OGH 1Ob252/11g

OGH1Ob252/11g31.1.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Dr. J***** M*****, und 2. E***** M*****, beide Land- und Forstwirte, *****, vertreten durch die Rechtsanwalt Dr. Wartecker KG in Gmunden, gegen die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen Einwilligung in die Übertragung einer Grundstücksfläche (Streitwert 33.800 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 31. Oktober 2011, GZ 1 R 173/11h-17, mit dem das Urteil des Landesgerichts Wels vom 12. Juli 2011, GZ 8 Cg 59/10p-13, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Kläger sind aufgrund des Übergabsvertrags vom 22. 11. 1958 bzw des Ehepakts vom 24. 10. 1962 je zur Hälfte bücherlicher Eigentümer der Liegenschaft EZ *****. Die beklagte Republik Österreich ist seit 1946 Eigentümerin eines Grundstücks, dessen Teilfläche (unter anderem Badeplatz und Badesteg) die Kläger als Bestandnehmer seit 1968 nutzten.

Die Kläger begehrten die Einwilligung der beklagten Partei in die Übertragung der den Badeplatz sowie den Badesteg umfassenden Teilfläche im Ausmaß von 334 m² in die EZ *****. Ihre Einzelrechtsvorgänger im Eigentum an dieser Liegenschaft seien Eigentümer auch dieser Teilfläche gewesen. Entgegen ihrer aus dem Jahr 1897 stammenden, nur 158 m² umfassenden Abtretungserklärung sei aufgrund „massiver Manipulationen des Grundbuchs“ die nunmehr strittige Teilfläche zugunsten des k. u. k. Ärars (der Rechtsvorgängerin der Republik Österreich) abgeschrieben worden. Ein unechter Besitz schließe den Eigentumserwerb durch Ersitzung aus.

Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren ab, weil die 30-jährige Frist für die Erhebung der Löschungsklage seit der Abschreibung der strittigen Teilfläche längst abgelaufen und demnach die Eintragung des Eigentumsrechts unanfechtbar sei.

Die außerordentliche Revision der klagenden Parteien ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Bücherliche Eintragungen haben im Verhältnis zwischen dem Eingetragenen und dem durch die Eintragung in seinen Rechten Verletzten keine Publizitätswirkung, soweit es sich um Personen handelt, die unmittelbar durch die ungültige Eintragung Rechte erworben haben oder von einer Last befreit worden sind (5 Ob 2/03k = RIS-Justiz RS0105993 [T1] mwN; Kodek in Kodek, Grundbuchsrecht § 62 GBG Rz 1). Im Verhältnis zwischen unmittelbarem Vormann und Nachmann richtet sich die Frist zur Erhebung einer Löschungsklage nach § 62 GBG ausschließlich nach dem bürgerlichen Recht (Kodek aaO mwN).

Die Verjährung der Löschungsklage bewirkt nach ständiger Rechtsprechung die Unanfechtbarkeit der Eintragung, die solcherart den Erwerb des Eigentums auch ohne Titel herbeiführt (RIS-Justiz RS0011270; RS0060447 [T1]; 4 Ob 523/92 = RIS-Justiz RS0011346 [T1] = RS0011342 [T1]). Diese Rechtsfolge tritt auch im Fall eines gar nicht veräußerten, nur irrtümlich dem Gutsbestand einer anderen Liegenschaft zugeschriebenen Grundstücks ein (5 Ob 2090/96f = RIS-Justiz RS0097150).

Die Auffassung des Berufungsgerichts, den Rechtsvorgängern der Kläger sei zur Einbringung der Löschungsklage, mit der sie die behauptete rechtswidrige Eintragung des Eigentumsrechts des k. u. k. Ärars bekämpft hätten, eine (schon vor dem Erwerb der EZ ***** durch die Kläger längst abgelaufene) 30-jährige Verjährungsfrist (§ 62 GBG iVm § 1479 ABGB) offengestanden, entspricht grundsätzlich der zu RIS-Justiz RS0105993 dokumentierten Judikatur des Obersten Gerichtshofs. Die Problematik einer Unverjährbarkeit des Eigentumsrechts (§ 1459 ABGB) der Einzelrechtsvorgänger der Kläger (vgl dazu Kodek aaO Rz 3; vgl 5 Ob 247/02p; vgl 6 Ob 114/08w) ist aus folgendem Grund nicht zu erörtern: Die Kläger, die selbst vorbrachten, aufgrund vertraglicher Vereinbarungen die Liegenschaft EZ ***** erworben zu haben, sind dem Einwand der beklagten Partei, sie seien nicht Gesamtrechtsnachfolger der Personen gewesen, aus deren Liegenschaft 1897 die Teilfläche abgeschrieben wurde, nicht entgegengetreten. Dass sie auf andere Weise deren (außerbücherliches) Eigentum an der strittigen Fläche erlangt hätten oder ihnen der Löschungsanspruch von diesen oder deren Rechtsnachfolgern auf andere Weise übertragen worden wäre (vgl Klang in Klang 2 II 384), haben sie nicht behauptet. Damit ist auch nicht zu prüfen, ob dem k. u. k. Ärar bzw der beklagten Partei Schlechtgläubigkeit anzulasten und die dreijährige Verjährungsfrist des § 63 GBG („Schreijahre“) im Verhältnis zwischen den Klägern als Einzelrechtsnachfolgern der früheren Eigentümer und der beklagten Partei anzuwenden ist.

Das Ergebnis der Vorinstanzen ist aus diesen Erwägungen nicht zu korrigieren.

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