OGH 1Ob153/23s

OGH1Ob153/23s23.10.2023

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Musger als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Wessely‑Kristöfel und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei HR Mag. R*, vertreten durch die Holzer Kofler Mikosch Kasper Rechtsanwälte OG in Klagenfurt am Wörthersee, gegen die beklagte Partei Republik Österreich (Bund), vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen 27.682,68 EUR sA und Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 31. Juli 2023, GZ 14 R 106/23w‑21, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0010OB00153.23S.1023.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Amtshaftung inkl. StEG

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Der Kläger – ein Lehrer – bewarb sich im Jahr 2003 um den Posten des Schulleiters eines Bundesgymnasiums und Bundesrealgymnasiums. Am 1. 7. 2005 wurde er zum Schulleiter bestellt und dadurch von einem privatrechtlichen in ein öffentlich‑rechtliches Dienstverhältnis zur Beklagten übernommen. Er befindet sich seit 1. 9. 2020 im Ruhestand.

[2] Mit seiner am 8. 9. 2022 eingebrachten Amtshaftungsklage begehrte der Kläger den Ersatz seiner Brutto‑Pensionsdifferenz für die Zeit vom 1. 9. 2020 bis 31. 12. 2021 sowie die Feststellung der Haftung der Beklagten für sämtliche Pensionsdifferenzen, die sich im Hinblick auf seine Nichteinbeziehung in den Geltungsbereich des Pensionsgesetzes 1965 im Vergleich zur Einbeziehung in den Geltungsbereich des Allgemeinen Pensionsgesetzes für ihn künftig ergeben. Das zuständige Bundesministerium habe rechtswidrig und schuldhaft nicht innerhalb der sechsmonatigen Frist des § 73 AVG entschieden und seine Ernennung verzögert. Wäre er noch vor dem 1. 1. 2005 auf die Schulleiterstelle ernannt worden, würde er eine höhere Pension nach dem Pensionsgesetz 1965 beziehen.

[3] Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren übereinstimmend wegen Verjährung ab.

Rechtliche Beurteilung

[4] Die außerordentliche Revision des Klägers zeigt keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung auf.

[5] 1. Anders als im Bereich des § 1489 zweiter Satz ABGB beginnt zwar im Amtshaftungsrecht die absolute (lange) Verjährungsfrist nicht bereits mit dem schadensverursachenden Ereignis. Vielmehr stellt § 6 Abs 1 zweiter Satz AHG auf die „Entstehung des Schadens“ ab (RS0050376). Als Zeitpunkt der Entstehung des Schadens ist aber jener Zeitpunkt anzusehen, in welchem der Schaden „wirksam wurde“ (RS0050376 [T2]). Damit ist der Zeitpunkt des realen Schadenseintritts gemeint. Sobald also im Vermögen des späteren Amtshaftungsklägers ein Nachteil eingetreten ist, beginnt die zehnjährige Frist zu laufen (1 Ob 187/20m; 1 Ob 48/17s). Die schon eingetretenen und die aus demselben Schadensereignis voraussehbaren künftigen Schäden (Teil‑[folge]‑schäden) bilden verjährungsrechtlich eine Einheit. Der drohenden Verjährung des Ersatzanspruchs für solche Folgeschäden ist mit einer Feststellungsklage innerhalb der Verjährungsfrist zu begegnen (RS0087613; RS0034618).

[6] 2. Die Vorinstanzen gingen davon aus, dass der Nachteil im Vermögen des Klägers bereits mit seiner Ernennung zum Schulleiter am 1. 7. 2005 und der damit einhergehenden pensionsrechtlichen Schlechterstellung, durch die er von Gesetzes wegen nur noch geringere Pensionsanwartschaften erwerben konnte, eingetreten sei und daher die zehnjährige Verjährungsfrist mit diesem Zeitpunkt zu laufen begonnen habe. Diese Beurteilung ist nicht korrekturbedürftig.

[7] 3. Die Behauptung des Klägers, seine Ernennung in das öffentlich‑rechtliche Dienstverhältnis im Jahr 2005 habe noch zu keinem Nachteil geführt, geht darüber hinweg, dass er damit – wie er selbst vorbringt – nicht mehr der früheren Pensionsregelung, sondern dem neuen (ungünstigeren) Pensionsrecht nach dem Allgemeinen Pensionsgesetz unterlag und den Anspruch auf Abfertigung verlor. Dass das Berufungsgericht den Eintritt des Primärschadens mit der Eingliederung des Klägers ins neue Pensionssystem annahm, begegnet keinen Bedenken, hatte sich doch seine Rechtsposition damit gegenüber einer Ernennung noch vor dem 1. 1. 2005 unumkehrbar verschlechtert, weil er keine Pensionsansprüche nach altem Recht mehr erlangen konnte. Aus den vom Kläger zitierten Entscheidungen, insbesondere 8 ObA 56/08f, ergibt sich, sofern sie überhaupt einschlägig sind, nichts anderes. Soweit sich der Kläger auf die Rechtsprechung zur Erkundungspflicht bezieht (vgl RS0034327), übersieht er, dass diese auf die – kenntnisabhängige – kurze Verjährungsfrist abstellt.

[8] 4. Der Umstand allein, dass die zu lösenden Rechtsfragen (allenfalls) in einer Vielzahl von Fällen auftreten, bewirkt nicht ihre Erheblichkeit im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO (RS0042816; RS0042742 [T12]).

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