Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 334,65 EUR bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 55,77 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger war bei der Beklagten bis 30. 6. 1998 als Innendienstmitarbeiter beschäftigt. Auf das Dienstverhältnis fand der Kollektivvertrag für Versicherungsangestellte im Innendienst Anwendung. Nach Zuerkennung der ASVG-Pension und Verstreichen des Abfertigungszeitraums erhielt der Kläger von der Beklagten einen Pensionszuschuss zuerkannt. Dieser Pensionszuschuss betrug zuletzt 184,97 EUR monatlich.
Die von der Beklagten am 5. 1. 2001 und vom Kläger am 10. 1. 2001 unterfertigte „Vereinbarung über die Übertragung der direkten Pensionszusage gemäß Verbandsempfehlung auf die A***** Pensionskasse *****" (in der Folge immer: Pensionskasse) lautet wie folgt:
„1. Der Leistungsberechtigte stimmt der Aufhebung und Übertragung der zwischen ihm und dem Arbeitgeber am 02.06.1998 abgeschlossenen direkten Leistungszusage zu.
2. Das Deckungserfordernis gemäß § 48 Pensionskassengesetz wurde entsprechend § 30 des Pensionskassenvertrages vom 02.01.1998 ermittelt. Als Stichtag wurde der letzte Tag des Abfertigungszeitraumes zugrunde gelegt.
3. Mit der Übertragung des in Abs 2 erwähnten Deckungserfordernisses an die ... (Pensionskasse) sind alle erworbenen und zukünftigen Ansprüche/Anwartschaften des Leistungsberechtigten sowie der nach ihm anspruchsberechtigten Personen (Witwe/r und Waisen) gegenüber dem Arbeitgeber aus der in Abs 1 angeführten direkten Leistungszusage abgegolten und diese somit erloschen.
4. Ab dem Übertragungsstichtag richten sich Ansprüche auf Zahlung einer Versorgungsleistung allein gegen die ... (Pensionskasse) und werden ausschließlich aufgrund der Regelungen des erwähnten Pensionskassenvertrages sowie der damit verbundenen Betriebsvereinbarung erbracht.
5. Aufgrund der Übertragung der Anwartschaft aus der direkten Leistungszusage erhält der Leistungsberechtigte unter der Voraussetzung, dass er eine ASVG-Pension bezieht, monatlich eine Alterspension in der Höhe von ATS 2.520,00, die jeweils zum letzten Banktag eines Monats zur Auszahlung kommt, beginnend mit 01.01.2001."
Aufgrund dieser Übertragungsvereinbarung wurden die Pensionsanwartschaften des Klägers in die Pensionskasse übertragen. Es erfolgte eine Umstellung von einer leistungsorientierten Direktzusage auf ein beitragsorientiertes Pensionskassenmodell.
Vor Erhalt und Unterfertigung der dargestellten „Übertragungsvereinbarung", die keinen Passus und keine Information über die Funktionsweise des Pensionskassensystems dahin enthält, dass das Pensionskassenmodell nicht leistungs- sondern beitragsorientiert, demgemäß die Pensionshöhe von den erzielten Anlageergebnissen der Pensionskasse abhängig ist und damit Pensionskürzungen möglich sind, wurde der Kläger von der Beklagten weder über die von ihr vorgenommene Umstellung von der leistungsorientierten Direktzusage auf das beitragsorientierte Pensionskassensystem aufgeklärt noch über die Funktionsweise des beitragsorientierten Pensionskassensystems informiert. Die Beklagte klärte den Kläger nicht darüber auf, dass es durch die Umstellung auf das beitragsorientierte Pensionskassensystem auch zu Kürzungen der Pension kommen könne.
In den Jahren 2001 und 2002 wurde die Zusatzpension des Klägers noch nicht gekürzt. Er erhielt von der Pensionskasse jenen monatlichen Betrag an Pension ausbezahlt, der ihm aufgrund der direkten Leistungszusage in den Jahren zuvor von der Beklagten bezahlt worden war.
Mit Schreiben vom 19. 12. 2002 teilte die Pensionskasse dem Kläger mit, dass es aufgrund des seit bereits geraumer Zeit niedrigen Zinsniveaus für das Jahr 2003 zu einer Reduktion seiner Zusatzpension kommen werde; beginnend mit Jänner 2003 werde die Rentenzahlung von derzeit 2.538,46 EUR auf 2.157,69 EUR (jeweils jährlich) gekürzt. Entsprechend dieser Ankündigung erhielt der Kläger ab Jänner 2003 eine reduzierte monatliche Pensionsleistung von der Pensionskasse.
Mit Schreiben vom 25. 3. 2003 teilte die Pensionskasse dem Kläger die endgültige Höhe seiner Zusatzpension für das Jahr 2003 (anstelle der vorläufig festgesetzten Höhe von 2.157,69 EUR) mit 2.036,56 EUR mit.
Da der Kläger juristisch nicht geschult ist, unternahm er zunächst gegen die Pensionskürzungen nichts.
Mit weiterem Schreiben vom 21. 4. 2006 teilte die Pensionskasse dem Kläger mit, dass seine Alterspension nach Feststellung des Jahresabschlusses zum 31. 12. 2005 ab 1. 1. 2006 156,12 EUR monatlich betrage; als Fußnote ist in diesem Schreiben die generelle Mitteilung enthalten, dass sich die Höhe der Leistung in einem beitragsorientierten Modell im Wesentlichen durch das Veranlagungsergebnis der Pensionskasse bestimme und sowohl steigen, gleichbleiben bzw geringer werden könne. Über die Entwicklung der künftigen Pensionsleistungen könne somit keine verbindliche Aussage getroffen werden. Der Kläger würde selbstverständlich über jede Änderung der Höhe der Pensionsleistung informiert werden.
Mit der am 9. 11. 2007 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrt der Kläger der rechnerischen Höhe nach unstrittige 1.186,51 EUR an Differenz zwischen dem von der Beklagten zugesagten Pensionszuschuss und den für die letzten drei Jahre vor Klageeinbringung tatsächlich von der Pensionskasse ausbezahlten Beträgen. Der Kläger sei über die Risken der Übertragungsvereinbarung nicht aufgeklärt worden. Bei richtiger Aufklärung und Kenntnis des Sachverhalts hätte der Kläger der Übertragung nicht zugestimmt. Die Beklagte hafte mangels Aufklärung für den dem Kläger entstandenen Schaden. Ohne Information des Klägers sei auf ein beitragsorientiertes System umgestellt worden. Es sei für den Kläger nicht prognostizierbar gewesen, ob und welche Schäden in Zukunft eintreten würden.
Die Beklagte hält dem Klagebegehren lediglich den Einwand der Verjährung entgegen: Die Verjährung beginne, sobald eine Feststellungsklage erhoben werden könne. Der erste Schaden sei gemäß der vom Kläger selbst vorgelegten Aufstellung bereits im April 2001 eingetreten. Von diesem Zeitpunkt an habe die dreijährige Verjährungsfrist für alle künftigen Differenzschäden zu laufen begonnen.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es erachtete rechtlich zusammengefasst, dass zwar der Geschädigte nach der Rechtsprechung, wenn ihm schon ein Primärschaden entstanden sei, der drohenden Verjährung seines Anspruchs auf Ersatz der künftigen, aber schon vorhersehbaren Schäden durch eine Feststellungsklage innerhalb der Verjährungsfrist zu begegnen habe. Im konkreten Fall sei der Kläger jedoch nicht verpflichtet gewesen, zur Wahrung seiner Ansprüche eine Feststellungsklage einzubringen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass für den Kläger künftige Veranlagungsergebnisse der Pensionskasse und damit die Entwicklung der künftigen Höhe seiner Pension nicht vorhersehbar seien.
Das Berufungsgericht gab der dagegen von der Beklagten erhobenen Berufung nicht Folge und sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Inhaltlich billigte das Berufungsgericht die Rechtsauffassung des Erstgerichts. Die Einbringung einer Feststellungsklage zur Hintanhaltung der Verjährung bei Eintritt eines Primärschadens sei nur dann erforderlich, wenn mit künftigen weiteren Schäden mit Wahrscheinlichkeit zu rechnen sei. Eine Vorhersehbarkeit von Folgeschäden sei hier zu verneinen. Bei einem beitragsorientierten Pensionskassenmodell hänge die Pensionshöhe vom Veranlagungserfolg der Pensionskasse ab. Aus einem bereits eingetretenen schlechten Veranlagungserfolg, der im konkreten Fall zu einer Pensionskürzung des Klägers geführt habe, könne noch nicht geschlossen werden, dass auch in Folgejahren derartige oder sogar höhere Differenzschäden entstehen würden, für die der Dienstgeber letztlich eine schadenersatzrechtliche Haftung zu tragen habe. Ebenso könnten nämlich bei günstiger Entwicklung Gewinne eintreten, die zu einer Pensionserhöhung führen würden. Die von der Rechtsprechung geforderte Wahrscheinlichkeit (Vorhersehbarkeit) eines weiteren Schadenseintritts sei daher bei möglichen „Pensionsschäden" nicht gegeben.
Die Revision wurde wegen über den Einzelfall hinausgehender Bedeutung samt hiezu fehlender Rechtsprechung zugelassen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die auf den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte Revision der Beklagten mit dem Antrag, die bekämpfte Entscheidung im Sinne einer gänzlichen Abweisung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Kläger beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, die Revision der Beklagten als unzulässig zurückzuweisen; hilfsweise, ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.
Vorauszuschicken ist, dass nicht strittig ist, dass die Beklagte dem Kläger wegen Verletzung der sie als ehemalige Arbeitgeberin treffenden Verpflichtung, den Kläger vor seiner Zustimmung zur Übertragung der direkten Leistungszusage an die Pensionskasse über die damit verbundenen Rechtsfolgen aufzuklären, im Rahmen des Vertrauensschadenersatzes für die Differenz zur ursprünglich vertraglich zugesagten Pension haftet (s dazu 9 ObA 243/02d = DRdA 2004/39 [Runggaldier]; zur Unterscheidung zwischen einer beitragsorientierten und einer leistungsorientierten Pensionszusage grundlegend 8 ObA 52/03k = tw veröffentlicht in DRdA 2004/561 = DRdA 2005/18 [Runggaldier]). Die Beklagte stellte ferner das Klagebegehren der Höhe nach ausdrücklich außer Streit. Wie die Berechnung des Vertrauensschadenersatzes bei „Pensionsschäden" infolge Übertragung einer direkten Leistungszusage an eine Pensionskasse unter gleichzeitiger Umgestaltung in ein beitragsorientiertes System zu erfolgen hat, insbesondere wie die in 9 ObA 243/02d geforderte „Gesamtbetrachtung" vorzunehmen ist (s zur Problematik Runggaldier zu DRdA 2004/39) muss nicht geklärt werden.
Es bedarf daher ausschließlich einer Auseinandersetzung mit dem von der Beklagten allein erhobenen Einwand der Verjährung.
Jede Entschädigungsklage ist in drei Jahren von der Zeit an verjährt, zu welcher der Schaden und die Person des Beschädigers dem Beschädigten bekannt wurde. Die von Lehre und Rechtsprechung entwickelten Grundsätze dieser kurzen Verjährung von Schadenersatzforderungen lassen sich dahingehend zusammenfassen, dass die dreijährige Verjährungsfrist des § 1489 ABGB mit dem Zeitpunkt zu laufen beginnt, in dem der Ersatzberechtigte sowohl den Schaden als auch den Ersatzpflichtigen soweit kennt, dass eine Klage mit Aussicht auf Erfolg erhoben werden kann (RIS-Justiz RS0034524; RS0034327; M. Bydlinski in Rummel³, § 1489 Rz 3; Mader/Janisch in Schwimann, ABGB³ VI, § 1489 Rz 9; Dehn in KBB², § 1489 Rz 3). Die Kenntnis muss dabei nach ständiger Rechtsprechung den ganzen den Anspruch begründenden Sachverhalt umfassen, insbesondere auch die Kenntnis des Ursachenzusammenhangs zwischen dem Schaden und einem bestimmten, dem Schädiger anzulastenden Verhalten; in Fällen der Verschuldenshaftung daher auch jene Umstände, aus denen sich das Verschulden des Schädigers ergibt (RIS-Justiz RS0034603; 1 Ob 27/05k = ecolex 2005/276; 10 Ob 23/04m = SZ 2005/46 = JBl 2005, 443 [Lukas]; allgemein Bydlinski aaO; Mader/Janisch aaO Rz 14).
Die Beklagte klärte den Kläger weder über die Funktionsweise des Pensionskassensystems noch darüber auf, dass das Pensionskassenmodell nicht leistungs- sondern beitragsorientiert gestaltet wurde, demgemäß die Pensionshöhe von den erzielten Veranlagungsergebnissen der Pensionskasse abhängig ist. Erstmals mit Schreiben vom 19. 12. 2002 teilte die Pensionskasse dem Kläger mit, dass es beginnend mit Jänner 2003 zu einer Reduktion seiner Zusatzpension kommen werde. Ein Hinweis darauf, dass sich diese Pensionskürzung daraus ergebe, dass der Kläger mit seiner Zustimmung zur Übertragungsvereinbarung auch seine Zustimmung dazu erklärt hatte, dass die bisher leistungsorientierte Pensionszusage in ein beitragsorientiertes Pensionskassenmodell umgestaltet werde, findet sich ebenso wenig wie ein Hinweis darauf, dass die Pensionskürzung im Zusammenhang mit den konkreten Veranlagungsergebnissen der Pensionskasse steht. Der allgemein gehaltene Hinweis auf das „niedrige Zinsniveau für das Jahr 2003" vermag eine solche Information nicht zu ersetzen. Erst mit Schreiben vom 21. 4. 2006 wurde der Kläger darüber informiert, wie sich die Höhe der Leistung in einem beitragsorientierten Modell bestimmt. Dass dem Kläger diese Zusammenhänge vorher bekannt gewesen wären, wurde nicht festgestellt.
Daraus ergibt sich verjährungsrechtlich folgende Konsequenz:
Unter Berücksichtigung des Umstands, dass der Kläger keine Kenntnis davon hatte, dass er der Übertragung seiner direkten Leistungszusage in ein beitragsorientiertes Pensionskassenmodell zustimmte, konnte die Verjährung, da der Kläger als juristischer Laie keinen Einblick in die für das Verschulden maßgeblichen Umstände hatte, allein mit den ersten Reduktionen der Pension noch nicht beginnen. Nach den immer maßgebenden Umständen des Einzelfalls (vgl 10 Ob 23/04m = SZ 2005/46) kann entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung jedenfalls nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger bereits mit Eintritt der ersten Pensionskürzung Kenntnis vom maßgeblichen Kausalzusammenhang hatte, insbesondere Kenntnis darüber, dass die Zustimmung des Klägers zur Umwandlung seiner direkten Leistungszusage in ein beitragsorientiertes Modell und die mangelhafte Aufklärung der Beklagten ursächlich dafür war, dass die von der Pensionskasse ausgezahlten Leistungen vom Veranlagungserfolg der Pensionskasse abhängen. Das einzige, was dem Kläger bekannt sein musste, war der Umstand, dass nunmehr ein Dritter, nämlich die Pensionskasse, zur Auszahlung der Pension verpflichtet ist. Inwiefern für die verringerten Pensionsauszahlungen auch ein Verhalten der Beklagten ursächlich war (nämlich die im Verfahren nicht mehr strittige Verletzung der Aufklärungspflicht durch die Beklagte und die dadurch bedingte Zustimmung des Klägers) war für den Kläger nicht ersichtlich. Nach den besonderen Umständen des hier zu beurteilenden Falls kann auch keine Verpflichtung des Klägers - der als juristischer Laie keinen Einblick in die verschiedenen Pensionskassensysteme hat bzw haben musste - bejaht werden, bereits bei Eintritt der ersten eher geringfügigen Pensionskürzungen Recherchen über den Grund dieser Pensionskürzungen anzustellen. Die Erkundigungspflicht des Geschädigten darf nicht überspannt werden (RIS-Justiz RS0034327 [T6]; M. Bydlinski aaO § 1489 Rz 3; Mader/Janisch aaO § 1489 Rz 20; Dehn aaO § 1489 Rz 3).
Die von der Beklagten betonte Möglichkeit, bei Kenntnis der Zusammenhänge - selbst vor Eintritt von konkreten Nachteilen - bereits eine Feststellungsklage einzubringen (8 ObA 23/06z = zuvo 2008/15; ähnlich 9 ObA 87/05t = DRdA 2006, 495), substituiert diese Kenntnis nicht, sondern setzt sie voraus.
Daraus folgt aber, dass der Revision schon deshalb ein Erfolg zu versagen ist, weil mangels Kenntnis des Klägers vom relevanten Kausalzusammenhang bzw einer ihm zurechenbaren Verletzung von Erkundigungsobliegenheiten die Verjährung nicht bereits mit Eintritt der ersten Pensionskürzungen zu laufen begann. Verjährung ist daher jedenfalls für die begehrte Pensionsdifferenz für die drei Jahre vor Klageeinbringung nicht eingetreten.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.
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