OGH 3Ob121/07a

OGH3Ob121/07a28.6.2007

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Prückner, Hon. Prof. Sailer und Dr. Jensik sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** reg.Genossenschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Wilfried Wetzl und Dr. Stefan Nenning, Rechtsanwälte in Steyr, wider die beklagte Partei Dr. Ferdinand Georg Ernst B*****, vertreten durch Dr. Heinz-Peter Wachter, Rechtsanwalt in Wien, wegen (eingeschränkt) 201.366 EUR s. A., infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 28. März 2007, GZ 15 R 56/07a-52, womit der Beschluss des Landesgerichts Krems an der Donau vom 6. Dezember 2006, GZ 6 Cg 267/04f-43, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Zugunsten der klagenden Partei sind auf zwei Liegenschaften des Beklagten Simultanhypotheken einverleibt. Mit ihrer am 30. November 2004 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte die Klägerin die Zahlung von 223.116,15 EUR sA, auch bei Exekution in die Liegenschaften des Beklagten. Die Klage wurde bei den Pfandrechten im Lastenblatt angemerkt. Am 8. Mai 2006 schlossen die Parteien in einem anderen Verfahren (AZ 4 C 1003/05k des BG Steyr) einen rechtswirksamen Vergleich. Der Beklagte verpflichtete sich u.a., bis spätestens 30. November 2006 150.000 EUR zu zahlen. Zug um Zug gegen diese Zahlung hat die Klägerin diverse Urkunden herauszugeben sowie ihre Zustimmung zur Löschung der Anmerkung der Hypothekarklage zu erteilen. Im P 4. des Vergleichs wurde festgehalten, dass alle wechselseitigen Ansprüche der Parteien bereinigt seien, wobei im (vorliegenden) Verfahren zu AZ 6 Cg 267/04f des Landesgerichts Krems an der Donau von einer noch zu ergehenden Entscheidung kein Gebrauch gemacht und kein Rechtsmittel eingelegt werde und danach (ebenfalls) ewiges Ruhen eintrete.

Mit ihrem gemeinsamen Schriftsatz vom 24. August 2006 zeigten die Parteien dem Erstgericht mit Bezug auf das vorliegende Verfahren die Vereinbarung ewigen Ruhens an.

Mit dem am 13. November 2006 beim Erstgericht eingelangten Antrag begehrte der Beklagte die Löschung der Anmerkung der Hypothekarklage. Mit dem Vergleich - ein Neuerungsvertrag - seien die wechselseitigen Forderungen bereinigt worden. Es sei ewiges Ruhen vereinbart worden. Die klagende Partei wandte sich unter der Voraussetzung nicht gegen die Löschung der Klageanmerkung, dass der Vergleich vom Beklagten fristgerecht erfüllt werde. Am 5. Dezember 2006 gab die klagende Partei bekannt, dass der Beklagte den Vergleich nicht erfüllt habe. Es werde daher der Löschung der Klageanmerkung nicht zugestimmt. Das Erstgericht wies den Antrag auf Löschung der Anmerkung der Hypothekarklage ab. Der Beklagte habe die Erfüllung des Vergleichs nicht bescheinigt.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Beklagten nicht Folge. Gemäß § 65 Abs 1 GBG könne der Beklagte die Löschung der Streitanmerkung begehren, wenn der Kläger von der Klage abstehe, diese also zurückziehe. Nach herrschender Meinung und jüngerer Rsp beende die Vereinbarung ewigen Ruhens den Rechtsstreit nicht endgültig. Ein Fortsetzungsantrag sei möglich. Demgegenüber stelle die Klagerücknahme die prozessual wirksame Erklärung des Klägers dar, auf den gerichtlichen Rechtsschutz zu verzichten. Die prozessuale Wirkung bestehe in der Prozessbeendigung. Die Vereinbarung ewigen Ruhens könne nicht einer Klagerückziehung iSd § 65 Abs 1 GBG gleichgesetzt werden. Sie sei auch nicht als Verzicht auf den geltend gemachten Anspruch zu werten. Im fortgesetzten Verfahren sei bei der Sachentscheidung nur der materielle Gehalt der Vereinbarung zu berücksichtigen. Hier sei im Vergleich vom 8. Mai 2006 die Zustimmung der klagenden Partei zur Löschung der Klageanmerkung ausdrücklich von einer Bedingung (Zahlung von 150.000 EUR) abhängig gemacht worden. Nach dem vom Erstgericht als bescheinigt angenommenen Sachverhalt sei der Vergleich vom Beklagten nicht erfüllt worden. Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil über keine erhebliche Rechtsfrage zu entscheiden gewesen wäre. Mit seinem Revisionsrekurs beantragt der Beklagte die Abänderung dahin, dass die beantragte Löschung der Klageanmerkung bewilligt werde.

Der Revisionsrekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

I. In formeller Hinsicht ist Folgendes vorauszuschicken: Nch stRsp ist das Verfahren über einen Antrag auf Löschung einer Streitanmerkung (§ 65 GBG) auch dann ein Grundbuchsverfahren, wenn es vom Prozessgericht durchgeführt wird (7 Ob 2242/96y mwN). Der Entscheidungsgegenstand ist grundsätzlich vermögensrechtlicher Natur (RIS-Justiz RS0117829). Der Anmerkung der Hypothekarklage lag ein Zahlungsbegehren von 223.116,15 EUR zugrunde. Dieses in der Folge auf

201.366 EUR eingeschränkte Begehren bestimmt auch den Wert des Entscheidungsgegenstands im Grundbuchsverfahren, sodass das Rekursgericht zutreffend einen Bewertungsausspruch unterließ (1 Ob 2133/96t). Für den Revisionsrekurs gelten die §§ 62, 63 und 66 AußStrG iVm § 126 GBG).

II. Die für eine meritorische Behandlung des Rechtsmittels erforderliche Rechtsfrage erheblicher Bedeutung liegt hier in der vom Obersten Gerichtshof noch nicht entschiedenen Frage, ob die Vereinbarung „ewigen Ruhens" im Prozess über eine Hypothekarklage dem Abstehen des Klägers von der Klage iSd § 65 Abs 1 GBG gleichzuhalten ist und den Beklagten dazu berechtigt, auch ohne Zustimmung des Klägers die Löschung der Klageanmerkung zu erwirken. Der Revisionsrekurswerber verweist zur Begründung seines Löschungsanspruchs auf die Judikatur, wonach die Vereinbarung „ewigen Ruhens" einer Klagerücknahme gleichzusetzen sei und einen außergerichtlichen Verzicht auf den Anspruch bedeute. Dazu ist Folgendes auszuführen:

1. Die vom Rekurswerber zitierten Entscheidungen (8 Ob 22/70 = EvBl

1970/232; 2 Ob 280/74 = JBl 1976, 148 und 6 Ob 592/87 = JBl 1988,

641) führten zu dem Rechtssatz, dass bei Beurteilung des Vorliegens von Streitanhängigkeit die Vereinbarung ewigen Ruhens unter Umständen einer Klagerücknahme ohne Anspruchsverzicht gleichgestellt werden könne (RIS-Justiz RS0036709). In der E 6 Ob 592/87 = JBl 1988, 655 (Schumacher 641) wurde das Prozesshindernis der Streitanhängigkeit wegen des mit „ewigem Ruhen" beendeten Verfahrens zwar verneint, entscheidungswesentlich war aber der Umstand, dass mit weiterer Klage ein dem immerwährenden Ruhen nachfolgendes Verhalten des Beklagten den (ursprünglich) eingeklagten Unterlassungsanspruch „aktualisiert" und damit „neuerlich klagbar" gemacht hatte. Aus sämtlichen zitierten Entscheidungen ist jedenfalls nicht ableitbar, dass der Oberste Gerichtshof auf dem Standpunkt stand, die Vereinbarung eines „ewigen Ruhens" wäre immer und unbedingt einer Klagerücknahme gleichzuhalten, sondern höchstens dann, wenn ein entsprechender Parteiwille in diese Richtung feststand (so auch 7 Ob 556/77).

2. In zahlreichen früheren, vor allem aber in den den zitierten Entscheidungen nachfolgenden Judikaten unterschied der Oberste Gerichtshof zwischen den materiellen und formellen Wirkungen einer Parteivereinbarung über das „ewige Ruhen" eines anhängigen Verfahrens, bejahte die nach wie vor gegebene Streitanhängigkeit sowie die Zulässigkeit eines Fortsetzungsantrags nach Ablauf der Dreimonatsfrist des § 169 ZPO (RIS-Justiz RS0036703) und erklärte die Vereinbarung „ewigen Ruhens" für „prozessual unbeachtlich" (RIS-Justiz RS0036748). Eine solche Vereinbarung ist demnach nicht prozessbeendend, ihr kommt nur bei der Sachentscheidung materiellrechtliche Bedeutung zu (RIS-Justiz RS0036976, zuletzt 3 Ob 28/06y; Gitschthaler in Rechberger³, §§ 168 - 170 ZPO Rz 5 mwN).

3. Das einseitige Grundbuchsverfahren ist geprägt von einer Einschränkung der Entscheidungsgrundlagen auf die vorgelegten Urkunden und den Grundbuchstand (5 Ob 204/03s mwN). Über strittige Tat- und Rechtsfragen ist hier nicht zu entscheiden. Grundsätzlich handelt es sich bei der Löschung der Anmerkung einer Hypothekarklage um eine grundbuchsrechtliche Sachentscheidung. Schon deswegen verbietet sich eine extensive Auslegung des § 65 Abs 1 GBG, der für die Löschung der Klageanmerkung verlangt, dass der Kläger von seiner Klage absteht. Dies muss urkundlich feststehen. Die Vereinbarung „ewigen Ruhens" lässt grundsätzlich Zweifel zu, ob der Kläger tatsächlich seine Klage bedingungslos zurücknehmen wollte. Ein Anhaltspunkt dafür, dass dies hier tatsächlich nicht der Fall war, ist der schon vom Erstgericht angeführte Umstand, dass der Ruhensvereinbarung der Vergleich vom 8. Mai 2006 zugrunde gelegt wurde, der Zug um Zug Verpflichtungen enthält. Schon daraus folgt, dass der Beklagte für seinen Standpunkt nicht einmal die von ihm zitierten Entscheidungen über eine Gleichsetzung der Vereinbarung „ewigen Ruhens" mit einer Klagerücknahme, ins Treffen führen kann, weil eben der übereinstimmende prozessbeendende Parteiwille keineswegs feststeht.

4. Die Löschung der Anmerkung der Hypothekarklage wird der Beklagte daher nur mit Zustimmung der klagenden Partei (5 Ob 161/01i) oder aber nach Fortsetzung des Verfahrens und Abweisung der Hypothekarklage erwirken können.

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