OGH 2Ob123/14y

OGH2Ob123/14y27.8.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr.

Baumann als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei P***** M*****, vertreten durch Gabler Gibel & Ortner Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. Mag. Dr. E***** L*****, vertreten durch Dr. Erich Kafka, Rechtsanwalt in Wien, 2. Dkfm. H***** S*****, und 3. DI P***** S*****, vertreten durch Doschek Rechtsanwalts GmbH in Wien, wegen Duldung und Unterfertigung (Streitinteresse je 10.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 14. Mai 2014, GZ 39 R 368/13a‑44, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0020OB00123.14Y.0827.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

1. Der Kläger geht in seinem Rechtsmittel nicht mehr davon aus, von Beginn an (ruhendes) Mitglied der Nutzungsgemeinschaft zu sein. Noch immer beruft er sich aber (auch) auf das Recht, der Liftvereinbarung beizutreten. Ein solches geht jedoch aus Vertragspunkt X. nicht hervor. Darin wird nur geregelt, unter welchen Voraussetzungen Altmietern, die sich ‑ wie der Kläger ‑ an den Kosten für die Errichtung des Lifts nicht beteiligt haben, ein Benützungsrecht zukommt, ohne dass sie in die Nutzungsgemeinschaft aufgenommen worden sind.

Rechtliche Beurteilung

2. Der Kläger könnte seinen Anspruch auf Duldung der Liftbenützung und Ausfolgung der Schlüssel nur dann auf Punkt X. der Liftvereinbarung stützen, wenn diese Regelung als echter Vertrag zugunsten Dritter, nämlich der nicht an der Nutzungsgemeinschaft beteiligten Altmieter, zu werten ist. Nach ständiger Rechtsprechung hängt es von dem ‑ aus der Natur und dem Zweck des Vertrags zu ermittelnden ‑ Parteiwillen ab, ob und unter welchen Voraussetzungen und in welchem Zeitpunkt auch der Dritte unmittelbar das Recht erwirbt, vom Versprechenden die Erfüllung des zu seinen Gunsten abgegebenen Versprechens zu fordern (7 Ob 191/11f; RIS‑Justiz RS0017137, auch RS0017149). Ein aus einem Vertrag begünstigter Dritter kann auch eine noch unbestimmte Person sein, sofern diese bestimmbar ist oder in der Folge bestimmbar wird (1 Ob 125/99k; RIS‑Justiz RS0111987). Im Zweifel liegt ein echter Vertrag zugunsten Dritter vor, wenn die Leistung hauptsächlich dem Dritten zum Vorteil gereichen soll. Bei einem Eigeninteresse eines Vertragspartners ist hingegen ein unechter Vertrag zugunsten Dritter anzunehmen (vgl 3 Ob 210/13y; RIS‑Justiz RS0017107, RS0017145). Es ist eine nach den Umständen des Einzelfalls zu lösende Frage der Vertragsauslegung, ob ein echter Vertrag zugunsten Dritter vorliegt (6 Ob 257/12f; RIS‑Justiz RS0017113).

3. Es mag zutreffen, dass der Wille der Vertragsparteien darauf gerichtet war, möglichst vielen Mietern mit vorhandenen oder durch bauliche Maßnahmen auf eigene Kosten erst zu schaffenden „Aus‑ und Einstiegsstellen“ die Nutzung der Liftanlage zu ermöglichen. Die Formulierung des Punktes X. der Liftvereinbarung könnte daher durchaus dahin zu verstehen sein, dass den Altmietern unter den dort genannten Voraussetzungen ein unmittelbares Recht auf Liftbenützung eingeräumt werden sollte.

4. Eine abschließende Beurteilung, ob entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts von einer solchen Auslegung ausgegangen werden müsste oder ob der Annahme eines echten Vertrags zugunsten Dritter allenfalls ein Eigeninteresse der Vertragspartner (Verminderung ihrer eigenen Kosten) entgegenstünde, ist aber nicht erforderlich. Zu den Voraussetzungen für das Recht auf Liftbenützung durch jene Altmieter, die sich nicht an den Kosten der Errichtung der Liftanlage beteiligt haben, gehört nämlich laut Vertragspunkt X. auch (und vor allem) die Entrichtung eines angemessenen, von der Hausverwaltung festzusetzenden Benützungsentgelts. Der Kläger hat trotz eines ausdrücklichen diesbezüglichen Einwands der Zweit‑ und des Drittbeklagten (AS 85 f) weder in seinem Klagebegehren noch in der Klagserzählung zum Ausdruck gebracht, zur Zahlung eines solchen Benützungsentgelts bereit zu sein. Das liegt daran, dass er in erster Instanz bis zuletzt an seiner (verfehlten) Rechtsansicht festhielt, stets an der Nutzungsgemeinschaft beteiligt gewesen zu sein und seine „ruhend gestellte“ Mitgliedschaft durch die nachträgliche Zahlung des ‑ seinerzeit verweigerten ‑ Beitrags zu den Errichtungskosten jederzeit „aktivieren“ zu können. Das Klagebegehren orientiert sich deshalb an der Regelung für die Neumieter in Vertragspunkt III.. Erst spät im Verfahren stützte sich der Kläger auch auf Punkt X. der Liftvereinbarung, ohne jedoch sein Klagebegehren anzupassen oder wenigstens ein Eventualbegehren zu stellen.

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