OGH 1Ob233/20a

OGH1Ob233/20a21.4.2021

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Familienrechtssache der Antragstellerin S*****, vertreten durch Dr. Gabriele Schubert, Rechtsanwältin in Baden, gegen den Antragsgegner A*****, vertreten durch Mag. Hans‑Rainer Rienmüller, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Korneuburg als Rekursgericht vom 28. August 2020, GZ 20 R 165/20k‑50, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Schwechat vom 4. Mai 2020, GZ 9 Fam 9/18s‑44, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0010OB00233.20A.0421.000

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben.

Dem Erstgericht wird die neuerliche Beschlussfassung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

 

Begründung:

[1] Die im Juni 2006 geschlossene Ehe wurde im März 2017 wegen (vom Mann verschuldeter) Zerrüttung geschieden. Nach dem letzten gemeinsamen Urlaub der Streitteile im Mai 2012 hatte der Mann kaum mehr Freizeit mit seiner Frau verbracht und ihr eröffnet, dass er dafür „andere Leute gefunden“ habe. Er forderte sie auf, aus der Wohnung auszuziehen und verbrachte „fortan viel Freizeit“ mit einer früheren Jugendliebe. „Im Frühjahr 2013“ zog er aus der Ehewohnung aus.

[2] Diese (ein Fertigteilhaus) wurde auf der bereits im Jahr 2003, also vor Eheschließung, von den Streitteilen je zur Hälfte gekauften Liegenschaft errichtet. Dazu stellte das Erstgericht (nur) fest, dass die Baubewilligung vom 10. 6. 2003 und die Fertigstellungsmeldung vom 14. 4. 2008 datiert sowie dass die Streitteile das Haus in den ersten Jahren „des Zusammenlebens“ unter beiderseitiger tatkräftiger Arbeit bewohnbar machten. Der Kauf der Liegenschaft mit der Ehewohnung wurde nach den Feststellungen des Erstgerichts durch einen (während der Ehe) „im Dezember 2006“ aufgenommenen Schweizer Franken Kredit finanziert, der im Juni 2007 „aufgestockt“ wurde. Bis November 2013 blieb dessen (Negativ-)Saldo (450.073,30 CHF) gleich. Die Streitteile hatten (wobei offen blieb ab wann) zur Besicherung dieses Kredits „einen Tilgungsträger“ angespart und Versicherungen abgeschlossen. Der Mann löste nach Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft „die Tilgungsträger“ auf und verwendete die daraus lukrierten Mittel (in Höhe von 34.100,35 EUR, 5.937,65 EUR und 28.886,74 EUR; insgesamt 68.924,74 EUR) – letztlich mit Zustimmung der Frau – zur Kreditrückführung. „Ab dem Jahr 2013“ erfolgten zudem „monatliche Rückführungen“ (durch den Mann), sodass im Juni 2019 der Kredit (nur mehr) mit 276.323,08 CHF aushaftete. Ein weiterer (Wohnbauförderungs-)Kredit über den Betrag von 23.400 EUR (zu dem nicht feststeht, wann er aufgenommen wurde) wird ebenfalls vom Mann (seit 1. 4. 2015) in Raten von 468 EUR pro Halbjahr zurückgezahlt. Dieser Kredit haftete im Oktober 2019 mit 15.836,80 EUR aus.

[3] Der Wert der Liegenschaft mit dem Haus betrug „zum Jahr 2018“ 348.000 EUR. Zwischen den Streitteilen „besteht Einigung, welche Einrichtungs- und Ausstattungsgegenstände die Frau bei Auszug aus der Ehewohnung mitnehmen kann“.

[4] Beiden Ehepartnern war nach Aufhebung der Lebensgemeinschaft jeweils ein PKW verblieben. Dazu hielt das Erstgericht fest, dass zum (ungenannt gebliebenen) „Stichtag der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft“ eine Wertdifferenz zwischen beiden Fahrzeugen von ca 2.500 EUR bestand. Weitere Ersparnisse konnte das Erstgericht nicht feststellen.

[5] Der Mann verdiente zu Anfang der Ehe als LKW‑Fahrer sehr gut (2.300 bis 2.400 EUR netto) und brachte „bis zu doppelt so viel ins Verdienen“ wie die Frau, die „zuletzt“ über eine Pension von monatlich 1.348,95 EUR verfügte. Seit 1. 9. 2018 bezieht auch der Mann eine Pension in Höhe von derzeit 1.660 EUR pro Monat.

[6] Während der aufrechten Ehe kümmerte sich die Frau um den Haushalt, besorgte die Lebensmitteleinkäufe, beteiligte sich in minimalen Bereichen an Betriebskosten der Ehewohnung, während der Mann die Kreditrückzahlungen tätigte sowie den größeren Anteil an den Betriebskosten übernahm. Zudem „brachte [er] sich“ auch bei der Gartenarbeit und Reparaturen am Haus „ein“.

[7] Bereits während des Scheidungsverfahrens nutzte der Mann das Haus mit seiner nunmehrigen Lebensgefährtin, vor allem in den Sommermonaten. Am 9. 12. 2018 zog er gemeinsam mit ihr wieder auf Dauer ins Haus ein. Die Frau nächtigt [seither] im sogenannten Kinderzimmer. Sie verlässt das Haus in der Früh, begibt sich zu ihren Kindern, beaufsichtigt ihre Enkelkinder oder Haustiere und kehrt am Abend in das Haus zurück, während der Mann und seine Lebensgefährtin das gesamte Objekt benutzen.

[8] Das Erstgericht übertrug die der Frau gehörende Hälfte der Liegenschaft mit der Ehewohnung dem Mann, verpflichtete diesen zur Übernahme der offenen Darlehen und zu einer Ausgleichszahlung von 30.000 EUR. Der Frau trug es die Räumung des Hauses binnen eines Jahres auf.

[9] Das Rekursgericht gab dem gegen den Beschluss des Erstgerichts erhobenen Rekurs des Mannes Folge. Es kam zum Ergebnis, dass der Frau keine Ausgleichszahlung gebühre, verpflichtete sie zur Räumung binnen sechs Monaten ab Rechtskraft der Entscheidung und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

[10] Der Mann erhalte einen Vermögenswert von 348.000 EUR in Form der ehelichen Liegenschaft, sei aber andererseits dafür zur Rückführung von Verbindlichkeiten von 292.000 EUR verpflichtet. Berücksichtige man zudem eine Wertdifferenz der jedem der Streitteile zugewiesenen Fahrzeuge von 2.500 EUR zugunsten des Rekurswerbers, schiene es auf den ersten Blick so, als seien ihm insgesamt 58.500 EUR mehr zugewiesen. Das Erstgericht habe aber übersehen, dass der Gebrauchsvorteil der Nutzung der Ehewohnung angemessen zu berücksichtigen sei. Vom Frühjahr 2013 bis Dezember 2018 habe die Frau das Haus alleine benutzt, ohne sich an den laufenden Betriebskosten oder an den Rückzahlungen für die Kredite zu beteiligen. Diese [nicht festgestellten] Kosten überstiegen für den gesamten Zeitraum ab Frühjahr 2013 den „zuvor erwähnten Überhang der dem Mann zugewiesenen Aktiven“. Wenn man nun berücksichtige, dass der Mann zwischenzeitig auch nur mehr Pensionsbezüge erhalte, entspreche die ihm auferlegte Ausgleichszahlung nicht mehr den Kriterien der Billigkeit. Die Frau müsse sich zwar eine neue Wohnung suchen, demgegenüber habe aber der Mann weiterhin die gesamten Kosten der Liegenschaft und die Rückführung der Kredite zu leisten. Da die Frau ab dem Frühjahr 2013 für den Mann keine Kosten des Alltags mehr zu zahlen gehabt habe, wäre sie (bis zuletzt) in der Lage gewesen, sich von dem ihr so verbliebenen Einkommen einen kleinen finanziellen Polster anzulegen. Damit bleibe aufgrund der angespannten finanziellen Verhältnisse auf beiden Seiten für eine Ausgleichszahlung kein Raum. Eine Räumungsfrist von sechs Monaten ab Rechtskraft der Entscheidung sei angemessen.

Rechtliche Beurteilung

[11] Der dagegen von der Frau erhobene (und vom Mann beantwortete) außerordentliche Revisionsrekurs ist zulässig und mit dem in eventu gestellten Aufhebungsantrag berechtigt.

[12] 1. Die Frau macht in ihrem Rechtsmittel geltend, dass die Begründung des Rekursgerichts – statt Sorge für eine angemessene Aufteilung der während der Ehe geschaffenen Werte zu tragen – ihr Hauptaugenmerk auf die wirtschaftliche Gebarung nach Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft und die derzeitige wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Streitteile legt. Ein vom Rekursgericht angenommener „Vermögensüberhang“ von knapp 60.000 EUR hätte dem Mann nur deshalb zur Gänze zu verbleiben, weil die Frau das Haus in einem bestimmten (vom Rekursgericht unrichtig mit fünf Jahren angenommenen) Zeitraum allein genutzt habe, der Mann die Betriebskosten und die Rückführung des Kredits alleine getragen hat (wiewohl Feststellungen zur Höhe der Betriebskosten fehlen), vor allem aber aus dem Grund, dass der Mann inzwischen pensioniert ist und sein Pensionsbezug im Vergleich zu seinem davor erzielten Einkommen niedriger (wenn auch im Übrigen immer noch mindestens 20 % höher als jener der Frau) ist. Dies käme im Ergebnis einer entschädigungslosen Enteignung gleich, die in ständiger Rechtsprechung abgelehnt wird (vgl RIS‑Justiz RS0057579 [T3]; zuletzt 1 Ob 67/19p; 1 Ob 176/19t je mwN).

[13] Der Mann hebt in der Revisionsrekursbeantwortung seine beachtlichen finanziellen Leistungen für die Rückführung des Kredits und die Bestreitung der Betriebskosten seit der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft hervor. Allerdings fehlen dazu, aber auch zu anderen maßgeblichen Umständen (der Errichtung des Hauses sowie der offenen Kreditsalden im Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft) Feststellungen, sodass eine abschließende Beurteilung der Rechtssache (noch) nicht erfolgen kann.

[14] 2. Zur Einbeziehung der Liegenschaft in natura sowie der Kreditschulden:

[15] Die Liegenschaft wurde vor der Ehe gekauft. In seinem Gutachten über deren Wert geht der Sachverständige von einer Errichtung des Hauses im Jahr 2004 aus. Den Feststellungen lassen sich aber nur die Daten der Baubewilligung (10. 6. 2003) und die Fertigstellungsmeldung (14. 4. 2008) entnehmen; solche dazu, inwieweit das Haus samt Außenanlagen zur Zeit der Eheschließung schon errichtet war, fehlen.

[16] Da der Aufteilung grundsätzlich nur jenes Vermögen unterliegt, das die Ehegatten während der ehelichen Lebensgemeinschaft geschaffen haben (RS0057287; vgl RS0057349 [T1]), behalten an sich die einzeln oder gemeinsam in die Ehe eingebrachten Sachen ihre bisherige rechtliche Zuordnung und gehören im Fall der Auflösung der Ehe nicht in die Aufteilungsmasse (RS0057386; 1 Ob 242/17w mwN); nur eine während der ehelichen Gemeinschaft geschaffene (und noch vorhandene) Wertsteigerung unterliegt rechnerisch der Aufteilung. Unter bestimmten Umständen kann zwar auch eine in die Ehe eingebrachte Liegenschaft (die grundsätzlich nach § 82 Abs 1 Z 1 EheG davon ausgenommen ist) der Aufteilung in natura unterliegen, insbesondere dann, wenn die auf eheliche Beiträge zurückzuführende Wertschöpfung überwiegt (s 1 Ob 262/15h mwN; zuletzt 1 Ob 55/19y). Dass dies hier der Fall wäre, ist aus den Festellungen nicht ableitbar. Abgesehen von der Frage der Einbringung der Liegenschaft mit oder ohne Haus stand ihrem (für das Jahr 2018 angenommenen) Verkehrswert von 348.000 EUR im maßgeblichen (und noch näher zu konkretisierenden) Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft ein Schuldensaldo von 450.073,30 CHF gegenüber, zu dem noch der Saldo des zweiten Kredits (in einer für diesen Zeitpunkt noch nicht festgestellten Höhe) hinzukam. Auch unter Berücksichtigung der damals vorhandenen ehelichen Ersparnisse („Tilgungsträger“) ist eine überwiegende Wertschöpfung nicht ersichtlich. Unklar ist zudem, wie der (vor der Eheschließung erfolgte) Ankauf der Liegenschaft im Jahr 2003 mit einem – nach den Feststellungen – erst im Dezember 2006 (nach der Eheschließung) aufgenommenen Kredit finanziert worden sein sollte. Auch dies wird aufzuklären sein. Nahe liegt es, dass mit diesem Kredit nur eine „Umschuldung“ erfolgte, stellte das Erstgericht doch im Anschluss an seine Ausführungen zu den für den Erwerb des Hauses aufgelaufenen „üblichen“ Nebenkosten fest, dass die Frau „auch mit bei den aufgenommenen Krediten haftete“, während die Feststellungen zu dem im Jahr 2006 aufgenommenen Kredit an weit späterer Stelle folgen. Soweit Kreditschulden (im Zusammenhang mit der Liegenschaft) in bestimmter Höhe schon vor der Eheschließung aufgenommen worden sein sollten, wären diese (wie die Liegenschaft) in die Ehe eingebracht worden und nicht aufzuteilen. Daran könnte – weil im Aufteilungsrecht eine wirtschaftliche Betrachtungsweise geboten (vgl 1 Ob 169/18m), also danach zu fragen ist, ob die Schulden „mit dem [aufzuteilenden] ehelichen Gebrauchsvermögen und den ehelichen Ersparnissen in einem inneren Zusammenhang stehen“ (§ 81 EheG) – auch eine Umschuldung (durch Aufnahme eines Kredits zu anderen Konditionen oder bei einem anderen Kreditgeber, soweit die dadurch erlangten Mittel zur Abdeckung des „alten“ Kredits verwendet wurden) nichts ändern. Die Einbeziehung nicht nur der Liegenschaft mit der Ehewohnung, sondern auch der Kreditschulden ist damit in Frage gestellt.

[17] Es wird von den Parteien im weiteren Verfahren an erster Stelle darzulegen sein, warum die Liegenschaft mit dem Haus und die Kreditschulden der Aufteilung unterliegen sollten. Während den Parteien selbst eine (einvernehmliche) Regelung über die Liegenschaft jederzeit freisteht, darf der Aufteilungsrichter nur dann die Übertragung von Eigentum und sonstigen Rechten an unbeweglichen körperlichen Sachen von einem auf den anderen Ehegatten anordnen (§ 86 Abs 1 EheG), wenn diese Sache der Aufteilung unterliegt. Nur wenn sich ergebe, dass die Liegenschaft (und nicht bloß deren mit ehelichen Mitteln bewirkte Wertsteigerung) der Aufteilung (in natura) unterliegt, wäre in weiterer Folge bei der Berücksichtigung der (darauf lastenden) Schulden und ihrer Tilgung zwischen den ehelichen Beiträgen und den nach Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft bewirkten (nachehelichen) Leistungen zu unterscheiden (s dazu RS0132057) und dabei der Entscheidung ein – soweit praktisch möglich – aktueller Wert der Liegenschaft (RS0057644; RS0057613) zugrunde zu legen.

[18] 3. Eine mit ehelichen Mitteln bewirkte Wertsteigerung der Ehewohnung unterliegt aber in jedem Fall (rechnerisch) der Aufteilung. Eine solche Wertsteigerung kann in werterhöhenden Arbeitsleistungen der Eheleute an der Liegenschaft während der aufrechten ehelichen Gemeinschaft oder Investitionen in diese während des Zeitraums der aufrechten ehelichen Gemeinschaft liegen, die zu deren (dem Ausmaß nach zu ermittelnden) Wertsteigerung führten. Solche Leistungen werden hier etwa mit der Feststellung „In den ersten Jahren des Zusammenlebens machten die Streitteile das Haus unter beiderseitiger tatkräftiger Arbeit bewohnbar“, angedeutet. Dafür bedürfte es zum einen eines konkreteren Vorbringens der Parteien und (auch für die Ermittlung des Kreditsaldos des zweiten Kredits) der näheren Konkretisierung des Zeitpunkts der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft. Das Erstgericht hielt (nur) fest, dass von der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft bereits dann ausgegangen werden könne, wenn bei einem Partner der Wille zum ehelichen Zusammenleben endgültig erloschen ist, was „hier bereits im Jahr 2013“ erfolgt sei; das Rekursgericht geht (offenbar unter Bezugnahme auf die Feststellungen über den Auszug des Mannes) vom „Frühjahr 2013“ aus; soweit wie möglich, wäre dies exakter festzustellen.

[19] Wurde eine Wertsteigerung der Liegenschaft mit erst während der Ehe aufgenommenen Kreditmitteln (etwa der erwähnten „Kreditaufstockung“ von 56.480,80 CHF) bewirkt, sind (neben der darauf zurückzuführenden Wertsteigerung) auch diese Schulden in die Aufteilung miteinzubeziehen (ansonsten können Schulden, die mit dem ehelichen Lebensaufwand zusammenhängen, soweit sie nicht ohnedies nach § 81 EheG in Anschlag zu bringen sind, nur im Rahmen der Billigkeitskriterien des § 83 EheG Berücksichtigung finden).

[20] 4. Aufzuteilende Wertsteigerung ist aber jedenfalls auch die durch eine Reduktion der auf ihr lastenden Schulden bewirkte Erhöhung des „Nettowerts“ der Liegenschaft (s RS0130671). Auch wenn (wie hier) eine Reduktion der Schulden erst nach Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft bewirkt wurde, kann sie – soweit sie mit ehelichen Mitteln erfolgte – grundsätzlich zu berücksichtigen sein, weil bloß wesentlich ist, ob die Wertsteigerung durch eheliche Beiträge (mit während der Ehe erwirtschafteten Mitteln) erfolgte oder nicht. Wie dies zu berücksichtigen sein wird, hängt wiederum davon ab, ob die Liegenschaft in natura einzubeziehen ist oder nicht. Nur dann, wenn dies der Fall ist und es zu einer Übertragung eines Miteigentumsanteils zu kommen hätte, wäre die Frage nach dem Wertausgleich für diese nach dem „Aufteilungsschlüssel“ aufzuteilende Wertsteigerung zu stellen. Wäre die Liegenschaft (und die Schulden in bestimmtem [noch aus vorehelicher Kreditaufnahme stammenden] Ausmaß) nicht in natura einzubeziehen, dann wären die ehelichen Ersparnisse, die zur Schuldtilgung verwendet wurden (und allenfalls während der Ehe durch Arbeitsleistungen oder Investitionen bewirkte Wertsteigerungen) den ehemaligen Ehepartnern ohnehin bereits jeweils zur Hälfte (also im Ausmaß des [unstrittigen] Aufteilungsschlüssels und der Miteigentumsverhältnisse) wertmäßig bereits zugekommen.

[21] 5. Da im vorliegenden Fall noch ungeklärt ist, ob die Liegenschaft oder nur deren Wertsteigerung und welche Kreditschulden einzubeziehen sein werden, sind die nachstehenden Grundsätze in Erinnerung zu rufen:

[22] In der Regel kommt es nur bei Überwiegen der ehelichen Wertsteigerung einer eingebrachten Liegenschaft zur Einbeziehung der Liegenschaft in natura (vgl RS0057681; aA Obergruber, Privatautonome Änderungen der Aufteilungsmasse, EF-Z 2021, 9 [12 f], dessen sachenrechtliche Argumente der im Aufteilungsrecht gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise nicht gerecht werden; vgl dazu auch 1 Ob 262/15h). Auch dann ist der darin fortwirkende Wert von Zuwendungen, die für sich nicht der Aufteilung unterliegen würden (etwa voreheliche oder geschenkte Mittel) allein dem betreffenden Ehegatten (von dem sie eingebracht oder dem sie geschenkt wurden) zuzuordnen und rechnerisch vor der Aufteilung des Vermögens abzuziehen und dem betreffenden Ehegatten zuzuweisen (RS0057478 [T4]; RS0057490 [T1, T4]). Es kommt dabei nicht auf den seinerzeitigen Wert des so Eingebrachten an, sondern darauf, inwiefern die jeweilige Leistung wertmäßig noch im betreffenden Vermögensgegenstand vorhanden ist („fortwirkt“) (RS0057478 [T5]; RS0057490 [T5]; zur „Einbringungsquote“ s 1 Ob 89/18x; 1 Ob 97/19z).

[23] Soweit Schulden zu berücksichtigen sein sollten, gilt Folgendes: Vom Verkehrswert der (aufzuteilenden) Sache (oder der als eheliche Errungenschaft anzusehenden Wertsteigerung als Anteil am Wert dieser Sache) zur Zeit der Entscheidung sind in der Regel die konnexen Schulden im Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft abzuziehen. Das Ergebnis dieser Differenz ist entsprechend dem Aufteilungsschlüssel zwischen den Ehegatten aufzuteilen (RS0132057).

[24] Im vorliegenden Fall hat aber besondere Beachtung zu finden, dass einer der beiden Kredite ein Fremdwährungskredit ist, dessen Wert sich auch unabhängig von Beiträgen (Rückzahlungen) verändern kann. Sollte im vorliegenden Fall nicht bloß die „Kreditaufstockung“ (die geringer ist als die späteren ehelichen Ersparnisse), sondern der gesamte Fremdwährungskredit in die Aufteilung einzubeziehen sein, fiele dessen bis zum Trennungszeitpunkt nach Verringerung um die (auf den Tilgungsträgern angesparten) ehelichen Ersparnisse verbliebener (Negativ-)Saldo in Schweizer Franken mit dem im Entscheidungszeitpunkt aktuellen Umrechnungskurs in die Aufteilung (vgl RS0132057 [T1]).

[25] Veränderungen des Schuldenstands durch Abzahlungen mit nach der Trennung erwirtschafteten Mitteln wären abhängig davon zu berücksichtigen, ob die Liegenschaft in natura einzubeziehen ist und ob die Übertragung eines Miteigentumsanteils angeordnet wird. Bei Übertragung eines Anteils ist einer Ausgleichszahlung jener Betrag hinzuzurechnen, mit dem der Ehepartner, der die Sache nicht erhält, nach Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft Rückzahlungen geleistet hat. Die Reduktion des Kreditsaldos durch den Ehegatten, dem die Sache verbleibt oder der sie erhält, vermindert dagegen die Ausgleichszahlung nicht, weil ihm ja dieser Vorteil zukommt (s nur 1 Ob 44/18d; RS0132057).

[26] 6. Zur Berücksichtigung des „Wohnvorteils“ durch das Rekursgericht:

[27] Eine generelle Vergütung des Vorteils, den einer der (ehemaligen) Eheleute aus der Möglichkeit der alleinigen Nutzung der bisherigen Ehewohnung nach Auflösung der ehelichen Gemeinschaft zieht, wird vom Fachsenat in ständiger Judikatur abgelehnt (RS0131883 [T2]). Ausgehend von der derzeitigen Sachverhaltsbasis liegt eine zur Verringerung einer dem Mann allenfalls (also bei Einbeziehung der Liegenschaft in natura und Übertragung des Hälfteanteils der Frau) aufzuerlegenden Ausgleichszahlung führende Berücksichtigung des Wohnens der Frau im Rahmen der Billigkeit (RS0131883) jedenfalls nicht auf der Hand. Der Mann war es, der – ohne zur gesonderten Wohnungnahme berechtigt zu sein – das gemeinsame Wohnen aufgab, nachdem er (erfolglos) versucht hatte, die Frau aus dem Haus zu drängen. Unbeleuchtet blieb dazu im Übrigen, dass bei einem Einkommensunterschied (von bis zu 100 %) in der Nutzung der eingebrachten Liegenschaft durch die Frau ein Wohnen im Rahmen des ihr zustehenden (Natural-)Unterhalts liegen könnte. Warum die Unterhaltsverpflichtung des Mannes ab 2016 entfallen sein sollte (wie er in der Revisionsrekursbeantwortung meint), ist angesichts der Anordnung in § 69 Abs 2 EheG nicht nachvollziehbar. Von einer Alleinnutzung kann derzeit nur bis zu einem (noch näher festzustellenden) Zeitpunkt im Jahr 2016 ausgegangen werden. Nach seinem Wiedereinzug mit seiner Lebensgefährtin nutzte die Frau das Haus überhaupt nur mehr als Schlafstelle (und beschränkt auf ein Zimmer). Bei dieser Sachlage kam die weit überwiegende Nutzung des gemeinsamen Hauses ab diesem Zeitpunkt ohnehin dem Mann zugute. Auch dazu werden die Feststellungen zu verbreitern sein.

[28] 7. Die Revisionsrekurswerberin konnte zusammenfassend aufzeigen, dass die vom Rekursgericht vorgenommene Beurteilung mehrfacher Korrektur bedarf, jedoch reichen das Vorbringen der Parteien und die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen nicht aus, um den Umfang der Aufteilungsmasse beurteilen und die Aufteilung in billiger Weise vornehmen zu können. Damit sind die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben. Das Erstgericht wird nach Erörterung mit den Parteien und Ergänzung der Feststellungen im aufgezeigten Sinn eine neuerliche Entscheidung zu fällen haben.

[29] 8. Der Kostenvorbehalt beruht darauf, dass kein die Sache erledigender Beschluss im Sinn des § 78 Abs 1 Satz 2 AußStrG vorliegt (vgl etwa 1 Ob 46/20a mwN).

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