European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0020OB00027.16H.0225.000
Spruch:
I. Der Revision der klagenden Partei wird Folge gegeben.
II. Der Revision der beklagten Parteien wird nicht Folge gegeben.
III. Den Rekursen aller Parteien wird nicht Folge gegeben.
IV. Die angefochtene Entscheidung wird einschließlich der bereits rechtskräftigen Teile dahingehend abgeändert, dass sie als Teilurteil wie folgt lautet:
„1. Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei 474.786,49 EUR samt 4 % Zinsen aus 221.090,55 EUR vom 24. 9. 2011 bis 6. 7. 2012, aus 336.164,09 EUR vom 7. 7. 2012 bis 22. 10. 2012, aus 359.385,49 EUR vom 23. 10. 2012 bis 3. 5. 2013, aus 469.385,49 EUR vom 4. 5. 2013 bis 22. 6. 2015 und aus 474.786,49 EUR ab 23. 6. 2015 sowie weitere 234.000 EUR binnen 14 Tagen zu bezahlen.
2. Das Mehrbegehren, die beklagten Parteien seien zur ungeteilten Hand schuldig, dem Kläger weitere 6.711,50 EUR sowie ein Zinsenmehrbegehren zu bezahlen, wird abgewiesen.
3. Die Kostenentscheidung bleibt dem Endurteil vorbehalten.
4. Im Übrigen, nämlich im Umfang des Zuspruchs einer monatlichen Rente von 19.500 EUR (brutto) ab 1. 1. 2014, wird das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache an das Gericht erster Instanz zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.
5. Die Kosten des Berufungsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.“
V. 1. Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit 6.133,22 EUR (darin enthalten 772,51 EUR USt und 1.498,20 EUR Pauschalgebühr) bestimmten Kosten ihrer Revision und ihrer Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
2. Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Entscheidungsgründe:
Der 1963 geborene Kläger wurde am 26. 4. 2009 als Radfahrer bei einem von der Erstbeklagten allein verschuldeten Verkehrsunfall verletzt. Bei der zweitbeklagten Partei bestand im Unfallszeitpunkt eine Haftpflichtversicherung für das von der Erstbeklagten gelenkte Kraftfahrzeug.
Der Kläger studierte Sport, engagierte sich in der Leichtathletik und absolvierte eine staatliche Trainerausbildung. Er wandte sich an prominente Personen und bekannte Unternehmen, hielt Seminare und Workshops ab und gab Fitnessstunden. Der Kläger führte sein Unternehmen bis September 2006 als Einzelunternehmen und brachte dieses mit Einbringungsvertrag vom 22. 9. 2006 in die ***** GmbH (im Folgenden „GmbH“) mit Einbringungsstichtag 1. 1. 2006 ein. Die GmbH wurde am 27. 9. 2006 ins Firmenbuch eingetragen. Der Kläger war Alleingesellschafter und Geschäftsführer. Bei der Tätigkeit des Klägers war die sportliche Betreuung durch ihn wesentlich.
Der Kläger erzielte bereits im Geschäftsjahr 2006 einen Umsatz von 656.000 EUR und ein Jahresergebnis (EGT) von 247.000 EUR. In den Jahren 2007 und 2008 verhielten sich die Umsätze und Ergebnisse annähernd gleich. Im Jahr 2009 brach der Umsatz auf rund 418.000 EUR ein, das EGT verminderte sich auf 28.000 EUR. Im Jahr 2010 betrug der Umsatz 457.000 EUR, das EGT 34.000 EUR.
Im Jahr 2006 erfolgte eine Gewinnausschüttung an den Kläger in Höhe von 154.100 EUR. Entnahmen erfolgten im Jahr 2006 in Höhe von 31.630,91 EUR und im Jahr 2008 in Höhe von 21.598,65 EUR. In den Jahren 2007, 2009 und 2010 erfolgten Einlagen von 6.999,68 EUR, 1.717,70 EUR und 22.778,89 EUR. Mit Gesellschafter-beschluss vom 10. 11. 2011 beschloss der Kläger als Alleingesellschafter der GmbH die Ausschüttung des Gewinnvortrags gemäß Bilanz zum 31. 10. 2010 in Höhe von 385.041,45 EUR (bestehend aus dem restlichen Jahresgewinn des Geschäftsjahrs 2007 sowie den Jahresgewinnen der Geschäftsjahre 2008 und 2009) an ihn. Die Gewinnausschüttung wurde der 25‑prozentigen Kapitalertragssteuer unterworfen.
Die an der Wirbelsäule des Klägers vorhandenen degenerativen Veränderungen führten zu keiner funktionalen Beeinträchtigung seiner beruflichen Tätigkeit.
Mit hoher Wahrscheinlichkeit wären für die GmbH 2009, 2010, 2011 und 2012 Gewinne in der gleichen Größenordnung wie 2006 bis 2008 möglich gewesen, hätte er den Unfall nicht erlitten.
Aus steuerlicher Sicht ist es günstig, mit Gewinnausschüttungen zuzuwarten, bis das Geld tatsächlich benötigt wird, zumal insofern ein Steuerstundungseffekt eintritt, als Kapitalertragssteuer nicht abzuführen ist und vom unversteuerten Bruttoertrag Zinserträge erwirtschaftet werden können. Dieser Steuerstundungseffekt war der Grund, warum der Kläger über Empfehlung seines Steuerberaters 2006 die GmbH gründete.
Das Nettoeinkommen des Klägers in den Jahren 2006 bis 2008 belief sich unter Berücksichtigung einer (weiteren) möglichen Gewinnausschüttung 2006 auf 167.052,84 EUR, 2007 auf 146.757,50 EUR, 2008 auf 153.830,10 EUR, im Durchschnitt daher auf 155.880,14 EUR; ohne zusätzliche (fiktive) Gewinnausschüttung 2006 auf 144.099,48 EUR, 2007 auf 27.802,98 EUR und 2008 auf 25.515,89 EUR.
Das Nettoeinkommen des Klägers betrug unter Berücksichtigung des Geschäftsführerbezugs, der tatsächlichen Gewinnausschüttungen, der Zahlungen der AUVA und der Betriebsunterbrechungsversicherung 2009 33.277,24 EUR, 2010 32.087,82 EUR, 2011 315.230,57 EUR und 2012 44.587,07 EUR. Sein durchschnittliches Nettoeinkommen betrug gerundet 106.000 EUR.
Das Nettoeinkommen des Klägers betrug unter Berücksichtigung des Geschäftsführerbezugs, der tatsächlichen Gewinnausschüttung, der Zahlungen der AUVA, der Betriebsunterbrechungsversicherung und der nicht entnommenen Gewinne 2009 47.133,07 EUR, 2010 47.215,60 EUR, 2011 36.134,20 EUR und 2012 39.307,68 EUR. Das Nettoeinkommen betrug durchschnittlich rund 42.400 EUR.
Der Kläger versuchte in den Jahren nach dem Unfall, das jahrelang aufgebaute Unternehmen am Leben zu erhalten. Er arbeitete im Jahr 2010 60 bis 80 Wochenstunden und hatte innerhalb von drei Jahren nur 28 Tage Urlaub. Da das Unternehmen nicht mehr rentabel lief, entschloss er sich zum Verkauf. Er ist nunmehr in der KG tätig, deren Komplementär er ist. Seine Frau ist die einzige Kommanditistin.
Der Kläger hätte seinen Beruf im Rahmen der GmbH bis ins hohe Alter ausgeübt und aus medizinischer Sicht auch ausüben können, hätte er den Unfall nicht erlitten.
Um jährlich netto 113.500 EUR (durchschnittliches Jahresnettoeinkommen 2006 ‑ 2008 inklusive nicht entnommener Gewinne 155.900 EUR abzüglich durchschnittliches Jahresnetto-einkommen 2009 ‑ 2012 inklusive nicht entnommener Gewinne 42.400 EUR) zu erhalten, wenn ein Einkommen von jährlich 45.821,97 EUR besteht, ist an den Kläger eine Bruttorente von 18.756,33 EUR zu zahlen.
Im Zeitraum Jänner 2009 bis Jänner 2013 kam es zu einer Geldentwertung von 9,5 %, im Zeitraum Jänner 2009 bis Jänner 2015 von 12,5 %. Unter Berücksichtigung einer Geldentwertung von 10 % erhöht sich die zu zahlende Bruttorente auf 20.648 EUR.
Mit Teilanerkenntnisurteil des Erstgerichts vom 11. 11. 2011 wurde festgestellt, dass die erstbeklagte Partei dem Kläger zur ungeteilten Hand mit der zweitbeklagten Partei jene Beträge an Einkommensteuer und Sozialversicherungsbeiträgen zu ersetzen hat, welche zusätzlich für den klagsgegenständlichen Nettoverdienstentgang anfallen und an Finanzverwaltung und Gebietskrankenkasse zu bezahlen sind.
Der Kläger begehrt zuletzt (neben den im Revisionsverfahren nicht mehr strittigen Positionen Heilbehandlungskosten und Verunstaltungsentschädigung) einen Verdienstentgang (netto) aus den Jahren
a) 2009 von 106.973,41 EUR
b) 2010 von 110.275,22 EUR
c) 2011 von 120.376,86 EUR
d) 2012 von 110.000 EUR
insgesamt 447.625,49 EUR sA
sowie eine monatliche Rente von 19.500 EUR (brutto) ab 1. 1. 2013.
Er brachte hiezu ‑ soweit im Revisionsverfahren noch entscheidungsrelevant ‑ zusammengefasst vor, die Einschränkungen seiner wirtschaftlichen Erwerbsfähigkeit bestünden auf Dauer, da die Verletzungsfolgen den Endzustand erreicht hätten. Er wäre ohne den Unfall in der Lage gewesen, seinen Beruf bis ins hohe Alter auszuüben.
Er begehre den Zuspruch einer Bruttorente, da Rentenzahlungen zu regelmäßigen Einkommensteuer-vorauszahlungen verpflichteten, während die Steuerpflicht im Falle eines ex post geltend gemachten Verdienstentgangs erst bei der Veranlagung des Jahres entstehe, in welchem der Zufluss erfolge.
Für die Verdienstentgangsberechnung seien der tatsächliche Anteil des Klägers am Unternehmensgewinn sowie die Entnahme‑ und Ausschüttungsmöglichkeiten, nicht jedoch ein zufällig gewählter Ausschüttungszeitpunkt maßgeblich.
Der Kläger habe Anfang des Jahres 2013 erkennen müssen, dass ihm die Erzielung eines Unternehmensergebnisses wie vor dem Unfall nicht mehr möglich sei. Nach eingehenden Überlegungen, Besprechungen und der Einholung eines Unternehmenswertgutachtens habe er sich zum Verkauf seines Unternehmens entschlossen und sich auf das ihm noch mögliche Geschäftsfeld der Beratungs- und Konzepttätigkeit im Sport- und Fitnessbereich im Rahmen der neu gegründeten ***** KG (im Folgenden „KG“) verlegt. Er erwirtschafte mit der KG annähernd das Ergebnis, das er bis 2012 mit der GmbH erwirtschaftet habe.
Die beklagten Parteien beantragen die Abweisung des Klagebegehrens und wenden gegen das im Revisionsverfahren noch strittige Verdienstentgangsbegehren zusammengefasst ein, der Kläger habe von der GmbH ein Geschäftsführergehalt bezogen und beziehe nach wie vor ein solches. Er habe den von der GmbH im Jahre 2006 erzielten Gewinn teilweise, die in den Jahren 2007, 2008 und 2010 erzielten Gewinne jedoch nicht entnommen, sodass davon auszugehen sei, dass er auch in den Jahren 2009 und 2010 allfällige ohne den Unfall erzielte weitere Gewinne nicht aus der Gesellschaft entnommen hätte. Im Hinblick auf die vom Kläger gewählte juristische Konstruktion sei eine Zurechnung nicht ausgeschütteter Gewinne an ihn unzulässig. Er habe den Gewinnausschüttungsbeschluss vom 10. 11. 2011 nur zur Verbesserung seiner prozessualen Stellung gefasst. Ohne Unfall wäre keine Gewinnausschüttung erfolgt.
Die beklagten Parteien bestreiten die Höhe des behaupteten durchschnittlichen Jahreseinkommens des Klägers in den drei dem Unfall vorangegangenen Jahren und die (hypothetische) Erzielbarkeit von Gewinnen durch die GmbH in den Jahren 2009 und 2010 wie in den Vorjahren. Wegen der Wirtschaftskrise wäre es in den Jahren 2009 und 2010 auch ohne Unfall zu Auftrags‑ und Umsatzrückgängen gekommen.
Die Verurteilung zum Ersatz künftig entstehenden Verdienstes setze das Feststehen eines künftigen Verdienstes voraus. Das Schwanken der Geschäftsführerbezüge und der Gewinnentnahmen des Klägers in nicht vorhersehbarem Ausmaß sowie dessen nunmehr geänderte berufliche Tätigkeit hinderten die Zuerkennung einer Rente.
Das Erstgericht verurteilte die beklagten Parteien zur ungeteilten Hand zur Zahlung von 474.786,49 EUR samt gestaffelten Zinsen (Verdienstentgang: 447.625,49 EUR; Behandlungskosten: 15.161 EUR; Verunstaltungs-entschädigung: 12.000 EUR) (Punkt 1. des Spruchs) sowie zur Zahlung einer monatlichen Rente von 19.500 EUR (brutto) ab 1. 1. 2013 (Punkt 2. des Spruchs) und wies unangefochten ein Mehrbegehren von 6.711,50 EUR sowie ein Zinsenmehrbegehren ab (Punkt 3. des Spruchs).
Das Erstgericht legte seiner rechtlichen Beurteilung des Verdienstentgangs- und Rentenbegehrens eine wirtschaftliche Betrachtungsweise zugrunde. Es sei nicht entscheidend, ob und in welchem Umfang der Kläger in den Jahren vor dem Unfall Gewinnausschüttungen beschlossen habe. Da ihm als Alleingesellschafter die Gewinne der GmbH zustünden, bedeute ein Gewinnentgang einen Schadenseintritt in seinem Vermögen. Es sei daher ein durchschnittliches Nettojahreseinkommen des Klägers in den Jahren 2006 bis 2008 von 155.880,14 EUR und ein Einkommen in den Jahren 2009 von 47.133,07 EUR, 2010 von 47.215,60 EUR, 2011 von 36.134,20 EUR und 2012 von 39.307,68 EUR maßgeblich. Der Verdienstentgang habe daher im Jahr 2009 108.747,07 EUR (geltend gemacht 106.973,41 EUR), im Jahr 2010 108.664,54 EUR (geltend gemacht 110.275,22 EUR), im Jahr 2011 119.745,94 EUR (geltend gemacht 120.376,86 EUR) und im Jahr 2012 116.572,46 EUR (geltend gemacht 110.000 EUR) betragen. Der Zuspruch umfasse daher den geltend gemachten Verdienstentgang für die Jahre 2009 bis 2012 von 447.625,49 EUR. Zum Zuspruch des Rentenbegehrens sei mit einer Änderung der Verhältnisse zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht zu rechnen und es sei bei den Unfallverletzungsfolgen der Endzustand erreicht. Die begehrte Bruttorente von 19.500 EUR sei in Anbetracht der Geldentwertung angemessen.
Das nur von den Beklagten angerufene Berufungsgericht änderte das erstgerichtliche Urteil dahingehend ab, dass es mit Teilurteil dem Kläger zum schon vom Erstgericht vorgenommenen Zuspruch von 474.786,49 EUR weitere 225.075,96 EUR zusprach (Punkt 1. des Spruchs). Das Mehrbegehren von 15.635,54 EUR sowie das Zinsenmehrbegehren wies es ab (Punkt 2. des Spruchs). Im Übrigen, nämlich im Umfang des Zuspruchs einer monatlichen Rente von 19.500 EUR (brutto) ab 1. 1. 2014, hob das Berufungsgericht das erstinstanzliche Urteil auf und verwies die Sache an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurück.
In rechtlicher Hinsicht führte das Berufungsgericht Folgendes aus:
a) Zur Rechtsfrage der Einbeziehung von erst nach dem Unfall erfolgten Ausschüttungen von vor dem Unfall erwirtschafteten Gewinnen einer Ein‑Mann‑GmbH:
Der Oberste Gerichtshof habe zur Rechtsfrage der Einbeziehung von erst nach dem Unfall erfolgten Ausschüttungen von vor dem Unfall erwirtschafteten Gewinnen einer Ein‑Mann‑GmbH in die Ermittlung des Verdienstentgangs des verletzten Alleingesellschafters noch nicht Stellung genommen. Aus mehreren österreichischen (SZ 61/178; 8 Ob 1608/94; 2 Ob 156/06i) und deutschen (BGH VersR 1962, 622; VersR 1974, 335; VersR 1977, 374 = NJW 1977, 1283) höchstgerichtlichen Entscheidungen ergebe sich, dass die unfallbedingte Verminderung seines Gewinnanteils als Schaden des Klägers zu qualifizieren sei. Gemäß § 35 Abs 1 Z 1 GmbHG unterliege der Beschlussfassung der Gesellschafter ua die Verteilung des Bilanzgewinns, falls Letzterer im Gesellschaftsvertrag einer besonderen Beschlussfassung von Jahr zu Jahr vorbehalten sei. Dieser Beschluss sei in den ersten acht Monaten jedes Geschäftsjahres für das abgelaufene Geschäftsjahr zu fassen. Es sei allerdings auch nach Fristablauf noch möglich, wirksame Beschlüsse zu fassen. Ein Beschluss über die Ergebnisverwendung sei nach dem Wortlaut des § 35 Abs 1 Z 1 GmbHG nur zu fassen, wenn die Satzung dies vorsehe. In diesem Fall entstehe der Dividendenanspruch des Gesellschafters mit dem (wirksam gefassten) Beschluss über die Ergebnisverwendung dann, wenn die Gesellschafter die Ausschüttung des ganzen oder eines Teils des Gewinns beschlössen. Soweit der Beschluss keine abweichende Regelung enthalte, sei der Anspruch mit Fassung des Beschlusses auch fällig. Sei die Fassung eines derartigen Beschlusses in der Satzung nicht vorgesehen und enthalte die Satzung auch keine anderweitigen Bestimmungen über die Ergebnisverwendung, hätten die Gesellschafter gemäß § 82 Abs 2 GmbHG Anspruch auf Ausschüttung des gesamten festgestellten Jahresgewinns nach dem Verhältnis der einbezahlten Stammeinlagen. Der Dividendenanspruch entstehe in diesem Fall mit der rechtswirksamen Feststellung des Jahresabschlusses und sei gleichzeitig auch fällig. Das Berufungsgericht unterstelle (im Hinblick auf die verbliebene Unklarheit betreffend die Notwendigkeit der Fassung eines Ausschüttungsbeschlusses) die Notwendigkeit einer solchen Beschlussfassung und gehe daher von der erst mit Beschlussfassung eintretenden Fälligkeit des Anspruchs des Klägers auf Gewinnausschüttung aus. Stelle man ‑ ausschließlich für Zwecke der Ermittlung des Verdienstentgangs des Alleingesellschafters ‑ die Ein‑Mann‑Gesellschaft dem Alleingesellschafter gleich, so könne es als unerheblich erachtet werden, ob der Alleingesellschafter einen ‑ allenfalls nach der Satzung erforderlichen ‑ Ausschüttungsbeschluss betreffend vor dem Unfall erwirtschaftete Gewinne noch vor dem Unfall gefasst gehabt hätte. Eine andere Betrachtungsweise hätte zudem unerwünschte Zufallsergebnisse zur Folge, wäre doch die Höhe des Verdienstentgangs davon abhängig, ob im Unfallszeitpunkt der Jahresabschluss für das Vorjahr bereits festgestellt gewesen sei, ob der Gesellschaftsvertrag eine Beschlussfassung über die Verteilung des Bilanzgewinns vorsehe und ob im Unfallszeitpunkt ein allenfalls erforderlicher derartiger Beschluss bereits gefasst gewesen sei. Der Schädiger solle sich für Zwecke der Schadensermittlung nicht darauf berufen können, es wären die aufgezeigten, nach dem GmbHG oder allenfalls dem Gesellschaftsvertrag für die Ausschüttung des im Unfallszeitpunkt bereits vorhandenen Gewinns an den Alleingesellschafter erforderlichen Umstände noch nicht eingetreten. Gerade die Zurechnung der im Jahr 2011 beschlossenen Ausschüttung von vor dem Unfall erzielten Gesellschaftsgewinnen alleine zum Jahresergebnis 2011 zeige, dass eine derartige Berechnung eine wirtschaftlich nicht erwünschte Entlastung des Schädigers zur Folge hätte. Dem Argument der beklagten Parteien, ein in der GmbH vorhandener, nicht ausgeschütteter Gewinn könne durch nachfolgende Verluste oder Gewinnrückgänge „aufgebraucht“ werden, könne entgegengehalten werden, dass ein derartiger Fall nicht vorliege. In die Verdienstentgangsermittlung eines Alleingesellschafters einer GmbH seien somit aus rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten die vor dem Unfall erwirtschafteten Gesellschaftsgewinne unabhängig vom Ausschüttungszeitpunkt einzubeziehen. Punkt 1. des erstgerichtlichen Urteilsspruchs sei daher zu bestätigen.
b) Zum Rentenzuspruch für das Jahr 2013:
§ 1325 ABGB sehe für den Fall einer Körperverletzung ausdrücklich auch den Ersatz des künftig entgehenden Verdienstes vor. Um dem Kläger sinnvollen Rechtsschutz gewähren zu können, gestatte § 406 Satz 2 ZPO bei „Ansprüchen auf Alimente“ die Verurteilung zu Leistungen, die erst in Zukunft, also nach Schluss der mündlichen Streitverhandlung erster Instanz, fällig würden. Neben den gesetzlichen und vertraglichen Unterhaltsansprüchen würden dazu auch Rentenansprüche nach § 1325 ABGB gezählt. Da das einkommen-steuerpflichtige Einkommen des Klägers im Jahr 2013 mit 45.821,97 EUR und die Höhe der sich unter Berücksichtigung dieses Einkommens mit 18.756,33 EUR brutto errechnenden monatlichen Rente feststehe, könne dem Kläger für das Jahr 2013 der Verdienstentgang als Kapital in Höhe von 225.075,96 EUR (brutto) im Wege einer Maßgabebestätigung zugesprochen werden. Der Kläger habe eine monatliche Rente von 19.500 EUR begehrt, ohne deren Höhe mit der Erforderlichkeit der Berücksichtigung einer Geldentwertung nach dem VPI 2005 zu begründen. Nach ständiger Rechtsprechung könne eine Verdienstentgangsrente mit keiner Wertsicherung (auch nicht mit einer solchen nach dem Verbraucherpreisindex) verknüpft werden, da die Höhe des Verdienstentgangs mit den Verbraucherpreisen in keinem unmittelbaren Zusammenhang stehe. Der Errechnung des vom Kläger im Jahr 2013 erlittenen Verdienstentgangs mit 225.075,96 EUR sei daher ein monatlicher Betrag von 18.756,33 EUR (brutto) zugrundezulegen. Ein auf das Jahr 2013 entfallendes Verdienstentgangsmehrbegehren von 8.924,04 EUR sei abzuweisen. Die kapitalisiert für das Kalenderjahr 2013 zugesprochene, vor Schluss der mündlichen Verhandlung fällig gewordene Rente sei kein Verstoß gegen § 405 ZPO.
c) Zum Rentenbegehren ab 1. 1. 2014:
Bei der Bemessung einer Rente für die Zukunft sei grundsätzlich von den Verhältnissen bei Schluss der Verhandlung erster Instanz auszugehen und bezüglich des Ausmaßes des Ersatzes künftigen Verdienstentgangs der gewöhnliche Lauf der Dinge zu berücksichtigen. Es fehlten Feststellungen zur Höhe des Einkommens des Klägers ab dem 1. 1. 2014. Der Kläger sei seit einem nicht festgestellten, nach seinem Vorbringen wohl im Jahr 2013 gelegenen Zeitpunkt in der neu gegründeten KG tätig. Er habe behauptet, aufgrund seiner Tätigkeit in der KG zumindest annähernd jenes Ergebnis zu erwirtschaften, das er nach dem Unfall mit der GmbH erwirtschaftet habe. Insbesondere die eingetretene Änderung des Tätigkeitsbereichs des Klägers erlaube keinen Schluss aufgrund des festgestellten Jahreseinkommens 2013 auf das Einkommen ab dem 1. 1. 2014 bis zum Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz (23. 6. 2015). Obwohl der Kläger Vorbringen zu seiner Einkommenssituation seit seiner Tätigkeit in der KG erstattet habe, habe das Erstgericht Feststellungen zur Einkommenssituation des Klägers nur bis einschließlich des Jahres 2013 getroffen. Da für den Zuspruch einer Rente die Verhältnisse im Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz maßgeblich seien, sei das angefochtene Urteil mit einer sekundären Mangelhaftigkeit behaftet. Dies erfordere eine Aufhebung des angefochtenen Urteils im Umfang des Zuspruchs einer monatlichen Rente von brutto 19.500 EUR ab 1. 1. 2014 und die Zurückverweisung der Sache in diesem Umfang an das Prozessgericht erster Instanz zur neuerlichen Urteilsfällung nach Verfahrensergänzung. Das Erstgericht werde Feststellungen zur Einkommenssituation des Klägers ab dem 1. 1. 2014 bis zum (künftigen) Schluss der Verhandlung erster Instanz nachzutragen und aufgrund der solcherart ergänzten Tatsachengrundlage über das vom Aufhebungsbeschluss erfasste Verdienstentgangsbegehren zu entscheiden haben.
Das Berufungsgericht ließ sowohl die Revision gegen sein Teilurteil als auch den Rekurs gegen seinen Teilaufhebungsbeschluss zu, weil keine höchstgerichtliche Judikatur zur Rechtsfrage vorliege, ob bei der Berechnung des Verdienstentgangs des Alleingesellschafters einer GmbH Gewinnausschüttungen dem vor dem Eintritt der Verletzung des Alleingesellschafters gelegenen Zeitraum zuzurechnen seien, in dem die GmbH die Gewinne erzielt habe, oder einem Zeitraum nach dem Eintritt der Verletzung des Alleingesellschafters, in dem die Gewinnausschüttung erfolgt sei.
Gegen das Teilurteil des Berufungsgerichts richten sich die Revisionen aller Parteien. Der Kläger bekämpft die Abweisung des Klagebegehrens im Umfang von 8.924,04 EUR. Die Beklagten bekämpfen den über 114.627,23 EUR sA hinausgehenden Zuspruch.
In seiner Revisionsbeantwortung beantragt der Kläger, die Revision der Beklagten mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben. In ihrer Revisionsbeantwortung beantragen die Beklagten, der Revision des Klägers nicht Folge zu geben.
Alle Parteien erhoben außerdem Rekurs gegen den Teilaufhebungsbeschluss. Der Kläger beantragt, im Umfang der Aufhebung das erstgerichtliche Urteil wiederherzustellen. Die Beklagten beantragen, im Umfang der Aufhebung das Klagebegehren abzuweisen.
Der Kläger beantragt in der Rekursbeantwortung, den Rekurs der Beklagten mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen, hilfsweise im Umfang der Aufhebung das Urteil des Erstgerichts wiederherzustellen. Die Beklagten beantragen in ihrer Rekursbeantwortung, dem Rekurs des Klägers nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Klägers ist wegen einer aufzugreifenden Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts zulässig. Die Revision der beklagten Parteien ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig. Die Revision des Klägers ist berechtigt. Die Revision der Beklagten ist nicht berechtigt.
Die Rekurse der Parteien sind aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, sie sind aber nicht berechtigt.
I. Zur Revision der klagenden Partei:
Der Kläger wendet sich gegen die oben unter b) dargestellte Beurteilung des Berufungsgerichts, seine Rente für das Jahr 2013 könne mit keiner Wertsicherung verknüpft werden.
Die Rüge des Klägers ist berechtigt.
Zunächst ist mit dem Revisionswerber festzuhalten, dass er ‑ im Gegensatz zu den berufungsgerichtlichen Ausführungen ‑ ausreichendes Vorbringen zum Begehren auf Aufwertung der begehrten Rente (auch für das Jahr 2013) erstattet hat.
Das Berufungsgericht hat seine Rechtsmeinung, eine Verdienstentgangsrente könne mit keiner Wertsicherung verknüpft werden, mit der Entscheidung 2 Ob 79/97z und dem Rechtssatz RIS‑Justiz RS0019225 begründet, der lautet:
„Keine Wertsicherung von Renten gemäß § 1325 ABGB nach dem Verbraucherpreisindex oder kollektivvertraglichen Löhnen, weil auch andere Faktoren für eine spätere Rentenerhöhung von Bedeutung sein können.“
Die maßgeblichen Passagen aus der Entscheidung 2 Ob 79/97z = ZVR 1998/21 (vgl RIS‑Justiz RS0019225 [T1, T2]) sind folgende:
„ Richtig ist zwar, daß Geldentwertungen bei der dem Verletzten zuzusprechenden Rente zu berücksichtigen sind (...), weil für Schadenersatzansprüche wegen Verdienstentgangs die clausula rebus sic stantibus gilt (...). Trotzdem ist bei der Bemessung der wegen Verdienstentganges zu ersetzenden Rente grundsätzlich von den gegenwärtigen Verhältnissen auszugehen und hat der Gesetzgeber den der Bemessung künftiger Raten innewohnenden Unsicherheitsfaktor in Kauf genommen. Nur dort, wo nach allgemeiner Lebenserfahrung schon im vorhinein mit einer Änderung der Verhältnisse zu einem bestimmten Zeitpunkt zu rechnen ist, ist schon bei der Bemessung auf künftige Verhältnisse Bedacht zu nehmen; auf die ungewisse Möglichkeit des Eintrittes künftiger Umstände , die die Rentenverpflichtung verändern können, ist bei der Rentenbemessung nicht Bedacht zu nehmen (...). Da die Höhe des Verdienstentganges aber überhaupt nicht unmittelbar mit den Verbraucherpreisen im Zusammenhang steht, kann bei einer Rente wegen Verdienstentganges keine Wertsicherung nach dem Verbraucherpreisindex zuerkannt werden, vielmehr obliegt es den Parteien, bei geänderten Verhältnissen eine Anpassung der Rente an die neuen Verhältnisse zu erreichen (...).“
Aus den mit Fettdruck hervorgehobenen Passagen wird deutlich, dass die Aussage, eine Rente könne mit keiner Wertsicherung verknüpft werden, jeweils nur die Verurteilung zu zukünftigen Renten (§ 406 Satz 2 ZPO) betrifft.
Selbst beim Zuspruch künftiger Renten ist die Berücksichtigung der Geldentwertung nicht schon an sich ausgeschlossen (SZ 4/65; SZ 36/132; 8 Ob 48/84 = JBl 1985, 551; 2 Ob 155/89; 2 Ob 79/97z = ZVR 1998/21; RIS‑Justiz RS0000653; RS0107992; RS0019276; RS0030897), vielmehr wird nur betont, auf die Wertsicherung könne nicht schon im Titel Bedacht genommen werden, vielmehr müsse die Rentenanpassung gesondert eingeklagt werden (2 Ob 155/89 = RIS‑Justiz RS0000653) bzw obliege es den Parteien, eine Anpassung der Rente an die neuen Verhältnisse zu erreichen (2 Ob 79/97z = ZVR 1998/21; RIS‑Justiz RS0030897).
Auf der Grundlage dieser Judikatur spricht nichts dagegen, für eine Rente für einen vergangenen Zeitraum ‑ wie hier ‑ eine Wertanpassung für die Geldentwertung vorzunehmen.
Soweit sich die beklagten Parteien in der Revisionsbeantwortung darauf berufen, die Wertsicherung von Renten könne nicht nach dem Verbraucherpreisindex (RIS‑Justiz RS0019225) oder nach dem Anpassungsfaktor des § 108f ASVG (8 Ob 48/84 = JBl 1985, 551) erfolgen, beziehen sich diese Entscheidungen ebenfalls nur auf zukünftige Renten und sind daher für den vorliegenden Fall nicht einschlägig.
Dass die vom Kläger geforderte und vom Erstgericht zugesprochene Wertanpassung um knapp 4 % angesichts der festgestellten Geldentwertung zwischen 2009 und 2013 (9,5 %) überhöht oder nicht angemessen wäre, behaupten die Beklagten in der Revisionsbeantwortung nicht und ist auch nicht ersichtlich.
In diesem Punkt war daher das erstgerichtliche Urteil wiederherzustellen.
II. Zur Revision der beklagten Parteien:
Die beklagten Parteien stehen auf dem Standpunkt, die GmbH und ihr Alleingesellschafter ‑ hier der Kläger ‑ seien nicht identisch, nicht ausgeschüttete Gewinne seien Vermögen der GmbH und nicht des Alleingesellschafters. Solange kein Gewinnverteilungs-beschluss gefasst sei, habe der Gesellschafter keinen Auszahlungsanspruch und somit keine gesicherte Position. Nicht ausgeschüttete Gewinne seien dem Gesellschafter nicht zugeflossen und könnten daher bei der Ermittlung des Verdienstentgangs nicht als Einkommen berücksichtigt werden. Berücksichtige man für die Ermittlung des Verdienstentgangs die in der GmbH thesaurierten Gewinne nicht, so stehe dem Kläger für die Jahre 2009 bis 2012 lediglich ein Verdienstentgang von 114.627,23 EUR zu.
Hiezu wurde erwogen:
Der Oberste Gerichtshof erachtet die oben unter a) wiedergegebene Begründung des berufungsgerichtlichen Urteils für zutreffend (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO); diese Ausführungen sind wie folgt zu ergänzen:
Nach ständiger oberstgerichtlicher Rechtsprechung ist der verletzte Alleingesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit der Gesellschaft rechtlich nicht identisch und hat daher nur Anspruch auf Ersatz entgangenen Gesellschaftsgewinns und nicht auf Ersatz der von der Gesellschaft getragenen Kosten für Ersatzkräfte (RIS‑Justiz RS0022657). Für Verdienstentgang eines geschäftsführenden Gesellschafters einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist die Verminderung seines Gewinnanteils an der Gesellschaft maßgebend (2 Ob 160/82 = JBl 1984, 262 = RIS‑Justiz RS0022525 [T2]; 2 Ob 42/87 SZ 61/178; 8 Ob 1608/94; 6 Ob 312/05h). Die Gesellschaft ist bezüglich des Schadens, den ein Gesellschafter an absoluten Rechten erleidet, lediglich mittelbar geschädigter Dritter, sodass der unfallbedingte Erwerbsausfall eines mitarbeitenden Gesellschafters nur diesem als unmittelbar Geschädigten soweit zu ersetzen ist, als er sich in einer Verringerung seines Anteils am Gesellschaftsgewinn niederschlägt (8 Ob 1608/94; 6 Ob 312/05h).
Zu diesen Entscheidungen ist festzuhalten, dass sie zum „Anteil am Gesellschaftsgewinn“ nicht danach unterscheiden, ob und wann der Gesellschaftsgewinn schon ausgeschüttet wurde oder nicht und ‑ falls er noch nicht ausgeschüttet wurde ‑, ob der Anspruch des Gesellschafters auf Auszahlung seines Gewinnanteils schon fällig ist oder nicht. Selbst wenn ‑ sofern ein Ausschüttungsbeschluss nötig ist (vgl § 35 Abs 1 Z 1, § 82 Abs 1 GmbHG) ‑ ein solcher noch nicht gefasst wurde, hat der Gesellschafter immerhin einen durch den Ausschüttungsbeschluss bedingten Anspruch. Im vorliegenden Fall kommt noch dazu, dass der Kläger Alleingesellschafter der GmbH ist; er kann somit selbst dann, wenn die Verteilung des Bilanzgewinns im Gesellschaftsvertrag (oder in der Erklärung über die Errichtung) einer besonderen Beschlussfassung von Jahr zu Jahr vorbehalten ist (§ 35 Abs 1 Z 1, § 82 Abs 1 GmbHG) oder der Bilanzgewinn durch den Gesellschaftsvertrag von der Verteilung ausgeschlossen ist (§ 82 Abs 1 GmbHG), entweder durch Gesellschafterbeschluss oder durch Änderung des Gesellschaftsvertrags jederzeit die Ausschüttung des Bilanzgewinns an sich bewirken. Die zitierten Entscheidungen sprechen somit nicht dagegen, vor dem Unfall vorhandene, aber nicht ausgeschüttete oder nicht fällige Bilanzgewinne für die Bemessung der unfallbedingten Verminderung des Bilanzgewinns heranzuziehen.
Die schon vom Berufungsgericht zitierte Rechtsprechung des deutschen Bundesgerichtshofs entspricht im Wesentlichen der zitierten österreichischen Rechtsprechung (BGH VersR 1962, 622; VersR 1974, 335; VersR 1977, 374 = NJW 1977, 1283). Besonders einschlägig sind die Ausführungen der zuletzt zitierten Entscheidung:
„Hätte der Schädiger für Geschäftsverluste eines Einzelkaufmanns oder des Mitinhabers einer Personalgesellschaft einzustehen, könnte er die Entschließungen, die jener über die (spätere) Verwendung des Gewinns getroffen haben würde, ebenso wenig zu seinen Gunsten für die Schadenbeurteilung heranziehen; insoweit hat der Schädiger mit dem Gewinnausfall sozusagen auch einen Verlust an Dispositionsfreiheit auszugleichen. Nun trifft zwar der Alleingesellschafter einer Kapitalgesellschaft die Entscheidung, ob und inwieweit er den Geschäftsgewinn seiner Gesellschaft belassen oder an sich ausschütten will, ... in Ansehung auch seines 'eigenen' Vermögens, als dessen Träger er im Ergebnis der Gesellschaft den Gewinn belässt, mögen ihn dazu auch die Verhältnisse zwingen. lnsoweit erscheint die Gesellschaft in schadenrechtlicher Beurteilung praktisch in der Tat als ein 'in besonderer Form verwalteter Teil seines Vermögens' (Senatsurteil vom 3. 4. 1962 ‑ Vl ZR 162/61 ‑ aaO und vom 13. 11. 1973 ‑ Vl ZR 53/72 aaO). Wie solche Entscheidungen (über die 'spätere' Verwendung des Gewinns) betriebswirtschaftlich oder steuerrechtlich anzusehen sind (…), ist hier, wo es um die schadenrechtliche Beurteilung geht, unerheblich. Für diese geht es darum, ob bei der Bemessung des Schadens, den der Alleingesellschafter durch die Verluste seiner Gesellschaft erleidet, der entgangene Gewinn mit Rücksicht auf den Zweck des vom Schädiger geschuldeten Ausgleichs als Passivposten des Gesellschaftsvermögens ungeachtet dessen rechtlicher Verselbständigung auch in die Schadenrechnung über das Vermögen des Alleingesellschafters eingesetzt werden kann. Das ist zu bejahen; anderenfalls würde der Schädiger allein aus formalen Gründen Vorteile ziehen, auf die er, da der Alleingesellschafter als unmittelbar Verletzter in dieser Höhe wirtschaftlich einen eigenen Schaden erlitten hat, keinen Anspruch hat. In solchen Fällen macht der Alleingesellschafter nicht einen Schaden der Gesellschaft geltend ... Vielmehr geht es hier allein um die richtige Bemessung des Schadens, die seinem eigenen (Gesellschafter‑)Vermögen durch die Einbußen im Gesellschaftsvermögen vermittelt worden ist, und zwar unter Anlegung allgemeiner schadenrechtlicher Wertungsmaßstäbe, die es hier rechtfertigen, den Schädiger für den Umfang des zu ersetzenden Schadens nicht an den gesellschaftsinternen Faktoren, welche die Ausweisung des entzogenen Wertes, des entgangenen Gewinns in der Bilanz der Gesellschaft beeinflussen, teilhaben zu lassen (…). Damit wird nicht die rechtliche Verselbständigung der 'Ein-Mann-Gesellschaft' gegenüber dem Alleingesellschafter gelockert, sondern lediglich auf die Bedeutung zurückgeführt, die die bei der Lösung von Schadenersatzfragen gebotene wirtschaftliche Betrachtung erfordert.“
Der BGH hat trotz der im Schrifttum an dieser Rechtsprechung geäußerten Kritik (vgl Schiemann in Staudinger, Kommentar zum BGB [2005], Vorbem zu §§ 249 ff, Rz 59 und 60; BeckOK BGB/Schubert BGB § 249 Rn 153 mwN; Oetker in Münchener Kommentar zum BGB7 [2016], § 249 BGB, Rn 287) an dieser seiner Rechtsprechung ausdrücklich festgehalten (BGH NJW‑RR 1989, 684).
Im Kern geht es im Übrigen bei der vorliegenden Fragestellung nicht ‑ wie dies die Revisionswerber argumentieren ‑ darum, ob vor dem Unfall vorhandene Bilanzgewinne der GmbH vor dem Unfall ausgeschüttet wurden bzw ob der verletzte Gesellschafter bereits vor dem Unfall einen fälligen Auszahlungsanspruch betreffend den Bilanzgewinn erworben hatte; es geht vielmehr darum, ob vor dem Unfall vorhandene Bilanzgewinne ‑ seien sie nun vor dem Unfall ausgeschüttet worden oder nicht ‑ zur Bemessung des durch den Unfall verursachten Verdienstentgangs des verletzten Gesellschafters heranzuziehen sind.
Der Oberste Gerichtshof sieht sich nicht veranlasst, von der zitierten Rechtsprechung abzugehen. Bezogen auf die vorliegende erhebliche Rechtsfrage ist diese Rechtsprechung folgendermaßen zu präzisieren und zusammenzufassen:
In einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung vor dem Unfall des Gesellschafters vorhandene bzw erwirtschaftete Bilanzgewinne sind auch dann zur Bemessung des im unfallbedingt verminderten Anteil am Gesellschaftsgewinn bestehenden Verdienstentgangs des Gesellschafters heranzuziehen, wenn diese Bilanzgewinne vor dem Unfall nicht ausgeschüttet wurden bzw vor dem Unfall nicht fällig waren.
Damit erweist sich die Revision der Beklagten als nicht berechtigt, sodass insoweit das Urteil des Berufungsgerichts zu bestätigen war.
III. Zu den Rekursen der Streitteile:
Die vom Berufungsgericht bezeichnete erhebliche Rechtsfrage kann auch für den aufhebenden Teil der berufungsgerichtlichen Entscheidung Bedeutung haben, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass die unter Punkt II. erörterte Frage, inwiefern vor dem Unfall des Gesellschafters in der GmbH erwirtschaftete Bilanzgewinne für die Bemessung des Verdienstentgangs relevant sind, sich auch auf die Verdienstentgangsrente ab dem 1. 1. 2014 auswirkt.
Die Rekurse sind daher zulässig.
Zur Beantwortung der erheblichen Rechtsfrage werden die Parteien auf die Ausführungen unter Punkt II. verwiesen.
Die Rekurse sind aber nicht berechtigt.
Das Berufungsgericht hat zutreffend darauf verwiesen, dass der Kläger zu seinem Einkommen im Jahr 2014 Vorbringen erstattet hat, das Erstgericht dazu aber keine Feststellungen, die für die Bemessung der Verdienstentgangsrente ab 1. 1. 2014 bedeutsam sind, getroffen hat.
Wenn das Berufungsgericht der Ansicht ist, dass ‑ bei hier vorliegender richtiger rechtlicher Beurteilung (RIS‑Justiz RS0042179 [T3]) ‑ der Sachverhalt in der von ihm dargestellten Richtung noch nicht genügend geklärt ist, dann kann der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, dem nicht entgegentreten (RIS‑Justiz RS0042179).
IV. Die Kostenentscheidung betreffend die Kosten in zweiter Instanz gründet sich auf den § 52 Abs 1 und 4 ZPO. Die Kostenentscheidung für das Revisionsverfahren gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Der Kostenvorbehalt für das Rekursverfahren gründet sich auf § 52 ZPO.
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