European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0010OB00197.14Y.1127.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung
Die Streitteile waren bis Ende 2004/Anfang 2005 liiert. Sie hatten getrennte Wohnsitze, hielten sich aber überwiegend in der Wohnung der Beklagten auf. Im Jahr 2004 entschlossen sie sich zum gemeinsamen Ankauf von zwei aneinander angrenzenden Wohnungen. Der Kläger kümmerte sich um die Finanzierung. Die damals arbeitslose Beklagte wollte ihren Anteil am Kaufpreis mit Unterstützung ihrer Familie aufbringen; der Kläger sollte vorerst ihren Anteil übernehmen. Sie unterzeichneten am 5. 11. 2004 den Kaufvertrag, in dem sie sich verpflichteten, den gesamten Kaufpreis von 240.000 EUR teilweise bar und teilweise in Form einer Darlehensvaluta zu erlegen. Der Kläger beglich einen Teil des Kaufpreises von 45.000 EUR in bar. Den restlichen Kaufpreis finanzierte er über zwei Kredite. An Kreditrückzahlungen hat der Kläger bislang 51.550 EUR und 86.137,40 EUR geleistet.
Im ersten Rechtsgang gab der Oberste Gerichtshof der Revision der Beklagten mit Entscheidung vom 14. 3. 2013, 1 Ob 249/12t, teilweise Folge, hob die Urteile der Vorinstanzen im Umfang des vom Kläger aus den Kreditrückzahlungen abgeleiteten Zahlungsbegehrens, das diese § 1042 ABGB unterstellt hatten, sowie der (anteiligen) Haftung der Beklagten für zukünftige Kreditaufwendungen und Rückzahlungen mit dem Auftrag auf, Feststellungen zu der vom Kläger geltend gemachten Anspruchsgrundlage einer Vereinbarung zu treffen.
Im zweiten Rechtsgang stellte das Erstgericht ergänzend fest, die Streitteile hätten vereinbart, dass die Beklagte alles, auch die vom Kläger getätigten Kreditrückzahlungen und die damit verbundenen Kosten, zur Hälfte bezahle, während nähere Details, insbesondere zu den Zahlungsmodalitäten, jedoch nicht besprochen worden seien, verwarf die Verjährungseinrede der Beklagten und gab den Begehren des Klägers Folge. Schädigende Handlungen des Klägers, auf die die Beklagte die von ihr eingewandte Aufrechnung stützte, konnte das Erstgericht nicht feststellen.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und ließ die ordentliche Revision nicht zu.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision der Beklagten, die keine Rechtsfragen von der Erheblichkeit im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO geltend macht.
1. Abgesehen davon, dass eine tatsächlich oder vermeintlich unrichtige Wiedergabe des Prozessvorbringens einer Partei im angefochtenen Urteil keine Aktenwidrigkeit begründet (vgl RIS‑Justiz RS0041814), hat das Berufungsgericht den Verjährungseinwand der Beklagten in seiner rechtlichen Beurteilung ohnedies nicht nur auf die Wohnbeiträge bezogen, die nicht mehr Gegenstand des zweiten Rechtsgangs waren, und diesen Einwand auch in Bezug auf die vom Kläger begehrten anteiligen Kreditaufwendungen geprüft.
2. Wird eine Entscheidung im Instanzenzug aufgehoben, weil der Sachverhalt unvollständig festgestellt wurde, ist eine mündliche Verhandlung nur dann notwendig, wenn nicht schon ausreichend Beweisergebnisse vorliegen, um die fehlenden Feststellungen zu treffen (RIS‑Justiz RS0041953 [T1]; Pimmer in Fasching/Konecny² § 499 ZPO Rz 21). Das Erstgericht hat im fortgesetzten Verfahren den Sachverhalt im Sinn der ihm vom Obersten Gerichtshof in seinem Aufhebungsbeschluss vom 14. 3. 2013, 1 Ob 249/12t, überbundenen Rechtsansicht ergänzt. Soweit die Beklagte diese Feststellung inhaltlich in Zweifel zieht, wendet sie sich gegen die Beweiswürdigung des Erstgerichts, die in dritter Instanz nicht mehr bekämpft werden kann (RIS‑Justiz RS0043371; RS0043414 [T11] ua).
3. Annuitäten sind gleichbleibende jährliche Leistungen zur Verzinsung und Tilgung eines Kapitals, bei denen sich Zinsenbezug und Kapitalabstattung immer auf denselben Betrag ergänzen, sodass bei fortschreitender Tilgung der in den einzelnen Annuitäten enthaltende Zinsenbetrag ständig fällt, während die in der Annuität enthaltene Tilgungsrate wächst (RIS‑Justiz RS0034376; Dehn in KBB4 § 1480 Rz 6). Sie verjähren gemäß § 1480 ABGB in drei Jahren (RIS‑Justiz RS0018003). Dass der zwischen den Streitteilen getroffenen Vereinbarung, wonach die Beklagte dem Kläger die von diesem zur Finanzierung getragenen Kreditaufwendungen zur Hälfte zu ersetzen habe, nach der Parteienabsicht (vgl RIS‑Justiz RS0017622; vgl auch RS0017890 ua) ein Annuitäten vergleichbarer Zweck zugrunde läge, hat die für den Beginn der Verjährungsfrist behauptungs‑ und beweispflichtige Beklagte (RIS‑Justiz RS0034456) nie geltend gemacht. Dafür fehlt es auch an Anhaltspunkten in tatsächlicher Hinsicht, bezweckte die (vorläufige) Übernahme des auf die Beklagte entfallenden Anteils am Kaufpreis durch den Kläger nach den Feststellungen doch erkennbar dessen Kreditierung, bis die damals arbeitslose Beklagte über das notwendige Kapital verfügt, das sie nach ihrem eigenen Vorbringen zwischenzeitlich auch erhalten hat. Damit ist eine Rückzahlungsverpflichtung nach Fälligkeit und unter den Bedingungen der vom Kläger eingegangen Hauptschuld, wie die Beklagte in ihrem Rechtsmittel zur Begründung des von ihr erhobenen Verjährungseinwands geltend macht, nicht in Einklang zu bringen. Es begründet daher auch keine aus Anlass ihres außerordentlichen Rechtsmittels aufzugreifende Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts, wenn dieses die vom Kläger aus seiner Kreditbelastung (anteilig) abgeleitete Forderung nicht der kurzen Verjährungsfrist des § 1480 ABGB unterstellte. Darüber hinaus verkennt die Revisionswerberin, dass das Berufungsgericht die Forderung des Klägers im zweiten Rechtsgang ohnedies nicht unter § 1042 ABGB subsumierte.
4. Die Feststellungen der Vorinstanzen, an die der Oberste Gerichtshof gebunden ist, bieten keinen Anhaltspunkt für ein Verhalten des Klägers, wie es die Beklagte zur Grundlage der von ihr erhobenen Aufrechnungserklärung machte. Damit ist es hier auch nicht mehr von Relevanz, ob es sich bei ihrem Vorbringen um eine materiellrechtliche Aufrechungserklärung, wie das Berufungsgericht meint, oder aber um eine prozessuale Kompensationsreinrede handelt, wie die Beklagte in ihrer außerordentlichen Revision geltend macht.
5. Welche Anforderungen an die Konkretisierung des
Klagebegehrens zu stellen sind, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (RIS‑Justiz RS0037874 [T33; T39]). Ein Feststellungsbegehren muss geeignet sein, über die Rechtsbeziehungen der Parteien ein für allemal Klarheit zu schaffen (RIS‑Justiz RS0038908 [T5]). Das festzustellende Recht ist daher inhaltlich und umfänglich genau zu bezeichnen (RIS‑Justiz RS0037437). Eine jeden Zweifel und jede objektive Ungewissheit ausschließende Präzisierung des Klagebegehrens, wie bei Geldleistungsklagen, ist aber nicht gefordert; bei anderen Klagen ist dem Erfordernis des § 226 ZPO über die Bestimmtheit des Klagebegehrens bereits dann Genüge getan, wenn daraus unter Berücksichtigung des Sprach- und Ortsgebrauchs und nach den Regeln des Verkehrs entnommen werden kann, was begehrt ist (RIS‑Justiz RS0037874). Die Auffassung des Berufungsgerichts, das auf Feststellung der Haftung zur Hälfte für sämtliche Kreditaufwendungen, die der Kläger im Zusammenhang mit dem Ankauf der ‑ im Einzelnen konkret bezeichneten ‑ Liegenschaftsanteile tätigte, gerichtete Begehren sei ausreichend bestimmt, ist ausgehend davon jedenfalls vertretbar.
6. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
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