Spruch:
Insoweit sich der Revisionsrekurs der erstverpflichteten Partei gegen die Exekutionsbewilligung richtet, wird er zurückgewiesen.
Im Übrigen wird dem Revisionsrekurs der erstverpflichteten Partei nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Den Gegenstand des Verfahrens bildet die Frage, ob vier aus Liechtenstein stammende Kostentitel, nämlich
- der Beschluss des Fürstlichen Obergerichts vom 6. Mai 2009, GZ 06 CG.2008.258, ON 35,
- das Urteil des Fürstlichen Landgerichts vom 16. September 2009, GZ 06 CG.2008.258, ON 46,
- das Urteil des Fürstlichen Obergerichts vom 2. Juli 2010, GZ 06 CG.2008.258, ON 67, und
- der Beschluss des Fürstlichen Obergerichts vom 23. März 2011, GZ 06 CG.2008.258, ON 89,
in Österreich für vollstreckbar zu erklären sind.
Die nunmehr verpflichteten Parteien haben am 25. August 2008 gegen die nunmehr betreibende Partei vor dem Fürstlichen Landgericht zu GZ 06 CG.2008.258 gemeinsam eine Schadenersatzklage mit einem beträchtlichen Streitwert eingebracht. Mit Beschluss vom 6. Mai 2009 (ON 35) hat das Fürstliche Obergericht die Abweisung eines Verfahrenshilfeantrags der dort klagenden Parteien bestätigt. Die Klage wurde mit Urteil des Fürstlichen Landgerichts vom 16. September 2009 (ON 46) abgewiesen. Mit Urteil vom 2. Juli 2010 (ON 67) gab das Fürstliche Obergericht der Berufung der Kläger (nun: verpflichtete Parteien) nicht Folge. Mit Beschluss vom 23. März 2011, GZ 06 CG.2008.258, ON 89, bestätigte das Fürstliche Landgericht die Abweisung des Verfahrenshilfeantrags der dort klagenden Parteien.
Im Beschluss des Fürstlichen Obergerichts vom 6. Mai 2009, GZ 06 CG.2008.258, ON 35, wurden die dort klagenden Parteien schuldig erkannt, der dort beklagten Partei die mit 6.840,25 CHF bestimmten Kosten des Rekursverfahrens zu ersetzen. Im Urteil des Fürstlichen Landgerichts vom 16. September 2009, GZ 06 CG.2008.258, ON 46, wurden die dort klagenden Parteien „zur ungeteilten Hand“ verpflichtet, der dort beklagten Partei die mit 587.118,90 CHF bestimmten Prozesskosten zu ersetzen. Im Urteil des Fürstlichen Obergerichts vom 2. Juli 2010, GZ 06 CG.2008.258, ON 89, wurden die dort klagenden Parteien schuldig erkannt, der dort beklagten Partei die mit 241.210,40 CHF bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens zu ersetzen. Im Beschluss des Fürstlichen Landgerichts vom 23. März 2011, GZ 06 CG.2008.258, ON 89, wurden die dort klagenden Parteien verpflichtet, der dort beklagten Partei die mit 3.280,95 CHF bestimmten Kosten des Rekursverfahrens zu ersetzen.
Mit Amtsbestätigungen je vom 10. Mai 2012 (ON 105 - 108) bestätigte das Fürstliche Landgericht die Rechtskraft und Vollstreckbarkeit der schon zitierten Entscheidungen.
Am 11. Juni 2012 stellte die betreibende Partei - gemeinsam mit einem Exekutionsantrag - den Antrag auf Vollstreckbarerklärung der vier Titel über insgesamt 838.450,50 CHF (= 698.093,50 EUR) gegen die verpflichteten Parteien.
Das Erstgericht (ON 3) erklärte die vier Kostenentscheidungen in Österreich für vollstreckbar (Punkt 1.) und bewilligte die Zwangsversteigerung sowie die Fahrnis- und Forderungsexekution (Punkt 2. - 7.).
Das Rekursgericht gab dem gegen die Vollstreckbarerklärung und die Exekutionsbewilligung gerichteten Rekurs der erstverpflichteten Partei (ON 6) nicht Folge (ON 18).
Die maßgeblichen Bestimmungen des österreichisch-liechtensteinischen Vollstreckungsvertrags (BGBl 1975/114) würden vorsehen, dass eine im Ursprungsstaat in Rechtskraft erwachsene Entscheidung (Art 1 Abs 1 Z 3) in Zivil- und Handelssachen wechselseitig anerkannt werde, wenn deren Anerkennung nicht gegen die öffentliche Ordnung des Staats verstoße, in dem die Entscheidung geltend gemacht werde (Art 1 Abs 1 Z 1). Die die Anerkennung der Entscheidung und deren Vollstreckung beantragende Partei habe eine mit der amtlichen Unterschrift und dem Amtssiegel oder Amtsstempel versehene Ausfertigung der Entscheidung sowie eine gerichtliche Bestätigung über deren Rechtskraft und gegebenenfalls über die Vollstreckbarkeit der Entscheidung beizubringen (Art 5). Gemäß Art 3 des Abkommens dürfe die anzuerkennende Entscheidung im Zweitstaat nur daraufhin geprüft werden, ob die in Art 1 vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt und die gemäß Art 5 erforderlichen Urkunden beigebracht seien; darüber hinaus dürfe die Entscheidung (inhaltlich) nicht nachgeprüft werden.
Das Bestehen eines wechselseitigen Kostenersatzanspruchs im Verfahren um die Bewilligung der Verfahrenshilfe in Liechtenstein bewirke, dass dem Verfahrenshilfewerber im Fall seines Obsiegens keine Kosten entstünden; damit sei er aber nicht in seinem „freien Zugang zum Recht“ beschränkt. Mit der österreichischen Rechtsordnung vollkommen unvereinbare ausländische Rechtsgedanken, denen der inländische ordre public entgegenstünde, könnten in der liechtensteinischen Regelung demnach nicht erkannt werden.
§ 46 der flZPO entspreche der Regelung in § 46 öZPO). Bei Personenmehrheit erstrecke sich die Solidarhaftung mehrerer Personen in der Hauptsache im Fall ihres Unterliegens auch auf die Prozesskosten; sonst sei der Kostenersatz nach Kopfteilen aufzuerlegen. Sofern die Kosten im Titel nicht ausdrücklich solidarisch auferlegt würden, würden die unterlegenen Streitteile nur nach Kopfteilen haften. Von den vier Kostentiteln würde nur das die Klage abweisende Urteil vom 16. September 2009 eine solidarische Kostenhaftung statuieren. Die Erstverpflichtete behaupte eine ordre public-widrige Solidarhaftung lediglich für Kostenbeträge in den Verfahren über die Gewährung der Verfahrenshilfe, die in Wahrheit eine solche Solidarhaftung gar nicht statuieren. Die Kostenentscheidung des Fürstlichen Landgerichts vom 16. September 2009 (ON 46), die eine Kostenersatzpflicht beider verpflichteten Parteien zur ungeteilten Hand vorsehe, werde von der Erstverpflichteten nicht als ordre public-widrig releviert.
Dass eine bloße „Revisionsanmeldung“, die nicht den formalen und inhaltlichen Erfordernissen des Rechtsmittels entspreche, den Eintritt der Rechtskraft und Vollstreckbarkeit des Titels nicht hindere, liege auf der Hand, zumal auch die flZPO eine derartige Anmeldung der Revision nicht vorsehe. Die erstverpflichtete Partei bringe selbst nicht vor, nach dem eingeleiteten Verbesserungsverfahren eine - die Rechtskraft und Vollstreckbarkeit hemmende - Revision eingebracht zu haben.
Angesichts der seinerzeit von der Erstverpflichteten dem Zweitverpflichteten erteilten umfassenden Vollmacht laut Vollmachtsurkunde vom 25. September 2008, die ausdrücklich Zustellungen aller Art umfasse, sei der Argumentation nicht zu folgen, die liechtensteinischen Gerichte hätten die Erstverpflichtete aufzufordern gehabt, einen anderen Zustellbevollmächtigten namhaft zu machen, oder aber eine Zustellung direkt an sie zu versuchen.
Hinsichtlich der Rechtskraft und Vollstreckbarkeit des Beschlusses vom 6. Mai 2009 lasse die erstverpflichtete Partei unberücksichtigt, dass dieser als in Verfahrenshilfesachen ergangen keinem weiteren Rechtszug unterliege. Dass diese Entscheidung der Erstverpflichteten - und sei es zu Handen ihres Vertreters - nicht wirksam zugestellt worden sei, behaupte sie gar nicht.
Da sich Rechtskraft und Vollstreckbarkeit der Titelentscheidungen unbedenklich bereits aus diesen ergeben würden, habe das Erstgericht die vier liechtensteinischen Kostenentscheidungen zu Recht für vollstreckbar erklärt.
Die Exekutionsbewilligung werde von der Erstverpflichteten ausschließlich unter Bezugnahme auf die vorgeblichen Mängel der Vollstreckbarerklärung bekämpft. Inhaltliche Fehler, die der Exekutionsbewilligung nach dem Inhalt der Titel entgegenstünden, seien nicht releviert worden.
Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil Fragen des ordre public im Zusammenhang mit der Vollstreckbarerklärung liechtensteinischer Titel noch nicht Gegenstand der höchstgerichtlichen Rechtsprechung gewesen seien.
Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs der erstverpflichteten Partei mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer Abweisung des Exekutionsbewilligungsantrags. Inhaltlich richtet sich der Revisionsrekurs vor allem gegen die Vollstreckbarerklärung.
Die Revisionsrekursbeantwortung der betreibenden Partei wurde bereits als verspätet zurückgewiesen.
Rechtliche Beurteilung
I. Soweit sich das Rechtsmittel der erstverpflichteten Partei gegen die Exekutionsbewilligung richtet, ist es jedenfalls unzulässig: Eine Ausnahme von der Unbekämpfbarkeit bestätigender Beschlüsse gibt es im Exekutionsverfahren seit der EO-Novelle 2000 nur noch in den Fällen der Erteilung oder Versagung der Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Exekutionstitels nach § 84 Abs 4 EO und der Entscheidungen im Proviosorialverfahren nach § 402 Abs 1 letzter Satz EO. In allen anderen Fällen ist im Exekutionsverfahren ein weiterer Rechtszug gegen die zur Gänze bestätigende Rekursentscheidung unzulässig (RIS-Justiz RS0012387). Wenn über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung und Exekutionsbewilligung gemeinsam entschieden wurde, wäre eine bestätigende, die Anträge abweisende Entscheidung anfechtbar, nicht aber - wie hier - eine bestätigte Exekutionsbewilligung (RIS-Justiz RS0114023 [T3], zuletzt 3 Ob 38/12b).
II. Im Übrigen ist der Revisionsrekurs aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig; er ist jedoch nicht berechtigt.
Das Vorbringen der erstverpflichteten Partei in ihrem Revisionsrekurs lässt sich folgendermaßen zusammenfassen:
a) Die mit dem Fehlen einer dem § 72 Abs 3 öZPO entsprechenden Bestimmung in der flZPO verbundene Kostenersatzpflicht der unterlegenen Partei in Verfahrenshilfesachen stelle eine Schranke zum Zugang zum Recht dar, die elementaren Verfahrensgrundsätzen der österreichischen Rechtsordnung widerspreche. Der Druck der Kostenersatzpflicht gegenüber dem Antragsgegner sei - insbesondere bei hohen Streitwerten - geeignet, die rechtssuchende Partei von einer entsprechenden Antragstellung abzuhalten.
b) Alle vier Entscheidungen aus Liechtenstein würden im Ergebnis eine Zahlungspflicht der dort klagenden und nun verpflichteten Partei zur ungeteilten Hand vorsehen, auch wenn dies nur im Urteil des Fürstlichen Landgerichts ON 46 ausdrücklich ausgesprochen worden sei. Wenn nun das Rekursgericht der Ansicht sei, dass in Wahrheit eine Solidarhaftung in den übrigen drei Entscheidungen nicht statuiert sei, hätte es die unrichtige Rechtsansicht des Erstgerichts, wonach eine Solidarhaftung für die Kostenforderungen der betreibenden Partei bestehe, von Amts wegen korrigieren müssen; zumindest hätte dieser Punkt mit der Erstverpflichteten erörtert werden müssen. Die Exekutionsbewilligung und die sie bestätigende Rekursentscheidung würden gegen § 7 Abs 1 EO und gegen den ordre public verstoßen, dies wegen Verletzung des Verfahrensgrundsatzes, wonach eine Kostenersatzpflicht gemäß der öZPO nur in dem Umfang zulässig sei, in dem Kosten tatsächlich verursacht worden seien. In concreto habe jede der beiden verpflichteten Parteien als Kläger je 65.000.000 CHF von der beklagten und nun betreibenden Partei gefordert.
Im Übrigen verstoße es gegen den ordre public, wenn in einer Entscheidung die geschuldete Leistung nicht klar und eindeutig hervorgehe.
c) Die liechtensteinischen Urteile seien nicht in Rechtskraft erwachsen, weil die „Anmeldung der Revision“ als Revision zu behandeln und dem liechtensteinischen Obersten Gerichtshof zur Entscheidung vorzulegen gewesen sei. Ein Verbesserungsverfahren sei unterblieben.
d) Der Beschluss des Fürstlichen Obergerichts ON 89 sei im Hinblick auf die Ortsabwesenheit des Zustellbevollmächtigen der Erstverpflichteten bislang nicht wirksam zustellt worden; die Zustellung hätte an einen Kurator erfolgen müssen. Die evidente Verletzung „sowohl der liechtensteinischen wie auch der österreichischen Zustell- und Prozessvorschriften“ verwirkliche einen Verstoß gegen den inländischen ordre public. Die Erstverpflichtete habe erst durch die Zustellung der Exekutionsbewilligung vom Beschluss ON 89 Kenntnis erlangt und daraufhin fristgerecht eine Revision eingebracht. Die übrigen Entscheidungen seien immer auch der Erstverpflichteten persönlich zugestellt worden; die einseitige Änderung der Zustellpraxis ohne vorangehende Verständigung der Verpflichteten widerspreche inländischen Verfahrensgrundsätzen, wonach ein einseitiges Abgehen von verfahrensrelevanten Zustellverfügungen unzulässig sei.
Dazu wurde erwogen:
1. Die in zwischenstaatlichen Vereinbarungen enthaltenen Voraussetzungen der Anerkennung und der Vollstreckbarkeit von Entscheidungen genießen gemäß der klarstellenden Subsidiaritätsklausel in § 86 Abs 1 EO Vorrang vor den Bestimmungen der EO.
Im vorliegenden Fall, der eine vermögensrechtliche Angelegenheit betrifft, ist das Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Fürstentum Liechtenstein über die Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen, Schiedssprüchen, Vergleichen und öffentlichen Urkunden BGBl 1975/114 (im Folgenden: „Abkommen“) anzuwenden. Im Hinblick auf den Vorrang des Abkommens vor dem innerstaatlichen Recht sind allein die im Abkommen festgelegten Anerkennungs- und Vollstreckungs- voraussetzungen maßgebend (Jakusch in Angst, EO2 § 80 Rz 1); nur die Zuständigkeit und das Verfahren für die Zwangsvollstreckung bestimmen sich nach dem Recht des Staates, in dem die Vollstreckung beantragt wird (Art 4 Abs 2 des Abkommens; siehe unten 2.)
Die Vollstreckungsvoraussetzungen sind in Art 1 und Art 4 Abs 1 des Abkommens festgelegt. Nach letzterer Bestimmung kann eine von den Gerichten des einen der beiden Staaten gefällte Entscheidung für vollstreckbar erklärt werden, wenn sie im Staat, in dem sie gefällt wurde, vollstreckbar ist. Gemäß Art 5 Z 1 und 2 hat die Partei, die die Vollstreckung einer Entscheidung beantragt, neben der Ausfertigung der Entscheidung eine gerichtliche Bestätigung über die Rechtskraft und gegebenenfalls über die Vollstreckbarkeit der Entscheidung beizubringen.
2. Für das Verfahren zur Vollstreckbar- keitserklärung ausländischer Exekutionstitel gelten die §§ 83 ff EO; subsidiär sind die Bestimmungen des allgemeinen Teils der EO heranzuziehen (3 Ob 40/09t; Jakusch in Angst, EO2 § 83 Rz 3). Die §§ 83 f EO sehen in erster Instanz ein einseitiges Urkundenverfahren vor (Jakusch in Angst, EO2 § 83 Rz 1). Zum Ausgleich dieser Einseitigkeit wurde im Rekursverfahren für den Verpflichteten mit § 84 Abs 2 Z 2 EO das Neuerungsverbot weitgehend aufgehoben, indem im Rekurs gegen die Vollstreckbarerklärung Gründe für deren Versagung auch dann geltend gemacht werden können, wenn sie in erster Instanz nicht aktenkundig waren. Der Antragsgegner ist allerdings zur „gleichzeitigen Geltendmachung“ aller nicht aktenkundigen Versagungsgründe bei sonstigem Ausschluss verpflichtet (Eventualmaxime).
Inhaltlich sind nur solche Neuerungen zulässig, die Versagungsgründe betreffen. Schon im Hinblick auf den Vorrang völkerrechtlicher Vereinbarungen sind auch die darin enthaltenen Versagungstatbestände zu berücksichtigen (vgl 3 Ob 40/09t; Jakusch in Angst, EO2 § 84 Rz 14).
3. Nach Art 4 Abs 1 des Abkommens können „die von den Gerichten des einen der beiden Staaten gefällten Entscheidungen, die die in Artikel 1 vorgesehenen Voraussetzungen erfüllen, … im andern Staat vollstreckt werden, wenn sie im Staat, in dem sie gefällt wurden, vollstreckbar sind“.
Nach Art 1 Abs 1 des Abkommens werden „die in einem der beiden Staaten gefällten gerichtlichen Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen … im anderen Staat anerkannt, wenn sie folgende Voraussetzungen erfüllen:
(Z 1) die Anerkennung der Entscheidung darf nicht gegen die öffentliche Ordnung des Staates verstoßen, in dem die Entscheidung geltend gemacht wird; insbesondere darf ihr nach dem Recht dieses Staates nicht die Einrede der entschiedenen Rechtssache entgegenstehen;
(Z 2) die Entscheidung muß von einem nach den Bestimmungen des Artikels 2 zuständigen Gericht gefällt sein;
(Z 3) die Entscheidung muß nach dem Recht des Staates, in dem sie ergangen ist, in Rechtskraft erwachsen sein;
(Z 4) im Falle eines Versäumungsurteils muß die den Prozeß einleitende Verfügung oder Ladung rechtzeitig der säumigen Partei, sei es zu eigenen Handen oder an ihren Vertreter, zugestellt worden sein; dies gilt sinngemäß auch für die Zustellung von Zahlungsaufträgen und Zahlungsbefehlen. Hatte die Zustellung im Gebiet des Staates zu geschehen, in dem die Entscheidung geltend gemacht wird, so muß sie im Rechtshilfeweg bewirkt worden sein“.
4. Die erstverpflichtete Partei beruft sich im Wesentlichen auf die Ordre public-Widrigkeit der für vollstreckbar zu erklärenden Entscheidungen.
4.1. Der Versagungsgrund der Ordre public-Widrigkeit darf in keinem Fall dazu führen, dass ausländische Titel - etwa entgegen der Regelung in Art 6 Satz 2 des Abkommens - in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht überprüft werden (Verbot der rvision au fond; 3 Ob 185/82; RIS-Justiz RS0002409). Von der Ausnahmeregel darf nach ganz herrschender Auffassung nur sparsamster Gebrauch gemacht werden, um den internationalen Entscheidungseinklang nicht unverhältnismäßig zu stören. Der Versagungsgrund ist nur dort heranzuziehen, wo dem ausländischen Titel ein mit der inländischen Rechtsordnung vollkommen unvereinbarer Rechtsgedanke zugrunde liegt, weshalb auch die Vollstreckbarkeit des Titels selbst mit der inländischen Rechtsordnung völlig unvereinbar ist (3 Ob 89/85; RIS-Justiz RS0002402). Es versteht sich von selbst, dass nicht jede Abweichung vom österreichischen (Verfahrens-)Recht die Vollstreckbarerklärung des ausländischen Titels unvereinbar mit der österreichischen Rechtsordnung macht.
Die Beurteilung eines Ordre public-Verstoßes kann immer nur nach den Umständen des Einzelfalls erfolgen (RIS-Justiz RS0054080 [T9]).
4.2. Der Einwand der beklagten Partei, der Druck einer Kostenersatzpflicht in Verfahrenshilfesachen sei insbesondere bei hohen Streitwerten geeignet, die rechtssuchende Partei von einer entsprechenden Antragstellung abzuhalten, richtet sich generell gegen die Regelung einer Kostenersatzpflicht. Auch wenn die öZPO in ihrem § 72 Abs 3 letzter Satz keinen Kostenersatz in Verfahrenshilfesachen vorsieht, muss doch bedacht werden, dass die Verfahrenshilfe genießende Partei auch nach der öZPO zum Kostenersatz verhalten ist, wenn sie in der Sache unterliegt: In Ansehung des Kostenersatzes für eine Partei ist es nämlich nicht von Bedeutung, ob ihr Gegner Verfahrenshilfe genießt (M. Bydlinski in Fasching/Konecny 2 II/1 § 70 Rz 1 mit Hinweis auf die Gesetzesmaterialien). § 72 Abs 3 letzter Satz öZPO („Ein Kostenersatz findet nicht statt.“) wurde erst mit der ZVN 2004 (BGBl I 2004/128) eingeführt. Zuvor war es Praxis, etwa dem mit einem Rekurs gegen die Bewilligung der Verfahrenshilfe erfolgreichen Prozessgegner Kostenersatz in dem Zwischenstreit über die Verfahrenshilfe zuzusprechen (etwa OLG Wien 3 R 169/95, AnwBl 1997/7308 [M. Bydlinski]; OLG Linz 2 R 30/04a = RIS-Justiz RL0000046).
§ 72 Abs 3 letzter Satz ZPO beinhaltet keine neu eingeführte Grundwertung des österreichischen Verfahrensrechts; ein weiteres Eingehen auf die behauptete Ordre public-Widrigkeit wegen Fehlens einer solchen Norm im liechtensteinischen Recht erübrigt sich.
4.3. Auf die Revisionsrekursausführungen zum Thema der Kostenhaftung bloß nach Kopfteilen anstatt der nur in einem Kostentitel verfügten Haftung zur ungeteilten Hand ist nicht einzugehen, weil damit in unzulässiger Weise (s oben Punkt I.) die Exekutionsbewilligung bekämpft wird.
5. Der Auffassung, die liechtensteinischen Entscheidungen seien nicht in Rechtskraft erwachsen, stehen die vom Fürstlichen Landgericht ausgestellten Bestätigungen der Rechtskraft entgegen. Nach dem Inhalt des Beschlusses des Fürstlichen Obergerichts ON 89 wurde die „Revisionsanmeldung“ nachvollziehbar als Verfahrenshilfeantrag gewertet (ON 70 des Verfahrens vor dem Fürstlichen Landgericht = AS 91 des Exekutionsaktes). In der Begründung des Beschlusses wird illustrativ auf die gesetzliche Lage hingewiesen, wonach mit der Zustellung der Bestätigung der Abweisung des Verfahrenshilfeantrags die Revisionsfrist neu zu laufen beginnt. In diesem Vorgehen ist keine Verletzung von Grundwertungen des Verfahrensrechts zu erkennen. Sie entspricht auch dem österreichischen Verfahrensrecht.
Das Abkommen enthält keinen unmittelbar dem § 81 Z 1 EO oder dem Art 34 Nr 2 LGVÜ 2007 vergleichbaren Versagungsgrund. Bedeutende „Unregelmäßigkeiten“ im Rahmen der Zustellung können demnach nur im Wege des verfahrensrechtlichen ordre public aufgegriffen werden. Nach dem Akteninhalt (AS 131 - 133) hat der Zweitverpflichtete in der Streitverhandlung vom 3. September 2008 eine umfassende Vollmacht der Erstverpflichteten an ihn vorgelegt, die ihn auch zur Entgegennahme von Zustellungen aller Art berechtigte. Wenn das Gericht nach - wegen Dauerabwesenheit - erfolglosen Zustellversuchen an den Vertreter (AS 135 ff) eine Ediktszustellung vornimmt, stehen dem keine Grundwertungen des österreichischen Verfahrensrechts entgegen. Auch nach österreichischem Verständnis hat ein Verfahrensbeteiligter (hier als Vertreter) dem Gericht „adressenmäßig“ zur Verfügung zu stehen (vgl § 8 öZustG). Zustellmängel wie die hier behaupteten müssen gegebenenfalls im Ursprungsstaat geltend gemacht werden, was nach dem Akteninhalt auch geschehen ist.
6. In Bezug auf die Exekutionsbewilligung ist der Revisionsrekurs der erstverpflichteten Partei als jedenfalls unzulässig zurückzuweisen, im Übrigen ist er nicht berechtigt.
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