European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0010OB00098.16T.0927.000
Spruch:
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass sie lautet:
„Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs wird verworfen. Dem Erstgericht wird die Fortsetzung des gesetzmäßigen Verfahrens über die Klage aufgetragen.“
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 3.379,86 EUR (darin enthalten 563,31 EUR USt) bestimmten Kosten des Verfahrens über den Zwischenstreit binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
Der Kläger ist ein Gemeindeverband gemäß Art 116a Abs 2 B‑VG, dem die in § 1 Abs 3 des Gesetzes über den Wasserleitungsverband Nördliches Burgenland (in der Folge: WLVG 2007), LGBl 2007/73 idgF, angeführten Gemeinden als Mitglieder angehören.
Die Liegenschaft der Beklagten, einer GmbH, liegt im Gemeindegebiet eines der Mitglieder des klagenden Verbands. In den 1970er Jahren verwirklichte die Rechtsvorgängerin der Beklagten auf dieser Liegenschaft ein Freizeitprojekt, das die Errichtung von Objekten als allgemeine Teile, Bestandflächen zum Aufstellen von Mobilheimen und Parzellen zum Verkauf an Dritte vorsah. Die Liegenschaft wurde im Einvernehmen zwischen der Rechtsvorgängerin der Beklagten und dem Rechtsvorgänger des klagenden Verbands an das von diesem betriebene Versorgungsnetz angeschlossen, in dem eine Abzweigung von der unter der Landesstraße liegenden Wasserleitung errichtet und von dort bis zur Liegenschaft der Beklagten verlängert wurde, wo sie in einem Schacht mündet. Von diesem Schacht zweigt eine Wasserleitung zum Mobilheimplatz und eine weitere Wasserleitung zum Verwaltungsgebäude ab, von wo aus sie weiter in den internen Straßen und Wegen des Freizeitparks verlegt wurde. Über diese Wasserleitung wird unter anderem auch ein Förster versorgt, dessen Liegenschaft nicht Teil des Freizeitparks ist.
In der Folge verkaufte die Rechtsvorgängerin der Beklagten 59 Parzellen, auf denen die jeweiligen Eigentümer Einfamilienhäuser errichteten. Zu deren Wasserversorgung wurden Schächte errichtet, aus welchen die Anschlussleitungen abzweigen. Von den 59 Eigentümern entschieden sich noch in den 1970er Jahren 19, ihren Wasserbezug mit dem Rechtsvorgänger des klagenden Verbands direkt zu verrechnen. Zu diesem Zweck wurden deren Grundstücke mit Wasseruhren ausgestattet.
Seit Ende der 1970er Jahre schrieb der Rechtsvorgänger des Klägers der Rechtsvorgängerin der Beklagten, ab 1999 dieser, sowie den 19 Eigentümern die Wasserabgaben bescheidmäßig vor. Die Vorschreibungen erfassten den gesamten Wasserverbrauch des Freizeitparks, wobei ihr (bzw ab 1999 der Beklagten) am jeweiligen Jahresende jene Beträge gutgeschrieben wurden, die sich aus der Abrechnung mit den 19 Eigentümern ergaben. Die Beklagte war ab dem Jahr 2012 nicht mehr bereit, Wasserbezugsgebühren und Grundgebühren für die Liegenschaftseigentümer und den Förster vorzufinanzieren, aufzuteilen und einzutreiben.
Der klagende Verband schrieb der Beklagten mit Bescheid vom 11. 4. 2012 Wasserbezugsgebühren von 1.750,54 EUR und Grundgebühren von 4.536,75 EUR für den Zeitraum von 1. 1. 2012 bis 31. 3. 2012, mit Bescheid vom 11. 7. 2012 Wasserbezugsgebühren von 8.832,55 EUR und Grundgebühren von 4.536,75 EUR für die Zeit von 1. 4. 2012 bis 30. 6. 2012 und mit Bescheid vom 10. 10. 2012 Wasserbezugsgebühren von 8.116,14 EUR und Grundgebühren von 4.536,75 EUR für den Zeitraum 1. 7. 2012 bis 30. 9. 2012 vor.
Die Beklagte bekämpfte die Bescheide, mit denen der Vorstand des klagenden Verbands ihren Berufungen gegen diese Vorschreibungen keine Folge gegeben hatte, mit Vorstellung an die Landesregierung. Diese hob mit Erkenntnissen vom 25. 4., 29. 4. und 17. 7. 2013 die Bescheide des klagenden Verbands jeweils aus Anlass der Vorstellung auf und verwies die Sache zur neuerlichen Entscheidung an diesen zurück.
Der klagende Verband nahm daraufhin von einer weiteren bescheidmäßigen Vorschreibung Abstand und machte gegenüber der Beklagten für die zunächst mit den Bescheiden geltend gemachten Zeiträume und darüber hinaus für die Zeit von 1. 10. 2012 bis 30. 6. 2013 inklusive Verzugszinsen von 2.080,31 EUR insgesamt einen Betrag von 70.504,82 EUR mit Rechnung vom 1. 8. 2013 geltend. Die Beklagte leistete auf diese Forderung 51.477,14 EUR, was nach ihren Berechnungen den auf sie entfallenen Anteil der Wasserbezugs- und Grundgebühren sowie Verzugszinsen darstellte.
Mit Klage vom 10. 10. 2014 begehrte der klagende Verband unter Berufung auf eine Vereinbarung mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten den Differenzbetrag von 19.027,68 EUR an ausständigen Entgelten für die von ihm vorgenommenen Wasserlieferungen. Das Amt der Burgenländischen Landesregierung habe die von ihrem Vorstand erlassenen Berufungsbescheide aufgehoben und dabei die Rechtsansicht vertreten, es bestehe keine Anschlusspflicht, weil die Transportleitung von den im Eigentum der Beklagten befindlichen Grundstücken mehr als 50 m von der Wasserversorgungsanlage des Klägers entfernt sei. Ein Ansuchen auf freiwilligen Anschluss im Sinne des § 2 der Wasserleitungs‑VO 1962 habe die Beklagte bzw ihre Rechtsvorgängerin nicht gestellt. Der klagende Verband sei an diese Rechtsansicht gebunden, weswegen die ausständigen Beträge für Wasserlieferungen auf dem Zivilrechtsweg geltend gemacht werden müssten.
Die Beklagte erhob Einspruch und wendete die Unzulässigkeit des Rechtswegs ein. Bei Errichtung des Freizeitparks seien alle Beteiligten von einer Anschlusspflicht betreffend die Trinkwasserversorgung ausgegangen, wobei der Anschluss vollzogen und der Beklagten bzw deren Rechtsvorgängerin in der Folge Wassergebühren bescheidmäßig vorgeschrieben worden seien. Da sie nicht mehr gewillt sei, Wassergebühren für die Hauseigentümer und den Förster vorzufinanzieren, aufzuteilen und einzutreiben, seien beginnend mit dem Jahr 2012 die öffentlich‑rechtlich vorgeschriebenen Wassergebühren bekämpft worden. Die Begründung einer Verpflichtung, wie hier die Forderung von Wassergebühren, habe zwingend in Bescheidform zu erfolgen, sodass die gerichtliche Geltendmachung unzulässig sei. Die Entscheidungen der Vorstellungsbehörde könnten eine Bindungswirkung lediglich in jenen Verfahren entfalten, in denen sie ergangen seien.
Das Erstgericht wies die Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs zurück. Die Abgrenzung zwischen Gerichtsbarkeit und Verwaltung richte sich in erster Linie nach der positiv‑rechtlichen Zuweisung durch den Gesetzgeber. Fehle eine eindeutige gesetzliche Zuweisung, so richte sich die Abgrenzung nach der Einteilung in öffentliches oder privates Recht.
Leistungen der Daseinsvorsorge, wie insbesondere der Betrieb von Wasserleitungen, würden von manchen Rechtsträgern in öffentlich‑rechtlicher, von anderen in privatrechtlicher Form erbracht. Entscheidend dafür, ob ein Akt der Daseinsvorsorge in den Bereich der Hoheitsverwaltung oder der Privatwirtschaftsverwaltung des Rechtsträgers falle, sei, welche rechtstechnischen Mittel zur Verwirklichung der zu erfüllenden Aufgaben bereit gehalten würden. Fehle ein gesetzlicher Auftrag zum hoheitlichen Handeln, gehöre die Tätigkeit der Gemeinde im Rahmen der Daseinsvorsorge in den Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung.
Die Liegenschaft der Beklagten sei unstrittig tatsächlich an das Wasserversorgungsnetz des Klägers mit dessen Wissen und Willen angeschlossen. Die Abgabenpflicht nach §§ 32 f WLVG 2007 umfasse nicht nur Liegenschaften, für die Anschlusspflicht bestehe und deren Bestehen mit Bescheid gemäß § 21 WLVG 2007 festgestellt worden sei, sondern auch freiwillige Anschlüsse gemäß § 22 WLVG 2007. Für den freiwilligen Anschluss sei weder eine bescheidmäßige Bewilligung notwendig, noch knüpfe die Entstehung des Abgabenanspruchs daran. Dieser entstehe gemäß § 32 Abs 1 WLVG 2007 mit dem Einbau des Wasserzählers oder, sofern ein solcher nicht eingebaut sei, mit dem Zeitpunkt, in dem der Wasserbezug möglich sei. Dass der Landesgesetzgeber danach habe differenzieren wollen, ob bei einem freiwillig angeschlossenen Grundstück ein schriftlicher Antrag vor der Gestattung, von der zwanglos angenommen werden könne, dass sie im Gegensatz zu einer bescheidmäßigen Bewilligung auch bloß faktisch erfolgen könne, vorliege, ergebe sich weder aus dem Gesetzeswortlaut noch aus den Materialien. Damit mache der Kläger Ansprüche geltend, für deren Bemessung, Vorschreibung und Einhebung gemäß § 33 WLVG 2007 die für Landesabgaben geltenden Bestimmungen der BAO anzuwenden seien. Der ordentliche Rechtsweg sei daher nicht zulässig; eine Bindung an die aufhebenden Bescheide der Burgenländischen Landesregierung als Vorstellungsbehörde bestehe nicht.
Das Rekursgericht hob den Beschluss des Erstgerichts auf und trug diesem eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Die öffentliche Wasserversorgung erfasse nach dem WLVG 2007 den Bezug von Wasser aus der Verbandswasserleitung sowohl bei Anschlusspflicht im Sinne des § 19 WLVG 2007 als auch bei freiwilligen Anschlüssen im Sinne des § 22 WLVG 2007. Die Schlussfolgerung des Klägers, es liege kein „freiwilliger Anschluss“ im Sinne des § 22 WLVG 2007 vor, weil er nicht aufgrund eines schriftlichen Antrags der seinerzeitigen Grundeigentümerin zustande gekommen sei, überzeuge nicht. Das Schriftformgebot diene erkennbar nur dem Zweck, eine Handlungspflicht des Verbands zu begründen, nämlich den Anschluss – in welcher Form auch immer – zu „gestatten“ oder (dies wohl mit Bescheid) zu versagen. Eine Einordnung bereits bestehender Anschlüsse in solche, auf welche das WLVG 2007 anzuwenden sei, und solche, auf die das nicht zutreffe, und die daher dem Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung angehörten, sei daraus nicht abzuleiten. Das Erstgericht habe zutreffend darauf verwiesen, dass bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs in erster Linie der Wortlaut des Klagebegehrens und darüber hinaus der Klagesachverhalt maßgebend sei. Danach begehre der Kläger restliches Entgelt für Wasserlieferungen für den Zeitraum 1. 1. 2012 bis 30. 6. 2013 aufgrund einer in den 1970er Jahren zustande gekommenen Vereinbarung mit der damaligen Grundeigentümerin über den Wasseranschluss und den Abrechnungsmodus. Die Möglichkeit eines freiwilligen Anschlusses ohne Vorliegen der Anschlusspflicht sei im damals in Geltung stehenden WLVG 1956 nicht vorgesehen gewesen. Einen solchen habe aber die vom Rechtsvorgänger des Klägers erlassene Wasserleitungsordnung 1962 ermöglicht. Es fehle an Anhaltspunkten, dass Anschlüsse an die Verbandswasserleitung, denen nicht eine Verpflichtung hierzu zugrunde liege, und das dafür zu entrichtende Entgelt (mit Ausnahme der – Anm: hier nicht gegenständlichen – Wasserleitungsabgabe) öffentlich‑rechtlich geregelt gewesen wären. In Ermangelung einer dem öffentlichen Recht angehörenden Regelung über das für den Wasserbezug zu entrichtende Entgelt sei die seinerzeitige Vereinbarung über den Wasseranschluss dem Privatrecht zuzuordnen. Daran habe sich durch das Inkrafttreten des WLVG 2007 nichts geändert, zumal dieses keine Übergangsvorschriften für vor dem Inkrafttreten auf privatrechtlicher Grundlage zustande gekommene Vereinbarungen über den Wasserbezug enthalte.
Eine abschließende Beurteilung sei jedoch noch nicht möglich, weil das Erstgericht keine Feststellungen zu der zwischen den Parteien strittigen Frage einer allenfalls doch vorliegenden Anschlusspflicht getroffen habe. Dazu werde das Erstgericht im fortgesetzten Verfahren die kürzeste Entfernung zwischen der Grenze des Grundstückes der Beklagten und der Versorgungsleitung festzustellen haben.
Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zuzulassen, weil die Frage nach der Zulässigkeit des Rechtswegs von grundsätzlicher Bedeutung sei und wohl auch eine Vielzahl „freiwilliger“ Wasseranschlüsse betreffe, die vor dem Inkrafttreten des WLVG 2007 zustande gekommen seien.
Rechtliche Beurteilung
Der von der Beklagten erhobene Rekurs ist zur Klarstellung zulässig; er ist – zu ihrem Nachteil – auch berechtigt.
1.1 Für die Zulässigkeit des Rechtswegs vor den ordentlichen Gerichten im Sinn der Art 82 ff B‑VG ist in erster Linie der Wortlaut des Klagebegehrens und darüber hinaus der Klagesachverhalt (die Klagebehauptungen) maßgebend. Es kommt auf die Natur und das Wesen des geltend gemachten Anspruchs an. Danach ist zu beurteilen, ob ein privatrechtlicher Anspruch im Sinn des § 1 JN erhoben wurde, über den die Zivilgerichte zu entscheiden haben (ständige Rechtsprechung; RIS‑Justiz RS0045584; RS0045718; RS0005896; Mayr in Rechberger ZPO 4 Vor § 1 JN Rz 6). Unerheblich ist, ob der behauptete Anspruch berechtigt ist, weil hierüber erst in der Sachentscheidung abzusprechen ist (RIS‑Justiz RS0045491; RS0045718).
1.2 Unter bürgerlich‑rechtlichen Ansprüchen sind im Sinn des § 1 JN jene anspruchsbegründenden rechtlichen Regelungen zu verstehen, die auf Gleichordnung beruhende Rechtsbeziehungen zwischen beliebigen Rechtssubjekten zum Gegenstand haben. Über Zivilrechtsansprüche können nach der durch die Verwaltungsgerichtsbarkeits‑Novelle 2012 (BGBl I 2012/51) geschaffenen Rechtslage sowohl die ordentlichen Gerichte als auch Verwaltungsbehörden entscheiden (1 Ob 246/14d; 1 Ob 116/16i). Die Kompetenz der ordentlichen Gerichte hängt davon ab, ob ein bürgerlich‑rechtlicher Anspruch geltend gemacht wird, der nicht ausdrücklich durch das Gesetz vor eine andere Behörde verwiesen wird (§ 1 JN; RIS‑Justiz RS0045584 [T32]). Im Einzelfall wird die Zuweisung zum Bereich des Privatrechts oder des öffentlichen Rechts in der Regel durch gesetzliche Bestimmungen getroffen, die entweder das betreffende Rechtsgebiet ausdrücklich als öffentliches Recht bezeichnen oder eine Zuweisung an die Verwaltungsbehörden oder Gerichte zum Ausdruck bringen (RIS‑Justiz RS0045438 [T7]); im Zweifel müssen bürgerliche Rechtssachen gemäß § 1 JN mangels ausdrücklicher anderer Anordnung durch die Gerichte entschieden werden (RIS‑Justiz RS0045456). Soll von der Zuständigkeit der Gerichte eine Ausnahme geschaffen werden, muss sie in den hierfür erforderlichen „besonderen Gesetzen“ klar und unzweideutig zum Ausdruck gebracht werden. Eine ausdehnende Auslegung von Vorschriften, die eine Zuständigkeit einer Verwaltungsbehörde normieren, ist unzulässig (RIS‑Justiz RS0045474).
1.3 Die Frage, ob eine bestimmte Aufgabe zu ihrer Wahrnehmung der Hoheitsverwaltung oder der Privatwirtschaftsverwaltung übertragen ist, ist ausschließlich nach den maßgeblichen Rechtsvorschriften zu beurteilen; es ist daher unter Ausschöpfung aller Interpretationsmöglichkeiten zu ermitteln, welche Vollzugsform der Gesetzgeber angewendet wissen will (vgl RIS‑Justiz RS0102497 [T3]). Für die Abgrenzung kommt es unter anderem darauf an, ob mit dem zu beurteilenden Handeln staatlicher Verwaltungseinrichtungen typisch staatliche Aufgaben erfüllt werden und ob dieses Verwaltungshandeln rechtstechnisch auf hoheitlicher Grundlage (Verordnung, Bescheid, etc) beruht. Dabei sind insbesondere auch die dem Verwaltungshandeln zugrunde liegenden konkreten Rechtsvorschriften und die mit diesen verfolgten Ziele zu beachten (1 Ob 183/15s mwN = RIS‑Justiz RS0102497 [T7]; vgl RS0049882 [T8, T14]).
2. Leistungen im Rahmen der Daseinsvorsorge können von einem Rechtsträger sowohl mit Mitteln der Privatwirtschaftsverwaltung als auch in Vollziehung der Gesetze erbracht werden (RIS‑Justiz RS0050189). Wasserversorgungsanlagen der Gemeinden werden dann in Erfüllung von Aufgaben der Hoheitsverwaltung geführt, wenn die von der Gemeinde erlassene Wasserleitungsordnung einen mit Bescheid durchsetzbaren Anschlusszwang sowie die Vorschreibung von Gebühren vorsieht und Verstöße als Verwaltungsübertretung geahndet werden (1 Ob 256/05m mwN; 6 Ob 163/12g). Es ist aber auch möglich, dass bei der Trinkwasserversorgung zwar der Anschlusszwang öffentlich‑rechtlich geregelt ist, die Verrechnung des Entgelts aber privatrechtlich bleibt, wenn nicht auch diese Frage durch Gesetz öffentlich‑rechtlich geregelt wird (VfGH 19. 3. 1956, VfSlg 4957;
ebenso 1 Ob 47/91). Generell gilt daher, dass eine Gemeinde nur dann berechtigt ist, bei der Erhebung von Geldleistungen für die Benützung ihrer Einrichtungen hoheitlich vorzugehen, wenn das Gesetz die Befugnis zu einem solchen Vorgehen deutlich erkennbar einräumt (VwGH 2012/06/0172 mwN; 1 Ob 47/91). Dies gilt auch dann, wenn die Benützung einer Gemeindeanlage eindeutig auf öffentlich‑rechtlicher, hoheitlicher Grundlage geregelt ist (vgl 1 Ob 47/91; vgl auch Hattenberger , Liberalisierung der Wasserversorgung, bbl 2006, 1, 16).
3.1 Der Kläger begehrt restliches Entgelt für Wasserlieferungen im Zeitraum von 1. 1. 2012 bis 30. 6. 2013 und beruft sich dazu auf eine Vereinbarung mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten nach der dieser nicht nur die Wasserlieferung für die allgemeinen Teile des Freizeitparks, sondern auch der Wasserbezug, der auf die 59 Eigentümer, an die Grundstücke im Bereich der Freizeitanlage verkauft worden waren, verrechnet werden sollten. Eine Abänderung dieser Vereinbarung sei lediglich hinsichtlich jener 19 Parzellen erfolgt, bei welchen aufgrund der installierten Wasserzähler jeweils eine eigene Abrechnung möglich sei. Aus dem Bestreitungsvorbringen der Beklagten folgt dazu, dass es sich beim eingeklagten Betrag um das Entgelt für den Wasserverbrauch handelt, der ihrer Ansicht nach auf die Liegenschaftseigentümer am Areal des Freizeitparks sowie einen Förster, dessen Liegenschaft nicht innerhalb des Bereichs des Freizeitparks liegt, entfällt.
3.2 Die Herstellung des Wasseranschlusses erfolgte in den 1970er Jahren. Damals stand das Gesetz vom 13. Juli 1956 über die Bildung eines Verbandes zur Errichtung und zum Betrieb einer öffentlichen Wasserleitung für Gemeinden des nördlichen Burgenlandes (WLVG 1956) in Geltung. Dieses Gesetz verwies in § 25 Abs 1 hinsichtlich der näheren Bestimmungen über die Durchführung des Anschlusses an die Wasserleitung, die Herstellung der Anschluss‑ und Hausleitungen sowie über den Wasserbezug auf die von der Vollversammlung (Anmerkung: des Rechtsvorgängers des Klägers) zu erlassende Wasserleitungsordnung.
3.3 Die vom Rechtsvorgänger des Klägers erlassene Wasserleitungsordnung 1962 definierte in § 7 Abs 1 als Wasserabnehmer den jeweiligen Eigentümer der angeschlossenen Liegenschaft, der zur Zahlung der Wassergebühr verpflichtet ist. Die Einhebung der Wassergebühr regelte § 10 wie folgt:
„Die Wassergebühr besteht aus:
1. der Wasserzählermiete,
2. der Grundgebühr (Bereitstellung des Mindestverbrauches),
3. dem Mehrverbrauch (in Bezug auf den Mindestverbrauch).
Die Einhebung erfolgt in den vom Verbandsvorstand festgelegten Zeitabschnitten.
Die Gebührenvorschreibung wird dem Abnehmer nach der Ablesung ausgehändigt und ist damit zur Zahlung fällig.
Bei Nichtzahlen ist der Verband berechtigt Säumniszuschläge, Stundungszinsen und Mahngebühren im Sinne des Abgabeneinhebungsgesetzes BGBl. Nr. 103/1949 in der jeweiligen Fassung einzuheben.
[...]“
3.4 Die Wasserleitungsordnung 1962 sah demnach die Möglichkeit einer Gebührenvorschreibung nur gegenüber dem Eigentümer der angeschlossenen Liegenschaft (Abnehmer nach deren § 7 Abs 1) vor. Da die Wasserleitungsordnung 1962 insoweit nicht differenzierte, galt dies sowohl für die Fälle einer Anschlusspflicht nach § 1 der Verordnung als auch bei einem freiwilligen Anschluss, der nach § 2 (nur) über schriftliches Ansuchen des Anschlusswerbers (= Liegenschaftseigentümer) an den Wasserleitungsverband vorgenommen werden konnte.
4.1 Mit 1. 12. 2007 ist das Gesetz über den Wasserleitungsverband Nördliches Burgenland, LGBl 2007/73, in Kraft getreten. Zugleich trat das in 3.2 genannte Gesetz vom 13. Juli 1956 außer Kraft. Mit diesem neuen Gesetz wurde dem im Sinne des Art 116a Abs 2 B‑VG gebildeten Gemeindeverband (Kläger) die Gebührenhoheit übertragen und das System, dass der Verband im Auftrag und im Namen der Gemeinden für diese die Abgaben einhebt, beseitigt (siehe dazu RV 1306 Beilagen Gp. XIX. bgld LT).
4.2 § 32 WLVG 2007, der die Entstehung des Gebührenanspruchs, die Gebührenpflicht und die Fälligkeit regelt, lautet:
„(1) Der Anspruch auf die Wasserbezugsgebühr und die Grundgebühr entsteht mit dem Einbau des Wasserzählers, sofern ein solcher aufgrund der Bestimmungen des § 23 Abs. 1 nicht eingebaut ist, entsteht der Anspruch auf die Wasserbezugsgebühr und die Bereitstellungsgebühr mit dem Zeitpunkt, in dem der Wasserbezug möglich ist.
(2) Abgabenpflichtig ist grundsätzlich die Eigentümerin bzw. der Eigentümer des angeschlossenen Grundstückes. Sofern ein Grundstück und darauf errichtete Bauten, Betriebe oder Anlagen im Eigentum verschiedener Personen stehen, ist jeweils der Eigentümer der Bauten, Betriebe oder Anlagen Abgabenschuldner. Die Grundeigentümerin bzw der Grundeigentümer haftet jedoch mit der Eigentümerin bzw. dem Eigentümer der Bauten, Betriebe oder Anlagen zur ungeteilten Hand für die Entrichtung der Abgaben.
(3) Im Falle des Wasserbezuges gemäß § 22 ist die Bezieherin oder der Bezieher verpflichtet, die Wasserbezugsgebühr und die Grundgebühr zu entrichten.
(4) Im Falle der Vermietung, Verpachtung, Einräumung eines Fruchtgenussrechtes oder sonstige [sic!] Gebrauchsüberlassung des Anschlussobjektes ist die Mieterin oder der Mieter, die Pächterin oder der Pächter, die Fruchtnießerin oder der Fruchtnießer sowie sonstige Inhaberin oder sonstiger Inhaber verpflichtet, die Wasserabgaben zu entrichten. Die Grundeigentümerin bzw. der Grundeigentümer haftet jedoch mit der Mieterin bzw. Mieter, Pächterin bzw Pächter oder Fruchtnießerin bzw Fruchtnießer zur ungeteilten Hand für die Entrichtung der Abgaben.
(5) Die nach diesem Gesetz erlassenen Bescheide mit Ausnahme jener nach § 34 haben dingliche Wirkung.“
4.3 Der in Abs 3 leg cit angesprochene § 22 WLVG 2007 regelt den freiwilligen Anschluss. Danach kann der Verband Eigentümerinnen oder Eigentümern von Grundstücken mit Bauten, Betrieben oder Anlagen, für die ein Anschlusszwang nicht besteht, aufgrund eines schriftlichen Antrags den Anschluss an die Verbandswasserleitung gestatten, sofern dadurch die Leistungsfähigkeit der Verbandswasserleitung unter Berücksichtigung der Versorgungspflicht nicht beeinträchtigt wird.
Absatz 2 dieser Regelung hält fest, dass die Bestimmungen dieses Gesetzes auch auf freiwillige Anschlüsse anzuwenden sind.
Anschlusspflicht besteht nach § 19 WLVG für die Eigentümer aller Grundstücke mit Bauten, Betrieben und Anlagen im Gebiet der Verbandsgemeinden, die aus der Wasserleitung des Verbandes mit Wasser versorgt werden können. Nach Absatz 2 dieser Bestimmung sind jene Grundstücke mit Bauten, Betrieben und Anlagen als solche zu betrachten, die aus der Wasserleitung versorgt werden können, die an einer Wasserversorgungsleitung liegen und bei denen die kürzeste Verbindung bis zur Grenze des Grundstückes nicht mehr als 50 m beträgt.
Die Anschlusspflicht ist durch Bescheid des Verbandes gegenüber dem Anschlusspflichtigen festzustellen (§ 21 WLVG 2007).
5.1 Der Rekurswerberin ist darin zuzustimmen, dass sich die Beurteilung, ob die vom Kläger ihr gegenüber erhobene Entgeltforderung auf dem Zivilrechtsweg geltend zu machen ist oder aber auf öffentlich‑rechtlicher Grundlage beruht, nach den Bestimmungen des WLVG 2007 richtet. Danach ist zu prüfen, ob der (Landes‑)Gesetzgeber die Verrechnung von bezogenem Wasser auch bei dem der Klage zugrunde gelegten Sachverhalt deutlich erkennbar den Verwaltungsbehörden zugewiesen hat. Ist keine Befugnis zu hoheitlichem Handeln gegeben, liegt eine Geldleistungsverpflichtung privatrechtlicher Natur vor.
5.2 Wer der Abgabenschuldner ist, bestimmt § 32 WLVG. Das ist entweder der Eigentümer des angeschlossenen Grundstückes oder der Eigentümer von auf einem solchen Grundstück errichteter Bauten, Betriebe oder Anlagen; Grundeigentümer haften mit diesen zur ungeteilten Hand für die Errichtung der Abgaben. Im Fall der Vermietung, Verpachtung oder Einräumung eines Fruchtgenussrechtes trifft die Abgabenpflicht den Mieter, Pächter oder Fruchtnießer, wobei auch hier das Gesetz (§ 32 Abs 4) eine Solidarhaftung des Eigentümers für die Entrichtung der Abgaben anordnet.
5.3 Für den Fall eines freiwilligen Anschlusses gemäß § 22 Abs 1 WLVG 2007 ist nach § 32 Abs 2 die Bezieherin/der Bezieher verpflichtet, die Wasserbezugs- und Grundgebühr zu entrichten. Nach dem Wortlaut des § 22 Abs 1 kann ein freiwilliger Anschluss aber nur Eigentümern von Grundstücken mit Bauten, Betrieben oder Anlagen gestattet werden, sodass auch für den Fall eines freiwilligen Anschlusses kein Zweifel besteht, dass auch hier grundsätzlich der Eigentümer des angeschlossenen Grundstückes Abgabenschuldner ist. Über den Kreis der im Gesetz genannten Abgabenpflichtigen hinaus besteht keine Handhabe, zur Bemessung, Vorschreibung und Einhebung von Abgaben nach der Bundesabgabenordnung (dazu § 33 Abs 3 WLVG 2007) vorzugehen.
6. Nach den hier maßgeblichen Behauptungen des klagenden Verbands wird die Beklagte nicht als Eigentümerin eines freiwillig oder verpflichtend angeschlossenen Grundstückes – allenfalls zur ungeteilten Hand mit anderen – in Anspruch genommen, sondern aufgrund einer Vereinbarung mit ihrer Rechtsvorgängerin, welche den jeweiligen Infrastrukturbetreiber des Areals – nunmehr die Beklagte – verpflichtet habe, auch jene Wasserentgelte zu entrichten, die auf die übrigen Eigentümer von Grundstücken im Bereich des Freizeitparks entfallen. Auch die Beklagte geht in ihrem Bestreitungsvorbringen davon aus, dass das eingeklagte restliche Entgelt nicht die auf sie als Grundeigentümerin entfallene Abgabenschuld darstellt, sondern das auf die Eigentümer von Grundstücken innerhalb des Areals entfallene Entgelt ist. Für die Verrechnung von Entgelten, die von der Beklagten für die Zurverfügungstellung von Wasser begehrt werden, obwohl sie nicht Eigentümerin der angeschlossenen (in das Verteilungsnetz des Klägers eingebundenen) Grundstücke ist, konstituiert das Gesetz in den §§ 32 f WLVG 2007 kein hoheitliches Handeln, sodass die Geltendmachung eines solchen Anspruchs auch nicht auf den Verwaltungsrechtsweg verwiesen ist.
7. Da sich der Kläger auf eine Vereinbarung beruft, der ein Sachverhalt zugrunde liegt, dem es an den in Art 18 Abs 1 B‑VG geforderten Anhaltspunkten für ein hoheitliches Vorgehen bei der Erhebung des Entgelts für das von ihm zur Verfügung gestellte Wasser fehlt, ist die behauptete Geldleistungsverpflichtung privatrechtlicher Natur, sodass ein zivilrechtlicher Anspruch vorliegt, der gemäß § 1 JN vor den ordentlichen Gerichten geltend zu machen ist. Eine Klärung der vom Rekursgericht als erörterungsbedürftig angesehenen Frage nach dem Bestehen einer Anschlusspflicht bedarf es bei dieser Sachlage nicht mehr.
8. Das Rekursgericht hat die Entscheidung des Erstgerichts aufgehoben und diesem eine Ergänzung des Verfahrens über die Zulässigkeit des Rechtswegs aufgetragen. Es liegt daher ein „echter“ Aufhebungsbeschluss gemäß § 527 Abs 2 ZPO vor. Im Verfahren über Rekurse gegen Beschlüsse nach dieser Bestimmung gilt das Verbot der reformatio in peius nicht (RIS‑Justiz RS0002480 [T12]; Zechner in Fasching/Konecny 2 IV/1 § 527 Rz 19; E. Kodek in KBB 4 § 527 Rz 4). Da es zur Beurteilung der Frage nach der Zulässigkeit des Rechtswegs im engeren Sinn der vom Rekursgericht aufgetragenen Ergänzung des Verfahrens nicht mehr bedarf, ist dem Rekurs der Beklagten – insoweit jedoch zu ihrem Nachteil – Folge zu geben, die von ihr erhobene Einrede zu verwerfen und dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens über die Klage aufzutragen.
9. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 50 und 41 ZPO.
Die Beklagte ist im Zwischenstreit über die Zulässigkeit des Rechtswegs im engeren Sinn unterlegen und hat dem Kläger daher die allein darauf entfallenden Kosten zu ersetzen (RIS‑Justiz RS0035955). Das sind die Kosten des Rekurses gegen den erstinstanzlichen Beschluss und der Beantwortung des Rekurses an den Obersten Gerichtshof sowie seine Kosten der Tagsatzung vom 2. 3. 2015, deren Gegenstand auf die Prozesseinrede eingeschränkt war, nicht aber die Kosten für die übrigen Prozesshandlungen in erster Instanz, die auch im Verfahren über die Hauptsache verwertbar und daher im Zwischenstreit nicht zu entlohnen sind.
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