OGH 14Os89/17w

OGH14Os89/17w29.5.2018

Der Oberste Gerichtshof hat am 29. Mai 2018 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Sinek als Schriftführerin in der Strafsache gegen Sieglinde K***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 148 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt als Schöffengericht vom 20. Juli 2017, GZ 25 Hv 29/16p‑150,

nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalprokurator Dr. Plöchl, der Angeklagten und ihres Verteidigers Mag. Jeidler zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0140OS00089.17W.0529.000

 

Spruch:

In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Schuldspruch A/II, demgemäß auch in der zum Schuldspruch gebildeten Subsumtionseinheit, im Ausspruch über das Absehen von der Verhängung einer Zusatzstrafe sowie im Adhäsionserkenntnis betreffend die C***** aufgehoben, in diesem Umfang eine neue Hauptverhandlung angeordnet und die Sache an das Landesgericht Eisenstadt verwiesen.

Im gegen die Schuldsprüche A/I und III gerichteten Umfang wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen.

Im Übrigen wird in der Sache selbst wie folgt erkannt:

Hinsichtlich de

s Sieglinde K***** nach den unberührt gebliebenen Schuldsprüchen A/I und III (unter Neubildung der Subsumtionseinheit) weiterhin zur Last liegenden Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 148 zweiter Fall StGB wird unter Bedachtnahme gemäß § 31 Abs 1 StGB auf die Urteile des Landesgerichts Eisenstadt vom 6. September 2016, GZ 25 Hv 29/16p‑116, und des Landesgerichts Salzburg vom 2. Dezember 2015, GZ 33 Hv 22/13b‑57,

von der Verhängung einer Zusatzstrafe abgesehen.

Der Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Sieglinde K***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 148 zweiter Fall StGB schuldig erkannt und unter Bedachtnahme gemäß § 31 Abs 1 StGB auf die Urteile des Landesgerichts Eisenstadt vom 6. September 2016, (gemeint:) GZ 25 Hv 29/16p‑116, und „des Oberlandesgerichts Wien vom 27. Juni 2017, 132 Bs 139/17m“, von der Verhängung einer Zusatzstrafe abgesehen.

Danach hat sie

(A) von 2010 bis Mai 2015 im Bezirk G***** und an anderen Orten, Nachgenannte mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch die Vorspiegelung, sie selbst als Privatperson oder die von ihr als Geschäftsführerin vertretene Y***** GmbH (deren Alleingesellschafterin und handelsrechtliche Geschäftsführerin sie ist) seien zahlungsfähig und zahlungswillig, die Getäuschten zu diese in einem insgesamt 300.000 Euro übersteigenden Betrag schädigenden Handlungen verleitet, wobei sie in der Absicht handelte, sich durch die wiederkehrende Begehung von schwerem Betrug (§ 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2 StGB) längere Zeit hindurch ein nicht bloß geringfügiges fortlaufendes Einkommen zu verschaffen, und zwar

I) von 2010 bis zuletzt Juni 2014 Dr. Eckbert S***** zur Vornahme wiederholter Überweisungen in teilweise jeweils 5.000 Euro übersteigender Höhe (ON 96 S 5 in ON 130) von insgesamt 613.537,77 Euro, wobei sie sich diesem gegenüber als Linda A***** ausgab, ihm über ihre vermeintlichen Tätigkeiten im Rohölgeschäft berichtete und anbot, er könne über eine Beteiligung an ihren „Öltradinggeschäften“ zeitnahe und regelmäßige Gewinnausschüttungen von bis zu 20.000.000 Euro erhalten, wobei sie zur Täuschung falsche oder verfälschte Beweismittel, nämlich unter anderem inhaltlich unrichtige oder verfälschte Bestätigungen über Umsatz und Gewinn der Y***** GmbH, ausgestellt von „Irvin M. T*****“, sowie über die Bonität der Su***** GmbH bei der St***** Bank in Südafrika benützte (Schaden: 613.537,77 Euro);

II) von Ende 2013 bis Sommer 2014 den Geschäftsführer der C*****, DI Manfred R*****, zur Erbringung und Bezahlung von Beratungs- und Planungsleistungen – auch durch dessen Partnerunternehmen – im Zusammenhang mit dem Projekt Ce‑***** und der Anwendung und Installierung von Polygenerationsverfahren der Y***** GmbH in Deutschland und Afrika (Schaden: 58.871,31 Euro);

III) im Frühjahr 2014 die Geschäftsführer derK***** GmbH, Frank Kok***** und T. E*****, zur Erbringung von Vermittlungs- oder Maklerleistungen betreffend die Suche nach Interessenten und Herstellung der erforderlichen Kontakte mit Interessenten in der Mongolei für die Errichtung von Kraftwerken oder Biogasanlagen mit der von Ing. Reinhard Ko***** entwickelten Technologie in der Mongolei, insbesondere zur Vornahme eines Treffens mit Vertretern aus der Mongolei im Mai 2014 an der TU Wien (Schaden „zumindest rund 10.000 Euro“).

Rechtliche Beurteilung

Gegen dieses Urteil richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 3 und 4 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten, der teilweise Berechtigung zukommt.

Die gegen den Schuldspruch A/II gerichtete Verfahrensrüge (Z 3) reklamiert zu Recht einen durch die Verlesung der niederschriftlichen Angaben des Zeugen DI Manfred R***** in der Hauptverhandlung am 20. Juli 2017 (ON 149 S 12 iVm ON 126) bewirkten Verstoß gegen § 252 Abs 1 StPO.

Nach (dem hier maßgeblichen) § 252 Abs 1 Z 1 StPO dürfen Protokolle über die Vernehmung von Zeugen und andere amtliche Schriftstücke, in denen Aussagen von Zeugen festgehalten worden sind, nur verlesen oder vorgeführt werden, wenn die Vernommenen in der Zwischenzeit gestorben sind, ihr Aufenthalt unbekannt oder ihr persönliches Erscheinen wegen ihres Alters, wegen Krankheit oder Gebrechlichkeit oder wegen entfernten Aufenthalts oder aus anderen erheblichen Gründen füglich nicht bewerkstelligt werden konnte.

Vorliegend ist aus dem Akt nicht ersichtlich, dass das Erstgericht Maßnahmen gesetzt hätte, um den Zeugen zum persönlichen Erscheinen vor dem erkennenden Gericht zu veranlassen (RIS‑Justiz RS0108361; Kirchbacher, WK‑StPO § 252 Rz 61 ff). Dieser wurde vielmehr gar nicht zur Hauptverhandlung geladen (vgl die Ausschreibung der Hauptverhandlung für 14. Juni 2017 und 20. Juli 2017, unjournalisiert in ON 1), obwohl eine – zumindest im Dezember 2016 ladungsfähige – Wohnadresse des Genannten in Deutschland aktenkundig ist (ON 18 S 11, 59 f sowie erneut ON 126) und sich weder Hinweise dafür finden, dass diese Adresse nicht mehr aktuell wäre, noch dass DI Manfred R***** in irgendeiner Weise zum Ausdruck gebracht hätte, einer Ladung vor das erkennende Gericht nicht folgen zu können oder zu wollen.

Aus welchen Gründen die „von amtswegen“ in Aussicht genommene Vernehmung des auch nach der Überzeugung des Erstgerichts in Deutschland aufhältigen Zeugen unter Verwendung technischer Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung im Rechtshilfeweg (ON 142 S 28; vgl zu deren – nach dem Vorgesagten hier nicht vorliegenden – Voraussetzungen übrigens § 247a Abs 2 StPO sowie RIS‑Justiz RS0127314) „nicht in die Wege geleitet (bewerkstelligt) werden konnte“ (ON 149 S 12; US 18), lässt sich dem Akt gleichfalls nicht entnehmen. Dieser enthält zwar ein (insoweit) an das Amtsgericht Sangerhausen gerichtetes (per E‑Mail abgefertigtes) Schreiben vom 3. Mai 2017 (unter anderem) mit dem Ersuchen um Bekanntgabe, ob am 14. Juni 2017 um 11:30 Uhr eine „Videokonferrenz“ durchgeführt werden könne, zu welcher DI Manfred R***** an der Adresse der C***** als Zeuge geladen werden möge (ON 132 iVm dem undatierten Aktenvermerk des Vorsitzenden, unjournalisiert in ON 1). Weitere diesbezügliche Korrespondenz findet sich jedoch ebensowenig wie ein Versuch des Gerichts dokumentiert ist, eine solche Beweisaufnahme – wie in der Hauptverhandlung am 14. Juni 2017 angekündigt (vgl erneut ON 142 S 28) – für den 20. Juli 2017 zu veranlassen, womit auch aus deren Unterbleiben keine Anhaltspunkte für einen unbekannten Aufenthalt des Zeugen oder dessen fehlende Aussagebereitschaft abzuleiten sind.

Eine Verlesungsermächtigung nach § 252 Abs 1 Z 2 und 3 StPO steht hier nicht in Rede, ihr Einverständnis mit der Verlesung (Z 4) hat die Angeklagte ausdrücklich nicht erteilt (ON 149 S 12).

Unter dem Aspekt der Relativität des aufgezeigten Verfahrensmangels (§ 281 Abs 3 StPO) ist– ungeachtet des Umstands, dass die Angaben des genannten Zeugen laut Urteilsbegründung „für die getroffenen Feststellungen gar nicht mehr erforderlich“ waren (US 18) – ein Nachteil für die Beschwerdeführerin schon deshalb nicht auszuschließen, weil es sich bei DI Manfred R***** in Ansehung des zu A/II inkriminierten Betrugs um den unmittelbar Getäuschten handelt (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 734 und 740 f). Dies zwingt demnach zur

Aufhebung des Urteils im aus dem Spruch ersichtlichen Umfang.

Im Übrigen kommt der insoweit ausschließlich auf § 281 Abs 1 Z 4 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde keine Berechtigung zu.

Eine – wie hier gegen die Missachtung von Beweisanträgen gerichtete – Verfahrensrüge kann nur dann erfolgreich sein, wenn sie sich auf einen in der Hauptverhandlung gestellten entsprechenden Antrag bezieht, aus dem neben Beweismittel und Beweisthema – sofern dies nicht offensichtlich ist – auch hervorgeht, warum die beantragte Beweisaufnahme das vom Antragsteller behauptete Ergebnis erwarten lasse und inwieweit dieses für Schuld- oder Subsumtionsfrage (im Fall analoger Anwendung der Z 4 im Rahmen einer Sanktionsrüge nach Z 11 erster Fall: für die Sanktionsfrage) von Bedeutung ist (§ 55 Abs 1 und Abs 2 StPO; RIS‑Justiz RS0118444).

Die zum Schuldspruch A/I gestellten Anträge auf

1) Vernehmung von Manuela Sc***** und Hagen H***** „im Wege der Videokonferenz“ zum Beweis dafür dass „die Angeklagte nie mit Herrn Dr. S***** gesprochen hat“ (ON 142 S 3 und ON 149 S 13),

2) „amtswegige Ausforschung, Ladung und Einvernahme der Linda (auch Belinda) A*****, die entgegen der Beschwerdebehauptung nicht zum selben Beweisthema, sondern zum Nachweis dafür befragt werden sollte, dass „sich die Angeklagte nicht als Linda A***** ausgegeben hat“ (ON 142 S 4 und ON 149 S 14), sowie

3) Vernehmung „eines informierten Vertreters der P***** SA zu Konto Nr 9*****“ sowie von Farzad M***** und Medhi Ch***** im Rechtshilfeweg zum Beweis dafür, dass „weder die Angeklagte noch ein von ihr Beauftragter am 22. Juli 2010 vom Konto der M***** SA bei der P***** Bank 500.000 Euro abhob“ (ON 142 S 5 und ON 149 S 14),

ließen nicht erkennen, auf welcher Wahrnehmungsgrundlage diese Personen in der Lage sein sollten, Angaben zu den genannten Beweisthemen zu machen und waren damit auf unzulässige Erkundungsbeweisführung gerichtet (erneut RIS‑Justiz RS0118444 [va T6]).

Darüber hinaus enthielt der „Linda (auch Belinda) A*****“ betreffende Antrag (2) weder weitere Angaben zu deren Person noch Hinweise darauf, dass ihre Ausforschung trotz Kenntnis bloß ihres Namens und eines mutmaßlichen „derzeitigen“ Aufenthaltsortes „in Argentinien“ mit Grund zu erwarten war und konnte auch aus diesem Grund sanktionslos abgewiesen werden (§ 55 Abs 2 StPO; RIS‑Justiz

RS0099119,

RS0099498).

Dem zu Punkt 3) angeführten Antrag war zudem nicht zu entnehmen, weshalb der damit angestrebte Nachweis unterbliebener Behebung oder eines von der Beschwerdeführerin verschiedenen tatsächlichen Empfängers eines Teilbetrags (in Höhe von 500.000 Euro) der zu A/I inkriminierten Gesamtsumme bei hier aktuellem Betrug, welcher Tatbestand (bloß) überschießende Innentendenz, nicht aber persönliche Bereicherung des Täters voraussetzt (arg: „sich oder einen Dritten“), für die Schuldfrage von Bedeutung sein oder insgesamt eine für die Subsumtion (auch) nach § 148 zweiter Fall StGB erforderliche Absicht der Beschwerdeführerin im Sinn des § 70 Abs 1 erster Halbsatz, Abs 2 StGB in Frage stellen sollte, obwohl eine entsprechende Täterintention in Bezug auf die weiteren von den Schuldsprüchen A/I und III umfassten – jeweils nach § 147 Abs 2 StGB, teilweise auch nach Abs 1 Z 1 dieser Gesetzesstelle qualifizierten (US 2, 9, 16 f iVm ON 96 S 5 f in ON 130, US 10) – Betrugshandlungen nicht (erfolgreich) bestritten wurde.

Inwiefern es mit Blick auf den zu A/III erhobenen Vorwurf einer vorsätzlichen Täuschung der Geschäftsführer der K***** GmbH über die finanzielle Realisierbarkeit des von der Beschwerdeführerin angeblich betriebenen Projekts in der Mongolei (US 10 iVm US 1 ff) erheblich sein sollte, „dass Ing. Reinhard Ko***** niemals irgendwelche Unterlagen für die Angeklagte erstellen musste, sondern diese schon vorhanden waren“, wurde im auf einen solchen Nachweis gerichteten Antrag auf Vernehmung von Dr. Klaus B***** und Norbert L***** (ON 142 S 3 f und ON 149 S 13) gleichfalls nicht dargelegt. Dass das Beweisthema „scheinbar mit diesen Fakten nicht zusammenhängt“, räumt die Verfahrensrüge selbst ein. Im Übrigen enthielt der Antrag auch gar kein Vorbringen dazu, wieso die Genannten über den Inhalt des Ing. Reinhard Ko***** erteilten Auftrags und Details zu dessen Erfüllung hätten Auskunft geben können (vgl schon 14 Os 114/16w [S 6 des Erkenntnisses iVm ON 115 S 6]).

Ebenso unbeachtlich war das Begehren auf Vernehmung des Ing. Reinhard Ko***** zum Nachweis, „dass seitens der Angeklagten keine betrügerischen Handlungen gesetzt wurden“ (ON 142 S 29 und ON 149 S 14 f), weil es jegliche Konkretisierung der antragsspezifischen Eignung der Beweisquelle und damit das erforderliche Mindestmaß an sachbezogener Schlüssigkeit vermissen ließ (RIS‑Justiz RS0099453 [va T6]).

Der Antrag, Ursula Ai*****, Johann Ru***** und Dr. Herbert Tr***** „allgemein“ und zum Beweis dafür zu vernehmen, dass „die Angeklagte ab Dezember 2009 über einen Betrag von 400 Millionen USD jederzeit bei der St***** Bank in Südafrika verfügen konnte“, dass ihre ab 2012 unternommenen Versuche, Geld nach Österreich zu überweisen, aufgrund eines in Zusammenhang mit einer „Geldwäscheverdachtsanzeige der B***** und der Finanzmarktaufsicht“ bei der Staatsanwaltschaft anhängigen Verfahrens immer wieder scheiterten, und dass die Y***** GmbH „sehr wohl operativ tätig war“ (ON 142 S 4 und ON 149 S 13), scheiterte an mangelnder Relevanz, weil die Beweisthemen mit Blick auf die vom Erstgericht zu sämtlichen Schuldsprüchen konstatierte Täuschung der Beschwerdeführerin (auch) über ihre Zahlungswilligkeit (vgl US 2, 7 und US 10) nicht erheblich waren (vgl erneut bereits 14 Os 114/16w sowie RIS‑Justiz RS0116503).

Zudem ging das Erstgericht in teilweiser Übereinstimmung mit den unter Beweis gestellten Umständen ohnehin auch davon aus, dass die Angeklagte in diesem Zeitraum in Österreich über keine nennenswerten liquiden („disponiblen“) Geldmittel verfügte (US 7 ff; vgl RIS‑Justiz RS0099135).

Dass sich der Antrag auf „Einholung eines graphologischen Gutachtens“ (ON 142 S 4 und ON 149 S 14) ausschließlich auf das ausgeschiedene (und damit nicht vom Schuldspruch umfasste) Faktum II der Anklage vom 31. Oktober 2016 (ON 140 in ON 130; ON 149 S 13) bezog und „darauf nicht einzugehen“ ist, räumt die Beschwerde selbst ein. Soweit sie eine durch die „Nichtdurchführung dieses Beweisantrags“ bewirkte „Nichtigkeit“ mit der Begründung behauptet, dass im Falle der Erweislichkeit des Beweisthemas „eine Ausscheidung nicht notwendig gewesen“ und „das Erstgericht diesbezüglich zu einem Freispruch gelangen hätte müssen“, genügt der Hinweis, dass eine allfällige Verletzung von § 37 Abs 1 StPO nicht ausdrücklich mit Nichtigkeit bedroht ist (Z 3) und ein gegen die Ausscheidung gerichteter Antrag nicht gestellt wurde (RIS‑Justiz RS0096876).

Zum pauschal „zu den bisherigen Beweisthemen“ gestellten Begehren auf Vernehmung des Marc D***** als Zeugen (ON 142 S 29 und ON 149 S 14) kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden. Soweit den unter Beweis gestellten Umständen danach überhaupt Relevanz für die Lösung der Schuld- oder der Subsumtionsfrage zukommt, ließ auch dieser Antrag jegliche Erläuterung vermissen, weshalb die beantragte Beweisaufnahme das jeweils behauptete Ergebnis erwarten lassen sollte. Ein solches Vorbringen wäre hier umso mehr erforderlich gewesen, als der Genannte anlässlich seiner – in der Hauptverhandlung einverständlich verlesenen (ON 149 S 15 „die Polizeierhebungsergebnisse“) – (schriftlichen) Befragung durch die Kriminalpolizei klargemacht hat, weder eine offizielle Funktion in der Y***** GmbH innegehabt zu haben noch über relevante eigene Wahrnehmungen zu verfügen (ON 49 S 51 ff).

In der Rechtsmittelschrift nachgetragene Beweisthemen (insbesonders die „allgemeine Glaubwürdigkeit“ der Beschwerdeführerin) und Argumente zur Antragsfundierung unterliegen dem

Neuerungsverbot und finden daher keine Berücksichtigung (RIS‑Justiz RS0099618).

In diesem Umfang war die Nichtigkeitsbeschwerde daher zu verwerfen.

Im Hinblick auf das in Relation zum Gesamtvorwurf geringe Gewicht des zu A/II aufgehobenen Teils des Schuldspruchs und die lange Verfahrensdauer sah sich der Oberste Gerichtshof dazu veranlasst, hinsichtlich der in Rechtskraft erwachsenen Schuldsprüche A/I und III über den Strafausspruch im Weg einer Strafneubemessung in der Sache selbst zu erkennen (vgl Ratz, WK‑StPO § 289 Rz 21; RIS‑Justiz RS0100261).

Dabei war gemäß § 31 StGB sowohl auf das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 2. Dezember 2015, GZ 33 Hv 22/13b‑57 (rechtskräftig seit 25. April 2017, mit dem die Angeklagte wegen des am 3. November 2011 begangenen Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt worden war), als auch auf das durch tatsächliche Anwendung des § 31 StGB (durch das Oberlandesgericht Wien als Berufungsgericht; AZ 132 Bs 139/17m; ON 145) damit verknüpfte Urteil des Landesgerichts Eisenstadt vom 6. September 2016, GZ 25 Hv 29/16p‑116 (rechtskräftig seit dem 27. Juni 2017; Zusatzfreiheitsstrafe von vier Jahren wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 3, 148 zweiter Fall, 15 StGB; Tatzeitraum Anfang 2012 bis Mai 2015), Bedacht zu nehmen, weil sämtliche der dem gegenständlichen Urteil zugrunde liegenden Taten bereits im ersten der angeführten Vorurteile hätten abgeurteilt werden können, also vor dem Urteil erster Instanz in diesem Verfahren (nämlich zwischen 2010 und Sommer 2014) begangen wurden (Ratz in WK² StGB § 31 Rz 5; RIS‑Justiz RS0112524). Zufolge des nur zu Gunsten der Angeklagten erhobenen Rechtsmittels war mit Blick auf das

Verschlechterungsverbot (§§ 16, 295 Abs 2 erster Satz StPO) erneut von der Verhängung einer Zusatzstrafe abzusehen.

Im Umfang der Aufhebung des Schuldspruchs A/II, des darauf bezogenen Strafausspruchs sowie des Adhäsionserkenntnisses betreffend die C***** war eine neue Hauptverhandlung anzuordnen und die Sache an das Landesgericht Eisenstadt zu verweisen.

Die Kostenersatzpflicht beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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