European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0010OB00069.17D.0524.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Die Entscheidung, die über eine für einen anderen Termin erfolgte Kündigung ergangen ist, schafft für eine spätere Aufkündigung keine materielle Rechtskraft, da in den beiden Verfahren der Gegenstand der Entscheidung nicht der gleiche ist (RIS‑Justiz RS0041238; s insbes 7 Ob 229/11v, wonach dies sowohl für eine spätere als auch eine frühere Aufkündigung gilt; RS0041352; Lovrek in Fasching/Konecny 2 § 560 ZPO Rz 55; Deixler‑Hübne r, Glosse zu 1 Ob 545/95 [= SZ 68/103], JBl 1996, 466).
2. „Streitsache“ ist der durch das Vorbringen der Parteien in erster Instanz für das Gericht bindend ( Lovrek aaO Rz 58) abgegrenzte Streitgegenstand (4 Ob 79/99t = SZ 72/78 mwN; 1 Ob 25/13b; 3 Ob 243/13a; 7 Ob 154/13t = SZ 2013/93). Der Entscheidung des Gerichts sind daher das Parteivorbringen, wie es sich aufgrund von (zulässigen) Änderungen und Ergänzungen zum Schluss der Verhandlung darstellt, und die Sachlage, wie sie in diesem Zeitpunkt feststeht, zugrunde zu legen (RIS-Justiz RS0036947 [T1]). Von den Rechtsmittelgerichten ist die angefochtene Entscheidung aufgrund dieser Sachlage und der Rechtslage zur Zeit ihrer Erlassung zu überprüfen (so bereits 3 Ob 342/55 = SZ 28/176 mwN ua; RIS‑Justiz RS0043329). Der materiell‑rechtliche Einwand, dass das Bestandverhältnis bereits durch eine zu einem bestimmten (früheren) Termin ausgesprochene und wirksame Kündigung nicht mehr aufrecht sei (und daher kein weiteres Mal gekündigt werden könne), könnte daher nur dann von Bedeutung und zu überprüfen sein, wenn sich die gekündigten Parteien darauf bereits im Verfahren erster Instanz berufen hätten (vgl auch Lovrek aaO). Die Beklagten setzen aber der hier zu beurteilenden Aufkündigung erstmals in der Revision den nach Schluss der Verhandlung erster Instanz und Zustellung auch des Urteils des Berufungsgerichts von ihnen selbst geschaffenen Umstand entgegen, dass sie im März 2017 ihre Einwendungen in einem ruhenden (Vor-)Verfahren über eine Aufkündigung zu einem früheren Termin zurückgezogen hätten, weswegen das Bestandverhältnis bereits beendet sei. Damit verstoßen sie gegen das Neuerungsverbot (§ 504 ZPO).
3. Nach ständiger Rechtsprechung können vermeintliche Mängel des erstinstanzlichen Verfahrens (hier die unterlassene Abhaltung eines Ortsaugenscheins und die Einvernahme des Erstbeklagten), die vom Berufungsgericht verneint wurden, im Revisionsverfahren nicht mehr geltend gemacht werden (RIS-Justiz RS0042963; RS0106371; vgl auch RS0043086 [T3]). Das gilt auch für eine vom Berufungsgericht verworfene Nichtigkeit des Ersturteils (RIS‑Justiz RS0042981; vgl auch RS0043405; RS0042925). Die bloße Berufung auf § 503 Z 2 ZPO (der den Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens enthält) bei ihren Ausführungen zur Unterlassung der Einvernahme und des Ortsaugenscheins als mangelhaft, kann einen dem Berufungsgericht als Rechtsmittelgericht unterlaufenen Verfahrensmangel nicht einmal ansatzweise aufzeigen. Soweit sich die Beklagten unter dem Revisionsgrund der Aktenwidrigkeit mit vom Berufungsgericht auch aus Vorbringen gezogenen Schlussfolgerungen auseinandersetzt, unternehmen sie in Wahrheit den Versuch der im Revisionsverfahren unzulässigen Bekämpfung der Beweiswürdigung (RIS-Justiz RS0043125 [besonders T13]; vgl RS0043414 [T19]; RS0117019).
Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
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