992, 122 - Geschäftslokal-Vermietung uva; RIS-Justiz RS0078089).
Wird - wie hier - der Wettbewerbsverstoß mit der Verletzung von Verwaltungsvorschriften begründet, so kann das Gericht selbstständig beurteilen, ob Verwaltungsvorschriften verletzt werden (4 Ob 311/74 = ÖBl 1974, 106 - Probewohnen ua; RIS-Justiz RS0036900); es kann (zB) eine Verletzung gewerbebehördlicher Vorschriften bejahen, auch wenn die Gewerbebehörde untätig geblieben ist und keine Strafe verhängt hat (4 Ob 338/80 = ÖBl 1981, 100 - Türen- und Fensterfachwerkstätte). Die selbstständige Beurteilung verwaltungsrechtlicher Vorfragen findet aber dort ihre Grenze, wo die zuständige Verwaltungsbehörde die Frage bereits entschieden hat. Nach insoweit übereinstimmender Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts und des Obersten Gerichtshofs sind die Gerichte grundsätzlich an rechtskräftige Bescheide der Verwaltungsbehörden gebunden, soweit nicht ein absolut nichtiger Verwaltungsakt, ein „Nichtakt", vorliegt (3 Ob 532/83 = SZ 57/23 uva; RIS-Justiz RS0036981, RS0037078; Schragel in Fasching/Konecny² § 190 Rz 14 mwN). Keine Bindung besteht auch, wenn die Rechtsauffassung der Behörde in einem Feststellungsbescheid ohne rechtsgestaltende Wirkung zum Ausdruck kommt (6 Ob 218/01d; 4 Ob 209/03v).
Im vorliegenden Fall hat der Magistrat der Erstbeklagten als zuständige Gewerbebehörde die Umwandlungsanzeige der Beklagten zur Kenntnis genommen und Auflagen vorgeschrieben. Die Erstbeklagte hat damit die für den Betrieb der öffentlichen Tankstelle am Standort des Wirtschaftshofs erforderliche gewerbebehördliche Genehmigung erlangt. Ob der Bescheid einer Überprüfung im Verwaltungsverfahren standgehalten hätte oder ob - wie in dem der Entscheidung des VwGH zu Zl. 99/04/0128 zugrundeliegenden Fall der Umwandlung einer Straßenmeisterei in einen Busbahnhof - die Voraussetzungen für eine Umwandlungsanzeige nach § 74 Abs 6 GewO verneint worden wären, ist hier nicht zu prüfen. Der rechtskräftige Bescheid bindet das Gericht, womit dem auf die Verletzung gewerbebehördlicher Vorschriften gestützten Vorwurf sittenwidrigen Handelns die Grundlage entzogen ist.
Gleiches gilt für den behaupteten Verstoß gegen die Stadtverfassung. Der Gemeinderat als für die Wirtschaftsbetriebe zuständiges Organ hat die vom Zweitbeklagten mit „dringender Verfügung" angeordnete Öffnung der Tankstelle beim Wirtschaftshof ebenso genehmigt wie Ziel und Art der geschäftlichen Tätigkeit. Ob die „dringende Verfügung" und der Gemeinderatsbeschluss durch die Stadtverfassung gedeckt waren, ist der Überprüfung durch die ordentlichen Gerichte entzogen.
2. Wettbewerb der öffentlichen Hand
Der öffentlichen Hand ist es grundsätzlich gestattet, unternehmerisch tätig zu sein. Wettbewerbsrechtliche Beschränkungen werden nur für den Fall für zulässig gehalten, dass eine nicht gebotene Betätigung der öffentlichen Hand den Bestand des Leistungswettbewerbs gefährdet. Der Marktzutritt der öffentlichen Hand ist aber - entgegen der Auffassung des Klägers - nicht schon dann verboten, wenn die Versorgung durch andere Anbieter sichergestellt ist, sondern erst bei einer Gefährdung des Leistungswettbewerbs in seinem Bestand. Ist der Bestand des Leistungswettbewerbs nicht gefährdet, so unterliegt (nur) die Art und Weise, wie die öffentliche Hand am Wettbewerb teilnimmt, der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung (4 Ob 283/04b = ÖBl 2005, 260 - Billigdiesel-Tankstellen mwN).
Nach dem hier zu beurteilenden Sachverhalt ist - ebenso wie in dem der Entscheidung 4 Ob 283/04b zugrunde liegenden Fall - eine Ausschaltung des Leistungswettbewerbs im Tankstellensektor nicht zu befürchten. Die Erstbeklagte betreibt nur eine Tankstelle; sie beschränkt sich auf den Treibstoffverkauf und erbringt die bei Tankstellen üblichen Zusatzleistungen nicht. Dass die Aktion der Beklagten zu einer Senkung der Treibstoffpreise privater Anbieter führte, beweist, dass der Wettbewerb in diesem Bereich funktioniert und - da der von der Erstbeklagten verlangte Preis betriebswirtschaftlich gerechtfertigt war - ein Spielraum genützt wurde, der ohne Gefährdung der Existenz der privaten Tankstellenbetreiber offen stand. Von einer Gefährdung des Leistungswettbewerbs in seinem Bestand kann daher keine Rede sein, mögen die Mitbewerber den Markteintritt der öffentlichen Hand auch als störend und unerwünscht empfunden haben. Die Frage aber, ob eine unternehmerische Tätigkeit der öffentlichen Hand wünschenswert ist, ist als wirtschaftspolitische Entscheidung der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung durch die ordentlichen Gerichte entzogen (4 Ob 24/95 = ÖBl 1996, 80 - Städtische Bestattung; 4 Ob 283/04b mwN).
Bei der wettbewerbsrechtlichen Beurteilung der Art und Weise, wie die öffentliche Hand am Wettbewerb teilnimmt, wird ein Verstoß gegen § 1 UWG immer dann bejaht, wenn die öffentliche Hand (Macht)Mittel missbräuchlich einsetzt, die ihr aufgrund ihrer öffentlich-rechtlichen Sonderstellung zur Verfügung stehen. So kann etwa - wie in dem der Entscheidung 4 Ob 283/04b zugrunde liegenden Fall - die zweckwidrige Verwendung öffentlicher Mittel zur Unterbietung privater Mitbewerber wettbewerbswidrig sein.
Der vorliegende Fall ist anders gelagert als der zu 4 Ob 283/04b entschiedene Fall. Nach dem hier festgestellten Sachverhalt kann der öffentlichen Hand nicht vorgeworfen werden, die für Zwecke der öffentlichen Verwaltung gewidmete Infrastruktur zu nützen, um Treibstoff zu einem Preis anzubieten, den ein privater Tankstellenbetreiber keinesfalls bieten könnte, weil er nicht über die aus der öffentlich-rechtlichen Stellung resultierenden Mittel verfügt. Die Erstbeklagte betätigt sich vielmehr in einer Art und Weise unternehmerisch, wie dies einem privaten Anbieter durchaus auch möglich wäre, wirft der Betrieb der öffentlichen Tankstelle doch unter Berücksichtigung der damit verbundenen Aufwendungen jedenfalls einen Gewinn ab, der in Zukunft sogar noch gewachsen wäre. Es kann daher auch keine Rede davon sein, dass - wie der Kläger geltend macht - die Nutzung der für öffentliche Zwecke gewidmeten Infrastruktur ohne jeden der öffentlichen Hand wieder zufließenden wirtschaftlichen Vorteil erfolgte. Dass sich die Erstbeklagte allenfalls mit einem geringeren Betriebsgewinn zufrieden gibt als ein privater Anbieter, bedeutet noch keinen Machtmissbrauch der öffentlichen Hand. Auch ein privater Anbieter kann sich dazu entschließen, bei der Preisgestaltung nicht nur auf die Nachfrage Bedacht zu nehmen, sondern auch strategische Überlegungen mit einzubeziehen.
Der Unterlassungsanspruch des Klägers ist daher nicht berechtigt. Damit erübrigt sich eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob das Unterlassungsbegehren zu weit gefasst und auch unbestimmt ist.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 41 Abs 1 ZPO, im Rechtsmittelverfahren iVm § 50 Abs 1 ZPO. Über die Kosten der Beklagten im Sicherungsverfahren wurde bereits abgesprochen (Rekursentscheidung des Oberlandesgerichts Graz vom 22. April 2003, GZ 6 R 65/03f-17). Die Beklagten sind im Sicherungsverfahren unterlegen; ihren Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung haben sie zurückgezogen.
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