Spruch:
Der außerordentlichen Revision wird Folge gegeben.
Die Entscheidung des Berufungsgerichts wird dahin abgeändert, daß das Ersturteil wiederhergestellt wird.
Die beklagten Parteien sind zur ungeteiten Hand schuldig, den klagenden Parteien die mit 11.085,81 S (darin 1.847,63 S USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit 13.214,69 S (darin 933,61 S USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Liegenschaften der Streitteile grenzen unmittelbar aneinander und liegen in Hanglage in einem Feuchtgebiet. Die Kläger sind Ehegatten und je zur Hälfte Miteigentümer der Liegenschaft EZ 685, die Beklagten zu unterschiedlichen Anteilen Miteigentümer der Liegenschaft EZ 657. Der Erstbeklagte verlegte 1969/70 im Zuge der Errichtung seines Hauses zur Entwässerung der ihm damals noch allein gehörigen Liegenschaft in etwa 1,8 m Tiefe ein - nach dem Akteninhalt einige Meter langes - Drainagerohr von seinem Grundstück quer über das Grundstück der Kläger.
Die Kläger begehrten die Entfernung des Drainagerohrs, die Wiederherstellung des vorherigen Zustands sowie die Unterlassung, Wasser über die Liegenschaft der Kläger zu leiten. Der Erstbeklagte habe das Drainagerohr ohne Wissen und Zustimmung der Kläger verlegt und sei wiederholten Aufforderungen, es zu entfernen, nicht nachgekommen.
Die Beklagten wendeten im wesentlichen ein, der Erstkläger habe von dem Drainagerohr gewußt, sei mit dessen Verlegung zumindest nachträglich einverstanden gewesen und habe nachträglich auch ausdrücklich mündlich die Dienstbarkeit der Wasserleitung eingeräumt. Selbst wenn die Kläger ihre ausdrückliche Zustimmung nicht erteilt haben sollten, hätten sie doch durch spätere Maßnahmen - die Errichtung einer quer über der Wasserleitung verlaufenden Stützmauer, die Aufschüttung von Schotter und die Pflanzung von Bäumen -, ohne insoweit die Beklagten vorher zur Entfernung des Drainagerohrs aufgefordert zu haben, zumindest konkludent ihre Einwilligung erteilt.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt und stellte noch fest:
Der Erstkläger habe zunächst nichts von der Verlegung des Drainagerohrs durch den Erstbeklagten gewußt; als er davon erfahren habe, habe er den Erstbeklagten zu dessen Entfernung aufgefordert und diese Aufforderung zu nicht näher feststellbaren späteren Zeitpunkten wiederholt. Später hätten die Kläger ihre Zufahrt, unter der das Drainagerohr „im wesentlichen“ verlaufe, bis zu einer Höhe von rund 10-20 cm mit Schotter aufgefüllt und im Zufahrtsbereich Bäume gesetzt, wobei sich „eine nicht besonders große Weide im Bereich der Linienführung des Drainagerohrs“ befinde. Quer zu dieser Linienführung hätten die Kläger - über dem Erdboden - eine etwa 50 cm breite und 50 cm hohe Stützmauer errichtet. Derzeit sei das Drainagerohr infolge äußerer Einflüsse (Hangdruck, andere Wasserströmung ua) funktionsunfähig, ohne daß ausgeschlossen werden könne, daß durch dieses Drainagerohr Wasser aus der Liegenschaft der Beklagten fließen könne.
Rechtlich folgerte der Erstrichter, eine Grunddienstbarkeit der Beklagten bestehe nicht; die Wiederholungsgefahr sei gegeben, weil nicht ausgeschlossen werden könne, daß durch dieses Rohr nochmals Wasser aus der Liegenschaft der Beklagten fließen könne oder allenfalls im Notfall von den Beklagten dorthin abgeleitet werde.
Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren ab, sprach aus, daß der Entscheidungsgegenstand 50.000 S übersteige, und erachtete die ordentliche Revision als nicht zulässig.
Es stellte nach teilweiser Beweiswiederholung gemäß § 488 Abs 4 ZPO zur Frage der nachträglicher Zustimmung zur Belassung des Drainagerohrs noch ergänzend fest: Nachdem der Erstbeklagte das Drainagerohr verlegt habe, sei es nachträglich zu einem Gespräch zwischen dem Erstbeklagten und dem Erstkläger gekommen, in dessen Verlauf der Erstbeklagte den Erstkläger gefragt habe, ob ihm das verlegte Drainagerohr „etwas ausmachen“ würde. Der Erstkläger habe darauf geantwortet, er habe nichts dagegen, weil das Rohr ohnedies so tief verlegt sei.
In rechtlicher Hinsicht folgerte die zweite Instanz daraus, durch diese Erklärung des Erstklägers sei eine dem Entfernungs- und Unterlassungsbegehren entgegenstehende Dienstbarkeit der Wasserleitung iSd § 497 ABGB begründet worden.
Die außerordentliche Revision der Kläger ist zulässig und berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Steht eine Liegenschaft im Miteigentum, so können einzelne der Miteigentümer allein diese ohne Zustimmung der übrigen Miteigentümer weder zu einem ideellen Teil (SZ 41/30, SZ 68/161 ua; RIS-Justiz RS0013190; Egglmeier in Schwimann 2 § 828 ABGB Rz 8 mwN) noch als Ganzes mit einer Dienstbarkeit belasten oder eine solche erweitern. Es handelt sich dabei zufolge der §§ 828, 833 ABGB um eine Angelegenheit der außerordentlichen Verwaltung und um eine Verfügung über das Recht der Miteigentümer im ganzen, sodaß hiezu das Einverständnis aller Teilhaber notwendig ist (stRspr: JBl 1960, 441 ua, zuletzt EvBl 1995/186; RIS-Justiz RS0049051, RS0011528, RS0101793; Klang in Klang2 IV 559, Petrasch in Rummel2 § 480 Rz 1, § 472 Rz 2). Das gilt auch, wenn die Miteigentümer Ehegatten sind (7 Ob 70/73, 6 Ob 65/74 ua, RIS-Justiz RS0011646). Die zweite Instanz stellte nun zwar fest, der Erstkläger habe der Rohrverlegung über seinen Grund nachträglich zugestimmt, aber keine Feststellungen darüber getroffen, daß - als Voraussetzung für die wirksame Einräumung der Dienstbarkeit der Wasserleitung - auch die Zweitklägerin als Miteigentümerin der davon betroffenen Liegenschaft in die Servitutsbestellung eingewilligt habe. Daß der Erstkläger seine Einwilligung auch namens der Zweitklägerin erteilt habe, haben übrigens die Beklagten auch ebensowenig behauptet wie eine ausdrückliche Zustimmung der Zweitklägerin. Dazu bestand für sie offenbar auch gar kein Anlaß, hat doch der Erstbeklagte in der Verhandlungstagsatzung vom 7.November 1996 (ON 7 AS 43) ausgesagt, mit der Zweitklägerin nie gesprochen, ja gar nicht gewußt zu haben, daß auch sie Hälfteeigentümerin der benachbarten Liegenschaft sei.
Wohl aber wurde von den Beklagten vorgetragen, die Kläger hätten durch im einzelne konkret behauptete und auch festgestellte Maßnahmen konkludent ihre Einwilligung erteilt. Nach herrschender Auffassung kann selbst die Vereinbarung über die Begründung einer Dienstbarkeit konkludent (§ 863 ABGB) getroffen werden (JBl 1963, 377; SZ 48/78 ua, zuletzt 7 Ob 2144/96m, 1 Ob 115/97m; RIS-Justiz RS0011650; Petrasch aaO § 480 ABGB Rz 1; Gamerith in Rummel 2 § 828 ABGB Rz 1). Das gilt auch für die Dienstbarkeit der Wasserleitung (1 Ob 115/97m). Voraussetzung für die Annahme einer konkludenten Einwilligung durch die Zweitklägerin wäre im vorliegenden Fall allerdings, daß sie bei Vornahme der dafür ins Treffen geführten Handlungen (Beschotterung, Baumpflanzung etc) in Kenntnis des Drainagerohrs war. Das ist zwar nicht festgestellt, ergibt sich aber immerhin aus ihrer Parteiaussage, sie habe vom Drainagerohr gewußt; dabei könnte ihr auch unterstellt werden, daß sie schon vor der Vornahme dieser Handlungen davon Kenntnis erlangt hatte. Voraussetzung für eine darin liegende schlüssige Willenserklärung nach der insoweit maßgeblichen Vertrauenstheorie wäre aber nicht nur, daß die Beklagten darauf vertrauen durften, sondern auch, daß sie auch tatsächlich darauf vertraut haben (Apathy in Schwimann2 § 863 ABGB Rz 1). Gerade das haben die Beklagten aber nicht behauptet, ging doch der Erstbeklagte davon aus, daß der Erstkläger Alleineigentümer der Liegenschaft sei, in die er das Drainagerohr verlegte. Weitere Feststellungen in diesem Zusammenhang sind daher entbehrlich.
Nach stRspr wird - selbst bei bloßem Stillschweigen - das konkludente Zustandekommen eines Servitutsbestellungsvertrags dann angenommen, wenn jemand in Kenntnis und mit Duldung des Eigentümers kostspielige Anlagen errichtet, weil der Liegenschaftseigentümer wissen mußte, daß der Begünstigte solche Aufwendungen nicht gemacht hätte, wenn er Gefahr gelaufen wäre, daß ihm das Gebrauchsrecht jederzeit entzogen werden könnte (JBl 1963, 377; SZ 48/78; 1 Ob 18/90 uva, zuletzt 1 Ob 115/97m mwN; RIS-Justiz RS0011650). Dieser Grundsatz muß aber dort versagen, wo der Eigentümer der davon betroffenen Liegenschaft erst im nachhinein von der „kostspieligen Anlage“ - als welche ein ins Erdreich verlegtes Drainagerohr aber auch gar nicht in Frage kommt - auf (oder in) seinem Grund Kenntnis erlangt, kann sich doch derjenige, der solche Vorkehrungen trifft, dann keinesfalls darauf berufen, er habe darauf vertraut, daß der Liegenschaftseigentümer durch die Duldung dieser Vorkehrungen auf seinem Grund und Boden seine Zustimmung zum Ausdruck brachte.
Unmöglichkeit der Leistung (Wiederherstellung) besteht nicht; Schikane wurde nicht eingewendet. Die in erster Instanz bestrittene Passivlegitimation der Zweitbeklagten wurde zu Recht vom Erstrichter bejaht, sind doch bei der actio negatoria alle (derzeitigen) Miteigentümer des angeblich herrschenden Grundstücks wegen unzertrennlicher Streitgenossenschaft passiv klagslegitimiert (SZ 56/60 ua).
Nach stRspr sind Unterlassungspflichten nur dann klagbar, wenn und solange die Gefahr künftigen Zuwiderhandelns besteht. Die Wiederholungsgefahr - als materiellrechtliche Voraussetzung - muß konkret und real sein; es muß ein gewisses Maß objektiver Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, daß die beklagte Partei in Zukunft ihrer Unterlassungspflicht zuwiderhandeln werde, wobei die Umstände des Einzelfalls maßgebend sind (SZ 60/289 mwN ua). Bei der Prüfung des Vorliegens der Wiederholungsgefahr darf nicht engherzig vorgegangen werden (SZ 50/99, SZ 55/30, SZ 61/133 ua). Bestreitet der Beklagte die Wiederholungsgefahr, so hat er besondere Gründe darzutun, die eine solche Wiederholung in Zukunft als völlig ausgeschlossen oder doch zumindest äußerst unwahrscheinlich erscheinen lassen (SZ 52/99 uva; RIS-Justiz RS0005402, RS0012056, RS0012064). Im vorliegenden Fall kann die Wiederholungsgefahr beim Unterlassungsbegehren der Kläger schon deshalb nicht verneint werden, weil der rechtswidrige Zustand nicht dauernd beseitigt wurde und die Beklagten nach wie vor auf ihrem Standpunkt, das Recht der Wasserleitung zu besitzen, beharren. Wer seine Handlung im Prozeß verteidigt und weiterhin ein Recht zu diesem Verhalten behauptet, gibt in der Regel schon dadurch zu erkennen, daß es ihm um die Vermeidung weiterer Eingriffe nicht ernstlich zu tun ist (stRspr: ÖBl 1982, 24 uva). Der entsprechenden Beweisrüge in der Berufung der Beklagten kommt daher keine Bedeutung zu.
Ungeachtet der abweichenden Feststellungen der zweiten Instanz sind die Einwände der Beklagten gegen das auf § 523 ABGB gestützte Begehren der Kläger nicht stichhältig. Demnach ist das klagestattgebende Ersturteil wiederherzustellen.
Die Kostenentscheidung fußt auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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