OGH 13Os84/99

OGH13Os84/9930.6.1999

Der Oberste Gerichtshof hat am 30. Juni 1999 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Brustbauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rouschal, Dr. Schmucker, Dr. Habl und Dr. Ratz als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin MMag. Thumb als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Nebojsa V***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 erster Satz zweiter Fall StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Nebojsa V***** gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien vom 15. Feber 1999, GZ 30 g Vr 4988/98-186, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden angefochtenen Urteil, das auch andere Entscheidungen enthält, wurde Nebojsa V***** (neben weiteren Angeklagten) der Verbrechen (A I und II) des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 erster Satz zweiter Fall StGB, (A III) der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB, (A IV und V) der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB und der Vergehen (A VI) der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und Abs 2 StGB sowie (A VII) nach § 50 Abs 1 Z 1 WaffG schuldig erkannt und unter Anwendung der §§ 28 Abs 1, 39 Abs 1 StGB nach dem ersten Strafsatz des § 143 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zwanzig Jahren verurteilt.

Die auf § 345 Abs 1 Z 6 und 13 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel.

Rechtliche Beurteilung

Das Begehren auf Stellung einer uneigentlichen Zusatzfrage im Sinn des § 316 StPO (Z 6) hinsichtlich der "Möglichkeit der Strafschärfung bei Rückfall" orientiert sich nicht am Gesetz, weil § 39 StGB weder eine Strafsatzänderung bewirkt noch einen strafsatzändernden Umstand, sondern nur eine fakultative Strafbemessungsvorschrift darstellt, deren Anwendung der gemeinsamen Beratung des Schwurgerichtshofes mit den Geschworenen (also nicht letzteren alleine zur Beantwortung) über die Strafe (§ 338 StPO) vorbehalten ist. Zudem ist die Anwendung oder Nichtanwendung des § 39 StGB grundsätzlich nur mit Berufung bekämpfbar und eine Nichtigkeitsbeschwerde in diesem Zusammenhang nur bei Überschreitung der durch § 39 StGB erweiterten Strafdrohung zulässig ist (SSt 46/40 = EvBl 1975/268 = JBl 1976, 269 = RZ 1975/94 [verstärkter Senat]; JBl 1985, 565; RZ 1984/78; SSt 46/63; RZ 1975/95 uvam; zuletzt 13 Os 50/93, 15 Os 8/93, 15 Os 115/96). Eine derartige Überschreitung wird aber von der Beschwerde gar nicht behauptet.

Die auf § 345 Abs 1 Z 13 StPO gestützten Beschwerdeausführungen behaupten einen Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot, indem das Erstgericht zum einen die zahlreichen Vorstrafen als erschwerend gewertet, zum anderen § 39 StGB angewendet und somit die Begehung der Vortaten zweimal zum Nachteil des Angeklagten heran- gezogen habe. Dabei verkennt die Beschwerde, daß der Angeklagte über das rückfallsbegründende Ausmaß des § 39 StGB hinaus vorbestraft ist, welchen Umstand das Erstgericht in der Formulierung "die zahlreichen Vorstrafen" (US 31) - gelesen mit den Feststellungen zu den rückfallsbe- gründenden Vorverurteilungen (US 31 und 32) - sinnfällig zum Ausdruck gebracht hat. Daraus läßt sich, gleichwie aus dem Satz US 33 "auf Grund dieser Überlegungen war das Gericht im Zusammenhang mit dem Vorleben des Nebojsa V***** sowie auch aus generalpräventiven Gründen der Ansicht, daß die Höchststrafe zu verhängen war", kein Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot ableiten, sind doch die einschlägigen Vorstrafen, soweit sie nicht vom Rückfall des § 39 StGB erfaßt sind, als Erschwerungsgrund heranzuziehen, (vgl ua 15 Os 85/89, 13 Os 146/89, 12 Os 110/91, 13 Os 9/92, 12 Os 54/95, 14 Os 147/96).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß §§ 285d Abs 1, 344 StPO bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Die in der Äußerung (§ 35 Abs 2 StPO) vertretene Meinung des Angeklagten, die Geltendmachung des Nichtigkeitsgrundes § 345 Abs 1 Z 6 StPO schließe die Anwendung des § 285d iVm § 344 StPO aus, ist verfehlt, denn nur prozeßordnungsgemäß ausgeführte Rechtsrügen führen zur Anordnung eines Gerichtstages (Mayerhofer StPO4 § 285a E 61, EvBl 1997, 154 uam). Daraus ergibt sich die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Wien zur Entscheidung über die Berufung.

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