OGH 14Os116/22y

OGH14Os116/22y6.12.2022

Der Oberste Gerichtshof hat am 6. Dezember 2022 durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger als Vorsitzende, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann und Dr. Setz‑Hummel LL.M., den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Haslwanter LL.M. sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Sadoghi in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Lonin in der Straf- und Medienrechtssache des Privatanklägers und Antragstellers * N* gegen den Angeklagten und Antragsgegner * M* wegen des Vergehens der üblen Nachrede nach § 111 Abs 1 und Abs 2 dritter Fall StGB sowie § 6 Abs 1, § 33 Abs 1 MedienG, AZ 39 Hv 8/22h des Landesgerichts Innsbruck, über die von der Generalprokuratur gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Beschwerdegericht vom 17. August 2022, AZ 6 Bs 103/22f (ON 13), erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Artner, und der Vertreterin des Privatanklägers und Antragstellers Mag. Hermetter zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0140OS00116.22Y.1206.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

Fachgebiet: Medienrecht

 

Spruch:

 

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

 

Gründe:

[1] Mit am 17. Februar 2022 beim Landesgericht Innsbruck eingebrachtem Schriftsatz (ON 2) erhob * N*Privatanklage gegen * M*wegen eines am 23. Februar 2021 auf dessen Facebook‑Profil – sohin unter Verwendung eines Computersystems – veröffentlichten Kommentars, der vom genannten Privatankläger unter den Tatbestand des Vergehens der üblen Nachrede nach § 111 Abs 1 und Abs 2 [dritter Fall] StGB subsumiert wurde. Unter einem beantragte der Privatankläger, ihm eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung nach § 6 Abs 1 MedienG zuzusprechen (§ 8 Abs 2 erster Satz MedienG) sowie auf Einziehung durch Löschung der die strafbare Handlung begründenden Stellen der Website des Angeklagten zu erkennen (§ 33 Abs 1 MedienG).

[2] Mit am 1. März 2022 bei Gericht eingebrachtem Schriftsatz (ON 4) zog N*die Privatanklage zurück.

[3] Mit Beschluss vom 2. März 2022 stellte der Einzelrichter des Landesgerichts Innsbruck das Strafverfahren gegen M* ein, was mit der Zurückziehung der Privatanklage durch den Privatankläger begründet wurde (s [handschriftlichen] Beschluss auf ON 4 S 1 [unten]; eine Beschlussausfertigung liegt nur als Beilage zur Beschwerde ON 7 S 5 im Akt ein). Der Beschluss enthielt weder einen Kostenausspruch noch eine Rechtsmittelbelehrung (vgl aber § 86 Abs 1 StPO).

[4] Gegen diesen Beschluss richtete sich die – mangels einer Rechtsmittelbelehrung rechtzeitige (RIS‑Justiz RS0123942) – Beschwerde des Privatanklägers (ON 7), inhaltlich der er behauptet, dass der Beschluss „das Recht auf Feststellung der Gebührenfreiheit des Privatanklägers, wenn die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen hierfür gegeben sind“, verletze. Begründend führte der Privatankläger aus, dass ein (gemeint:) Kostenausspruch nach § 390 Abs 1 zweiter Satz StPO oder § 390 Abs 1a StPO „notwendig in der das Verfahren für die Instanz erledigenden Entscheidung zu fassen“ sei.

[5] Dieser Beschwerde wurde mit Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Beschwerdegericht vom 17. August 2022, AZ 6 Bs 103/22f (ON 13), nicht Folge gegeben.

[6] Das Beschwerdegericht sprach in der Begründung – soweit hier von Relevanz – aus, dass der in § 390 Abs 1a StPO normierte Ausschluss von der Kostenersatzpflicht die „allgemeinen“ Verfahrenskosten (§ 381 Abs 1 Z 1 bis 6 und 9 StPO), nicht aber die im Privatanklageverfahren und im medienrechtlichen Verfahren zu entrichtenden Gebühren (§ 381 Abs 1 Z 7 StPO) sowie die Verteidigungskosten des Angeklagten (§ 381 Abs 1 Z 8 StPO) betreffe. Insofern sei der Entfall der Kostenersatzpflicht durch das HiNBG für Opfer bzw Privatankläger kein umfassender. Das Opfer bzw in weiterer Folge der Privatankläger erspare sich lediglich den Ersatz der Verfahrenskosten. Die mit Erhebung der Privatanklage anfallende Pauschalgebühr sowie die Kosten der Verteidigung des Angeklagten, sofern das Privatanklageverfahren anders als durch Schuldspruch endet, müsse der Privatankläger in Fällen der „Hass‑im‑Netz‑Delikte“ dennoch selbst tragen.

[7] Da vorliegend – so das Beschwerdegericht weiter – der Privatankläger durch das Unterbleiben eines Kostenausspruchs im Beschluss auf Einstellung des Strafverfahrens jedenfalls nicht beschwert sei, zumal eine Pflicht zum Ersatz der allgemeinen Verfahrenskosten (§ 381 Abs 1 Z 1 bis 6 und 9 StPO) dann nicht entstehe, wenn ein Ausspruch darüber in der das Verfahren für diese Instanz erledigenden Entscheidung entgegen der Bestimmung des § 390 Abs 1 zweiter Satz StPO nicht erfolgte, sei der Beschwerde des Privatanklägers keine Folge zu geben gewesen (BS 2 f).

[8] In ihrer gegen diesen Beschluss erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes (§ 23 StPO) macht die Generalprokuratur eine Verletzung von § 390 Abs 1a (hier iVm § 41 Abs 1 MedienG) durch das Unterbleiben eines Ausspruchs, dass der Privatankläger nicht zum Kostenersatz verpflichtet ist, geltend und führt dazu aus:

[9] „Gemäß § 41 Abs 1 MedienG gelten für Strafverfahren wegen eines (wie hier) Medieninhaltsdelikts (wie auch für selbständige Verfahren [§§ 8a, 33 Abs 2, 33a Abs 3, 34 Abs 3 MedienG]), soweit nichts anderes bestimmt ist, die Bestimmungen der Strafprozessordnungen 1975. Demnach sind alle Regelungen über die Kosten des Strafverfahrens (§§ 380 ff StPO) sinngemäß anzuwenden (Lendl, WK‑StPO § 390 Rz 10); die Verweisung gilt demnach auch für die durch das Hass‑im‑Netz‑Bekämpfungs‑Gesetz (HiNBG = BGBl I 2020/148) neu eingeführten §§ 390 Abs 1a, 393 Abs 4a StPO.

[10] Gemäß § 390 Abs 1 erster Satz StPO sind die Kosten eines Strafverfahrens, das auf andere Weise als durch einen Schuldspruch beendigt wird, in der Regel vom Bund zu tragen. Wenn das Strafverfahren (wie hier) auf Begehren eines Privatanklägers stattgefunden hat, so ist grundsätzlich diesem der Ersatz aller infolge seines Einschreitens aufgelaufenen Kosten in der das Verfahren für die erste Instanz erledigenden Entscheidung aufzutragen (zweiter Satz leg cit).

[11] Mit dem am 1. Jänner 2021 in Kraft getretenen Hass‑im‑Netz‑Bekämpfungs‑Gesetz (HiNBG; BGBl I 2020/148) wurde durch den damit eingeführten § 390 Abs 1a StPO – gleichsam als Ausnahme zu der allgemeinen vom Prinzip der ‚Erfolgshaftung‘ geleiteten Kostenersatzregel – normiert, dass in Strafverfahren wegen übler Nachrede (§ 111 StGB), Vorwurf einer schon abgetanen gerichtlich strafbaren Handlung (§ 113 StGB) oder Beleidigung (§ 115 StGB), die im Wege einer Telekommunikation oder unter Verwendung eines Computersystems begangen wurden, der Privatankläger (oder Antragsteller [§ 71 Abs 1 StPO]) nicht zum Kostenersatz verpflichtet ist, es sei denn, er habe den Vorwurf wissentlich falsch erhoben.

[12] Gleichsam wiederum als Ausnahme dazu sieht § 393 Abs 4a StPO vor, dass stets dann, wenn ein Strafverfahren wegen übler Nachrede (§ 111 StGB), Vorwurf einer schon abgetanen gerichtlich strafbaren Handlung (§ 113 StGB) oder Beleidigung (§ 115 StGB), die im Wege einer Telekommunikation oder unter Verwendung eines Computersystems begangen wurden, auf andere Weise als durch einen Schuldspruch beendigt wird, der Privatankläger dem Angeklagten alle Kosten der Verteidigung im Haupt- und Rechtsmittelverfahren zu ersetzen hat, sofern nicht ohnedies eine Ersatzpflicht nach § 393 Abs 4 StPO (wissentlich falsche Anzeige) vorliegt.

[13] Da das vorliegende Privatanklageverfahren wegen einer im Wege einer Telekommunikation und unter Verwendung eines Computersystems ('Facebook‑Posting') begangenen üblen Nachrede geführt wurde, ist § 390 Abs 1a StPO (iVm § 41 Abs 1 MedienG) anzuwenden. Der Privatankläger ist demzufolge in concreto – da die Erhebung eines wissentlich falschen Anklagevorwurfs vom Landesgericht und vom Oberlandesgericht Innsbruck in den genannten Beschlüssen nicht angenommen wurde – nicht zum Kostenersatz verpflichtet.

[14] Die von der zum Kostenersatz verpflichteten Partei zu ersetzenden Kosten sind in § 381 Abs 1 Z 1 bis 9 StPO angeführt. Darunter fallen also insbesondere auch die im Strafverfahren zu entrichtenden Gerichtsgebühren (Z 7) und die Kosten der Verteidiger und anderer Vertreter (Z 8). Wenn die StPO von den 'Kosten des Strafverfahrens' spricht, meint das Gesetz in der Regel die gesamten Kosten iSd Aufzählung des § 381 Abs 1 StPO (Lendl, WK‑StPO Vor §§ 380–395a Rz 4).

[15] Während zu den in § 381 Abs 1 Z 8 StPO genannten Kosten durch die Bestimmung des § 393 Abs 4a StPO ausdrücklich eine Kostenersatzpflicht normiert wurde, findet sich eine vergleichbare Ausnahme von der Befreiung zum Kostenersatz in Bezug auf die in § 381 Abs 1 Z 7 StPO genannten Kosten (Gerichtsgebühren) nicht. Die Befreiung von der Verpflichtung zum Kostenersatz umfasst daher sämtliche in § 381 Abs 1 StPO angeführten Kosten (nur) mit Ausnahme der davon kraft ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung (§ 393 Abs 4a StPO) ausgenommenen Kosten der Verteidigung im Haupt- und Rechtsmittelverfahren (so auch Rami, Privatanklage und Prozesskosten nach dem Hass‑im‑Netz‑Bekämpfungs‑Gesetz, ÖJZ 2022, 5 ff [7]; aA Lendl, WK‑StPO § 390 Rz 6 [dritter Absatz] sowie Kern, Privatanklageverfahren [2021] 287, beide aber ohne Begründung).

[16] Die in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (EBRV 481 BlgNR 27. GP  30 f) enthaltene Passage, 'dass auch weiterhin die entsprechenden Gerichtsgebühren bei Einbringung [der Privatanklage] zu entrichten sind […]', ist im Übrigen nicht so zu verstehen, dass diese speziellen Kosten (§ 381 Abs 1 Z 7 StPO) – ebenso wie die Verteidigungskosten des Angeklagten im Haupt- und Rechtsmittelverfahren – generell von der Befreiung von der Verpflichtung zum Kostenersatz ausgenommen sein sollen. Denn dieser Hinweis ist in Zusammenschau mit der unmittelbar davor thematisierten Befürchtung, dass es durch den vorgesehenen Entfall der Kostenersatzpflicht für bestimmte Opfergruppen zu einer leichtfertigeren Inanspruchnahme von Rechtsinstrumenten kommen könnte, zu lesen und sohin (bloß) dahin zu verstehen, dass gegen eine allzu leichtfertige Inanspruchnahme von Rechtsinstrumenten die bei Einbringung der Privatanklage (vorerst weiterhin) entstehenden Gebührenpflicht (s sogleich) wirken soll.

[17] Bleibt daran anknüpfend anzumerken, dass die in Rede stehenden Eingabengebühren – für eine Privatanklage aber auch einen sonstigen selbständigen medienrechtlichen Antrag (beide Tarifpost 13) – gemäß § 2 Z 2 GGG jedenfalls mit der Überreichung der Eingabe fällig werden und zu diesem Zeitpunkt ja noch nicht beurteilt werden kann, ob der 'Vorwurf wissentlich falsch erhoben' wurde oder nicht. Diese Beurteilung ist vielmehr dann vorzunehmen, wenn das Strafverfahren wegen übler Nachrede (§ 111 StGB), Vorwurf einer schon abgetanen gerichtlich strafbaren Handlung (§ 113 StGB) oder Beleidigung (§ 115 StGB), die im Wege einer Telekommunikation oder unter Verwendung eines Computersystems begangen wurde, auf andere Weise als durch einen Schuldspruch beendigt wird. Ein entsprechender Ausspruch muss in die das Verfahren beendende Entscheidung (allenfalls nach Durchführung eines eigenen Beweisverfahrens) aufgenommen werden (Lendl, WK‑StPO § 390 Rz 6 [zweiter Absatz aE]). Wird solcherart eine Kostentragungspflicht des Privatanklägers (§ 390 Abs 1 zweiter Satz StPO) aufgrund der Ausnahmebestimmung des § 390 Abs 1a StPO verneint, so ist – erst – damit der Tatbestand des § 6c Abs 1 Z 2 GEG, der die Rückzahlung wegen Erlöschens der Zahlungspflicht regelt, erfüllt, was den Privatankläger zum – dann auch erfolgreichen – Antrag auf Rückzahlung (vgl § 6c Abs 2 GEG) legitimiert.

[18] Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die in § 390 Abs 1a StPO normierte Kostenbefreiung auch die Gerichtsgebühren (§ 381 Abs 1 Z 7 StPO) umfasst, zumal dem klaren Gesetzeswortlaut anderes nicht zu entnehmen ist.

[19] Die vom Oberlandesgericht Innsbruck als Beschwerdegericht vertretene Rechtsansicht konterkariert zudem einen der – gerade im Entfall der Kostenersatzpflicht des Privatanklägers (oder des Antragstellers iSd § 71 Abs 1 StPO) im Fall nicht wissentlich falschen Vorwurfs gelegenen – Hauptgesichtspunkte des HiNBG im Bereich des Strafprozessrechts: Denn durch die in Rede stehende Neuregelung sollen bestimmten von Hass‑im‑Netz betroffenen Opfergruppen just allfällige Bedenken vor möglichen Kostenfolgen bei Einbringung einer Privatanklage gegen den Täter genommen werden (EBRV 481 BlgNR 27. GP  4 f; vgl auch den Erlass des Bundesministeriums für Justiz vom 24. Dezember 2020 zum HiNBG, GZ 2020‑0.814.362).

[20] Die wie aufgezeigt irrige Rechtsansicht des Beschwerdegerichts hatte zur Folge, dass – in Stattgebung der Beschwerde des Privatanklägers – der (aus der Nichtannahme eines wissentlich falschen Anklagevorwurfs folgende) Ausspruch, dass der Privatankläger (gemäß § 390 Abs 1a StPO iVm § 41 Abs 1 MedienG) nicht zum Kostenersatz verpflichtet ist, zu Unrecht unterblieben ist.“

Der Oberste Gerichtshof hat erwogen:

Rechtliche Beurteilung

[21] Wird das (hier) durch Einbringung der Privatanklage begonnene Strafverfahren auf andere Weise als durch Schuldspruch beendet, so ist dem Privatankläger der Ersatz aller infolge seines Einschreitens aufgelaufenen Kosten in der das Verfahren für die Instanz „erledigenden“ Entscheidung, hier im Beschluss auf Einstellung des Verfahrens nach § 41 Abs 1 MedienG iVm § 488 Abs 1 und § 227 Abs 1 StPO (vgl zur bloß deklarativen Wirkung dieses Beschlusses hinsichtlich der Beendigung des Verfahrens RIS‑Justiz RS0124396 [T1]; Danek/Mann, WK‑StPO § 227 Rz 1), aufzutragen (§ 390 Abs 1 zweiter Satz StPO; Lendl, WK‑StPO § 390 Rz 6; vgl zu § 46 Abs 3 StPO idF vor BGBl I 2004/19 RIS‑Justiz RS0097026). Erst durch einen solchen Ausspruch entsteht die Kostenersatzpflicht des Privatanklägers, maW kommt der gerichtlichen Entscheidung konstitutive Wirkung zu (arg „Ersatz aller […] Kosten aufzutragen“; vgl Lendl, WK‑StPO § 390 Rz 6; vgl zum Bestimmungsverfahren nach § 395 StPO RIS‑Justiz RS0101347, RS0000158; Lendl, ebd § 395 Rz 6).

[22] Eine Ausnahme von der (dem Prinzip der Erfolgshaftung folgenden) Ersatzpflicht des Privatanklägers normiert der durch das Hass‑im‑Netz‑Bekämpfungs‑Gesetz (BGBl I 2020/148 [nachfolgend HiNBG]) eingefügte § 390 Abs 1a StPO. Demnach ist der Privatankläger in Strafverfahren wegen übler Nachrede (§ 111 StGB), Vorwurf einer schon abgetanen gerichtlich strafbaren Handlung (§ 113 StGB), oder Beleidigung (§ 115 StGB), die im Wege einer Telekommunikation oder unter Verwendung eines Computersystems begangen wurden, (von dem hier nicht relevanten Fall wissentlicher Falschbezichtigung abgesehen) nicht zum Kostenersatz verpflichtet. Liegen diese Voraussetzungen vor, hat ein Auftrag zum Kostenersatz nach § 390 Abs 1 zweiter Satz StPO zu unterbleiben.

[23] Eine Verpflichtung des Gerichts, das Nichtvorliegen der Kostenersatzpflicht – durch einen entsprechenden Ausspruch in der das Verfahren für die Instanz erledigenden Entscheidung – festzustellen, lässt sich dem Gesetz nicht entnehmen.

[24] Die aus § 390 Abs 1a StPO iVm dem im (verwaltungsbehördlichen [VwGH 29. 3. 2022, Ra 2019/16/0058 Rz 19 ff]) Einbringungsverfahren anzuwendenden § 6c Abs 1 Z 2 GEG abgeleitete, zur Begründung einer Gesetzesverletzung vertretene gegenteilige Ansicht der Generalprokuratur, vernachlässigt zudem die angesprochene konstitutive Wirkung des Ausspruchs nach § 390 Abs 1 zweiter Satz StPO für das Entstehen der Verpflichtung zum Kostenersatz.

[25] Soweit die Nichtigkeitsbeschwerde ihre Auffassung darauf stützt, dass – erst – ein (ausdrücklicher) Ausspruch über das Nichtbestehen einer Kostenersatzpflicht nach § 390 Abs 1 zweiter Satz StPO zum Erlöschen der Pflicht zur Zahlung der Eingabengebühr für die Privatanklage (§ 6c Abs 1 Z 2 GEG) führen würde und Voraussetzung für einen erfolgreichen Antrag des Privatanklägers nach § 6c Abs 2 GEG wäre, sei festgehalten:

[26] Der – mit Überreichen der Privatanklage begründete (§ 2 Z 2, § 7 Abs 1 Z 2 GGG) – Gebührenanspruch des Bundes gegenüber dem Privatankläger ist vom Ausgang des Verfahrens unabhängig (Lendl, WK‑StPO § 380 Rz 5; vgl § 3 Abs 3 erster Satz, Abs 4 GGG) und bleibt selbst im Fall eines Schuldspruchs des Angeklagten und dessen Verpflichtung zum Kostenersatz (vom hier nicht relevanten Fall persönlicher Gebührenfreiheit [§§ 8, 11 GGG] abgesehen) weiterhin gegenüber dem Privatankläger bestehen. Dessen Anspruch auf Ersatz dieser Kosten richtet sich (ausschließlich) gegen den Angeklagten und hat seine Grundlage in der Kostenentscheidung nach § 389 Abs 1 StPO (Lendl, WK‑StPO § 380 Rz 5; Kern, Privatanklageverfahren [2021], 283 f). Der Gebührenanspruch des Bundes ist demnach von der Kostenersatzpflicht nach §§ 389 bis 390a StPO zu unterscheiden, sodass darüber ergangene Entscheidungen nicht zum Erlöschen der Zahlungspflicht (im gegebenen Zusammenhang) nach § 2 Z 2, § 7 Abs 1 Z 2 GGG führen.

[27] Die Schaffung einer (durch § 393 Abs 4a StPO eingeschränkten) Ausnahmebestimmung von der Kostenersatzpflicht des Privatanklägers (§ 390 Abs 1 zweiter Satz StPO) durch das HiNBG (§ 390 Abs 1a StPO) führte keine Änderung an diesen Grundsätzen herbei.

[28] Daher folgt allein aus dem (aufgrund der entsprechenden Voraussetzungen des § 390 Abs 1a StPO) Nichtbestehen einer (aufgetragenen) Verpflichtung des Privatanklägers zum Ersatz aller infolge seines Einschreitens aufgelaufenen Kosten kein Anspruch auf Ersatz oder Rückerstattung der ihm selbst in Form von Gerichtsgebühren entstandenen Kosten durch den Bund (idS Lendl, WK‑StPO § 390 Rz 6, vgl auch Rz 11; Kern, Privatanklageverfahren [2021], 287; insoweit nicht eindeutig ErläutRV 481 BlgNR 27. GP  30 f; aA Rami, ÖJZ 2022, 5 [7], der trotz des auf die Kostenersatzpflicht beschränkten Regelungsgegenstands der §§ 389 bis 390a StPO eine „Kostenbefreiung“ annimmt).

[29] Somit war die Nichtigkeitsbeschwerde zu verwerfen.

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