European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0040OB00255.15A.0223.000
Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Begründung:
Die klagende Partei verfügt über eine Bewilligung der niederösterreichischen Landesregierung zur Durchführung von Glücksspielen in Form der Landesausspielung mit Automaten. Sie betreibt solche Geräte an mehreren Standorten in Niederösterreich.
Die Beklagte betreibt eine Bar in H***** und verfügt über eine Gewerbeberechtigung für Gastgewerbe. Im Eingangsbereich des Lokals konnte auf einem Glücksspielautomaten gespielt werden, wobei die Entscheidung über Gewinn oder Verlust nicht von der Geschicklichkeit der Spieler abhing. Der Mindesteinsatz betrug 30 Cent, der Höchsteinsatz 50 Cent. Die Beklagte verfügt über keine Bewilligung für die Durchführung von Ausspielungen und kann keine Rechte von einer erteilten Bewilligung oder Konzession ableiten. Der Sachverhalt weist keinen Auslandsbezug auf.
Die klagende Partei begehrte, der Beklagten zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr Geräte für die Durchführung von Glücksspielen in Form der Ausspielung zu betreiben oder einem Dritten den Betrieb von Geräten für die Durchführung von Glücksspielen in Form der Ausspielung zu ermöglichen, insbesondere durch Aufstellung und/oder Zugänglichmachung solcher Geräte, insbesondere in ihrem Lokal, solange sie oder der Dritte nicht über die dafür erforderliche behördliche Bewilligung verfügt und/oder nicht die Bestimmungen über den Spielerschutz nach den glücksspielrechtlichen Vorschriften einhält, insbesondere kein Identifikationssystem/Zutrittssystems besteht. Weiters stellte die klagende Partei ein Urteilsveröffentlichungsbegehren. Eine Ausspielung mit Glücksspielautomaten dürfe nur mit behördlicher Bewilligung erfolgen. Da die Beklagte über keine solche Bewilligung verfüge, betreibe sie ein illegales Glücksspiel und verstoße dadurch gegen § 1 Abs 1 Z 1 UWG (Wettbewerbsvorsprung durch Rechtsbruch). Unions- oder verfassungsrechtliche Fragen zum Glücksspielmonopol stellten sich nicht, weil die Beklagte die Anforderungen des § 14 Abs 2 Z 1 und Z 3 GSpG nicht erfülle.
Die Beklagte wandte ein, dass das GSpG in seiner derzeitigen Ausgestaltung unionsrechtswidrig sei und deshalb nicht zur Anwendung gelange, insbesondere weil die geforderte Kriminalitätsbekämpfung und der geforderte Spielerschutz nicht im notwendigen Ausmaß gegeben seien. Da die Monopolregelungen und die aufgrund des Monopols erteilten Konzessionen unionsrechtswidrig seien, sei ein Eingriff in das Monopol unmöglich. Die Unionsrechtswidrigkeit müsse aufgrund des Art 7 B‑VG direkt auch für Inländer gelten. Das GSpG sei aufgrund der Unionsrechtswidrigkeit und Verfassungswidrigkeit als Ganzes gegenüber jedermann nicht anwendbar. Von der Unanwendbarkeit seien auch die Bestimmungen über die Kapitalanforderungen in § 14 GSpG umfasst.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Ausgehend von den eingangs zusammengefassten Feststellungen vertrat es in rechtlicher Hinsicht, dass es keiner weiteren Prüfung bedürfe, ob das Glücksspielmonopol unionsrechtswidrig sei oder nicht, weil eine Konzession gemäß § 14 Abs 2 Z 1 und Z 3 GSpG nur einem Unternehmen erteilt werden könne, das in Form einer Kapitalgesellschaft mit Aufsichtsrat geführt werde und diese über ein eingezahltes Stamm- oder Grundkapital von mindestens 109 Millionen EUR verfüge. Die Beklagte erfülle diese Voraussetzungen nicht. Sie betreibe ihr Unternehmen nicht als Kapitalgesellschaft. Die Bestimmungen des § 14 Abs 2 Z 1 und Z 3 GSpG seien nicht Teil des Glücksspielmonopols. Die Mindestkapitalvorschriften seinen unionsrechts- und verfassungskonform, sodass selbst im Falle einer Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols die Beklagte wegen des verbleibenden nationalen Regelungstorsos eine Konzession zur Durchführung von Ausspielungen oder eine Bewilligung zum Betrieb von Spielautomaten nicht erhalten könnte. Das Unterlassungsgebot stützte das Erstgericht (nur) auf die als unlauter qualifizierte Durchführung von Glücksspielen ohne Konzession oder Bewilligung.
Das Berufungsgericht gab der dagegen erhobenen Berufung der beklagten Partei Folge, hob das Urteil des Erstgerichts auf und trug diesem die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf.
Entgegen dem Erstgericht vertrat es die Auffassung, dass die Bestimmungen des § 14 Abs 2 Z 1 und Z 3 GSpG bei einer Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols nicht als nationaler Regelungstorso anwendbar blieben. Auch diese Beschränkungen müssten den sich aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergebenden Anforderungen des EuGH in Bezug auf Spielerschutz und Kriminalitätsbekämpfung entsprechen. Das Erstgericht werde daher im fortgesetzten Verfahren Feststellungen zur Frage der tatsächlichen Auswirkungen der Regelungen des Glücksspielrechts zu treffen haben, um die Unionsrechtswidrigkeit des GSpG als Vorfrage für eine allfällige verfassungsrechtlich relevante Inländer-diskriminierung abzuklären.
Das Berufungsgericht erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig, weil noch nicht geklärt sei, ob die Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols auch dann zu prüfen sei, wenn die für eine Konzession erforderlichen Mindestkapitalvorschriften nach § 14 Abs 2 Z 1 und Z 3 GSpG fehlen. Weiters habe der Oberste Gerichtshof noch nicht zur Frage Stellung genommen, ob die Berufung auf eine Inländerdiskriminierung ein Vorbringen zu einer (inländischen) Vergleichsperson erfordere, die in einem anderen Mitgliedstaat legal Ausspielungen anbieten dürfe.
Rechtliche Beurteilung
Der von der klagenden Partei dagegen erhobene Rekurs ist ‑ wegen der vom Berufungsgericht aufgezeigten Rechtsfragen ‑ zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, aber nicht berechtigt.
1. Bereits in der Entscheidung 4 Ob 145/14y hat der erkennende Senat ausdrücklich festgehalten, dass die vom Europäischen Gerichtshof zur Rechtssache C‑390/12, Pfleger , angeführten tatsächlichen Umstände, von deren Vorliegen die Unionsrechtswidrigkeit des österreichischen Glücksspiel-monopols abhängt, im Hauptverfahren zu prüfen sind. Dabei sind Feststellungen darüber zu treffen, ob die konkrete Ausgestaltung des Glücksspielmonopols „wirklich das Ziel des Spielerschutzes oder der Kriminalitätsbekämpfung verfolgt und [...] tatsächlich dem Anliegen entspricht, in kohärenter und systematischer Weise die Gelegenheiten zum Spiel zu verringern oder die mit diesen Spielen verbundene Kriminalität zu bekämpfen“. Nach 4 Ob 145/14y kann die mögliche Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielmonopols allenfalls eine verfassungsrechtlich unzulässige Inländerdiskriminierung bewirken.
2. In zahlreichen jeweils im Hauptverfahren ergangenen Entscheidungen (4 Ob 200/14m, 4 Ob 68/15a mwN) wurde diese Rechtsansicht, die auch der Verwaltungsgerichtshof vertritt (vgl zB VwGH Ro 2015/17/0012; Ro 2014/17/0049), bestätigt und jeweils ua auch Folgendes ausgeführt:
Erweisen sich die Regelungen des Glücksspielrechts aufgrund von deren tatsächlichen Auswirkungen als unionsrechtswidrig, bestünden wegen der dann drohenden Inländerdiskriminierung Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des Glücksspielmonopols. Dies müsste zu einer Anfechtung der relevanten Bestimmungen [...] beim Verfassungsgerichtshof führen. Nach einer stattgebenden Entscheidung des Erstgerichts stünde den Beklagten zudem ein Parteiantrag auf Normenkontrolle iSv Art 140 Abs 1 Z 1 lit d B‑VG offen. [...]
3. An diesen Grundsätzen ist auch im hier zu prüfenden Fall festzuhalten. Durch die im Rekurs vertretene Rechtsansicht der klagenden Partei sieht sich der erkennende Senat nicht veranlasst, von seiner bisherigen Rechtsprechung abzuweichen.
4. Das Berufungsgericht ist zum zutreffenden Ergebnis gelangt, dass das Erstgericht zu den tatsächlichen Auswirkungen der Regelungen des Glücksspielrechts keine Feststellungen getroffen hat, um die Unionsrechtswidrigkeit als Vorfrage für die Inländerdiskriminierung (vgl zB 4 Ob 145/14y; 4 Ob 200/14m; 4 Ob 97/15s) zu beurteilen. Durch dieses Unterbleiben jeglicher (auch negativer) Feststellungen liegt damit ‑ auch unter Berücksichtigung des bisher zur Unionsrechswidrigkeit bzw Inländerdiskriminierung von der Beklagten erstatteten Vorbringens ‑ ein Feststellungsmangel aufgrund unrichtiger rechtlicher Beurteilung vor, den das Berufungsgericht zu Recht aufgegriffen hat.
5.1 Die bisherige Rechtsprechung des Senats (vgl 4 Ob 145/14y; 4 Ob 200/14m; 4 Ob 231/14w) ist dahin zu verstehen, dass sich die Frage der Inländerdiskriminierung dann stellen kann, wenn das österreichische Regelungssystem unionsrechtswidrig ist und ein niederschwelliges ausländisches Zulassungssystem wegen Berufung auf die Grundfreiheiten die Erbringung einer Dienstleistung im Inland ermöglicht.
Für die Prüfung einer Inländerdiskriminierung kommt es daher darauf an, ob tatsächlich eine Benachteiligung vorliegt. Entgegen der Ansicht der klagenden Partei ist dabei aber nicht auf eine „unionsrechtliche Vergleichsperson“ abzustellen, die der Beklagten oder dem Veranstalter des verfahrensgegenständlichen Glücksspiels in einem Mitgliedsstaat der EU entspricht.
Schon aus dem Wesen der Inländerdiskriminierung folgt, dass es dafür nicht darauf ankommt, ob ein Inländer in einem anderen Mitgliedsstaat zur Erbringung jener Dienstleistungen berechtigt ist (oder wäre), deren Ausübung ihm im Inland verwehrt wird. Es ist bei der Problematik der Inländerdiskriminierung nämlich nicht darauf abzustellen, ob österreichische Staatsbürger schlechter gestellt werden dürfen als Angehörige anderer Mitgliedstaaten (insoweit ist die Bezeichnung Inländerdiskriminierung irreführend). Es geht vielmehr um eine unterschiedliche Regelung grenzüberschreitender und nicht-grenzüberschreitender Sachverhalte ( Öhlinger/Potacs , EU‑Recht und staatliches Recht 4 102; Pauger , Marktwirtschaft durch EU‑Recht 43; Mayer/Kucsko-Stadlmayer/Stöger , Grundriss des österreichischen Bundesverfassungsrechts 11 Rz 1355).
Die Diskriminierung besteht im Kern darin, dass ein im Inland ansässiger Dienstleistungserbringer durch Regulierungen stärker belastet wird als ein in einem anderen Mitgliedsstaat Ansässiger, der im Herkunftsstaat keinem derart rigiden Zulassungs- oder Zugangssystem unterworfen wird, aufgrund der Grundfreiheiten aber zur Ausübung auch im Aufnahmestaat berechtigt ist ( Holoubek in Aicher/Holoubek/Korinek , Gemeinschaftsrecht und Wirtschaftsrecht [2000] 159 [161]; Isak , ÖBl 2015/4 24 [Entscheidungsanmerkung]). Bereits diese verhältnismäßige Schlechterstellung von Inländern muss sich am Gleichheitssatz messen lassen, ohne dass auf eine tatsächliche (oder auch nur eine hypothetische) Berechtigung des Inländers in einem anderem Mitgliedsstaat als Voraussetzung abzustellen ist.
5.2 Umso weniger kann der Beklagten der Einwand der Inländerdiskriminierung im Ergebnis nur deshalb verwehrt werden, weil sie sich nicht auf eine (nationale) glücksspielrechtliche Bewilligung berufen kann. Dieser Forderung liegt ‑ wie bereits mehrfach dargelegt (vgl 4 Ob 68/15a; 4 Ob 153/15a) ‑ ein Zirkelschluss zugrunde, weil die Inländerdiskriminierung gerade auf den Ausschluss einer glücksspielrechtlichen Bewilligung gestützt wird. Die Argumentation der klagenden Partei widerspricht in diesem Punkt zudem einer Reihe von höchstgerichtlichen Entscheidungen, in denen der Senat ungeachtet des rein innerstaatlichen Sachverhalts und der fehlenden glücksspielrechtlichen Bewilligung der dort Beklagten vertrat, dass die behauptete Unionsrechtswidrigkeit als Vorfrage für eine allfällige Inländerdiskriminierung zu prüfen ist (4 Ob 145/14y; 4 Ob 200/14m; 4 Ob 229/14a; 4 Ob 231/14w; 4 Ob 244/14g).
6. Das Berufungsgericht hat zutreffend damit argumentiert, dass auch die vom Erstgericht herangezogenen Bestimmungen des § 14 Abs 2 Z 1 und 3 GSpG ‑ in Fällen mit Auslandsbezug ‑ im Fall der Unionsrechtswidrigkeit des Glücksspielsmonopols nicht anwendbar sind, woraus sich wiederum für einen Binnenfall eine Inländerdiskriminierung ergeben könnte.
6.1 Nach der Rechtsprechung des VfGH wird eine gesetzliche Bestimmung des nationalen Rechts, die gegen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht verstößt, in Fällen mit Gemeinschaftsbezug verdrängt (VfGH G 110/03, VfSlg 17.150; ebenso im Ergebnis G 41/10 ua, VfSlg 19.529):
Die nationalen Normen sind demnach dann so zu lesen, als ob die verdrängte Bestimmung nicht vorhanden wäre; es ist also der gemeinschaftsrechtskonforme nationale Regelungstorso anzuwenden. In allen anderen Fällen ist die nationale Norm in ihrer Gesamtheit anzuwenden. Vergleicht man nun die nationale Norm mit dem (durch den Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts entstandenen) nationalen Regelungstorso, wird eine Ungleichbehandlung ersichtlich und es ist zu prüfen, ob dabei nicht Sachverhalte ohne Gemeinschaftsbezug im Verhältnis zu jenen mit einem solchen Bezug diskriminiert werden.
6.2 Auch nach der zum GSpG ergangenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs ist zu beachten, dass nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht sämtliche nationalen Vorschriften auf dem Gebiet des Glücksspielwesens unangewendet zu bleiben hätten, wenn nur eine Regelung auf diesem Gebiet nicht unionsrechtskonform wäre, sondern nur jene Rechtsvorschriften, die im Widerspruch zum Unionsrecht stünden (VwGH Ro 2014/17/0049 mwN und Ro 2015/17/0012).
6.3 Diesen Grundsätzen schließt sich auch der erkennende Senat an (vgl dazu bereits 4 Ob 145/14y), wobei im Ergebnis für die klagende Partei daraus nichts zu gewinnen ist.
6.3.1 Das GSpG sieht in § 3 leg cit ein Glücksspielmonopol des Bundes vor. Der Begriff „Glücksspielmonopol“ trifft allerdings auf die gesetzliche Regelung nicht genau zu, weil es sich bei der Veranstaltung von Glücksspielen nicht um eine ausschließlich dem Staat bzw einem Unternehmen im Staatsbesitz vorbehaltene Tätigkeit handelt. Vielmehr sind für die Veranstaltung bestimmter Glücksspiele Konzessionen erforderlich, die nur der Bund vergeben kann ( Griller/Reindl , Die Unvereinbarkeit des österreichischen Glücksspielgesetz mit dem Europäischen Gemeinschaftsrecht, ZfV 1998, 234 [235]). Dieser enge Zusammenhang zwischen dem Monopol und der zu erteilenden Konzessionen wird dadurch offenbar, dass der Monopolist Bund das (= sein) Recht zur Durchführung der Ausspielungen nach den §§ 6 bis 12b GSpG durch Erteilung einer (einzigen) Konzession übertragen kann. Nach Ansicht des (historischen) Gesetzgebers ergibt sich die Notwendigkeit der Konzessionserteilung der Lotterien nach §§ 6 ff GSpG an nur eine Kapitalgesellschaft „aus dem Interesse des Bundes, als Monopolinhaber ein Maximum an Gewinn bei diesen Ausspielungen zu erzielen“ (ErläutRV 1067 BlgNR 17. GP 18). Dem entspricht auch der Umstand, dass der Gestaltungsspielraum des Konzessionärs auf die nähere Ausgestaltung der ihm zur Durchführung übertragenen Ausspielungen beschränkt ist, wobei er dabei durch vielfältige Vorschriften gebunden ist, welche Bewilligungspflichten und bestimmte Mindestinhalte vorsehen, durch die Monopolinteressen des Bundes gewahrt werden ( Strejcek/Bresich , GSpG § 14 Rz 3). Mit der Übertragung der Monopolrechte an [nur] einen Konzessionär wird eine Kanalisierung des Spielbetriebs bewirkt, die die gleichen Interessen wie das Monopol schützen soll ( Schwartz/Wohlfahrt , GSpG § 14 Rz 1 ff).
Die Konzessionsregelungen, denen eine Übertragung eines Monopolrechts zugrundeliegen, sind daher im engen Zusammenhang mit den Bestimmungen über das Glücksspielmonopol zu lesen.
6.3.2 Vom Berufungsgericht wurde in diesem Zusammenhang zutreffend damit argumentiert, dass der EuGH in der Entscheidung Pfleger nicht isoliert nur das eigentliche Glücksspielmonopol nach § 3 GSpG beurteilt, sondern sich vielmehr damit auseinandergesetzt hat, inwieweit die im dortigen Ausgangsverfahren „in Rede stehende Regelung, die den Betrieb von Glücksspielautomaten ohne vorab erteilter behördlicher Erlaubnis verbietet“ (Rz 39), dem Art 56 AEUV widerspricht. Damit knüpfte der EuGH an die vom vorlegenden UVS Oberösterreich in dessen Vorlagefragen als maßgeblich angeführten Bestimmungen (einschließlich § 14 GSpG!), somit nicht an eine isolierte Regelung, sondern an ein ganzes „Schutzsystem“ an (Rz 44). Die vom EuGH erwähnten in Rede stehenden nationalen Regelungen bzw die zu prüfenden „Beschränkungen von Glücksspieltätigkeiten“ (Rz 41), deren Unionsrechtswidrigkeit davon abhängt, inwiefern sie das Ziel des Spielerschutzes oder der Kriminalitätsbekämpfung verfolgen, umfassen damit im Sinne einer Gesamtbetrachtung auch die Bedingungen für eine Konzession.
6.3.3 Die Regeln über die Konzessionen stehen mit der Ausgestaltung des Glücksspielmonopols in einem untrennbaren Zusammenhang, weshalb sich der Senat daher auch weiterhin nicht veranlasst sieht, von der Prüfung der Unionsrechtswidrigkeit allein deshalb Abstand zu nehmen, weil § 14 GSpG ‑ isoliert betrachtet ‑ als unionsrechtskonform zu qualifizieren wäre. Eine solche isolierte Betrachtung verbietet sich aber hier, zumal der Senat bereits mehrfach klargestellt hat, dass die „einschlägigen Regelungen in ihrer Gesamtheit“ dazu führen müssen, dass die Gelegenheit zum Spiel verringert und die damit verbundene Kriminalität bekämpft wird, wobei bei der Beurteilung der tatsächlichen Auswirkungen des Glücksspielmonopols auch die „konkrete Geschäftstätigkeit von Konzessionären“ zu berücksichtigen ist (4 Ob 200/14m; 4 Ob 231/14w).
6.3.4 Auch aus der von der Rekurswerberin herangezogenen Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs zu B 1337/11, in der dieser die Verfassungswidrigkeit des § 14 GSpG prüfte und verneinte, ist für die klagende Partei nichts abzuleiten, zumal in dieser Entscheidung eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den tatsächlichen Auswirkungen des GSpG auf den Spielerschutz oder die Kriminalitätsbekämpfung im Sinne der nachfolgenden Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Pfleger unterbleiben musste. Der VfGH hielt dem Vorbringen der beschwerdeführenden Gesellschaft, im Bereich des Glücksspielsektors könne nicht vor einer „kohärenten und systematischen Regelung“ im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union gesprochen werden, weshalb diese Regelung daher unionsrechtswidrig sei, lediglich entgegen, dass verfassungsrechtliche Erwägungen über die Anwendung innerstaatlicher oder unionsrechtlicher Normen nicht anzustellen seien. Mangels eingehender Auseinandersetzung des VfGH mit den tatsächlichen Wirkungen der nationalen Beschränkungen kann das Argument der klagenden Partei, der VfGH habe die Mindestkapitalvorschriften als unionsrechtskonform qualifiziert, nicht überzeugen und die Erforderlichkeit einer Prüfung im Sinne der aufgezeigten Rechtsprechung des EuGH auch nicht widerlegen.
7. Dem Rekurs der klagenden Partei ist somit nicht Folge zu geben. Das Erstgericht wird daher im Sinne der Aufträge des Berufungsgerichts sein Verfahren entsprechend zu ergänzen und dabei auch (erstmals) die Berechtigung des Unterlassungsanspruchs wegen Verstößen gegen Bestimmungen über den Spielerschutz zu prüfen haben.
8. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 ZPO.
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