OGH 4Ob148/10h

OGH4Ob148/10h5.10.2010

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** GmbH, *****, vertreten durch Gheneff-Rami-Sommer Rechtsanwälte KG in Wien, gegen die beklagte Partei M***** GmbH, *****, vertreten durch Berger Saurer Zöchbauer Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert 35.000 EUR) und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 1.000 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 29. Juni 2010, GZ 1 R 99/10a-9, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Vorinstanzen haben der Beklagten die wörtliche und/oder sinngleiche Ankündigung untersagt, ihrer Tageszeitung sei ein Fernsehmagazin gratis beigegeben, wenn in Wahrheit jene Zeitungsausgabe, der das Fernsehmagazin beiliegt, mehr kostet als eine Zeitungsausgabe ohne diese Beilage.

1.1. Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Beklagte verstoße mit ihrer Ankündigung gegen § 2 UWG, weil sie den für eine Kaufentscheidung des Publikums wesentlichen Umstand verschweige, dass der Verkaufspreis ihrer Zeitung an jenen Tagen, an denen ihr kein Fernsehmagazin beliege, niedriger sei, folgt Grundsätzen höchstgerichtlicher Rechtsprechung zu irreführenden Geschäftspraktiken, die durch ihre Unvollständigkeit einen unrichtigen Gesamteindruck bewirken können (vgl RIS-Justiz RS0124472, RS0124471, RS0078579).

1.2. Von der Frage, ob eine Geschäftspraktik nach Z 20 Anhang UWG vorliegt, hängt die Entscheidung nicht ab, weil das Unterlassungsgebot jedenfalls durch § 2 UWG gerechtfertigt ist.

2.1. Zweck der Urteilsveröffentlichung ist es, unlautere Wettbewerbshandlungen in aller Öffentlichkeit aufzudecken und das Publikum über den wahren Sachverhalt aufzuklären. Ob und in welchem Umfang dazu eine Veröffentlichung des Urteils geboten ist, richtet sich nach den Umständen des konkreten Falls (4 Ob 164/09k mwN).

2.2. Wie der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, hat die Urteilsveröffentlichung - dem Talionsprinzip entsprechend - bei in Druckschriften begangenen Wettbewerbsverstößen in der Regel an der gleichen Stelle und in der gleichen Schrift zu erfolgen wie der Wettbewerbsverstoß, weil auf diese Weise der Aufklärungszweck am besten erreicht werden kann (RIS-Justiz RS0079607, RS0079737 [T23]).

2.3. Wenn dabei auch regelmäßig nur zwischen Texteil und Inseratenteil unterschieden und kein berechtigtes Interesse an einer Platzierung der Veröffentlichung auf einer bestimmten Seite anerkannt worden ist, widerspricht es den dargestellten Grundsätzen nicht, bei prominent platzierten rechtwidrigen Ankündigungen auf Titelseiten von Zeitungen, mit welchen die Kauflust der Leser ganz besonders angesprochen werden soll, ausnahmsweise zu einer Veröffentlichung des Urteils auf der Titelseite zu ermächtigen (so auch Ciresa, Handbuch der Urteilsveröffentlichung³ Rz 283). In Frage käme allenfalls auch eine Urteilsveröffentlichung im Blattinneren, verbunden mit einem entsprechenden Hinweis auf der Titelseite (vgl § 13 Abs 4 MedienG).

2.4. Während § 13 Abs 4 MedienG auf die Erreichung eines gleichen Veröffentlichungswerts abzielt, kommt es im Rahmen des § 25 Abs 3 UWG vor allem darauf an, die beteiligten Verkehrskreise über die wahre Sachlage aufzuklären und einer Weiterverbreitung unrichtiger Ansichten entgegenzuwirken (vgl RIS-Justiz RS0079820). Eine von der Revisionswerberin angestrebte allgemeine „Harmonisierung“ der Veröffentlichungsvorschriften des UWG und des MedienG ist deshalb angesichts der unterschiedlichen Regelungssachverhalte und der daraus resultierenden unterschiedlichen Wertungen der genannten Bestimmungen nicht in Betracht zu ziehen (so schon 4 Ob 184/09a = RIS-Justiz RS0079820 [T26]).

2.5. Im Übrigen richtet sich die Frage, an welcher Stelle eine Urteilsveröffentlichung zu erfolgen hat, nach den Umständen des Einzelfalls (so etwa 4 Ob 164/09k zur Veröffentlichung auf der Start- oder einer Unterseite eines Internetauftritts). Eine erhebliche Rechtsfrage liegt insoweit daher - von einer hier nicht gegebenen groben Fehlbeurteilung abgesehen - regelmäßig nicht vor (RIS-Justiz RS0042967).

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