OGH 1Ob125/99k

OGH1Ob125/99k25.5.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Johann R*****, und 2. Daniel H*****, beide vertreten durch Dr. Christoph Brandweiner, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Verlassenschaft nach dem am ***** verstorbenen Leopold R*****, zuletzt wohnhaft gewesen in *****, vertreten durch Dr. Peter Rosenthal, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Zustimmung zur Abtretung von Mietrechten (Streitwert S 180.000,- -) infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 3. Februar 1999, GZ 54 R 456/98t-36, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichts Salzburg vom 19. August 1998, GZ 18 C 140/97-30, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien binnen 14 Tagen die mit 10.048,50 S (darin 1.674,75 S USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu bezahlen.

Text

Begründung

Der am ***** verstorbene Erblasser der beklagten Verlassenschaft (in der Folge Vermieter) vermietete mit Vertrag vom 22. 12. 1975 dem Erstkläger Geschäftsräumlichkeiten, in welchen dieser eine Diskothek betrieb. Nach diesem Mietvertrag ist der Mieter berechtigt, die Mietrechte abzutreten, wenn der Vermieter seine Zustimmung hiezu erteilt; dieser darf die Zustimmung allerdings nur dann verweigern, "wenn gegen den in den Mietvertrag eintretenden Mieter berechtigte und demnach nachzuweisende Bedenken hinsichtlich seines Rufes oder seiner Zahlungsunfähigkeit bestehen". Mit Vertrag vom 19. 9. 1996 trat der Erstkläger seine Mietrechte aus dem Mietvertrag vom 22. 12. 1975 an den Zweitkläger ab und nahm dieser die Abtretung an. Hievon setzte der Zweitkläger den Vermieter mit Schreiben vom 30. 9. 1996 in Kenntnis. Mit Schreiben vom 7. 10. 1996 teilte der Vermieter dem Zweitkläger mit, er stehe der Übernahme der Mietrechte positiv gegenüber, doch müßten noch einige Punkte geklärt werden. Am 28. 11. 1996 brachte der Klagevertreter dem Vermieter die Mietrechtsabtretung nochmals ausdrücklich zur Kenntnis und ersuchte um Erteilung der hiezu erforderlichen Zustimmung. Mit Schreiben vom 15. 1. 1997 erklärte der Vermieter, dem Eintritt des Zweitklägers in den Mietvertrag nicht zuzustimmen.

Die Kläger begehrten, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, der Abtretung der Mietrechte des Erstklägers an den Zweitkläger gemäß dem Abtretungsvertrag vom 19. 9. 1996 zuzustimmen.

Die beklagte Partei wendete ein, der Zweitkläger sei nicht klagslegitimiert und gegen ihn als Mieter bestünden berechtigte und begründete Bedenken. Er führe die Diskothek dermaßen, daß in der Umgebung ein Klima der Gewalt und Störung der öffentlichen Ruhe geschaffen worden sei; er verstoße beharrlich und bewußt gegen Vorschriften, insbesondere durch Erzeugung unerträglichen Lärms in der Diskothek. Schließlich habe er auch eine Anrainerin bedroht.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.

Es stellte fest, der Zweitkläger sei seit 1994 Geschäftsführer der Diskothek gewesen. Als solcher habe er mehrfach Beschwerden über Lärmbelästigungen durch den Diskothekbetrieb an den Erstkläger herangetragen, der diese Beschwerden aber mehr oder weniger ignoriert habe. Der Zweitkläger habe daraufhin selbst einen Baumeister mit der Vornahme von Schallschutzmaßnahmen beauftragt, sich um ein gutes Einvernehmen mit dem Vermieter bemüht und auf eine Lösung des Schallproblems gedrängt. Die Zusammenarbeit mit dem Zweitkläger sei im gewerbebehördlichen Verfahren sehr gut gewesen; er habe sich kooperativ bemüht, alle Beteiligten zufriedenzustellen. Am 17. 4. 1997 habe die zuständige Behörde dem Erstkläger Musikdarbietungen während der gesamten Betriebszeit der Diskothek (Sperrstunde um 4.00 Uhr früh) mit bestimmter Lautstärkenbegrenzung bewilligt. Im Zuge eines behördlichen Verfahrens habe sich der Zweitkläger zu einer Anrainerin begeben und ihr gesagt, der Erstkläger könne sehr unangenehm werden, wenn sie "nicht einverstanden sei". Es stehe nicht fest, daß der Zweitkläger gegenüber der Anrainerin einen bedrohlichen Eindruck gemacht habe. Der Zweitkläger sorge im Geschäftsbetrieb der Diskothek für strenge Auflagen, um Probleme mit dem Publikum zu vermeiden. Dennoch hätten sich seit Beginn des Jahres 1997 vier Vorfälle ereignet, die polizeiliches Einschreiten erfordert hätten.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, die von der beklagten Partei vorgetragenen Bedenken seien nicht geeignet, begründete Zweifel am Ruf oder der Zahlungsfähigkeit des Zweitklägers zu begründen. Der Zweitkläger sei klagslegitimiert, weil die Erklärung des Vermieters gegenüber dem Erstkläger, unter bestimmten Voraussetzungen die Zustimmung zur Abtretung der Mietrechte zu erteilen, als Vertrag zugunsten eines Dritten anzusehen sei.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß die Revision zulässig sei. Bei der das Abtretungsrecht betreffenden Passage des Mietvertrags handle es sich um einen echten Vertrag zugunsten Dritter, bei dem dem Begünstigten (Zweitkläger) ein unmittelbares Klagerecht zustehe. Zu entscheiden sei lediglich, ob berechtigte und demnach nachzuweisende Bedenken gegen den Ruf des Zweitklägers bestünden. Zweifel an der Zahlungsfähigkeit seien von der beklagten Partei nicht einmal behauptet worden. Der Ruf einer Person sei "eine höchstpersönliche Sache" und von dem zu trennen, was ein von dieser Person geführter Gewerbebetrieb bewirke. Der beklagten Partei sei es nicht gelungen, einen schlechten Ruf des Zweitbeklagten nachzuweisen. Die in der Diskothek erzeugte Musik könne ebenso wie verschiedene Vorkommnisse, die in derartigen Lokalen üblich seien, den (guten) Ruf des Zweitklägers nicht in Frage stellen. Die einer Anrainerin überbrachte Warnung des Zweitklägers, der Erstkläger könne sehr unangenehm werden, sei gleichfalls nicht geeignet, den schlechten Ruf des Zweitklägers anzunehmen.

Die Revision der beklagten Partei ist unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Nach § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abweicht, oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist. Bei der Prüfung der Zulässigkeit der Revision ist das Revisionsgericht an einen Ausspruch des Berufungsgerichts nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO nicht gebunden (§ 508a Abs 1 ZPO). Eine relevante erhebliche Rechtsfrage ist nicht ersichtlich und wird in der Revision auch nicht aufgezeigt:

1. Zur Klagslegitimation des Zweitklägers:

Wenn ein Bestandgeber schon im Bestandvertrag dem Bestandnehmer das Recht einräumt, durch bloße Erklärung alle Rechte und Pflichten aus dem Bestandverhältnis auf einen Dritten mit der Wirkung zu übertragen, daß dieser an seiner Stelle Bestandnehmer wird, ohne daß es einer weiteren Erklärung des Bestandgebers bedarf, so handelt es sich dabei um die Einräumung eines Weitergaberechts (Würth in Rummel ABGBý Rz 14 zu § 1098 mwN). Hat der Bestandgeber auf diese Weise im voraus seine Zustimmung zur Auswahl des Nachmieters erteilt (unbeschränktes Weitergaberecht), dann liegt darin ein Fall der Vertragsübernahme; der Nachmieter tritt in den Bestandvertrag ein, sobald er den Bestandgeber bekannt geworden ist, ohne daß es des Abschlusses eines neuen Mietvertrags bedürfte; der eingetretene Bestandnehmer kann unmittelbar auf Vertragserfüllung klagen (JBl 1991, 452; RdW 1998, 195; MietSlg 36.157; Würth aaO). Wurde das Auswahlrecht des Mieters dadurch eingeschränkt, daß der Vermieter den Eintritt der namhaft gemachten Person ablehnen darf, wenn gegen diese als Mieter sachlich begründete Bedenken bestehen, wurde also ein beschränktes Weitergaberecht vereinbart, so erfolgt der Mietrechtsübergang - wenn keine derartigen Bedenken bestehen - wie beim unbeschränkten Weitergaberecht durch bloße Erklärung des bisherigen Mieters (MietSlg 44.175 ua). Von beiden Arten des Weitergaberechts des Mieters ist der Fall zu unterscheiden, daß sich der Bestandgeber nach Art eines Vorvertrags gegenüber dem Bestandnehmer verpflichtet hat, unter bestimmten Bedingungen die Zustimmung zum Eintritt eines Dritten (anstelle des Bestandnehmers) in das Bestandverhältnis zu erteilen oder mit einem vom Bestandnehmer vorgeschlagenen geeigneten Dritten einen Vertrag gleichen (oder bestimmten anderen) Inhalts abzuschließen, dem Mieter also ein "Präsentationsrecht" gewährt wurde (Würth aaO). Der erste der beiden zuletzt genannten Fälle ist hier gegeben, wurde doch die Abtretung der Mietrechte des Erstklägers im Mietvertrag von einer erst zu erteilenden Zustimmung des Vermieters - die bloß unter bestimmten Bedingungen versagt werden darf - abhängig gemacht. In einem solchen Fall in dem der Vermieter bloß unter bestimmten Voraussetzungen zur Zustimmung zum Mieterwechsel verpflichtet ist, ein Weitergaberecht also nicht vereinbart wurde (vgl JBl 1991, 452), muß die Vertragsübernahme notfalls mittels Klage durchgesetzt werden. Gewiß ist der namhaft gemachte Nachmieter zu einem Begehren auf Feststellung seiner Mietrechte in einem solchen Fall nicht legitimiert, weil die Mietrechte mangels Zustimmung des Vermieters noch nicht wirksam übertragen wurden (MietSlg 39.135, 31.196), der Nachmieter ist aber berechtigt, vom Vermieter die Erteilung der Zustimmung zur Abtretung der Mietrechte durch den Vormieter an ihn im Klagsweg zu begehren, weil die Bestimmung im Mietvertrag, daß der Vermieter die Verweigerung der Zustimmung zur Abtretung der Mietrechte nur unter ganz bestimmten Bedingungen verweigern dürfe, einen "echten Vertrag zugunsten eines Dritten" iSd § 881 ABGB darstellt. Inhalt und Umfang der Begünstigung des Dritten (hier des Zweitklägers), insbesondere sein Klagerecht, bestimmen sich zufolge § 881 Abs 2 erster Satz ABGB durch Auslegung der Vereinbarung, wobei Natur und Zweck des Vertrags zu beurteilen sind. Im Zweifel erwirbt der Dritte das Klagerecht, wenn die Leistung hauptsächlich ihm zum Vorteil gereichen soll (SZ 66/121; SZ 51/25; Apathy in Schwimann ABGBý Rz 2 zu §§ 881 f; Rummel in Rummel ABGBý Rz 2 zu § 881). Prinzipiell tritt das Forderungsrecht des Dritten neben das des Versprechensempfängers (Rummel aaO). Im Zweifel ist anzunehmen, daß nicht nur ein Vertrag zur Leistung an Dritte, sondern ein echter Vertrag zugunsten Dritter vorliegt (SZ 51/25). Ein aus einem Vertrag begünstigter Dritter kann auch eine noch unbestimmte Person sein, die aber bestimmbar ist oder in der Folge bestimmbar wird (MietSlg 20.077; Rummel aaO Rz 6 zu § 881).

Im Sinne dieser Ausführungen ist die Klagslegitimation des Zweitklägers als Nachmieter zu bejahen (vgl JBl 1991, 452), wozu zu bemerken ist, daß es stets eine Frage der Vertragsauslegung ist, ob ein echter Vertrag zugunsten eines Dritten vorliegt (SZ 66/121; WoBl 1992, 185; Apathy aaO).

2. Zur Berechtigung der Ablehnung wegen der behaupteten berechtigten Bedenken gegen den Ruf des Zweitklägers:

Nach den Feststellungen der Vorinstanzen hat sich der Zweitkläger stets um eine Lösung des "Schallschutzproblems" bemüht, hat im Diskothekbetrieb - soweit dies möglich und zumutbar war - dafür gesorgt, daß Probleme mit dem Publikum hintangehalten werden, und sind seit Beginn des Jahres 1997 lediglich vier Vorfälle aktenkundig, die ein polizeiliches Einschreiten erforderlich machten. Alle diese Vorfälle haben sich zwar im Zusammenhang mit dem Betrieb der Diskothek ereignet, doch kann aus dem Umstand, daß wegen des Verhaltens von Gästen Polizeieinsätze notwendig waren, nicht auf einen "schlechten Ruf" des Zweitklägers in dem Sinn, daß er charakterlich nicht einwandfrei sei, geschlossen werden (vgl MietSlg 42.115). Ob die von der beklagten Partei beanstandete Führung der Diskothek Anlaß zu einer berechtigten Kündigung bieten könnte, ist hier nicht zu untersuchen. Daß der Zweitkläger eine Anrainerin derart "in Angst versetzt" habe, daß er selbst auf diese Person einen bedrohlichen Eindruck hinterlassen habe, wurde von den Vorinstanzen nicht festgestellt, sodaß auch in der von den Vorinstanzen festgestellten Vorgangsweise des Zweitklägers kein Grund gefunden werden kann, an seinem grundsätzlich guten Ruf zu zweifeln. Die Vorinstanzen sind bei der Beurteilung dieses Einzelfalls durchaus ohne Überschreitung des ihnen eingeräumten Ermessensspielraums richtigerweise davon ausgegangen, daß der Ruf des Zweitklägers nicht (nachgewiesenermaßen) bedenklich sei.

Die Revision ist demnach mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO. Die Kläger haben in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

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