Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Martin P***** des Vergehens der falschen Beweisaussage nach § 288 Abs 1 StGB (I./1./ bis 4./), der Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (II./1./ bis 3./), „der Vergehen bzw Verbrechen" (richtig: des Verbrechens) des Diebstahls „teils" durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1, 15 StGB (III./1./ bis 7./), (richtig:) jeweils der Vergehen nach § 27 Abs 1 (erster und zweiter Fall) SMG (aF - IV./1./) und (zu ergänzen: des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften) nach § 27 Abs 1 erster und zweiter Fall SMG (idgF - IV./2./), des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB (V./) und des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach §§ 15, 12 (zweiter Fall), 302 Abs 1 StGB (VI./) schuldig erkannt.
Danach hat er - soweit für das Nichtigkeitsverfahren von Relevanz - in Innsbruck und an anderen Orten
I./ am 7. Februar 2008 als Zeuge vor Gericht bei seiner förmlichen Vernehmung zur Sache im Verfahren 27 Hv 114/07m des Landesgerichts Innsbruck durch folgende Angaben als Zeuge falsch ausgesagt:
1./ (auf Vorhalt der Angaben in der Anzeige AS 7, vorletzter Absatz, sowie der diesbezüglichen Aussage des Zeugen S*****, wonach auf der Fahrt zum Posten Martin P***** dem Zeugen S***** erklärt habe, dass er Jessica R***** von dem gegen ihn bestehenden Haftbefehl informiert hätte und sie ihm zuerst sogar zugeredet habe, dass er sich stellen möge): „Das ist nicht richtig, derartige Äußerungen habe ich dem Polizeibeamten gegenüber nicht gemacht",
2./ (auf die Frage, wo man sich am Balkon versteckt habe, wenn an der Wohnung geläutet werde): „Ich habe mich nicht am Balkon versteckt. Es handelt sich am Balkon um einen Vorbau für Hunde. Ich habe zu diesem Zeitpunkt dort Wäsche zusammengelegt."
3./ (auf Vorhalt der Anzeige AS 7, wonach Martin P***** dem Polizeibeamten gegenüber angegeben habe, dass das Öffnen der Türe durch [die Zeugin] R***** deshalb etwas länger gedauert habe, damit er genügend Zeit gehabt habe, um sich am Balkon zu verstecken): „Das ist totaler Schwachsinn. Ich habe ja nichts gehört, ich war am Balkon.";
4./ (über weitere Frage): „Ich habe nicht gehört, wie geklopft und vor der Tür gesagt wurde, ‚machen Sie auf, Polizei'. Ich war deshalb im Vorbau für die Hunde am Balkon, weil ich einfach nicht auffallen wollte."
II./ folgende Personen vorsätzlich am Körper verletzt, nämlich 1./ Matthias Z***** am 10. Mai 2008 durch Versetzen eines Schlages ins Gesicht, wobei die Tat eine Schädelprellung und eine Beule zur Folge hatte;
2./ Markus W***** am 10. Juni (2008) durch Versetzen eines Faustschlages ins Gesicht, wobei die Tat eine Schwellung am rechten Auge zur Folge hatte;
III./ fremde bewegliche Sachen (teils) unerhobenen Wertes mit dem Vorsatz, sich oder einen anderen durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern:
1./ wegzunehmen versucht, und zwar am 10. Mai 2008 Gewahrsamsträgern einer Studentenverbindung in der S*****straße ***** durch Aufzwängen eines Fensters, somit durch Einbruch;
2./ weggenommen, und zwar am 11. Juli 2008 Gewahrsamsträgern der Firma M*****, Filiale Hauptbahnhof, Nahrungsmittel, nämlich eine Mayonnaise-Semmel im Wert von 1,48 Euro;
3./ weggenommen, und zwar am 8. September 2008 in Innsbruck Gewahrsamsträgern der Firma M***** eine Flasche Wodka im Wert von 5,99 Euro;
4./ weggenommen, und zwar am 14. August 2008 dem Stefan D***** ein Mountainbike der Marke KTM Race Cross im Wert von 1.205 Euro im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit der abgesondert verfolgten Lisa S*****, wobei die Tat nicht durch Aufbrechen des daran angebrachten Fahrradschlosses, sondern durch Herausheben des Fahrrads aus dem Fahrradständer erfolgte;
5./ weggenommen, und zwar am 14. August 2008 dem Matthias E***** ein Mountainbike der Marke Matts Merida Sport 500 im Wert von 671 Euro im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit der abgesondert verfolgten Lisa S*****, wobei die Tat nicht durch Aufbrechen eines daran eingebrachten Fahrradschlosses erfolgte;
6./ wegzunehmen versucht, und zwar am 2. Juni 2008 dem Günter Z***** ein Mountainbike im Wert von etwa 100 Euro nach Überwinden des Haupttores des Landespolizeikommandos Innsbruck und Darüberwerfen des abgesperrten Fahrrads, somit durch Einbruch;
7./ wegzunehmen versucht, und zwar in der Zeit zwischen 24. Juli 2008, 23:55 Uhr und 25. Juli 2008, 0:30 Uhr, zum Nachteil der Universität Innsbruck, Institut für Mineralogie und Petrographie, einen Personal Computer unerhobenen Wertes;
VI./ am 2. Juni 2008 den Polizeibeamten GI Bernhard P*****, mithin einen Beamten, mit dem Vorsatz, die Republik Österreich in ihrem „Recht auf Anzeigeerstattung" zu schädigen, zu bestimmen versucht, seine Befugnis, im Namen des Bundes in Vollziehung der Gesetze Anzeigen zu erstatten, wissentlich zu missbrauchen, indem er ihm gegenüber äußerte: „Wenn du die Anzeige nicht fallen lässt, dann werde ich dir Schwierigkeiten bereiten".
Rechtliche Beurteilung
Die - ausdrücklich nur gegen die Schuldsprüche I./, II./1./ und 2./, III./1./ und 2./ sowie VI./ gerichtete, auf die Nichtigkeitsgründe der Z 5a, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützte - Nichtigkeitsbeschwerde verfehlt ihr Ziel.
Im Rahmen der zum Schuldspruch VI./ ausgeführten Tatsachenrüge (Z 5a) sucht der Beschwerdeführer, die tatrichterliche Beweiswürdigung durch eigene Schlussfolgerungen aus dem Beweisverfahren unterhalb der vom geltend gemachten, formalen Nichtigkeitsgrund geforderten Erheblichkeitsschwelle zu erschüttern (RIS-Justiz RS0100555). Ein näheres Eingehen auf dieses nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung erstattete Vorbringen hat zu unterbleiben, um über den Umfang der Eingriffsbefugnisse des Obersten Gerichtshofs im Nichtigkeitsverfahren keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (RIS-Justiz RS0118780).
Ebenso unberechtigt erweist sich die Tatsachenrüge in Ansehung des Schuldspruchs II./1./, in deren Rahmen der Angeklagte - gestützt auf die eigenen, entgegenstehenden Angaben - bloß die Glaubwürdigkeit des Zeugen Matthias Z*****, von der sich das Erstgericht einen persönlichen Eindruck verschaffte (ON 24 S 27 ff), in Zweifel zu ziehen. Qualifizierte Bedenken iSd Z 5a werden solcherart ebenso wenig aufgezeigt (RIS-Justiz RS0099649) wie mit dem Hinweis auf den strafprozessualen Zweifelsgrundsatz (RIS-Justiz RS0102162). Gleiches gilt für die mit Bezug auf die Schuldsprüche I./, II./2./ und III./1./ aus dem Beweisverfahren - insbesondere den Aussagen der Zeugen Markus W*****, Redolf K***** und Jessica R***** sowie der jeweils leugnenden Verantwortung des Beschwerdeführers - spekulativ gezogenen, für diesen günstigeren Schlussfolgerungen (RIS-Justiz RS0099674).
Der im Rahmen der Rechtsrüge (Z 9a) behauptete Rechtsfehler mangels Feststellungen (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 605) in Bezug auf die subjektive Tatseite bei der versuchten Bestimmung zum Missbrauch der Amtsgewalt (Schuldspruch VI./) liegt nicht vor, denn das Erstgericht hat - unter Berücksichtigung der gesamten Entscheidungsgründe, zu deren Verdeutlichung auch das Referat der entscheidenden Tatsachen (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) heranzuziehen ist (RIS-Justiz RS0114639) - die vom Tatbestand geforderte, auf vorsätzlichen Befugnismissbrauch des Amtsträgers gerichtete Wissentlichkeit des Bestimmungstäters (RIS-Justiz RS0103984, RS0108964) mit (gerade noch) hinreichender Deutlichkeit (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 19) festgestellt. Nach den Urteilsannahmen beabsichtigte der Beschwerdeführer durch seine Vorgangsweise, den Beamten von pflichtgemäßem Verhalten, nämlich der Anzeigeerstattung abzubringen. „All diese Umstände" (des Tatbestandes) waren dem Angeklagten bewusst (US 21, 27 und 32 iVm US 6). Dass die pflichtwidrige Abstandnahme von der (gebotenen) Anzeigeerstattung auch nach der (konstatierten) Vorstellung des Beschwerdeführers nur vorsätzlich erfolgen konnte, ergibt sich nicht zuletzt aus dem ausdrücklichen Hinweis auf die Aussage des Zeugen GI P*****, wonach dieser auf die Strafbarkeit des vom Angeklagten angestrebten Verhaltens hinwies (US 21 iVm ON 24 S 37). Indem der Angeklagte schließlich im Rahmen der Subsumtionsrüge (Z 10) zum Schuldspruch III./2./ releviert, das Erstgericht hätte „auch prüfen müssen, ob im gegenständlichen Fall nicht die Voraussetzungen für das Vorliegen einer Entwendung nach § 141 StGB gegeben sind", verfehlt er - unter Außerachtlassung seines diesbezüglich umfassenden Geständnisses (ON 24 S 11) - die Anforderungen an die gesetzmäßige Geltendmachung eines Feststellungsmangels, durch konkreten Hinweis auf indizierende Verfahrensergebnisse darzulegen, welche - privilegierende Tatbestandsmerkmale des § 141 Abs 1 StGB tragende - Tatsachenfeststellungen im Einzelnen noch zu treffen gewesen wären (RIS-Justiz RS0118580; Ratz WK-StPO § 281 Rz 600 f). Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Die von der Generalprokuratur angeregte amtswegige Maßnahme (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO) in Ansehung des Schuldspruchs III./1./ bis 7./ ist nicht geboten. Der zwar verfehlt - unter Außerachtlassung der nach § 29 StGB zu bildenden Subsumtionseinheit - formulierte Schuldspruch (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO) wegen der (also mehrerer) „Vergehen bzw Verbrechen des Diebstahls nach §§ 127, 129 Z 1, 15 StGB" (US 6), gereichte dem Beschwerdeführer nämlich fallbezogen nicht zum Nachteil (RIS-Justiz RS0114927; Ratz, WK-StPO § 290 Rz 652), weil das Erstgericht das Zusammentreffen von exakt fünf Vergehen und zwei Verbrechen als erschwerend wertete. Fünf Vergehen liegen dem Beschwerdeführer jedoch (nach den Schuldsprüchen I./, II./, IV./1./ und 2./ sowie V./) auch unter Beachtung der Subsumtionseinheit zur Last, ebenso wie zwei Verbrechen (III./ und VI./). Die zusätzlich aggravierend in Rechnung gestellte Wiederholung des Diebstahls bzw „des Verbrechenstatbestandes hinsichtlich der Einbruchsdiebstähle" (Urteil Seite 33) findet im - jeweils mehrere iSd § 129 StGB qualifizierte und nicht qualifizierte Diebstahlstaten umfassenden - Schuldspruch ebenfalls Deckung (vgl III./, insbesondere 1./ und 6./).
Aus der Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerde folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Innsbruck zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten (§ 285i StPO).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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