OGH 5Ob204/03s

OGH5Ob204/03s21.10.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragsteller Johann E*****, und Margarete E*****, beide vertreten durch Dr. Johannes Liebmann, Rechtsanwalt in Gleisdorf, wegen Einverleibung des Eigentumsrechts, über den Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 3. Juni 2003, AZ 4 R 138/03y, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 10. Februar 2003, TZ 28776/02, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Auf Grund eines Kaufvertrags, den sie am 24. 9. 1990 mit der Republik Österreich, Bundesstraßenverwaltung A, abgeschlossen haben (sowie weiterer Urkunden, die - soweit sie für die Entscheidung relevant sind - später erwähnt werden) begehrten die Antragsteller (im Wege von Ab- und Zuschreibungen) die Einverleibung ihres Miteigentums am Kaufobjekt.

Die Verkäuferin war beim Vertragsabschluss durch den Landeshauptmann von Steiermark vertreten. Dessen Vertretungsbefugnis stützt sich auf ein Schreiben des BM für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 23. 3. 1990 (beim Amt der Stmk Landesregierung eingelangt am 3. 4. 1990), das im Wesentlichen Folgendes besagt:

Gemäß Art XI Bundesfinanzgesetz 1990 wird die Veräußerung der ... Grundstücke ... zum Gesamtkaufpreis von S 531.588,-- an Johann E***** ... genehmigt. Voraussetzung für einen Kaufabschluss mit Johann E***** ist jedoch, dass dieser seinen Rückübereignungsantrag gemäß § 20a BStrG 1971 bezüglich des Grundstückes ... zurückgezogen hat. Herr Landeshauptmann werden unter den genannten Voraussetzungen ersucht und ermächtigt, innerhalb von 6 Monaten einen entsprechenden Kaufvertrag namens der Republik Österreich, Bundesstraßenverwaltung-Autobahn, zu unterfertigen. Das ho Bundesministerium ersucht, dafür zu sorgen, dass der Erlös aus der Veräußerung in Höhe von S 531.588,-- vor Vertragsunterfertigung auf das Konto des do Amtes einbezahlt und beim Ansatz 2/64202 "Zweckgebundene Einnahmen (V)" verrechnet wird.

Im Kaufvertrag findet sich die Bestätigung, dass der Kaufpreis bereits vor Vertragsunterfertigung auf ein Konto des Amtes der Stmk Landesregierung (Bundesstraßenverwaltung) eingezahlt wurde. Für den Verzicht des Erstantragstellers auf den Rückübereignungsanspruch fehlt ein urkundlicher Beleg. Zu erwähnen ist schließlich noch, dass sich auf dem Original des Kaufvertrags in Form eines Stampiglienabdrucks die Bestätigung der Grundverkehrsbezirkskommission Graz-Umgebung befindet, wonach "dem Rechtsgeschäft mit Bescheid vom 19. Nov. 1990 gem. § 1 des Stmk. Grundverkehrsgesetzes 1983 LGBl. 72 zugestimmt wurde". Dem Grundbuchsgesuch angeschlossen war außerdem der Bescheid der Grundverkehrsbezirkskommission, dem - ebenso wie dem Genehmigungsvermerk - keine Rechtskraftbestätigung zu entnehmen ist.

Das Erstgericht wies das Eintragungsbegehren ab. Es erblickte ein Eintragungshindernis in dem Umstand, dass der Kaufvertrag mit den Ehegatten E***** abgeschlossen worden war, obwohl die Genehmigung des Vertragsabschlusses nur auf Johann E***** lautete, und dass außerdem die Zurückziehung des Rückübereignungsanspruchs nicht nachgewiesen wurde.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung aus folgenden Erwägungen:

Dem Eintragungshindernis des § 94 Abs 1 Z 2 GBG seien auch gegründete Bedenken gegen Bestehen und Umfang der Vertretungsmacht dessen zu unterstellen, der eine Vertragsurkunde im Vollmachtsnamen eines Vertragspartners unterfertigt (MGA Grundbuchsrecht4, E 134 zu § 94 GBG; NZ 1996, 92 ua). Auch wenn der gegenständliche Kaufvertrag selbst - abgesehen von dessen grundverkehrsbehördlicher Genehmigung gemäß § 6 des Vertragstextes - nicht von einer (aufschiebenden) Bedingung abhängig sei, ergebe sich aus der Präambel des Vertrags, dass die Republik Österreich Bundesstraßenverwaltung A das Rechtsgeschäft durch den Landeshauptmann von Steiermark auf Grund der Ermächtigung des BM für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 23. 3. 1990 abschloss. Diese Ermächtigung laute dahin, "unter den genannten Voraussetzungen" einen entsprechenden Kaufvertrag namens der Republik Österreich zu unterfertigen. Nur insofern sei dem Erfordernis des urkundlichen Nachweises der Ermächtigung (RPflSlgG 1235) entsprochen worden. Daraus folge, dass der Landeshauptmann von Steiermark nur ermächtigt (und bevollmächtigt) war, einen Kaufvertrag mit Johann E***** abzuschließen, und zwar unter der (weiteren) Bedingung, dass dieser seinen Rückübereignungsanspruch bezüglich des angeführten Grundstücks zurückgezogen hat.

Nach ständiger Rsp des OGH könne der Landeshauptmann (oder ein Landesbeamter) in Angelegenheiten der Privatwirtschaftsverwaltung nur so weit für den Bund tätig werden, als ihm die Besorgung einer dem Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung zugehörigen Aufgabe durch besonderen Übertragungsakt gemäß Art 104 Abs 2 B-VG überantwortet wurde. Nur in einem solchen Fall sei er bevollmächtigt, rechtsgeschäftliche Erklärungen für den im Anlassfall zur Vertretung der Republik berufenen Bundesminister abzugeben (SZ 41/123; EvBl 1974/158; RIS-Justiz RS0038164). Werde ein Recht unter einer Bedingung eingeräumt, müsse deren Eintritt urkundlich nachgewiesen werden (5 Ob 2249/96p; RPflSlgG 1930 ua; RIS-Justiz RS0060364). Dies sei nicht geschehen. Eine "sinngemäße Genehmigung bzw Ermächtigung", wie sie die Rekurswerber für sich in Anspruch nähmen, könne den urkundlichen Nachweis nicht ersetzen. Dass die gesetzte Bedingung mit der Unterfertigung des Kaufvertrages durch den Landeshauptmann von Steiermark "eo ipso obsolet" geworden sei, treffe nicht zu. Es bestünden daher Bedenken an der Vertretungsmacht des für die Republik Österreich einschreitenden Landeshauptmanns.

Ein weiteres Eintragungshindernis liege in der fehlenden Rechtskraftbestätigung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung des Kaufvertrags. Nach stRsp müssten Genehmigungen von Verwaltungsbehörden, die Voraussetzung einer bücherlichen Eintragung sind, mit der Rechtskraftbestätigung versehen sein (RPflSlgG 2648 ua; RIS-Justiz RS0099943; MGA Grundbuchsrecht4, E 245 zu § 94 GBG und E 5 bei GVG Allgemeine Leitsätze).

Die Entscheidung des Rekursgerichtes enthält den Ausspruch, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Begründet wurde dies mit dem Fehlen jüngerer Rsp zum Verhältnis zwischen Art 104 B-VG und § 94 Abs 1 Z 2 GBG. Die Entscheidung 5 Ob 612/59 (RIS-Justiz RS0025301) habe sich möglicher Weise mit einem anderen Problem befasst.

Mit dem jetzt vorliegenden Revisionsrekurs streben die Antragsteller die Bewilligung ihres Eintragungsbegehrens an.

Rechtliche Beurteilung

Er ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Dass das Rekursgericht - anders als das Erstgericht - in der fehlenden Rechtskraftbestätigung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung des Kaufvertrags ein Eintragungshindernis erblickte, bekämpfen die Rechtsmittelwerber mit dem Argument, die rechtskräftige Genehmigung des Vertrags sei schon dadurch dokumentiert, dass nach der (dem Erstgericht offenbar bekannten) Praxis der Stmk von Grundverkehrsbehörden die Genehmigungsstampiglie nur dann auf die Vertragsurkunde gesetzt werde, wenn der entsprechende Bescheid rechtskräftig geworden ist. Die Urkundensammlung des Grundbuchsgerichts bestätige diese Vorgangsweise.

Was die Vertretungsmacht des für die Republik Österreich handelnden Landeshauptmanns von Steiermark betreffe, so habe sich die Genehmigung eines Vertragsabschlusses mit Johann E***** selbstverständlich auch auf dessen Ehefrau bezogen. Im Übrigen könnte der mehr als 10 Jahre zurückliegende Kaufvertrag wegen Irrtums, laesio enormis oder Gewährleistung gar nicht mehr angefochten werden. Durch die im Kaufvertrag bestätigte Empfangnahme des vollen Kaufpreises wären allfällige Mängel des Vertrages geheilt. Die Umstände in Bezug auf den Bescheid des BM für wirtschaftliche Angelegenheiten und den Kaufvertrag - insbesondere die Zahlung des verlangten Preises - würden die Annahme einer (zumindest) konkludenten Vollmachtserteilung nahe legen. Die im Schreiben des BM für wirtschaftliche Angelegenheiten angesprochene Zurückziehung des Rückübereignungsantrags sei nicht als Bedingung zu qualifizieren. Selbst wenn man von einer solchen Bedingung ausginge, wäre diese durch den Abschluss des Kaufvertrages erfüllt bzw eo ipso obsolet geworden. § 20a BundesstraßenG 1971 gelte im Übrigen für das Enteignungsverfahren und spiele für einen privatrechtlichen Vertragsabschluss keine Rolle. Die Vorgangsweise der Vorinstanzen widerspreche § 2 Abs 3 Z 10 AußStrG; es werde äußerst schwierig sein, die Akten beim jetzt zuständigen Bundesministerium zu beschaffen und die Sache neu aufzurollen.

Dazu wurde erwogen:

Da der erkennende Senat die rechtliche Beurteilung des Rekursgerichtes teilt und im Revisionsrekurs keine stichhältigen Gegenargumente zu erkennen vermag, kann zunächst auf die Rechtsausführungen in angefochtenen Beschluss verwiesen werden (vgl 5 Ob 303/02y = WoBl 2003/119 mwN).

Die Rechtsmittelwerber verkennen die Möglichkeiten grundbuchsrichterlicher Kognition, wenn sie meinen, fehlende urkundliche Nachweise für eine behördliche Genehmigung oder für die Erfüllung der einer Vollmachtserteilung beigesetzten Bedingung durch Hinweise auf eine ständige behördliche Praxis bzw die Konkludenz eines Verhaltens oder gar durch die Darlegung der Aussichtslosigkeit einer Anfechtung des zu verbüchernden Rechtsgeschäfts wegen Willensmängeln ersetzen zu können. Die Besonderheiten des Grundbuchsverfahrens - dessen Einseitigkeit, das Verbot der Zwischenerledigung zur Wahrung des Rangprinzips etc - bedingen eine Einschränkung der Entscheidungsgrundlagen auf die vorgelegten Urkunden und den Grundbuchsstand (vgl 5 Ob 185/01v = AGS 546 [Hoyer] mwN; 5 Ob 234/00y ua). Die Entscheidung strittiger Tat- und Rechtsfragen zu Lasten eines Buchberechtigten kann nur in einem kontradiktorischen Verfahren erfolgen.

IdS entspricht es ständiger Judikatur, dass eine für die Verbücherung eines Rechtsgeschäftes nachzuweisende behördliche Genehmigung, insbesondere die einer Grundverkehrsbehörde, mit der Rechtskraftbestätigung versehen sein muss, weil sonst zweifelhaft sein könnte, ob sie überhaupt noch dem Rechtsbestand angehört (vgl 5 Ob 2107/96f = NZ 1997, 132/381 [Hoyer] mwN). Das ergibt sich für das derzeit geltende Stmk Grundverkehrsrecht unmissverständlich aus § 30 Abs 1 Stmk GVG 1993, hat aber auch für das Stmk GVG 1983 zu gelten, obwohl dessen § 24 Abs 1 die Rechtskraft des Bescheides der Grundverkehrsbehörde nicht erwähnt. Eine diesen Umstand vernachlässigende Praxis der Grundverkehrsbehörden entbindet das Grundbuchsgericht nicht von seiner strikten Überprüfungspflicht.

Auch zu den Bedenken gegen die Verfügungsmacht des für die Republik Österreich einschreitenden Landeshauptmanns von Steiermark zeigt der Revisionsrekurs keine neuen, das Abänderungsbegehren rechtfertigende Gesichtspunkte auf. In Angelegenheiten der Privatwirtschaftsverwaltung kann der Landeshauptmann eines Bundeslandes (oder eine ihm unterstellte Behörde) für den Bund nur auf Grund einer besonderen Ermächtigung tätig werden (Art 104 Abs 2 B-VG). Dessen Vertretungsmacht ergibt sich aus dem Übertragungsakt (dem Auftrag bzw Ersuchen zur Besorgung von Geschäften des Bundes), ist daher im konkreten Fall aus dem Schreiben des BM für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 23. 3. 1990 herauszulesen (idS auch die vom Rekursgericht zitierte Entscheidung 5 Ob 612/59, aus der sich allerdings sonst keine weiteren Hinweise für die Entscheidung des gegenständlichen Falls ergeben). Das Grundbuchsgericht ist dabei im Wesentlichen auf die wörtliche und grammatikalische Auslegung beschränkt. Als deren Ergebnis ist im Einklang mit den Vorinstanzen festzuhalten, dass der Landeshauptmann von Steiermark nur mit Johann E***** und nur unter der Bedingung, dass dieser auf den geltend gemachten Rückübereignungsanspruch hinsichtlich eines der vertragsgegenständlichen Grundstücke verzichtet hat, einen Kaufvertrag über die jetzt bücherlich zu übereignenden Grundstücke abschließen durfte. Dass dies auch den Kaufvertragsabschluss mit den Ehegatten E***** decke und der Kaufvertragsabschluss den ausbedungenen Anspruchsverzicht obsolet mache, trifft nach den Maßstäben, die das Grundbuchsgericht an den Nachweis der Verbücherungsvoraussetzungen anlegen muss, nicht zu. Gerade der Umstand, dass Johann E***** vertragsgemäß nicht allein Eigentum an den gegenständlichen Grundstücken (darunter jenem, das von seinem Rückübereignungsanspruch betroffen ist) erwerben soll, steht der Annahme entgegen, der Verzicht auf den Rückübereignungsanspruch sei rechtlich völlig bedeutungslos geworden. Auf Erwägungen einer schlüssigen Genehmigung des Kaufvertragsabschlusses durch den Bund (etwa weil im Hinblick auf die Annahme der Kaufpreiszahlung oder wegen des jahrelangen ungestörten Besitzes der Käufer die Erfüllung aller Bedingungen zu unterstellen sei) durfte sich das Grundbuchsgericht nicht einlassen. Die (nach den Behauptungen der Rechtsmittelwerber ohnehin auch vom zuständigen Bundesministerium als selbstverständlich erachtete) Genehmigung des Kaufvertrags (der rechtsgeschäftlichen Erklärung des Landeshauptmanns von Steiermark) wird dem Grundbuchsgericht urkundlich nachzuweisen sein.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

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