Spruch:
Die außerordentliche Revision wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung
Das Berufungsgericht verbot dem beklagten Verein, es im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, Rechtsberatung oder rechtliche Vertretung für seine Mitglieder und Nichtmitglieder anzubieten und/oder durchzuführen, sofern das von ihm dafür verlangte und/oder vereinnahmte Entgelt die dabei anfallenden Barauslagen (wie Porto- und Faxspesen) übersteigt. Darüber hinaus verpflichtete es den beklagten Verein zur Urteilsveröffentlichung in näher bestimmter Form. Bereits das Ziel, mit den Einnahmen aus den Beratungs- und Vertretungsleistungen den gesamten Sach- und Personalaufwand des Vereins abzudecken, sei die erforderliche Absicht zur Erzielung wirtschaftlicher Vorteile, auf eine Gewinnerzielungsabsicht im engeren Sinn komme es nicht an. Die gegenteilige Auffassung des beklagten Vereins sei unvertretbar. Das Unterlassungsbegehren sei auch ausreichend bestimmt.
Rechtliche Beurteilung
Der Beklagte vermag keine erheblichen Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen.
Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Verstoß gegen eine nicht dem Lauterkeitsrecht im engeren Sinn zuzuordnende generelle Norm als unlautere Geschäftspraktik oder als sonstige unlautere Handlung nach § 1 Abs 1 Z 1 UWG zu werten, wenn die Norm nicht auch mit guten Gründen in einer Weise ausgelegt werden kann, dass sie dem beanstandeten Verhalten nicht entgegensteht (RIS-Justiz RS0123239). Maßgeblich für die Beurteilung der Vertretbarkeit einer Rechtsauffassung sind der eindeutige Wortlaut und Zweck der angeblich übertretenen Norm sowie gegebenenfalls die Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts und eine beständige Praxis von Verwaltungsbehörden (4 Ob 67/11y mwN). Eine solche vermag der Revisionswerber aber im Sinn der von ihm vertretenen Auffassungen nicht darzulegen, ebensowenig einen Widerspruch zur bisherigen Rechtsprechung zu § 8 Abs 2 und 3 RAO betreffend Umfang und Einschränkung des Rechtsanwaltsvorbehalts.
Der Vertretungsvorbehalt der Rechtsanwälte umfasst nur die berufsmäßige, also regelmäßige und auf Gewinn gerichtete Parteienvertretung (RIS-Justiz RS0071721). Zur Auslegung sind die §§ 1 Abs 2 bis 6 GewO heranzuziehen. Bei Vereinen wird die Absicht, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, bereits dann vermutet, wenn die Vereinstätigkeit das Erscheinungsbild eines einschlägigen Gewerbebetriebs aufweist und diese Tätigkeit - sei es mittelbar oder unmittelbar - auf die Erlangung vermögensrechtlicher Vorteile für die Vereinsmitglieder gerichtet ist. Dieses Kriterium ist erfüllt, wenn bloß die Absicht besteht, aus der in Rede stehenden Tätigkeit den Vereinsmitgliedern in sonstiger Weise irgend einen vermögenswerten Vorteil zuzuwenden, was bereits dann der Fall ist, wenn die Vereinsmitglieder die vom Verein angebotenen Leistungen billiger erhalten, als wenn sie am freien Markt vergleichbare Leistungen durch befugte Gewerbetreibende bezogen hätten (10 Bkd 2/12 = RIS-Justiz RS0049617 [T2]; vgl 4 Ob 205/06k). Diesen Grundsätzen der Rechtsprechung folgt das Berufungsgericht, wenn es nicht auf eine allfällige Gewinnerzielungsabsicht des Vereins im engeren Sinn (mehr Einnahmen als Ausgaben) abstellt und als unerheblich ansieht, ob der Verein auch Leistungen unentgeltlich erbringt, sichert der Beklagte seinen Bestand (Deckung seines Sach- und Personalaufwands) durch die für bestimmte angebotene Leistungen erzielten Einnahmen und verschafft seinen Mitgliedern (geldwerte) Vorteile in dem er ihnen bestimmte Leistungen günstiger anbietet als Nichtmitglieder. Dadurch unterscheidet sich der beklagte Verein grundsätzlich von jenen Vereinigungen, wie etwa Konsumentenschutzvereinen, Mietervereinigungen oder Kraftfahrerorganisationen, die auf ihren Gebieten unter anderem auch rechtsberatende Tätigkeiten entfalten, wobei die Erzielung eines wirtschaftlichen Vorteils aber nicht der Zweck der Auskunftserteilung oder der Beistandsleistung ist (RIS-Justiz RS0071743).
Ob im Einzelfall das Verfassen von Briefen ungeachtet des Fehlens eines ausdrücklichen diesbezüglichen Hinweises nach den konkreten Umständen als Vertretungstätigkeit zu beurteilen ist, wirft keine erhebliche Rechtsfrage nach § 502 Abs 1 ZPO auf, zumal entgegen der vom Revisionswerber vertretenen Auffassung keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung vorliegt, wenn bei Gesamtbetrachtung die Vertretungstätigkeit des Beklagten für den Empfänger des Briefs eindeutig zu Tage tritt.
Wenn der Beklagte damit zu argumentieren sucht, dass Finanzbehörden nicht von der Gewerbsmäßigkeit seiner Tätigkeit ausgegangen wären oder ihn nicht der Umsatzsteuerpflicht unterworfen hätten, lässt er unberücksichtigt, dass die Finanzbehörden nicht darüber entscheiden, ob eine bestimmte Tätigkeit in das Vertretungsmonopol der Rechtsanwälte iSd § 8 RAO eingreift. Für die vom Beklagten damit offenbar angestrebte Vertretbarkeit seiner Rechtsauffassung ist somit nichts zu gewinnen.
Eine jeden Zweifel und jede objektive Ungewissheit ausschließende Präzisierung des Klagebegehrens ist nur bei Geldleistungsklagen zu verlangen; bei anderen Klagen ist dem Erfordernis des § 226 ZPO über die Bestimmtheit des Klagebegehrens jedenfalls dann Genüge getan, wenn man unter Berücksichtigung des Sprach- und Ortsgebrauchs und nach den Regeln des Verkehrs daraus entnehmen kann, was begehrt ist (RIS-Justiz RS0037874). Welche Anforderungen an die Konkretisierung zu stellen sind, hängt von den Besonderheiten des anzuwendenden materiellen Rechts und den Umständen des Einzelfalls ab (4 Ob 86/07m ua; RIS-Justiz RS0037874 [T33, T39]). Die Auffassung des Berufungsgerichts, der (eingeschränkte) Unterlassungsauftrag sei ausreichend bestimmt, ist jedenfalls vertretbar, zumal die Entscheidungsgründe für die Auslegung der Tragweite des Spruchs heranzuziehen sind (RIS-Justiz RS0000300).
Der gegen den Beklagten erhobene Vorwurf des Eingriffs in den Rechtsanwaltsvorbehalt und das daraus abgeleitete Unterlassungsgebot stellt nicht darauf ab, ob Beratungs- und Vertretungsleistungen für Verbraucher oder Unternehmer angeboten werden. Es ist daher ohne Bedeutung, dass der vom Kläger behauptete und festgestellte Verstoß zugunsten eines Verbrauchers erfolgte. Daraus ist nicht abzuleiten, dass etwa keine Gefahr bestünde, dass der Beklagte durch Beratungs- und Vertretungstätigkeit zugunsten eines Unternehmers in den Rechtsanwaltsvorbehalt eingriffe.
Dass der Beklagte beabsichtige, die Tätigkeit seines Vereins in der Weise umzustrukturieren, dass die vom Kläger beanstandete Beratungs- und Vertretungstätigkeit nur mehr eine bloße Nebentätigkeit würde, welche dann nicht mehr als Verstoß gegen § 8 RAO zu qualifizieren wäre, hat er nie behauptet, sodass seine Befürchtung, durch einen zu weit reichenden Titel würde in der Zukunft auch seine gesetzeskonforme Tätigkeit beeinträchtigt, nicht nachvollzogen werden kann.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)