European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0030OB00073.16F.0518.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung
Die Vorinstanzen gaben dem Unterlassungsbegehren des klagenden Vereins gegen die beklagte Betreiberin eines Fitnessstudios, bezogen auf die Verwendung von sieben Klauseln in den AGB, ebenso statt wie dem Eventualbegehren auf Urteilsveröffentlichung.
Die Beklagte zeigt in ihrer außerordentlichen Revision keine erhebliche Rechtsfrage auf:
Rechtliche Beurteilung
1. Der Oberste Gerichtshof ist auch zur Auslegung von AGB‑Klauseln nicht „jedenfalls“, sondern nur dann berufen, wenn die zweite Instanz Grundsätze höchstgerichtlicher Rechtsprechung missachtete oder für die Rechtseinheit und Rechtsentwicklung bedeutsame Fragen zu lösen sind (RIS‑Justiz RS0121516; vgl 7 Ob 109/14a = RIS‑Justiz RS0121516 [T34] betreffend AVB).
2. Die Zulassungsbeschwerde enthält im Übrigen (nur) allgemeine Ausführungen zum Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG, ohne konkret Bezug darauf zu nehmen, in welchen Punkten die Entscheidung des Berufungsgerichts auf einer „undifferenzierten Pauschalverurteilung“ beruhe, die „letztlich zum wirtschaftshemmenden Zustand der totalen Kommunikationsblockade“ führen solle.
3. Die mehrfachen Hinweise der außerordentlichen Revision auf eine von der Beklagten (vor Vertragsunterzeichnung) geübte praktische Handhabung bzw auf individuelle Erklärungen oder Vereinbarungen sind nicht zielführend: Wie bereits das Berufungsgericht zutreffend erkannte, kann im Verbandsprozess weder auf individuelle Vereinbarungen (RIS‑Justiz RS0121726) noch auf die praktische Handhabung Rücksicht genommen werden (8 Ob 49/12g = RIS‑Justiz RS0121726 [T4]). Die von der Beklagten gerügten Feststellungsmängel, die sich insbesondere darauf beziehen, dass die Beklagte vor Vertragsunterzeichnung mit jedem Kunden ein ausführliches Informations‑ und Aufklärungsgespräch führe und dass sie zur Sicherheit ihrer Kunden und von deren Wertgegenständen ein besonderes Sicherheitssystem installiert habe ‑ woraus die Beklagte die Zulässigkeit verwendeter Freizeichnungsklauseln ableiten will ‑ liegen daher nicht vor.
4. Schließlich können auch die Ausführungen der Beklagten zu den einzelnen Klauseln die Zulässigkeit der Revision nicht begründen.
4.1 Wenn die aufgeworfenen Fragen zur Zulässigkeit von Klauseln in AGB bereits durch höchstgerichtliche Entscheidungen geklärt sind, dann werfen unterschiedliche Formulierungen nicht per se eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf (RIS‑Justiz RS0121516 [T27]).
4.2 Das gilt hier für Klausel 2 (vgl Klausel 9 in 1 Ob 146/15z; Klausel 6 in 5 Ob 205/13b und Klausel 9 in 5 Ob 87/15b), für Klausel 3 (vgl Klausel 7 in 5 Ob 87/15b; Klausel 15 in 4 Ob 59/09v und Klausel 17 in 7 Ob 84/12x), für Klausel 5 (vgl Klausel 2 in 1 Ob 146/15z) und für Klausel 6 (RIS‑Justiz RS0121435 [T1, T3, T5]), wobei die Entscheidungen 5 Ob 205/13b, 1 Ob 146/15z und 5 Ob 87/15b ebenfalls AGB der Betreiber von Fitnessstudios betrafen.
4.3 Die in Wahrheit aus drei selbständigen Teilen bestehende Klausel 1 bezieht sich in ihrem ersten Teil auf Gesundheits‑ oder Sachschäden, die durch unsachgemäßen Gebrauch des Mitglieds entstehen, wofür das Studio keine Haftung übernimmt. Der zweite Teil der Klausel schließt ganz generell eine Haftung der Beklagten bei Verlust von Bargeld aus. Im dritten Teil der Klausel ist schließlich geregelt, dass Sachbeschädigungen ‑ auch fahrlässig verursachte ‑ auf Kosten des Verursachers in Stand gesetzt werden, wobei sich der Kunde im Fall „des Zufügens des Schadens von einem anderen Kunden“ verpflichtet, das Fitnessstudio klag‑ und schadlos zu halten.
Die Revision hält dem Verbot der Verwendung dieser Klausel inhaltlich (nur) entgegen, aus der Formulierung insgesamt sei abzuleiten, dass den Kunden jedenfalls ein Verschulden treffen müsse, damit die Haftungsfreizeichnung der Beklagten zum Tragen komme.
Dabei lässt die Revision unbeachtet, dass diese Klausel bei der im Verbandsprozess nach stRsp gebotenen „kundenfeindlichsten Auslegung“ (RIS‑Justiz RS0016590) in allen ihren Teilen auch dahin verstanden werden kann, damit sollte eine Haftung der beklagten Fitnessstudiobetreiberin auch bei ihrem Mitverschulden generell ausgeschlossen werden. Dass die Klausel unter Zugrundelegung dieses Verständnisses unzulässig ist, stellt die Revision aber gar nicht in Abrede.
Diese Überlegungen gelten in gleicher Weise auch für Klausel 4, die vorsieht, dass vom Studio für ein allfälliges Abhandenkommen von persönlichem Eigentum keine Haftung übernommen wird.
4.4 Das Verbot der Verwendung der Klausel 7 („Pro Quartal sind 25 EUR Verwaltungsgebühr zu entrichten“) stützte das Berufungsgericht auf die Intransparenz der Klausel, weil unklar sei, ob die „Verwaltungsgebühr“ zusätzlich zum wöchentlichen Mitgliedsbeitrag zu zahlen oder in diesem enthalten sei. Die außerordentliche Revision bezieht sich demgegenüber auf die behauptete Branchenüblichkeit von Einschreibgebühren.
Bei einer quartalsweise zu entrichtenden „Verwaltungsgebühr“ handelt es sich aber gerade nicht um eine anlässlich des Erwerbs der Mitgliedschaft einmalig anfallende „Einschreibgebühr“, sondern um ein (zusätzliches) Entgelt, das laufend zu entrichten ist. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, die „Verwaltungsgebühr“ sei nicht klar als Entgelt ausgewiesen, ist daher unter dem Gesichtspunkt der zumindest missverständlichen Bezeichnung dieses Entgelts jedenfalls vertretbar.
5. Die Frage, ob und in welchem Umfang eine Veröffentlichung des Urteils nach den Umständen des Falls zur Aufklärung des Publikums geboten ist, stellt ‑ von einer hier nicht vorliegenden groben Fehlbeurteilung abgesehen ‑ regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage dar (RIS-Justiz RS0042967 [T8]).
Das berechtigte Interesse an der Urteilsveröffentlichung liegt bei der Verbandsklage darin, dass der Rechtsverkehr beziehungsweise die Verbraucher als Gesamtheit das Recht haben, darüber aufgeklärt zu werden, dass bestimmte Geschäftsbedingungen gesetz- beziehungsweise sittenwidrig sind. Eine bloße faktische Änderung der beanstandeten Klauseln nach Klageeinbringung ist nicht geeignet, das Bedürfnis der Öffentlichkeit nach Aufklärung über die seinerzeitige Verwendung dieser gesetzwidrigen Vertragsbestandteile, deren künftige Verwendung auch nicht ausgeschlossen werden kann, zu beseitigen (10 Ob 47/08x; RIS‑Justiz RS0079764 [T22, T23]).
Gemessen am Zweck der Urteilsveröffentlichung, über die Rechtsverletzung aufzuklären und den beteiligten Verkehrskreisen Gelegenheit zu geben, sich entsprechend zu informieren, um vor Nachteilen geschützt zu sein (RIS‑Justiz RS0121963), ist die Verurteilung zur Urteilsveröffentlichung in dem ohnedies eingeschränkten Umfang (Veröffentlichung in einem Regionalblatt) jedenfalls vertretbar.
Das Vorbringen in der Revision, dass die Beklagte bei dem Regionalblatt, in dem der Urteilsspruch zu veröffentlichen ist, günstigere Konditionen als der Kläger erhalte, woraus die Beklagte ableiten will, dass anstelle einer Veröffentlichungsermächtigung eine Veröffentlichungs‑ verpflichtung der Beklagten auszusprechen sei, ist schon wegen des im Rechtsmittelverfahren geltenden Neuerungsverbots unbeachtlich.
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