European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0150OS00074.16W.1012.000
Spruch:
In Stattgebung der Beschwerde wird der Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Graz vom 5. Juli 2016, GZ 10 Hv 4/16s‑305, in seinem Punkt 2. aufgehoben.
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Den Angeklagten Redzep H***** und Bledar C***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, das auch in Rechtskraft erwachsene Schuldsprüche und Freisprüche anderer Angeklagter enthält, wurden Redzep H***** und Bledar C***** – im zweiten Rechtsgang (vgl zum ersten Rechtsgang 15 Os 140/15z) – jeweils der Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter Fall, Abs 4 Z 3 SMG als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB (A.2.) und nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG, H***** als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB (B.1. und 2.) schuldig erkannt.
Danach haben vorschriftswidrig Suchtgift in einer das 25‑fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, nämlich 3.981,1 Gramm Kokain mit einem Reinheitsgehalt von mindestens 39,7 % (Reinsubstanz mindestens 1.433,81 Gramm Cocain‑Base),
A. zwischen 7. und 8. November 2014 eingeführt, und zwar
1. Zuber I***** als unmittelbarer Täter in S*****, indem er das Suchtgift aus Deutschland nach Österreich verbrachte,
2. als Beitragstäter (§ 12 dritter Fall StGB), wobei sie in L***** und an anderen Orten des Bundesgebiets an der zu Punkt A.1. angeführten Einfuhr mitwirkten, nämlich Redzep H*****, indem er die Einfuhr auftragsgemäß (mit‑)organisierte, die Verkaufsverhandlungen mit den verdeckten Ermittlern führte, die Übergabemodalitäten und den Preis ausverhandelte und telefonische Kontakte mit den Hintermännern hielt, und Bledar C*****, indem er an der Freigabe der Lieferung aus dem Ausland durch Prüfung des für den Kauf vorbereiteten Bargelds mitwirkte;
B. am 8. November 2014 einem anderen überlassen, und zwar
1. Bledar C*****, Bledar D***** und Zuber I***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 StGB) in G*****, indem sie das Suchtgift einem verdeckten Ermittler übereigneten,
2. Redzep H***** als Beitragstäter (§ 12 dritter Fall StGB) in L*****, indem er an der zu Punkt B.1. beschriebenen strafbaren Handlung durch Übergabe einer geringen Menge an Kokain als Probe am 4. November 2014 an den verdeckten Ermittler sowie durch Bereithalten zur Geldübergabe mitwirkte.
Nach (rechtzeitiger) Anmeldung von Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung wurde die Urteilsausfertigung der Verteidigerin des Angeklagten C***** am 24. Mai 2016 zugestellt.
Am 13. Juni 2016 brachte die Verteidigerin einen Antrag auf Verlängerung der Frist zur Ausführung der angemeldeten Rechtsmittel ein (ON 294).
Mit handschriftlich auf diesem Schriftsatz vermerktem Beschluss vom 20. Juni 2016 bewilligte die Vorsitzende des Schöffengerichts die Fristverlängerung bis 27. Juni 2016, ohne diese Entscheidung zu begründen. Der Beschluss wurde weder ausgefertigt noch zugestellt. Via Web‑ERV wurde die Verteidigerin lediglich mit Note vom 20. Juni 2016 davon verständigt, dass mit Beschluss vom selben Tag die Frist für die Rechtsmittelausführung bis 27. Juni 2016 verlängert worden sei (Beiblatt zu ON 294).
Am 29. Juni 2016 brachte die Verteidigerin die Ausführung der angemeldeten Rechtsmittel (ON 267) und einen Antrag auf Berichtigung des Protokolls über die Hauptverhandlung beim Erstgericht ein (ON 301).
Mit dem angefochtenen Beschluss wies die Vorsitzende des Schöffengerichts den Antrag des Angeklagten auf Protokollberichtigung gemäß § 271 Abs 7 StPO ebenso als unzulässig zurück wie gemäß § 285a Z 2 StPO die Nichtigkeitsbeschwerde dieses Angeklagten (ON 305).
Dagegen richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des Angeklagten (§ 285b Abs 2 StPO).
Rechtliche Beurteilung
Zur Beschwerde des Angeklagten C*****:
Gemäß § 285 Abs 2 StPO hat im Fall extremen Umfangs des Verfahrens das Landesgericht die in § 285 Abs 1 StPO genannte Rechtsmittelfrist auf Antrag des Beschwerdeführers um den Zeitraum zu verlängern, der erforderlich ist, um eine ausreichende Verteidigung (Art 6 Abs 3 lit b MRK) zu gewährleisten. Die Verpflichtung zur Verlängerung um einen bestimmten Zeitraum soll sicherstellen, dass dem Rechtsmittelwerber nicht nur die vom Gericht allenfalls gewährte Frist, sondern von der – nicht in die Dispositionsbefugnis des Gerichts fallenden – vierwöchigen Ausführungsfrist des § 285 Abs 1 erster Satz StPO, deren Fortlauf gemäß § 285 Abs 3 dritter Satz erster Halbsatz StPO vom Zeitpunkt der Antragstellung nach § 285 Abs 2 StPO bis zur Bekanntmachung der Entscheidung darüber gehemmt wird (RIS‑Justiz RS0127192), der nach Ende dieser Fortlaufshemmung noch offenstehende Rest zur Gänze zur Verfügung steht (11 Os 159/13m [11 Os 160/13h], 15 Os 19/13b).
Dessen ungeachtet bewilligte das Landesgericht für Strafsachen Graz mit Beschluss vom 20. Juni 2016 eine Fristverlängerung (nicht „um einen Zeitraum“, sondern) datumsbezogen bis zum 27. Juni 2016 (vgl RIS‑Justiz RS0129218).
Gemäß § 81 Abs 1 StPO hat die Bekanntmachung von Erledigungen des Gerichts – also auch jene, auf die § 285 Abs 2 StPO abstellt, – durch mündliche Verkündung, durch Zustellung einer Ausfertigung (§ 79 GOG), durch Telefax oder im Elektronischen Rechtsverkehr nach Maßgabe des § 89a GOG zu erfolgen.
Da im vorliegenden Fall eine mündliche Verkündung nicht stattfand (vgl § 86 Abs 3 StPO), wäre der Beschluss, mit welchem die Rechtsmittelausführungsfrist gemäß § 285 Abs 2 StPO verlängert wurde, unbeschadet dessen, dass eine Beschwerde dagegen nicht zusteht, auszufertigen (§ 86 Abs 2 StPO) und der Verteidigerin zuzustellen gewesen. Die durch Note erfolgte Verständigung vom Inhalt des richterlichen Beschlusses vermag die gebotene Zustellung einer Ausfertigung nicht zu ersetzen.
Das Unterbleiben einer gesetzeskonformen Bekanntmachung des Fristverlängerungsbeschlusses führt fallbezogen dazu, dass der Ablauf der Rechtsmittelfrist nach wie vor gehemmt ist, weshalb die Rechtsmittelausführung nicht verspätet war. Demgemäß war der angefochtene Beschluss in seinem Punkt 2. ersatzlos aufzuheben.
Die gegen das Urteil vom Angeklagten C***** aus Z 4 und 5 und vom Angeklagten H***** aus Z 5 und 11 des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden sind nicht berechtigt.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten C*****:
Die Verfahrensrüge (Z 4) richtet sich gegen die Abweisung des Antrags des Angeklagten auf Zulassung der Frage an den in der Hauptverhandlung als Zeugen vernommenen verdeckten Ermittler „VE 1 Josef“, von welchen Personen die ihm zugekommenen Informationen erlangt wurden und warum es dazu keine Aufzeichnungen im Ermittlungsakt gebe (ON 265 S 14). Begründend verwies er darauf, dass es verboten sei, ohne vorhergehende polizeiliche, einen Tatverdacht rechtfertigende Ermittlungen gegen bestimmte Personen ein Anbot an eine Person zu stellen, „zumal der EGMR in seinem Erkenntnis Furcht gegen Deutschland judiziert habe, dass derartige Personen freizusprechen sind und aufgrund der Kausalitätskette das Kokain ohne die Initiative der verdeckten Ermittler niemals in Österreich gelandet wäre“. Die verdeckten Ermittler hätten den im EU‑Ausland befindlichen Sami F***** zur Organisation der Kokainlieferung nach Österreich in unzulässiger Weise provoziert.
Damit im Zusammenhang steht der Antrag des Angeklagten auf Berichtigung des Hauptverhandlungs‑ protokolls, welcher von der Vorsitzenden des Schöffengerichts zurückgewiesen wurde. Die dagegen gerichtete Beschwerde des Angeklagten ist mit der Entscheidung über die Nichtigkeitsbeschwerde – ohne dass es einer inhaltlichen Erwiderung bedürfte – erledigt (RIS‑Justiz RS0126057 [T1 und T2]), die angestrebte Protokolländerung verfehlt nämlich ihren Zweck, weil das Rechtsmittel auch im Fall der beantragten Berichtigung erfolglos bliebe, zumal die von der Verteidigerin gestellte Frage ohnehin protokolliert wurde (ON 265 S 14 dritter Absatz).
Der gegenständliche Antrag bezog sich auf keinen für die Lösung der Schuld- oder Subsumtionsfrage erheblichen Umstand (RIS‑Justiz RS0118313; Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 327). Die am 1. Juni 2016 mit BGBl I 2016/26 in Kraft getretene Bestimmung des § 133 Abs 5 StPO sieht zwar nunmehr ein Verfolgungshindernis bei Vorliegen unzulässiger Tatprovokation vor. Die Vorschrift ist (mangels damaliger Geltung) auf den vorliegenden Fall jedoch nicht anzuwenden (vgl 12 Os 5/16a; Jerabek, WK-StPO § 516 Rz 1).
Hinzugefügt sei, dass die insoweit angesprochene Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR 23. 10. 2014, 54648/09, Furcht/Deutschland, NStZ 2015, 412) die Beschwerdesicht nicht stützt, weil der Gerichtshof dabei bloß den Ausschluss von Beweismitteln verlangt hat, die als Ergebnis polizeilicher Provokation gewonnen worden sind. In diesem Zusammenhang ist überdies festzuhalten, dass der Gerichtshof unzulässige Tatprovokation im Fall der Tatgeneigtheit verneint, wobei er diese im Bereich der Drogenkriminalität beispielsweise durch die Fähigkeit, kurzfristig Drogen bereitstellen zu können (vgl hiezu US 10, wonach F***** dem verdeckten Ermittler auf telefonische Nachfrage mitteilte, über vier Kilogramm Kokain zu verfügen), als indiziert erachtet (Meyer/Wohlers, Tatprovokation quo vadis – zur Verbindlichkeit der Rechtsprechung des EGMR [auch] für das deutsche Strafprozessrecht, JZ 2015, 761 [766] mwN; vgl auch 13 Os 19/16t).
Im Übrigen behauptet der Angeklagte gar nicht, dass er selbst von den verdeckten Ermittlern in unzulässiger Weise zur Tat provoziert worden sei (RIS‑Justiz RS0130354). Warum die polizeiliche Kontaktaufnahme mit dem abgesondert verfolgten Sami F***** auf den Rechtsmittelwerber durchschlagen sollte, erklärt die Beschwerde nicht.
Entgegen der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) zu A.2. des Schuldspruchs hat das Erstgericht betreffend die Feststellungen zur Prüfung des Bargelds durch den Angeklagten C***** den diesbezüglichen Observationsbericht nicht übergangen (US 31). Soweit die Nichtigkeitsbeschwerde diesbezüglich ausführt, sollte der „allgemeine Verweis“ auf den Observationsbericht „als hinreichende Berücksichtigung erachtet werden“, liege Aktenwidrigkeit (Z 5 letzter Fall) vor, weil nach dem Bericht „die Vorzeigeaktion nur eine Minute dauerte und nach allgemeiner Lebenserfahrung in dieser Zeitspanne kein Paket mit 50 Scheinen gezählt, aus jedem Paket Scheine entnommen und auf Echtheit geprüft worden sein können“, wird nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung die den Tatrichtern vorbehaltene Beweiswürdigung kritisiert.
Betreffend die Feststellung, wonach der Angeklagte C***** um die Menge an Reinsubstanz Kokain Bescheid wusste (US 15 f), behauptet die Beschwerde, es liege eine Widersprüchlichkeit der Urteilsbegründung (Z 5 dritter Fall) bzw eine Scheinbegründung (Z 5 vierter Fall) vor, weil bei einem Kaufpreis von 160.000 Euro die Menge von 4 Kilogramm Kokain dieser Qualität nicht erwartet werden konnte, der Preis entspreche nämlich nur 2,66 Kilogramm. Damit wird einerseits neuerlich bloß die Beweiswürdigung des Schöffengerichts bekämpft, ohne Nichtigkeit nach Z 5 dritter oder vierter Fall (vgl dazu RIS‑Justiz RS0117402, RS0118317) aufzuzeigen, andererseits bezieht sich das Vorbringen auf keine entscheidende Tatsache, weil weder der Wegfall bestimmter einzelner selbständiger Taten in Rede steht, noch die Qualifikation nach § 28a Abs 4 Z 3 SMG berührt wird. Denn selbst wenn sich der Vorsatz des Angeklagten bloß auf eine Menge von 2,66 Kilogramm Kokain bezogen hat, liegt mit Blick auf den vom Vorsatz umfassten Reinheitsgehalt von mindestens 39,7 % (US 16) jedenfalls auch subjektiv eine Suchtgiftmenge vor, die das 25‑fache der Grenzmenge von 15 Gramm (§ 28b SMG iVm Anhang 1 SGV) übersteigt (RIS‑Justiz RS0117464).
Das Vorbringen zu B.1., das Erstgericht hätte die Aussage des Zeugen „VE Mike“ übergangen (Z 5 zweiter Fall, nominell auch letzter Fall; vgl jedoch zur Aktenwidrigkeit RIS‑Justiz RS0099431), wonach der Angeklagte C***** die Garage vor der Übergabe des Suchtgifts verlassen habe, lässt die Konstatierung unberücksichtigt, wonach der Angeklagte die Garage verließ, um den Außenbereich zu sichern (US 19), und verkennt, dass die Art strafbarer Beteiligung nach § 12 StGB angesichts der rechtlichen Gleichwertigkeit der Täterschaftsformen weder aus Z 5 noch aus Z 10 des § 281 Abs 1 StPO angefochten werden kann (RIS‑Justiz RS0117604).
Gegenstand einer Zeugenaussage sind nur sinnliche Wahrnehmungen des Zeugen über Tatsachen; die Wiedergabe des subjektiven Eindrucks eines Zeugen fällt nicht in den Rahmen seines gerichtlichen Zeugnisses. Indem die weitere Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) behauptet, die Tatrichter hätten die Aussage des als Zeugen vernommenen Polizeibeamten Wolfgang K***** übergangen, wonach man nicht beweisen könne, dass das Kokain in Dortmund übernommen worden ist, wird verkannt, dass subjektive Beweiswerteinschätzungen und Schlussfolgerungen nicht erörterungsbedürftig sind (RIS‑Justiz RS0097545 [T17 und T18]).
Mit der laufend wechselnden Verantwortung des Redzep H***** hat sich das Erstgericht entgegen dem weiteren Beschwerdevorbringen (Z 5 zweiter Fall) auseinandergesetzt (US 23 ff).
Dass der Angeklagte C***** leugnete, an der Einfuhr des Suchtgifts nach Österreich mitgewirkt zu haben, blieb entgegen dem weiteren Vorwurf der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) ebensowenig unerörtert (US 25). Das Gericht muss nicht zu jedem Vorbringen des Angeklagten Stellung nehmen. Es genügt, wenn das Urteil in gedrängter Form begründet, wie es zur Überzeugung von der Richtigkeit seiner Annahme gelangte (RIS‑Justiz RS0098717). Die Antwort des Angeklagten auf die Frage, warum er in seinem Navigationsgerät die Wegstrecke von seinem Wohnort in Belgien nach L***** eingegeben habe, er hätte diesbezüglich den verdeckten Ermittler belügen wollen, war jedenfalls nicht gesondert erörterungsbedürftig. Das gilt auch für die Zeugenaussage des „VE 1“, wonach er in die tatsächliche Hierarchie der Tätergruppierung keinen Einblick gewonnen habe.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten H*****:
Entgegen dem Vorbringen der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) haben sich die Tatrichter mit der Verantwortung des Angeklagten H*****, der, nachdem er sich zunächst bei seiner Vernehmung vor der Polizei umfassend (tatsachen‑)geständig verantwortet hatte, in der Folge nur mehr das Bringen der Kokainprobe nach Österreich zugestand, sehr wohl auseinandergesetzt (US 23 ff).
Die Tatrichter waren – dem Gebot gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) folgend – nicht verhalten, im Urteil den vollständigen Inhalt sämtlicher Aussagen des Angeklagten im Einzelnen zu erörtern und darauf zu untersuchen wie weit sie für oder gegen die Feststellungen sprechen (RIS‑Justiz RS0098377 [T17]). Das Vorbringen der Nichtigkeitsbeschwerde beschränkt sich auf eine im schöffengerichtlichen Verfahren nicht zulässige Bekämpfung der Beweiswürdigung nach Art einer Schuldberufung, indem sie die Verantwortung des Angeklagten H***** als nachvollziehbar bezeichnet sowie ausführt, wäre er einer der Mitorganisatoren des gegenständlichen Drogengeschäfts gewesen, hätte „zweifelsohne“ keine Notwendigkeit bestanden, den verdeckten Ermittler zu ersuchen, ihm 50 Euro zu borgen, und er hätte diesfalls sicher nicht diesem gegenüber die Befürchtung geäußert, die anderen fünf Angeklagten könnten die Absicht haben, das Geld zu rauben.
Inwiefern die Tatrichter bei der Urteilsbegründung vom Angeklagten nach Urteilsverkündung verfasste zahlreiche Schreiben, „in welchen er stets seine Unschuld beteuert hat“, berücksichtigen hätten sollen, bleibt offen, konnten diese doch in der Hauptverhandlung gar nicht vorkommen (§ 258 Abs 1 StPO; RIS‑Justiz RS0118316).
Durch die Berufung auf den „Zweifelsgrundsatz“ (in dubio pro reo) wird ein aus Z 5 beachtlicher Mangel nicht behauptet (RIS‑Justiz RS0102162 [T5]).
Mit der Forderung, eine „Tatprovokation“ mildernd zu berücksichtigen, enthält die Sanktionsrüge (Z 11) lediglich ein Berufungsvorbringen (RIS‑Justiz RS0099911). Im Übrigen ist nicht nachvollziehbar, inwiefern sich aus der Aussage des Angeklagten H***** in der Hauptverhandlung, „VP Luli“ hätte ihn unter Druck gesetzt und mit den verdeckten Ermittlern darauf gedrängt, er solle seine „Hintermänner“ namhaft machen und noch im Hotel verbleiben, wobei ihm schließlich auch die Kosten des Hotelzimmers beglichen worden wären, eine unzulässige Tatprovokation ergeben könnte.
Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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