European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0130OS00076.18B.0912.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Aus ihrem Anlass wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in Ansehung des Angeklagten Franz S***** im Schuldspruch II A, in der Subsumtion nach § 147 Abs 1 Z 1 StGB und nach § 148 erster Fall StGB sowie in der zu dessen Schuldspruch gebildeten Subsumtionseinheit, demzufolge auch im diesen Angeklagten betreffenden Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Wiener Neustadt verwiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten vorerst dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten P***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden – soweit für die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde und für die amtswegige Maßnahme von Bedeutung – Zelimhan P***** des Verbrechens der Geldwäscherei nach §§ 12 dritter Fall, 165 Abs 2, Abs 4 erster Fall StGB idF BGBl I 2013/116 (I) und Franz S***** des Vergehens des schweren gewerbsmäßigen Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, Abs 2, 148 erster Fall und 15 StGB (II) schuldig erkannt.
Danach haben
(I) P***** in W***** (US 8) wissentlich zur Ausführung der strafbaren Handlung des „gemäß § 190 Z 2 StPO aus dem Grunde des § 165a StGB außer Verfolgung gesetzten“ S***** beigetragen,
der im März 2017 in B***** Vermögensbestandteile, die aus einer mit Strafe bedrohten Handlung anderer gegen fremdes Vermögen, die mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedroht ist, stammen, (vgl US 8) an sich brachte, wobei er die Tat in Bezug auf einen 50.000 Euro übersteigenden Wert beging, indem er sich einen Guthabensaldo von 95.960 Euro, der zuvor von Unbekannten durch ein im Ersturteil näher beschriebenes, dem Vergehen des betrügerischen Datenverarbeitungsmissbrauchs nach § 148a Abs 1, Abs 2 zweiter Fall StGB zu unterstellendes Verhalten erlangt worden war, von den Unbekannten auf ein seiner Verfügungsberechtigung unterliegendes Girokonto überweisen ließ,
indem er den Kontakt zwischen S***** und den Unbekannten vermittelte und ihnen dessen Kontonummer mitteilte;
(II) S***** mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz Nachgenannte durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen, die sie oder andere in einem 5.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen schädigten „bzw. geschädigt hätten“, teils verleitet, teils dies versucht, und zwar
(A) am 14. und am 15. März 2017 in B***** Verfügungsberechtigte des Bankinstituts durch die „Vorspiegelung“, über den (zu I erwähnten, dem seiner Verfügungsberechtigung unterliegenden Konto gutgebuchten) Positivsaldo von 95.960 Euro „verfügungsberechtigt zu sein“, zur „Ausfolgung“ dieses Betrags in bar, indem er zur Täuschung „falsche Urkunden“ (über einen angeblich geschlossenen Darlehensvertrag) und ein falsches Beweismittel (nämlich eine diesbezügliche Scheinrechnung) benützte, wobei es infolge Verweigerung der Auszahlung beim Versuch blieb;
(B) von März bis Juli 2016 in W***** in mehreren Angriffen „gewerbsmäßig (§ 70 Abs 1 Z 3 StGB)“ vier im Ersturteil namentlich genannte Personen durch die wahrheitswidrige Vorspiegelung, sie würden die Voraussetzungen für die Erteilung einer Gewerbeberechtigung erfüllen, bei deren Erlangung er sie im Gegenzug unterstützen werde, zur Zuzählung von zusammen 16.000 Euro.
Rechtliche Beurteilung
Gegen den Schuldspruch des P***** wendet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde dieses Angeklagten.
Das Vorbringen zur Mängelrüge, das „die Ausführungen“ des Erstgerichts – substratlos – als „undeutlich“ (Z 5 erster Fall) und „widersprüchlich“ (Z 5 dritter Fall) bezeichnet, beschränkt sich inhaltlich darauf, anhand eigenständiger Würdigung der Verfahrensergebnisse von jenen des Erstgerichts abweichende Schlussfolgerungen einzufordern. Damit wird aber kein Begründungsmangel aufgezeigt (instruktiv dazu statt vieler: 13 Os 143/15a), sondern bloß die Beweiswürdigung des Schöffengerichts (§ 285 Abs 2 StPO) nach Art einer – im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (§ 283 Abs 1 StPO) – Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld bekämpft.
Dass die tatrichterlichen Feststellungen „eine strafrechtliche Verurteilung nicht zu tragen“ vermöchten (der Sache nach Z 9 lit a), wird ohne Ableitung aus dem Gesetz bloß behauptet (siehe aber RIS-Justiz RS0116565).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – gemäß § 285d Abs 1 StPO bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der Berufungen folgt (§ 285i StPO).
An die – dem Berufungswerber nicht zum Nachteil gereichend (§ 290 Abs 1 zweiter Satz StPO) – verfehlte Subsumtion (Z 10) nach der zur Tatzeit geltenden Fassung anstelle der (dieser gegenüber fallkonkret nicht ungünstigeren – § 61 zweiter Satz StGB; RIS‑Justiz RS0119085 [insbesondere T1]) aktuellen Fassung des § 165 Abs 2, Abs 4 erster Fall StGB ist das Oberlandesgericht dabei nicht gebunden (RIS‑Justiz RS0118870).
Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde überzeugte sich der Oberste Gerichtshof davon, dass das angefochtene Urteil im Schuldspruch des S***** in zweifacher Hinsicht mit – nicht geltend gemachter – materieller Nichtigkeit behaftet ist, die zum Nachteil dieses Angeklagten wirkt und daher von Amts wegen wahrzunehmen war (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO):
1. Zu Schuldspruch II A:
Das Erstgericht ging davon aus, dass sich S***** einen Geldbetrag von 95.960 Euro, den Dritte durch eine als Vergehen des betrügerischen Datenverarbeitungsmissbrauchs nach § 148a Abs 1, Abs 2 zweiter Fall StGB zu beurteilende Tat erlangt hatten, von den Vortätern – über Vermittlung des P***** (Schuldspruch I) – auf ein seiner Verfügungsberechtigung unterliegendes Konto überweisen ließ (US 7 f). Da „die“ (dieses Konto führende) Bank „Fragen über die Herkunft des Geldbetrages stellte“, legte S***** „Verfügungsberechtigten“ dieses Geldinstituts einen „Darlehensvertrag“, dem „keine tatsächliche Geschäftsbeziehung zugrunde lag“, und eine diesbezügliche, an die (scheinbare) Darlehensgeberin adressierte „Rechnung“ vor, „um ihnen den rechtmäßigen Erhalt des überwiesenen Betrages“ „glaubhaft zu machen“ (US 9).
Auf Basis dieses Urteilssachverhalts hätte das vom Schuldspruch II A erfasste Verhalten des S***** – in objektiver Hinsicht (ungeachtet der insoweit ohne Sachverhaltsbezug bleibenden, am Wortlaut der §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 erster und fünfter Fall, Abs 2 StGB orientierten Feststellungen zur subjektiven Tatseite [US 9]) – zwar das Tatbild der Geldwäscherei nach § 165 Abs 1 StGB, nicht aber jenes des Betrugs (§ 146 StGB) erfüllen können. Selbst eine (tatplangemäß – US 9) täuschungsbedingte Auszahlung des – auf dem (ohnehin) der Verfügungsberechtigung des S***** unterliegenden Konto gutgebuchten – Geldbetrags hätte nämlich keinen Vermögensschaden (des Geldinstituts oder eines Dritten) bewirkt (zu diesem Tatbestandsmerkmal Kirchbacher in WK 2 StGB § 146 Rz 57 ff). Ein solcher war vielmehr bereits durch die (als Vergehen des betrügerischen Datenverarbeitungsmissbrauchs nach § 148a Abs 1, Abs 2 zweiter Fall StGB zu beurteilende) Vortat eingetreten; durch das S***** angelastete Verhalten dagegen wäre (bloß) die Herkunft des kriminellen Gewinns verschleiert worden.
Der Urteilssachverhalt trägt daher weder die vom Erstgericht vorgenommene noch – schon mangels dafür ausreichender Konstatierungen zum subjektiven Handlungselement – (irgend‑)eine andere rechtliche Unterstellung der vom Schuldspruch II A umfassten Tat (Z 9 lit a).
Zu anderen strafbaren Handlungen, die durch diese Tat begründet worden sein könnten, sei für den zweiten Rechtsgang festgehalten:
Die Staatsanwaltschaft ging davon aus, dass die Strafbarkeit des S***** in Bezug auf ein durch das (richtig) Ansichbringen (§ 165 Abs 2 erster Fall – RIS‑Justiz RS0129616) des kontaminierten Vermögenswerts (vgl Schuldspruch I) verwirklichtes Verbrechen der Geldwäscherei nach § 165 Abs 2, Abs 4 erster Fall StGB infolge tätiger Reue nach § 165a StGB aufgehoben ist (weshalb jene Tat gar nicht Gegenstand der Anklage wurde: ON 1 S 13, ON 38; vgl US 17). Liegt dieser Strafaufhebungsgrund (zu den Voraussetzungen Rainer , SbgK § 165a Rz 4 ff; Kirchbacher in WK² StGB § 165a Rz 2 ff) – nach der im zweiten Rechtsgang zu schaffenden Tatsachenbasis – in Bezug auf die (jener Tat, hinsichtlich derer das Verfahren gemäß § 190 „Z 2“ StPO eingestellt wurde, nachfolgende) Verschleierung der Herkunft des (selben – vgl § 165a StGB) tatverfangenen Vermögensbestandteils vor (vgl dazu ON 2 S 3, 7 ff), scheidet Strafbarkeit dieses Verhaltens nach § 165 Abs 1, Abs 4 erster Fall StGB von vornherein aus (zur sukzessiven Verwirklichung von Begehungsformen sowohl nach Abs 1 als auch nach Abs 2 des – insoweit als kumulatives Mischdelikt aufzufassenden – § 165 StGB in Bezug auf ein und denselben Vermögenswert vgl RIS‑Justiz RS0129615 [T2, T3]; 14 Os 150/02, SSt 2003/71; Kirchbacher in WK 2 StGB § 165 Rz 14).
Unabhängig davon kommt in Ansehung der festgestellten Vorlage des „Darlehensvertrags“ durch S***** gegenüber Verantwortlichen des Geldinstituts (US 9) eine Subsumtion als (mit Geldwäscherei gegebenenfalls echt konkurrierendes – L/St/Flora , StGB 4 § 165 Rz 45; vgl Eder‑Rieder , SbgK § 28 Rz 69) Vergehen der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 2 StGB in Betracht. Dies würde – im angefochtenen Urteil nicht getroffene – Feststellungen zur (nicht inhaltlichen Unrichtigkeit [vgl US 9], sondern) mangelnden Echtheit ( Schroll in WK² StGB § 223 Rz 152 ff) der tatverfangenen Urkunde (vgl dazu ON 2 S 31; ON 7 S 87 und 108) sowie zum entsprechenden Tatvorsatz voraussetzen.
2. Zu Schuldspruch II B:
Die Feststellung, wonach sich S***** „durch die wiederkehrende Begehung derartiger Handlungen für einen längeren Zeitraum von zumindest einigen Monaten eine wirksame, nicht bloß geringfügige Zusatzeinkommensquelle, nämlich einen – nach einer jährlichen Durchschnittsberechnung – monatlichen Betrag von über EUR 400,00 verschaffen“ (bloß) „wollte“ (US 11), bringt die von § 70 StGB geforderte Absicht (§ 5 Abs 2 StGB) nicht zum Ausdruck. Es war daher verfehlt, vom Schuldspruch erfasste Taten – auf der Basis dieses Feststellungssubstrats – (auch) § 148 erster Fall StGB zu subsumieren (Z 10).
Die aufgezeigten Rechtsfehler führten – abermals im Einklang mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei der nichtöffentlichen Beratung zur Aufhebung des angefochtenen Urteils wie aus dem Spruch ersichtlich (§§ 285e, 290 Abs 1 zweiter Satz StPO).
In Ansehung aller S***** (letztlich) zur Last liegenden Betrugstaten wird im zweiten Rechtsgang– entsprechend § 29 StGB – die Subsumtionseinheit neu zu bilden sein (RIS‑Justiz RS0116734).
Der – nur die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerde umfassende (vgl Lendl, WK-StPO § 390a Rz 12) – Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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