Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
Die Kläger erwarben am 12. 5. 2007 Aktien der Rechtsvorgängerin der Erstbeklagten, die per 29. 4. 2010 in solche der Erstbeklagten umgetauscht wurden. Dazu erteilten sie der Rechtsvorgängerin der Zweitbeklagten einen Konto- und Depoteröffnungsauftrag. Hätten sie gewusst, dass mit den Aktien ein mittleres bis hohes Risiko verbunden war, hätten sie sie nicht erworben und den Betrag von 10.000 EUR auf dem Sparkonto belassen.
Sie begehrten von den Beklagten zur ungeteilten Hand die Zahlung von 10.000 EUR sA Zug um Zug gegen Rückübertragung der Aktien; in eventu, die Haftung der Beklagten zur ungeteilten Hand für jenen Schaden, der ihnen aus der Veräußerung der Aktien erwachse.
Beide Vorinstanzen rechneten die mangelhafte Beratung des von den Klägern konsultierten Anlageberaters der Zweitbeklagten zu. Das Erstgericht wies das Haupt- und Eventualbegehren gegenüber der Erstbeklagten ab und gab dem Hauptbegehren gegenüber der Zweitbeklagten statt. Es verneinte den von dieser erhobenen Verjährungseinwand. Demgegenüber wies das Berufungsgericht das Klagebegehren der Zweitbeklagten gegenüber wegen Verjährung mit Teilurteil ab und hob das das Begehren gegen die Erstbeklagte abweisende Urteil des Erstgerichts auf. Wünsche ein Anleger eine wertstabile Veranlagung, liege der Schaden bereits darin, dass er nicht eine solche, sondern ein Kursschwankungen unterliegendes Wertpapier erworben habe. Einem solchen Anleger müsse sein Irrtum aber in dem Moment bewusst werden, in dem ihm bekannt werde, dass sein Anlageprodukt eine negative Kursentwicklung nehme. Den Klägern sei bereits Anfang 2008 aufgrund eines Kontoauszugs bekannt geworden, dass die erworbene Anlage nicht kapitalerhaltend gewesen sei. Der Beginn der Verjährung für die auf eine Fehlberatung gestützten Ansprüche der Kläger sei daher bereits mit diesem Zeitpunkt anzusetzen. Die daraus abgeleiteten Ansprüche seien somit verjährt.
Gegen sein Teilurteil ließ das Berufungsgericht die Revision über Antrag der Kläger nach § 508 ZPO mit der Begründung zu, dass „[...] zur vorliegenden Konstellation, wonach die Beratung eines selbstständigen Beraters der Depotbank zugerechnet wird und zudem dieser selbstständige Berater nach Kenntnis des Anlegers von den Kursschwankungen auf den Anleger beschwichtigend einwirkt“, keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Verjährung vorliege.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der Beklagten ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts (§ 508a Abs 1 ZPO) mangels zu beantwortender erheblicher Rechtsfragen im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.
1.
Die Grundsätze zur Beurteilung der Verjährung von Schadenersatzansprüchen nach § 1489 ABGB sind in der Rechtsprechung gesichert (RIS‑Justiz RS0034951; RS0034374; 7 Ob 18/13t). Danach beginnt die Verjährungsfrist zu laufen, wenn dem Geschädigten der Schaden und die Person des Schädigers bekannt geworden sind. Lehre und Rechtsprechung legen diese Bestimmung dahin aus, dass dies der Fall ist, wenn der Sachverhalt dem Geschädigten so weit bekannt ist, dass er mit Aussicht auf Erfolg klagen kann, also in der Lage ist, das zur Begründung seines Ersatzanspruchs erforderliche Sachvorbringen konkret zu erstatten (RIS‑Justiz RS0034524; M. Bydlinski in Rummel, ABGB³ § 1489 Rz 3; Mader/Janisch in Schwimann, ABGB³ § 1489 Rz 9). Das bedingt die Kenntnis des Kausalzusammenhangs und ‑ bei verschuldensabhängiger Haftung ‑ auch die Kenntnis der Umstände, die das Verschulden begründen (RIS‑Justiz RS0034524 [T14; T27; T29]; RS0034951 [T2; T5; T7; T31]). Wann eine Klage mit Aussicht auf Erfolg erhoben werden kann, ist jedenfalls nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen (RIS‑Justiz RS0034524 [T23]).
2. Es ist mittlerweile gefestigte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass eine Bank, die ‑ wie hier die Zweitbeklagte ‑ Effektengeschäfte ausführt, für die mangelhafte Beratung ihrer Kunden durch ein von ihr beigezogenes („kundennäheres“) Wertpapierdienst-leistungsunternehmen haftet, wenn deren Mitarbeiter konkrete Anhaltspunkte dafür hatten oder sogar positiv wussten, dass das kundennähere Unternehmen seine Pflichten nicht erfüllte, oder wenn die Bank dieses Unternehmen ständig mit dem Vertrieb von Anlageprodukten betraut und so in die Verfolgung ihrer eigenen Interessen eingebunden hatte (4 Ob 129/12t; RIS‑Justiz
RS0128476). Ausgehend von diesen Grundsätzen haben die Vorinstanzen der Zweitbeklagten das Verhalten des Anlageberaters im Sinne eines mittelbaren Wertpapierdienstleistungsunternehmens nach einer sogenannten „Zurechnungsstaffel“ zugerechnet (vgl dazu
9 Ob 46/13z = ÖBA 2014, 199 und 10 Ob 34/13t = ÖBA 2014, 200 [je krit P. Bydlinski]).
3. Naturgemäß wenden sich die Kläger nicht gegen die Zurechnung des Beratungsfehlers an die Zweitbeklagte, sondern meinen, mangels Kenntnis der für eine solche Zurechnung maßgebenden Umstände käme ein Beginn der Verjährung vor dem 22. 8. 2008 nicht in Betracht. Ohne Anhaltspunkte dafür, dass der von ihnen konsultierte Berater nicht unabhängig von der Zweitbeklagten agiert habe, hätte ihnen die Kenntnis der für eine erfolgversprechende Anspruchsverfolgung gegen die Zweitbeklagte notwendigen Umstände gefehlt. Dabei übersehen sie aber, dass die Vorinstanzen die von ihnen vorgenommene Zurechnung allein aus den Feststellungen zu dem vom Zweitkläger im Zusammenhang mit der Investition unterfertigten Konto- und Depoteröffnungsauftrag folgerten, der als von der Zweitbeklagten herausgegebener Vordruck neben deren eigentlichen (unmittelbaren) Vertriebspartner auch die Firmenstampiglie der Vermögens- und Versicherungsberatungsgesellschaft aufwies, für die der von ihnen konsultierte Anlageberater tätig war. Welcher sonstigen Umstände es bedurft hätte, um ihnen die erforderliche Kenntnis zu vermitteln, gibt die Revision der Kläger nicht zu erkennen. Soweit sie dazu geltend machen, dass erstmals mit der Entscheidung 4 Ob 129/12t die Voraussetzungen einer solchen Zurechnung klargestellt worden seien, genügt es darauf zu verweisen, dass es für den Beginn der Verjährungsfrist gemäß § 1489 Satz 1 ABGB auf die tatsächliche Kenntnis von objektiv relevanten Umständen und nicht auf deren rechtliche Würdigung ankommt. Rechtliche Schlussfolgerungen oder das Vorliegen eines Rechtsirrtums sind dabei ohne Belang (RIS‑Justiz RS0034321; zuletzt 8 Ob 35/11x = ecolex 2011/256, 696 [Friedl]).
4. Mit ihren Ausführungen zu der vom Berufungsgericht angenommenen Verjährung von Ansprüchen, die sie aus der mangelhaften Beratung ableiten, sprechen die Kläger daher insgesamt keine Rechtsfragen von der Bedeutung gemäß § 502 Abs 1 ZPO an. Auch sonst gibt ihr Rechtsmittel keinen Anlass zur Behandlung von solchen Fragen. Sie berufen sich zwar darauf, dass die Kapitalerhöhung entgegen den Angaben im Verkaufsprospekt dazu gedient habe, über zwischengeschaltete Konzerntöchter der Erstbeklagten eigene Aktien zu erwerben, machen aber durch ihren Verweis auf §§ 1293 ff ABGB deutlich, dass sie damit auf eine Haftung nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen für Werbeprospekte, Fact Sheets udgl (vgl dazu 4 Ob 174/11h; RIS‑Justiz RS0108623 [T1]) abzielen. Mit der bloßen Berufung auf die ihnen im Zuge der Anlageberatung gezeigten Verkaufsbroschüre sprechen sie daher ebenfalls den durch die Fehlberatung verursachten Irrtum über die Risikogeneigtheit und Wertstabilität des Wertpapiers an, aber keine sonstigen Anspruchsgrundlagen, aufgrund derer ihr Anspruch entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht verjährt wäre. Auch mit dem Verweis auf personelle Verflechtungen der Erst‑ und Zweitbeklagten und auf eine mögliche solidarische Haftung werden keine konkreten Ansprüche vorgebracht, die einer mehr als dreijährigen Verjährungsfrist unterlägen und einer Prüfung durch den Obersten Gerichtshof zugänglich wären.
5. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
6. Eine Kostenentscheidung kann entfallen, weil sich die Zweitbeklagte am Revisionsverfahren nicht beteiligt hat.
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